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Veränderte Rolle – das Wechselmodell aus Vatersicht

Veränderte Rolle – das Wechselmodell aus Vatersicht

Wechselmodell

Nicht immer muss nach einer Trennung Gerangel ums Kind stattfinden. Wenn die Kommunikation zwischen den Eltern stimmt und das Konfliktniveau niedrig ist, kann das Paritäts- oder Wechselmodell eine Form des Zusammenlebens mit dem Kind sein. Wir fragten einen Vater nach seinen Erfahrungen mit dem Modell.

Vor etwas mehr als einem Jahr hat Hans-Heinrich Töpperweins 15-jährige Tochter Charlotte beschlossen, dass sie von nun an gleich viel Zeit mit beiden Elternteilen verbringen möchte. Für den selbstständigen Arbeitsmediziner hat sich seitdem einiges verändert.

Während ihrer Ehe lebten Hans-Heinrich Töpperwein und seine Ex-Frau ein klassisches Familienmodell: Er ging arbeiten, während sie sich um die gemeinsame Tochter und den Haushalt kümmerte. Mit der Trennung vor rund drei Jahren hat sich das grundlegend geändert. „Ich habe mehr Aufgaben in Charlottes Erziehung wahrgenommen und mich stärker um sie gekümmert. Zudem haben wir mehr Zeit miteinander verbracht, nicht zuletzt während des Urlaubs. Das hat unsere Beziehung gestärkt“, erinnert er sich. In der ersten Zeit des Alleinseins sah Hans-Heinrich Töpperwein seine Tochter nur an den Wochenenden. „Ich war froh, wenn sie da war. Wir haben einen sehr kooperativen Umgang miteinander, und ich habe versucht, Charlotte in alle Fragen miteinzubeziehen. Ein Beispiel war die Einrichtung meiner neuen Wohnung. Die neuen Möbel habe ich gemeinsam mit meiner Tochter ausgesucht.“

Vom Neuen Modell profitieren alle

Seit rund einem Jahr verbringt Charlotte nun jeweils zwei Wochen bei einem Elternteil. Das durchzusetzen war gar nicht so einfach. Hans-Heinrich Töpperwein erinnert sich: „Anfangs war meine Ex-Frau nicht einverstanden mit dem Wechselmodell. Das war ziemlich schwer für meine Tochter. Aber Charlotte hat ihren eigenen Weg gefunden: In einer Gruppe eines sozialen Netzwerkes hat sie mit ihren Freundinnen diskutiert, ob ein Wechselmodell für sie richtig sei. Die haben ihr zugestimmt und gemeinsame Bekannte haben auch ihre Mutter überzeugt.“ Seitdem sich beide zu gleichen Teilen um die gemeinsame Tochter kümmern, habe sich auch das Verhältnis zu seiner Ex-Frau verbessert. „Wir können mittlerweile gut organisatorische Sachen besprechen und alle Belange rund um Charlotte klären. Zum Elternsprechtag etwa gehen wir sogar gemeinsam“, betont der Selbstständige. Mittlerweile seien die Elternteile auch in der Lage, den starren Zwei-Wochen-Rhythmus einmal aufzuheben, beispielsweise an Feiertagen oder zu besonderen Anlässen.

Der Vater wird zum großen Freund

„Die Kunst beim Wechselmodell ist es, die eigenen Emotionen komplett rauszulassen. Es geht schließlich nicht um die eigenen Befindlichkeiten, sondern um die des Kindes“, ist sich Hans-Heinrich Töpperwein sicher. „Ich kann das jedem nur empfehlen. Das Wechselmodell hat meine Vaterrolle positiv verändert. Ich bin jetzt näher an meiner Tochter dran und bekomme mehr von ihren Sorgen und Nöten mit.“ Mittlerweile ist Charlotte 15 Jahre alt und mitten in der Pubertät. „Ich höre ständig, dass das ein ‚schwieriges Alter‘ sei, aber bei uns ist das ganz entspannt. Und wenn wir mal aneinander geraten, tauschen wir uns danach aus. Charlotte soll schließlich auch mich kritisieren dürfen.“

Nachteile sieht Hans-Heinrich Töpperwein in dem Wechselmodell eigentlich nicht. „Es gibt nur einige Herausforderungen, etwa wenn ein Elternteil einen neuen Partner hat.“ Manchmal sei es auch eine Herausforderung, die Betreuung des Kindes zu organisieren. „Charlotte ist in einem Alter, indem sie auch mal alleine bleiben kann. Das ist bei meiner Freiberuflichkeit ein Vorurteil. Bei kleineren Kindern muss man sicherlich auf andere Betreuungsmöglichkeiten wie Horte zurückgreifen. Ein gutes soziales Umfeld ist da immer hilfreich.“

Insgesamt sieht Hans-Heinrich Töpperwein das Wechselmodell als gute Alternative zum klassischen Modell nach einer Trennung an. „Statt eines Alleinerziehenden kümmern sich beide Elternteile um das Kind. Das bringt mehr Entlastung.“ Und auch das Verhältnis zu seiner Tochter ist intensiver geworden, seitdem sie mehr Zeit miteinander verbringen. „Manchmal sagt Charlotte auch, dass ich ein ‚großer Freund‘ sei. Dann sehe ich, dass alles gut gelaufen ist.“

(vaeter.nrw)

Dr. Hans-Heinrich Töpperwein ist selbstständiger Arbeitsmediziner und lebt in Bad Rothenfelde. Die Betreuung und Erziehung der 15jährigen Tochter Charlotte teilt er sich mit seiner geschiedenen Frau im sogenannten Wechselmodell.

Text aktualisiert am 9. Juni 2016