Vater ist, das was du draus machst!
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Aufgabenteilung

Alte Muster abschütteln

Männer-Therapeut Björn Süfke im Gespräch

Björn Süfke ist Männer-Therapeut, Buchautor und Vater. Er beschäftigt sich aus diesen verschiedenen Perspektiven heraus mit den vielfältigen Facetten des Mannseins. Im Gespräch mit vaeter.nrw berichtet er von seinen Erfahrungen und Gedanken, wie Paare mit Humor und Selbstbeobachtung den Weg zu einem partnerschaftlichen Lebensmodell finden können. Wichtig ist ihm, dass es dabei kein Ausspielen der Geschlechter oder ihrer Rollen gegeneinander gibt. Sein Augenmerk liegt vielmehr auf der gemeinsamen Veränderung zum Besseren hin.

vaeter.nrw: Studien zeigen: Viele Männer wünschen sich heute mehr Zeit mit ihren Kindern, sie wollen sich Zuhause engagieren, beruflich gute Arbeit leisten und über all das mit ihrer Partnerin im guten Gespräch sein. Der Blick auf die Lebenswirklichkeit zeigt allerdings oft ein anderes Bild. Wie steht es heute um Rollenbilder und Partnerschaftlichkeit in der Familie?
Björn Süfke: Grundsätzlich besteht eine deutliche Tendenz, die zeigt, dass es einen Bewusstseinswandel bei den Männern gibt. Väter haben zunehmend das Bedürfnis, aus alten Rollenmustern auszubrechen und äußern dieses auch immer öfter. Wo es meiner Meinung nach häufig hakt, ist die Umsetzung in die Praxis. Väter wie Mütter präsentieren zwar gerne: „Ja, wir machen es gleichberechtigt, wir entscheiden zusammen“ – aber auf der unbewussten Ebene laufen ganz viele eingeschliffene Muster ab. Es geht also darum, dass wir diese Muster erkennen, dass wir uns damit auseinandersetzen und mit unserer Partnerin darüber sprechen – ganz ohne Selbstvorwürfe und Bewertung, sondern mit viel Mitgefühl und Selbsthumor. Was man erkennt, kann man auch ändern, um dann bewusst andere Wege zu gehen.
Ein Beispiel von mir persönlich: Um die alten Rollenmuster aufzulösen, teilen meine Frau und ich uns auch die Kinderbetreuungsaufgaben möglichst 50:50. Damit sich zum Beispiel beim Zu-Bett-Bringen nicht wieder einschleicht, dass das Fürsorgliche, Kuschelige ausschließlich bei der Mutter liegt, machen wir es strikt tageweise umschichtig. So haben wir eine einfache Möglichkeit gefunden, ein altes Muster zu ersetzen.

vaeter.nrw: Was kann der Mann und Vater ganz pragmatisch tun, um das Thema Partnerschaftlichkeit familiär und gesellschaftlich ein Stückchen voranzubringen?
Björn Süfke: Ganz plakativ: Ich als Mann kann mir – möglichst unvoreingenommen – klar machen: Was ist mein Bedürfnis? Unvoreingenommen bedeutet hier, nicht einfach „Kinder, Kinder, Familie“ zu rufen und den Beruf völlig außen vor zu lassen, nur um ein „moderner Typ“ zu sein. Nein, es geht darum, sich ehrlich zu fragen: Wie will ich Vatersein, Partnerschaft und Beruf gestalten? Das ist das Beste, was Männer für sich tun können, und zwar idealerweise schon vor der Geburt eines Kindes. Daraus folgt dann natürlich, das Ergebnis mit der Partnerin auf Augenhöhe zu besprechen und auszuhandeln, weil es dabei auch um eine konkrete Arbeits- und Aufgabenverteilung geht. Frauen sind im Hinblick auf ihr Rollenverständnis oft einen Schritt weiter und setzen – aus Mangel eines unabhängigen Standpunkts des Partners – ihre Vorschläge leichter durch. Wer ein guter Aushandlungspartner und Vater sein möchte, bestimmt vorab seine eigene Position. Das ist ein Stück Arbeit, aber es lohnt sich.
Für die Kinder ist es der größte Gewinn, wenn der Vater präsent ist als Mensch. Dafür ist es wichtig, die guten Zeiten genauso miteinander zu teilen wie die schwierigen. Wer  ausschließlich Quality Time mit seinen Kindern verbringt, ist vielleicht ein beliebter und gemochter Vater, aber als Rollenvorbild taugt er damit so wenig wie jemand aus dem Fernsehen, den man nur in seinen besten Momenten sieht. Wenn ein Vater auch emotional präsent ist, was für uns Männer oft die größte Herausforderung darstellt, dann ist er als männliches Rollenvorbild, besonders für die Söhne, eine unglaubliche Bereicherung.

