Vater ist, das was du draus machst!
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Väter wollen ihre Rolle annehmen und leben

Väter wollen ihre Rolle annehmen und leben

Häufig werden qualifizierte Trainer, die Vater-Kind-Angebote entwickeln und anleiten, gesucht. Thorben Schürmann, Dipl.- Sozialarbeiter/-pädagoge, Schulsozialarbeiter, ist langjähriger Trainer. Im Interview mit vaeter.nrw berichtet er über seine Ausbildung zum Kinderteamer und Seminarleiter sowie über seine langjährige Erfahrung aus der Arbeit mit Vätern.
vaeter.nrw: Herr Schürmann, Sie haben die Ausbildung zum Trainer von Vater-Kind-Angeboten vor 5 Jahren gemacht. Was war Ihre Motivation, sich für diese Ausbildung zu entscheiden? Thorben Schürmann: Während meines Studiums bin ich über meine damalige Nebentätigkeit in der offenen Kinder- und Jugendarbeit angefragt worden, ob ich als Kinderteamer Vater-Kind-Wochenenden begleiten möchte. Da ich mir überhaupt nichts unter dieser Arbeit vorstellen konnte, habe ich zunächst sehr zögerlich reagiert und mehrere Nachfragen ausgeschlagen. Schließlich habe ich doch zugesagt und habe seither mit sehr viel Spaß um die 30 Wochenenden als Kinderteamer begleitet. Dass ich irgendwann auch die Fortbildung zum Seminarleiter machen würde, war sehr nahe liegend. Im Jahr 2011/12 habe ich mich dann bereit gefühlt, diesen Schritt zu gehen und bin seit Abschluss der Fortbildung im Schnitt an 6 Wochenenden im Jahr im Einsatz.
vaeter.nrw: Die umfangreiche Ausbildung, bestehend aus sieben Modulen mit 120 Unterrichtseinheiten, beleuchtet die Väterarbeit in vielen Facetten. Wie hat die Ausbildung Ihren Blick für Väter-Themen geschärft? Thorben Schürmann: Ich denke, dass genau dieser Facettenreichtum entscheidend dazu beigetragen hat. Da ich selbst noch kein Vater bin, kann ich noch nicht auf einen eigenen Erfahrungsschatz als Vater zurückgreifen und kenne nur die „Rolle“ als Sohn. In der ausführlichen Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Aspekten in der Ausbildung waren es neben den fachlichen Inputs insbesondere der sehr fruchtbare Austausch mit den anderen Ausbildungsteilnehmern, gemeinsame Reflexionen, und vor allem die vielen Gespräche zwischendurch, die meinen Blick sehr erweitert haben. Dazu kommt, dass die Atmosphäre in der Gruppe sehr vertrauens- und humorvoll gewesen ist.
vaeter.nrw: Ein Teil der Ausbildung ist eine schriftliche Abschlussarbeit. Welchen persönlichen Schwerpunkt haben Sie gesetzt?Thorben Schürmann: Als ehemaliger und langjähriger Kinderteamer bei Vater-Kind-Seminaren lag es für mich sehr nahe, die Rolle und den Einsatz der Kinderteamer in der Abschlussarbeit zu thematisieren. Als Seminarleiter ist mir der Teamgedanke besonders wichtig. Dafür ist eine harmonische Teamarbeit mit klaren Absprachen und gemeinsam gestalteten Abläufen eine Grundvoraussetzung. Ich selbst hatte das Glück, von den Seminarleitern, mit denen ich als Teamer unterwegs war, ebenfalls als Teil des Teams in alle Prozesse mit eingebunden worden zu sein, was nicht zuletzt mein Verständnis für die Arbeit und die Entscheidung, selbst Seminare leiten zu wollen, mit beeinflusst hat.
vaeter.nrw: Was zeichnet in Ihren Augen einen guten Trainer aus? Welche Eigenschaften sind für die Arbeit von Vorteil?Thorben Schürmann: Die Grundvoraussetzung sollte sein, Lust auf ein gemeinsames Wochenende mit Vätern und Kindern zu haben. Natürlich sind auch unterschiedliche methodische, rechtliche und inhaltliche Kenntnisse und Fähigkeiten wichtig. Diese werden im Rahmen der Ausbildung intensiv vermittelt und trainiert. Die Tatsache, dass ich selbst Sozialarbeiter bin, ist sicher kein Nachteil, jedoch keinesfalls eine Voraussetzung. Es gibt auch viele Seminarleiter mit ganz anderen beruflichen Hintergründen. Mir persönlich ist wichtig, dass die Väter nicht nur gerne an den Wochenenden teilnehmen, weil ihren Kindern das sehr gefällt, sondern sie auch selbst eine gute, bereichernde Zeit erleben.
