Vater ist, das was du draus machst!
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Jeder Vater ist auch Sohn

Jeder Vater ist auch Sohn

Die vererbte Vaterrolle

In der Berufswelt verändern sich die Rollen nur langsam: Drei viertel aller deutschen Eltern sagen, dass der Vater wesentlich für den Broterwerb zuständig ist. Schaut man aber in die Familien, zeigen sich zunehmend aktive, kümmernde Väter. Wie kommen Männer zurecht in der Doppelrolle des liebevollen Ernährers – für die es noch nicht viele Modellväter gibt?

Eine Forsa-Studie für die Zeitschrift Eltern zeigt das Dilemma. Die Väter sind hin- und hergerissen zwischen dem traditionellen Ideal, eines im Beruf erfolgreichen Mannes und dem wachsenden Wunsch, ein zugewandter Vater zu sein. Sie wollen eigentlich mehr Zeit mit den Kindern verbringen – und arbeiten zugleich weiter in Vollzeit. Die finanzielle Sicherheit ist dafür ein Argument. Aber auch die persönliche Anerkennung, die sie im Job erfahren, stärkt ihre männliche Identität. Im Ergebnis hat mehr als die Hälfte (54 Prozent) der von Forsa befragten Väter das Gefühl, der eigenen Rolle nicht gerecht zu werden. Wie genau diese Rolle ausschauen soll, kann jedoch kaum ein Vater sagen. Dem Idealbild fehlt das Vorbild.

Ohne Rollenvorbild fehlt der Halt

Portrait: Josef HönerlageFür den Männer- und Vater-Coach Josef Hönerlage aus Münster ist das fehlende Vorbild ein entscheidender Punkt: „Viele Väter, die zu mir kommen, sind sich ihrer männlichen Vaterrolle unsicher“, sagt er. „Sie möchten authentisch sein als Mann und als Vater. Aber sie hatten nicht die männlichen Leitbilder und Väter, von denen sie hätten lernen können.“ Auch Freunde und Bekannte können diese Funktion übernehmen. Aber den größten Einfluss hat immer noch die Ursprungsfamilie. In dieser „glänzten“ viele Väter durch berufliches Engagement und familiäre Abwesenheit. Waren sie für die Kinder doch einmal präsent, übernahmen sie oft nur einen strafenden und Grenzen setzenden Part. Auch wenn heutige Väter es eigentlich besser wissen – und es sich auch anders wünschen – das klassische Rollenverständnis der Vorgeneration lebt noch in den Familienstrukturen fort.

In den fehlenden Vatervorbildern sieht Josef Hönerlage noch ein weiteres Problem: „Viele Väter, die in ihrer Rolle unsicher sind, versuchen, sich der aktiven Vaterverantwortung zu entziehen oder sie imitieren mütterliches Verhalten.” Eine männliche Art zu fühlen und zu denken, können die Kinder so nicht erleben. Dabei könnten Väter – beispielsweise in Problemsituationen – signalisieren: Traut euch, entdeckt die Welt, ihr seid gut, ihr schafft das! Josef Hönerlage: „Dass Väter auf diese Weise aktiv sind und die Erziehung um ihren Part ergänzen, ist besonders wichtig: So bekommen die Kinder die Chance, Mannsein und Vatersein kennenzulernen.“

Mit dem eigenen Vater ins Reine kommen

Vereinfacht gesagt, lassen sich bei Josef Hönerlage zwei Grundtypen von Vätern coachen: Zum einen jüngere Männer mit kleinen Kindern, die von den eigenen Ansprüchen, den Aufgaben im Job und den Erwartungen der Partnerin überfordert sind. Zum anderen ältere Väter, die in oder nach der Pubertät ihrer Kinder merken, dass sie etwas verpasst haben. Sie wünschen sich eine Bindung zu den Heranwachsenden, möchten Verlorenes nachholen oder in einer Phase in die Erziehung eingreifen, in der sich die Kinder gerade von den Eltern lösen. Für alle hat der Coach einen zentralen Rat: „Wenn wir für unsere Kinder ein positiver und stärkender Vater sein wollen, müssen wir uns unserer männlichen Identität zumindest einigermaßen sicher sein. Und um diese zu festigen, ist es von großer Bedeutung, mit dem eigenen Vater im Reinen zu sein oder ins Reine zu kommen.“ Dazu kann auch gehören, zu verstehen, weshalb der Vater nicht in der Lage war, seinen Sohn mit einem liebevollen und umfassenden „Ja“ zu stärken. „Die Gefahr ist, dass wir Konflikte, die wir mit unserem Vater hatten, unbewusst auf unsere Kinder übertragen“, sagt Josef Hönerlage. „Wenn das Verhältnis zum Vater geklärt ist, fällt es auch leichter, den eigenen Kindern gegenüber eine moderne und ermunternde Vaterrolle zu entwickeln, die zwar Grenzen setzt – aber auch vertrauensvoll Entwicklungsräume lässt."
(vaeter.nrw)

Text aktualisiert am 11.06.2016