Für die Gesellschaft wäre es toll, wenn wir Männer all das umsetzen und auch ein bisschen davon nach außen tragen, um die gesellschaftliche Diskussion mit dem jeweils eigenen Beispiel voranzubringen. Es ist wichtig, dass wir uns äußern, wenn wir uns als Väter in der Öffentlichkeit diskriminiert fühlen. Wir sind jetzt gefordert, wie die Frauen zuvor, uns zu fragen, wie unser Verhältnis zu den gesellschaftlichen Rollenanforderungen ist: Wo widersprechen diese meinen Wünschen? Mit dieser emanzipatorischen Haltung gilt es, alles weitere zu gestalten, sowohl die partnerschaftlichen Aushandlungen als auch die Praxis.

vaeter.nrw: Welche weiteren Punkte sind für Sie bei der partnerschaftlichen Aushandlung besonders wichtig?
Björn Süfke: Ich persönlich würde gerne davon wegkommen, dass bei den Aushandlungsprozessen der Fokus auf das Problematische gelegt wird. Ich glaube, wir sollten das Thema viel positiver angehen. Verhandlung muss nichts Negatives sein, wie wir das vielleicht aus der Wirtschaft kennen. Dort gilt häufig das Prinzip: Je besser ich verhandle, desto mehr springt dabei für mich heraus und umso schlechter ist es für mein Gegenüber. Das ist kein Modell, was im Bereich Partnerschaft funktioniert. Hier geht es nicht um eine Win-Lose-Situation, sondern um eine Win-Win- oder eben Lose-Lose-Situation – wir sind ja immer beide betroffen.
Ich persönlich betrachte diese Aushandlungsprozesse mit meiner Frau rund um „Wer fährt wohin, wer macht was, heute soll das Kind zum Arzt“ durchaus als Bereicherung. Gerade wenn die Kommunikation über die kleinen Dinge im Alltag funktioniert, ist das etwas, das auf der partnerschaftlichen Ebene auch unglaublich zusammenschweißt. Paartherapeuten sagen: Paare, die eine gemeinsame Zukunft haben wollen, brauchen ein gemeinsames Projekt. Wenn man die Elternschaft als Beispiel nimmt und daran lernt, dann profitieren alle davon – Vater, Mutter und Kind bzw. Kinder. Denn wir wissen doch alle: Wir können unglaublich viel schaffen, wenn dies auf einer guten Ebene stattfindet. Deshalb bin ich für eine realistische Beschreibung: Es geht um ein Verhandeln in guter Atmosphäre und mit gegenseitiger Wertschätzung darüber, wer was macht und wie es am besten klappen kann.

vaeter.nrw: Welche Rahmenbedingungen und Unterstützungsangebote helfen Paaren bei der partnerschaftlichen Aushandlung?
Björn Süfke: Elterngeld und Elternzeit, Väterkongresse und Portale wie vaeter.nrw sind wichtige Schritte in eine gute Richtung. Die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern oder Repressalien, die Männer erleben, wenn sie in ihren Betrieben nach Elternzeit fragen, um eine aktive Vaterschaft zu praktizieren, zeigen aber, dass wir seitens der strukturellen Rahmenbedingungen noch lange nicht so weit sind, um die eingangs geschilderte Bedürfnislage von Vätern und Paaren im Alltag auch umzusetzen.
Ich selbst erlebe in der Praxis, wie groß der Unterstützungsbedarf ist und wie wenig Hilfsangebote bestehen. Aus meiner Sicht brauchen wir ganz viele Bildungs- und Reflektionsräume für Väter und Paare, damit wir voneinander lernen können. Im Bereich der Vaterschaft werden wir Männer im Alltag oft nicht ernst genommen. Wenn wir als Gesellschaft einen Ausbruch aus den traditionellen Rollen im Sinne einer Erweiterung wollen, so dass alle Möglichkeiten für Männer und Frauen ausschöpfbar sind, dann müssen wir doch ausreichend Unterstützung anbieten – für Frauen wie Männer gleichermaßen.

