Vater ist, das was du draus machst!
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Wochenend-, Teilzeit-, Vollzeitpapa!

Wochenend-, Teilzeit-, Vollzeitpapa!

TRENNUNGSVÄTER

Wenn Eltern sich trennen, bedeutet das auch das Ende eines Lebensplans und der eigenen Vorstellung von Familie. Gerade wenn in der Folge das Residenzmodell zum Einsatz kommt und Väter ihr Kind nur an jedem zweiten Wochenende sehen – plus vielleicht an einem Wochentag – kann aktives Vatersein schwerfallen.

Jedes Jahr erleben etwa 150.000 Kinder und Jugendliche die Trennung ihrer Eltern. In den meisten Fällen kommt dann das sogenannte Residenzmodell zum Zuge. Das bedeutet: Das  Kind wohnt hauptsächlich bei einem Elternteil – in knapp 90 Prozent der Fälle in der Wohnung der Mutter. Eine häufige Folge dieser Regelung ist, dass Vater und Kind sich nur alle 14 Tage sehen und eventuell zwischendrin für ein paar Stunden. Unter diesen Bedingungen die Beziehung zum Kind lebendig zu halten und die eigene Vaterschaft nicht nur als Wochenend-Zustand zu begreifen, ist nicht immer leicht.

Für den Systemischen Familienberater Christian Gärtner zeichnet schon der Ausdruck „Wochenendpapa“ ein falsches Bild: „Vatersein braucht Kontinuität. Wenn sich Väter – auch gedanklich – nur am Wochenende mit den Kindern beschäftigen, tut das weder dem väterlichen Selbstverständnis noch der Beziehung zum Kind gut.“ Die gedankliche Kontinuität kann sich in der väterlichen Wohnung wiederfinden: ein Kinderzimmer oder zumindest ein reservierter Ort für die Kindersachen, gemalte Bilder und Fotos an der Wand. Genauso hilfreich ist es, sich über Veranstaltungen im Kindergarten und der Schule auf dem Laufenden zu halten oder vielleicht einen regelmäßigen Papa-Telefon-Tag zu vereinbaren. „Rituale sind gut, wichtig ist aber, die Wünsche des Kindes zu berücksichtigen. Zwangstelefonate machen niemanden glücklich“, sagt Christian Gärtner. Der Familienberater empfiehlt, eine Balance von Abstand und Nähe zum Kind zu finden und dabei die Lebenswelt der Mutter zu respektieren.

Samstag, Sonntag – Freizeitpark?

Zu einem erfüllenden Vatersein gehört, dass Vater und Kind wechselseitig ihren Alltag erleben können. Mit der räumlichen Trennung fehlt aber oft der Einblick in das Leben des anderen. Um die Wochenenden aufzuwerten, hilft es, sie zumindest teilweise alltagsnah zu gestalten, statt ein Highlight auf das nächste folgen zu lassen. Der Vater kann so die Freunde des Kindes und deren Eltern kennenlernen und er erfährt, was und wo das Kind am liebsten spielt. Gleichermaßen umgekehrt: Auch der Vater hat ein Lebensumfeld mit Freunden, Hobbys und Alltagsthemen, an denen das Kind teilhaben kann. Für Christian Gärtner ist das ein wichtiger Punkt: „Väter, die den Druck verspüren, dem Kind bei ihren Treffen immer etwas Besonderes zu bieten, laufen Gefahr, nur für Spaß und Unterhaltung zuständig zu sein. Dabei gewinnt ihre Beziehung, wenn sie auch einfache, gewöhnliche Dinge tun.“ Zusammen das Essen planen, einkaufen und kochen oder im Garten arbeiten klingt unspektakulär – ist aber wertvolle gemeinsam verbrachte Zeit.

An der idealen Wochenendaktivität haben Vater und Kind gleichermaßen Freude. „Wenn sich der Vater für Motorsport begeistert, kann er seine Begeisterung mit dem Kind teilen. Dafür müssen sie nicht unbedingt zu einem Autorennen gehen oder den Tag mit der Spielekonsole verbringen. Kindgerecht wäre es zum Beispiel, zusammen ein Rennauto zu basteln“, sagt Christian Gärtner. Über allem steht die Bereitschaft, auf die Bedürfnisse des Kindes zu achten und sie möglichst geschickt mit den eigenen in Einklang zu bringen.

Entspannt bleiben

Meist bestimmt die gemeinsame Freizeitgestaltung den Ablauf von Besuchswochenenden. Aber auch Hausaufgaben oder Vorbereitungen für eine Klassenarbeit können auf dem Programm stehen. Bei solchen Themen lernen die Kinder, dass der Vater Verantwortung für alltägliche Dinge übernimmt, sich interessiert, Rat gibt und Grenzen setzt. Christian Gärtner rät bei Erziehungsfragen zu einem entspannten Ansatz: „Gerade in Alltagssituationen sieht man gut, wie das Kind mit bestimmten Problemen umgeht. Und selbstverständlich kümmern sich auch getrennt lebende Väter um die Erziehung. Aber es geht nicht darum, in den wenigen gemeinsamen Tagen einen Erziehungsstil nachzuholen, zu dem man unter der Woche keine Gelegenheit hatte.“ Und bei allem Bemühen um Vater-Kind-Normalität: Das Wochenende ist für beide eine besondere Zeit. Beide sollen sich erholen, Freiräume genießen und sich ausprobieren. Es kommt halt auf den Mix an.

(vaeter.nrw.de)

Der Sozialpädagoge und Systemische Familienberater Christian Gärtner ist selbst Vater von zwei Kindern, die im Wechselmodell bei ihm und ihrer Mutter leben. Außerdem ist er Vorstandsmitglied im Verein Väter in Köln e. V.

 

Text aktualisiert am 31. Mai 2016