vaeter.nrw: Wie hat sich nach der Ausbildung Ihre Arbeit mit Vätern entwickelt?Thorben Schürmann: Neben der schon erwähnten Tätigkeit in der Vater-Kind-Arbeit habe ich natürlich auch in meinem eigentlichen Beruf als Schulsozialarbeiter viel Kontakt zu Eltern und Eltern-Kind-Beziehungen. Die Ausbildung zum Trainer für Vater-Kind-Angebote hat mir auch hier nochmal insbesondere die Rolle des Vaters vor Augen geführt. Auch in der alltäglichen Arbeit nutze ich diesen Schwerpunkt und achte beispielsweise bei Elterngesprächen noch verstärkter darauf, nach Möglichkeit immer beide Elternteile mit einzubeziehen. Die Rolle und Funktion des Vaters in Beziehungs- und Erziehungsfragen sind von sehr großer Bedeutung.
vaeter.nrw: Was schätzen Sie besonders an der Arbeit mit und für Väter?Thorben Schürmann: Von teilnehmenden Vätern erhalte ich häufig zwei Rückmeldungen. Die erste ist, dass sich die Väter häufig untereinander kaum oder gar nicht kennen, auch wenn ihre Kinder teilweise schon seit einigen Jahren die gleiche Kindergartengruppe besuchen. Man sieht sich vielleicht mal im Vorbeigehen beim Bringen oder Abholen der Kinder, ins Gespräch kommt man jedoch selten. Dabei sind Kontakt und Austausch untereinander häufig gewünscht und werden im Rahmen des gemeinsamen Wochenendes sehr genossen und oft auch darüber hinaus weiter gepflegt. Ein zweiter immer wieder genannter Punkt ist die oft beruflich bedingte wenige Zeit, die Väter am Stück mit ihren Kindern verbringen können. In der Nachbesprechung wird regelmäßig berichtet, dass sich nach dem Wochenende die Intensität dieser gemeinsamen Zeit noch verstärkt hat. Beides zeigt, dass das Konzept der Vater-Kind-Arbeit die beiden Wünsche – zum einen nach Austausch mit anderen Vätern und zum anderen nach gemeinsam verbrachter Zeit mit Kindern – sehr gut miteinander verbindet. Es macht deutlich, dass das alt hergebrachte Klischee, Kindererziehung sei hauptsächlich Sache der Mütter, zum Glück schon längst überholt ist. Väter wollen ihre Rolle annehmen und leben.
vaeter.nrw: In welchen Bereichen wollen Sie Väter vor allen Dingen stärken? Welche Kompetenzen möchten Sie Ihnen vermitteln?Thorben Schürmann: Die Formulierung dieser Frage unterstellt, dass es ein Defizit an Kompetenzen der Väter gibt, das es zu beheben gilt. Das sehe ich ganz und gar nicht so. Ich erlebe bisher ohne Ausnahme, dass die teilnehmenden Väter trotz unterschiedlicher lokaler, teilweise kultureller, beruflicher und interessensspezifischer Hintergründe eines gemeinsam haben: sie alle haben Lust darauf, mit ihren Kindern und anderen Vätern Zeit zu verbringen, Kontakte zu knüpfen, Abenteuer zu erleben und sich mit Ideen einzubringen. Sie bringen die verschiedensten Kompetenzen mit, sodass eine gleichermaßen sehr unterschiedliche, jedoch auch sehr verbundene Vätergruppe entsteht, in der Vertrauen, Humor, Kreativität und Miteinander wichtige Eckpfeiler sind. Es kommt auch vor, dass Fragen zur Erziehung, zum Umgang mit bestimmten Regelungen oder die Vereinbarung von beruflichen und familiären Herausforderungen miteinander diskutiert werden und auch ich als Seminarleiter nach Meinungen oder Einschätzungen gefragt werde. Es geht jedoch nicht um eine klassische Erziehungsberatung oder das Beheben von Defiziten, sondern darum, Raum für gemeinsamen Austausch zu schaffen und unterschiedliche Erfahrungen, Meinungen und Erlebnisse miteinander zu teilen und die Möglichkeit zu geben, davon etwas mitnehmen zu können.
vaeter.nrw: Welche Erfahrungen nehmen Sie persönlich aus Ihrer Arbeit mit?Thorben Schürmann: Noch bin ich kein Vater, aber schon jetzt kann ich sagen, dass auch ich von den vielen Erfahrungen und den intensiven Gesprächen sehr profitiere. Ich möchte als Vater genauso aktiv für meine Kinder da sein, wie ich es bei den Vätern in der täglichen Arbeit erlebe. Und selbstverständlich würde ich auch dann weiter in der Vater-Kind-Arbeit mitmachen, allerdings dann auch sehr gerne als teilnehmender Vater.
Zur Person:

Thorben Schürmann

Fortbildung zum Trainer für Vater-Kind-Angebote im Jahr 2012, zuvor schon ca. 5 Jahre als Kinderteamer Teil der Vater-Kind-Arbeit; Seit 2009 Schulsozialarbeiter an einer Gemeinschaftsschule in Neuenrade / Sauerland, 2008 Studium als Diplomsozialarbeiter/ -pädagoge abgeschlossen