Alte Muster abschütteln – Porträt Björn Süfke
Zur Person:

Björn Süfke

Björn Süfke lebt mit seiner Familie bei Bielefeld. Als Vater, Männertherapeut und Buchautor erlebt, beobachtet und beschreibt er das Mann- und Vater-Sein in all seinen Facetten. 2016 veröffentlichte er dazu das Buch „Männer. Erfindet. Euch. Neu. Was es heute heißt, ein Mann zu sein“, zuletzt erschien im März 2017 der Erzählband „Papa, Du hast ja Haare auf der Glatze! Aus dem Alltag eines Vaters“.
 

Gefühle wahrnehmen

Tipp

Sich in die Vaterrolle einzufinden, ist nicht immer leicht: Mache ich alles richtig und so gut wie meine Partnerin? Darf ich mich manchmal nach meinem alten Leben sehnen? Solche Gedanken kennen frisch gebackene Väter. Damit ähnliche Gefühle Ihnen nicht die Freude am Vatersein nehmen, ist vor allem eines wichtig: Nehmen Sie sie bewusst wahr und sprechen Sie darüber!

Väter können zwar nicht gebären und stillen, sind aber ansonsten ebenso fähig, sich liebevoll und verantwortungsvoll um ihre Kinder zu kümmern wie ihre Partnerinnen. Dennoch haben Frauen und Männer aufgrund ihrer biologischen Voraussetzungen unterschiedliche Zugänge zu Schwangerschaft und Geburt. Und viele meinen: Was die Wahrnehmung von Veränderungen und den Kontakt zum Kind angeht, seien Frauen deutlich im Vorteil.

Unerwünschte Gefühle wahrnehmen

Ihr Kind wächst im Bauch Ihrer Partnerin heran, sie wird es – sicher mit Ihrer Unterstützung – zur Welt bringen und wahrscheinlich stillen. Manche Männer sehen sich dadurch klar im Nachteil. Wenn Sie sich auf diese Weise benachteiligt und ausgegrenzt fühlen, ist es wichtig, offen mit Ihrer Partnerin und/oder guten Freunden, die bestenfalls auch Kinder haben, zu sprechen. Denn lange ignorierte oder unterdrückte Gefühle können sich in Wutausbrüchen und Aggressionen ihren Weg bahnen und Sie so im Aufbau einer liebevollen Beziehung zu Ihrem Kind behindern. Also: Richten Sie den Blick bewusst auf die Schattenseiten Ihrer Vaterschaft. Für niemanden bedeutet Kinder zu haben das reine ununterbrochene Glück, auch wenn wir vielleicht Bilder von solch beseelt strahlenden Familien vor Augen haben. Tatsächlich ist es so, dass Sie mit Ihrer Partnerin einen zwar unglaublich magischen, aber eben auch massiven und sehr beängstigenden Umbruch in Ihrem Leben durchmachen.

Von der Wahrnehmung in die Aktion

All die ungewohnten Veränderungen und Gefühle in Ihrem Übergang zur Vaterschaft wahrzunehmen und darüber zu sprechen – das ist die eine Seite der Medaille. Aber Sie können und sollten Ihre Befürchtungen auch ganz aktiv verändern und kreativ werden. Versuchen Sie bereits in der Schwangerschaft, mehr von Ihrem Kind mitzubekommen. Informieren Sie sich über seine Entwicklung, stellen Sie sich vor, wie es wächst, und nehmen Sie in Gedanken Kontakt mit ihm auf. Sie können mit ihm sprechen und ihm etwas von sich und der Welt da draußen erzählen. Viele Anleitungen, wie sie Kontakt zu Ihrem Kind im Bauch Ihrer Partnerin aufnehmen können, finden Sie unter anderem im "Papa-Handbuch" (Richter & Schäfer 2005).

Nach der Geburt

Auch nach der Geburt Ihres Kindes ist es wichtig, dass Sie gut auf sich achten! Was passiert in Ihnen? Welche Gefühle löst die doch meist recht plötzliche Anwesenheit des neuen Familienmitglieds bei Ihnen aus? Gerade in den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt haben viele Väter manchmal das Gefühl, ausgegrenzt zu sein, weil zu Hause nichts mehr so ist wie früher. Mutter und Kind scheinen wie eine unzertrennliche Einheit und mancher fühlt sich als Eindringling in dieser Idylle, zieht sich zurück und konzentriert sich lieber auf das, was er kennt, und das ist meistens die Erwerbsarbeit.

Manche Väter werden in dieser Zeit eifersüchtig auf ihr Kind und drängen Ihre Partnerin beispielsweise, möglichst früh abzustillen, damit sie nicht länger ertragen müssen, dass die Mutter ihrem Kind in dieser Beziehungsphase körperlich und emotional mehr geben kann. Mehrere Studien haben diesen Zusammenhang zwischen der Einstellung des Vaters zum Stillen und dem tatsächlichen Stillerfolg und der Stilldauer nachgewiesen.

Und auch hier ist das Wichtigste: Sprechen Sie darüber! Wenn Sie einen Stich Eifersucht spüren; wenn Sie das Gefühl haben, dass es keinen Raum mehr für Zweisamkeit und Erotik mit Ihrer Partnerin gibt: Suchen Sie gemeinsam Zeitnischen und laden Sie Ihre Partnerin zu einem schönen Abend ein, bei dem alles möglich sein kann, aber nicht muss, und der auch hin und wieder von Ihrem Kind unterbrochen werden darf. Das ist viel einladender und lustvoller als frustrierte Vorwürfe, von denen die Lust meist im Keim erstickt wird.

Ihre Zeit mit Kind

Gegen Eifersucht auf Mutter und Kind hilft am besten, sich selbst Zeit und Raum mit Ihrem Kind zu nehmen. Das geht auch in der Stillzeit – in den immer länger werdenden Stillpausen oder mit abgepumpter Milch. Sprechen Sie mit Ihrer Partnerin Vater-Kind-Zeiten ab. Die Entlastung wird auch ihr gut tun und der intensive Kontakt mit Ihrem Kind wird Sie für manches entschädigen, denn letztlich geben Sie nicht nur einen Teil Ihres alten Lebens auf, Sie bekommen auch eine ganze Menge neues und spannendes Leben geschenkt.

Hilfe von außen

Doch manchmal, wenn negative Gefühle zu übermächtig scheinen oder Sie das Gefühl haben, weder einen Zugang zu sich noch zu Ihrer neuen Situation als Vater zu finden, hilft auch das Gespräch mit Familie und Freunden nicht. Scheuen Sie sich nicht, in solchen Situationen Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Passende Angebote finden sie beispielsweise unter dem unten stehenden Link.

 Text aktualisiert am 22. Juni 2016

Gut gerüstet für Schwangerschaft, Geburt und Babyzeit

Tipps

„Wir sind schwanger!“ verkünden werdenden Eltern. Doch während die Frau die Veränderung am eigenen Leib spürt, bleibt für den Mann das bevorstehende Ereignis oft abstrakt. Umso wichtiger ist für ihn die aktive Auseinandersetzung mit Schwangerschaft und Geburt. Eine gute Vorbereitung schafft Sicherheit und lässt – zwar nicht den Babybauch – die Vorfreude wachsen.

Schwangerschaft

  • Informieren Sie sich darüber, was es während der Schwangerschaft, bei der Geburt und in der ersten Zeit mit Kind zu bedenken gibt. Überlassen Sie das nicht allein Ihrer Partnerin und lesen Sie z. B. ein Buch für werdende Väter.
  • Begleiten Sie Ihre Partnerin zu Vorsorgeuntersuchungen.
  • Entscheiden Sie gemeinsam, wo Ihr Kind zur Welt kommen soll.
  • Buchen Sie, wenn möglich, ein Familienzimmer in der Geburtsklinik.
  • Gehen Sie gemeinsam zu einem Geburtsvorbereitungskurs für Paare! Ideal sind Kurse, die gleichermaßen auf Mütter und Väter eingehen, am besten mit einem männlichen Co-Leiter.
  • Richten Sie sich zu Hause auf Ihr Kind ein – dabei muss es nicht gleich ein neues Kinderzimmer sein. 

Geburt

  • Aus Geburtsvorbereitungskursen und Büchern (z. B. "Das Papa-Handbuch" von Richter & Schäfer 2005) erfahren Sie, wie Sie Ihre Partnerin unterstützen können.
  • Sprechen Sie mit Ihrer Partnerin über Ihre gegenseitigen Erwartungen und Wünsche für die Geburt.
  • Stellen Sie sich darauf ein, nicht alles Abgesprochene auch umsetzen zu können.
  • Versuchen Sie, flexibel Urlaub zu bekommen.
  • Fahren Sie den Weg zum Geburtsort vorher schon einmal ab oder überlegen Sie, ob Sie sich gegebenenfalls ein Taxi nehmen.
  • Packen Sie auch für sich selbst einen kleinen Snack in die Kliniktasche.
  • Schreie und andere Schmerzensäußerungen in der Geburtssituation sind normal und kein Ausdruck von Schwäche, sondern der ungeheuren Kraft, die Ihre Partnerin gerade mobilisiert.
  • Ermutigen Sie Ihre Partnerin, fragen Sie sie nach Ihren Bedürfnissen oder bieten Sie ihr z. B. eine Massage an.
  • Fühlen Sie sich nicht verletzt, wenn Ihre Partnerin Ihre Hilfe unter der Geburt zurückweist. In dieser Ausnahmesituation kann Sie heftiger reagieren als sonst.
  • Nutzen Sie die wichtige erste Zeit direkt nach der Geburt, um Kontakt zu Ihrem Kind und Ihrer Partnerin aufzubauen.

 Vom Paar zum Trio

  • Nehmen Sie sich nach der Geburt möglichst viel Zeit.
  • Vermeiden Sie Stress im Wochenbett.
  • Bitten Sie Verwandte und Freunde um Unterstützung im Haushalt für die ersten Tage nach der Geburt, damit Sie, Ihre Partnerin und das Kind ausreichend Zeit haben, sich kennenzulernen.
  • Überlegen Sie mit Ihrer Partnerin, wer sie wann und wie lange besuchen darf.
  • Sprechen Sie mit Ihrer Partnerin Ihre Aufgaben- und Zeitverteilung ab – möglichst schon vor der Geburt.
  • Übernehmen Sie aktiv feste Aufgaben für Ihr Kind – so lernen Sie es besser kennen.
  • Verlieren Sie bei allem Elternglück und Elternstress Ihre Partnerschaft nicht aus dem Blick.
  • Gegenseitige Wertschätzung, Lob und Anerkennung oder auch mal eine kleine Aufmerksamkeit helfen, stressige Zeiten zu überstehen.
  • Seien Sie offen und erfinderisch, was Ihre gemeinsame Sexualität nach der Geburt angeht. Es kann nach einer Geburt sehr lange dauern, bis frisch gebackene Mütter und Väter sich in ihrem Lust-Level wieder einander annähern. Zwanglose Einladungen helfen hier mehr als Vorwürfe und Rückzug. 

(Selbst-)Wahrnehmung

  • Achten Sie bei aller Sorge und Fürsorge um Mutter und Kind auch auf sich selbst: Wie geht es Ihnen mit Ihren neuen Aufgaben und in Ihrer neuen Rolle?
  • Schaffen Sie sich exklusiven Raum und Zeit für Ihr Kind. Finden Sie Ihren eigenen Weg im Umgang mit Ihrem Kind. Seien Sie Vater, nicht die „bessere Mutter“.
  • Achten Sie auf Ihre Gefühle: Neid, Eifersucht, das Gefühl der Zurücksetzung sind Zustände, die viele Väter kennen. Sprechen Sie mit Freunden und Ihrer Partnerin darüber. Unterdrückte Gefühle sind häufig die Ursache von Streit, Aggression und Gewalt.
  • Suchen Sie sich gegebenenfalls auch professionelle Unterstützung – das ist ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche! Oft hilft der neutrale Blick von außen, einen Weg aus scheinbar verfahrenen Situationen zu finden.
 Text aktualisiert am 22. Juni 2016

Tipps: Väter auf dem Weg zur partnerschaftlichen Aufgabenteilung

Familienarbeitszeit

Auch wenn sich hinsichtlich Gleichberechtigung viel getan hat: Um Haushalt und Kinder kümmern sich weiterhin vor allem die Mütter. Und die wenigsten Paare planen bereits vor der Geburt eines Kindes, wer künftig wofür verantwortlich sein soll. Nicht selten weichen die frischgebackenen Väter und Mütter Auseinandersetzungen aus und fallen in geschlechtstypische Muster zurück.

Die Geburt eines Kindes verändert eingefahrene, erprobte Strukturen. Ist ein Elternteil über längere Zeit zu Hause, passiert es schnell, dass sich der berufstätige Partner für die Kinder oder den Haushalt nicht mehr zuständig fühlt. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Aufgaben so weit wie möglich und von Anfang an aufzuteilen. Väter sollten schon früh über ihre Pläne und die damit einhergehenden Veränderungen sprechen. Denn langfristig können sie die Herausforderungen nur gemeinsam mit der Partnerin sowie älteren Kindern als Verbündete schultern.

Einige Tipps:

  • Ein Familienunternehmen zu managen, ist anspruchsvoll – viele unterschiedliche Kompetenzen sind gefragt. Bei einer „Familienkonferenz“ können Sie festlegen, welche Tätigkeiten von wem am besten erledigt werden können. Einzelne Fähigkeiten und Vorlieben sollten berücksichtigt werden, denn partnerschaftliche Aufgabenteilung heißt nicht, dass jede Tätigkeit zur Hälfte aufgeteilt wird. Alle – Vater, Mutter, ältere Geschwister - sollten im Rahmen der Möglichkeiten die Aufgaben übernehmen, die ihnen im besten Fall Spaß machen - oder die sie zumindest nicht allzu unangenehm finden.
  • Empfehlenswert ist, eine Liste mit allen Tätigkeiten zu machen, die rund um Haushalt und Familie anfallen. Diskutieren Sie bei dieser Gelegenheit auch, ob einzelne Aufgaben künftig wegfallen, reduziert werden können oder von Dienstleistern (Getränkelieferant, Haushaltshilfe, Bügelservice der Reinigung) übernommen werden können.
  • Notieren Sie dann, wer was übernehmen möchte. Bei Uneinigkeit stellen Sie den Punkt vorerst zurück und klären ihn in einem weiteren Durchgang.
  • Damit alle das Haushalts-Konzept mittragen, sollte festgelegt werden, welches Maß an Sauberkeit und Ordnung für alle Beteiligten wichtig ist. Diese Ansprüche können in den einzelnen Räumen unterschiedlich verwirklicht werden.
  • Vater und Mutter sollten auch diskutieren, ob die Aufgaben nach einem festgelegten Zeitplan erledigt werden müssen und wie Mehrarbeit vermieden werden kann – z. B. werden Schuhe beim Betreten der Wohnung ausgezogen, benutztes Geschirr direkt in die Spülmaschine geräumt etc.
  • Die Aufgabenverteilung sollte nicht fix sein, sondern kann auch mal verändert werden. Auch eine „Job-Rotation“, also Tätigkeiten in regelmäßigen Abständen zu wechseln, kann sinnvoll sein. So werden die Pflichten abwechslungsreicher und beide Elternteile lernen andere Tätigkeiten besser wertzuschätzen.
  • Geschwisterkinder können altersgerecht mit Haushaltstätigkeiten beauftragt werden. Mädchen und Jungen sollten dabei gleichermaßen miteinbezogen werden. Leben Sie die geteilte Zuständigkeit vor. Kochen und backen Sie z. B. gemeinsam mit den Kindern. Wenn Sie nicht allzu streng sind und hohe Ansprüche an die Fähigkeiten der Kinder anpassen, macht Putzen sogar Spaß. Kinder freuen sich, wenn sie etwas Wichtiges übernehmen dürfen.
  • Der gemeinsam verfasste Haushaltsplan sollte gut sichtbar aufgehängt werden, damit die Verantwortlichkeiten für alle immer klar zu sehen sind.
  • Nicht nur Kinder, sondern auch Vater und Mutter brauchen Anerkennung. Alle Beteiligten sollten das Gefühl haben, dass die zugeteilte Arbeit von dem oder der Anderen gesehen und geschätzt wird.

Wege aus dem Hamsterrad

Doch Eltern müssen es nicht nur schaffen, Haushalt und Familienaufgaben aufzuteilen. Auch die Erwerbsarbeitszeit muss neu verhandelt werden. Einkommensverluste, Probleme mit Vorgesetzten, Schwierigkeiten bei der Arbeitsorganisation mit den Kollegen - aus Angst vor Schwierigkeiten verzichten Väter auf Elternzeit oder nehmen nicht mehr als zwei „Partnermonate“. Ein erster Schritt vom Vollzeitverdiener hin zum Teilzeitpapa ist die frühzeitige Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten, die das neue ElterngeldPlus bietet. Väter und Mütter können die ersten Monate mit dem Kind auf finanziell sichere Beine stellen und gleichzeitig mehr Partnerschaftlichkeit leben.

  • Mithilfe des ElterngeldPlus können Väter und Mütter in den ersten 28 Monaten nach der Geburt neue Arbeitszeiten und Aufgabenteilungen erproben: Beim ElterngeldPlus wird die Bezugszeit verlängert: Aus einem Elterngeldmonat werden zwei ElterngeldPlus-Monate
  • Entscheiden sich beide für eine Teilzeitarbeit, erhalten sie als Partnerschaftsbonus noch vier Monate Elterngeld Plus. Voraussetzung dafür ist, dass beide mindestens vier Monate lang 25 bis 30 Wochenstunden arbeiten – also zumindest beruflich schon mal eine partnerschaftliche Aufteilung leben.
  • Weil das bisherige Elterngeld weiterhin erhalten bleibt, ist auch eine Kombination aus beiden Elterngeldarten möglich.
  • Und: Eltern können ihre Elternzeit in drei statt zwei Zeiträume aufteilen und teilweise bis zum vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen.

„Ja, das bekommen wir hin“

Doch was ist mit der Sorge, eine längere Elternzeit oder eine Verringerung der Arbeitszeit von Voll- auf Teilzeit bringe berufliche Nachteile mit sich? Dass ein Vater  seine Karriere ruiniere, wenn er sich eine längere Auszeit nehme, bezeichnet der Organisationsberater und Sozialwissenschaftler Hans-Georg Nelles als Vorurteil: „Wenn jemand klar macht, dass es ihm ernst ist, kommen Chef und Angestellter am Ende meist zu einem guten Ergebnis“.

Zahlreichen Vätern gelingt es, durch gute Absprachen mit ihrem Vorgesetzten eine zufriedenstellende Situation zu schaffen. Wer unsicher ist, kann sich zum Beispiel in der Broschüre „So sag ich’s meinen Vorgesetzten“ Tipps holen.

Aktive Väter sind glücklicher

Wer sein Kind erst nach Feierabend sieht, baut nur mühsam eine gute Beziehung auf. Für eine stärkere Beteiligung am Familienleben spricht auch, dass ein Zusammenhang zwischen aktiver Vaterschaft und dem Wohlbefinden von Männern festgestellt werden kann: So findet sich in einer Studie des Deutschen Jugendinstituts der höchste Anteil an glücklichen Männern unter den aktiven Vätern (Quelle: Studie „Väter 2015: Wie aktiv sind sie, wie geht es ihnen und was brauchen sie?“, Deutsches Jugendinstitut e. V. 2015)

(vaeter.nrw)

 

Text aktualisiert am 10. Juni 2016

Väter zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Mehr Zeit für die Familie

Wo bleibt die Zeit? Dieser Frage geht die Zeitverwendungsstudie des Statistischen Bundesamtes 2015 auf den Grund. Die aktuellen Daten wurden im August 2015 vorgestellt und bringen neben Erwartbarem auch einige neue Erkenntnisse.

Jeder dritte Vater wünscht sich mehr Zeit für seine Kinder, jeder zweite berufstätige Vater möchte seine Arbeitszeit eigentlich reduzieren. Laut Studie gelingt das aber nach wie vor nicht: Statistisch gesehen verbringen Väter lediglich zehn Minuten mehr pro Tag mit ihrem Nachwuchs als vor zehn Jahren und kommen somit auf 51 Minuten täglich. Mütter betreuen ihre Kinder immer noch doppelt so lange wie Väter. Sie wenden eine Stunde und 45 Minuten pro Tag für diese Tätigkeit auf.

Die Studie betrachtet auch den Anteil bezahlter und unbezahlter Arbeit: Frauen arbeiten durchschnittlich 70 Prozent ihrer Zeit unbezahlt und 30 Prozent im Job. Männer dagegen verbringen 62 Prozent mit bezahlter Arbeit und 38 Prozent unbezahlt. Zusammen genommen arbeiten Frauen wöchentlich eine Stunde länger als Männer. Seit der letzten Zeitverwendungsstudie 2003 arbeiten Väter heute 3,5 Stunden mehr in unbezahlter Hausarbeit und Kinderbetreuung als vor zwölf Jahren. Erwerbstätige Väter arbeiten im Schnitt 40 Stunden, sogar eine Stunde länger als Männer ohne Kind.

Dr. Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung erklärt dieses Phänomen mit der Übernahme finanzieller Verpflichtungen für die Familie: Viele Väter würden das fehlende Gehalt mit längerer Arbeitszeit auffangen, wenn die Mütter nach der Geburt des Kindes ihre Erwerbstätigkeit reduzieren. Diese Entwicklung widerspricht jedoch den Wünschen der meisten Väter, mehr Zeit mit der eigenen Familie zu verbringen.

Väterzeit im Haushalt und mit Kinderbetreuung

Laut den Daten des Statistischen Bundesamts verbringen Väter in Deutschland durchschnittlich drei Stunden pro Tag mit Haushaltsführung und Betreuung der Familie, Mütter noch einmal zweieinhalb Stunden mehr als ihre Partner. Im internationalen Vergleich ist die Zeit, die Väter in Deutschland mit Kinderbetreuung und Hausarbeit verbringen, in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen (Abb. 1a). Kinderbetreuung zeigte dabei einen noch deutlicheren Aufwärtstrend als Hausarbeit. Nicht nur die Zeit in Minuten, sondern auch der Anteil der Väter, die überhaupt Zeit mit ihren Kindern verbringen, nahm in den vergangenen zehn Jahren deutlich zu.

 

Nach einer aktuellen Umfrage des Allensbach Instituts für Demoskopie bejahen 57 Prozent der befragten Eltern die Aussage „Ich finde es für eine Familie am besten, wenn beide Eltern gleich viel arbeiten und sich die Kinderbetreuung gleichermaßen aufteilen." Doch bei der Betreuung der Kinder und bei der übrigen Familienarbeit schultern die Mütter nach wie vor den größeren Teil der Aufgaben. Väter erledigen deutlich weniger, so die Ergebnisse dieser Umfrage. Aktuell übernehmen 74 Prozent der Väter weniger als die Hälfte der Kinderbetreuung, ein Gutteil von ihnen sogar nur einen kleinen Teil oder kaum etwas.

Diese Aufteilung wird den Idealvorstellungen vieler Väter und Mütter nicht gerecht, denn: 52 Prozent der Väter würden am liebsten die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen, sechs Prozent sogar mehr als die Hälfte. Fast ein Drittel der Väter gibt an, dass sie sich gern auch im Alltag mehr um ihre Kinder kümmern würden, als es ihnen im Moment möglich ist.

Familienzeit – die Qualität zählt

Immerhin 69 Prozent der aktuell befragten Väter sind davon überzeugt, sich mehr an der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder zu beteiligen als ihre Väter es früher taten. Und um die Freuden und Ängste eines Kindes zu teilen, braucht man Zeit – Zeit fürs Zuhören, Kuscheln und einfach nur „da sein“. Ein Papa muss nicht Supermann sein, denn diese Rolle überfordert Männer: Jeder dritte Mann – bei den Singles sogar jeder zweite – hat das Gefühl, den an ihn gestellten Erwartungen nicht gewachsen zu sein.
(vaeter.nrw)
 

Text aktualisiert am 10. Juni 2016

Erst mal überfordert

Junge Väter möchten Beruf und Familie optimal verbinden. Viele nehmen eine kurze Elternzeit, aber danach kehrt der Alltag zurück, Job und Familie müssen ausbalanciert werden. Auch die Ansprüche der Mütter an ihre Partner sind gestiegen. Sabrina Odebrecht, Dipl. Psychologin, Systemische Therapeutin und Sexualberaterin aus Berlin, erzählt von Lösungen.

Die Ansprüche der Partnerin und die eigenen Idealvorstellungen erzeugen Druck bei jungen Vätern. Teilen Sie diese Beobachtung?

Ja. Die heutige Generation der jungen Väter wurde von Frauen erzogen, die ihnen neue Erziehungsprinzipien und Gleichberechtigung vermittelt haben. Zum anderen sehen viele Männer ihre eigenen Väter als abschreckende Beispiele und möchten es besser machen: Neben dem Beruf möchten sie für ihre Partnerin und ihre Kinder da sein, die Entwicklung miterleben, viel Zeit mit den Kindern verbringen. Und sei es auch nur eine qualitativ hochwertige Zeit, etwa die typischen eineinhalb Stunden zwischen Feierabend und Zubettbringen. Hinzu kommen die Ansprüche der jungen Mütter, die auf ihre berufliche Entwicklung Wert legen und nicht sechs Jahre komplett aussteigen möchten. Sie wünschen sich auch Zuhause eine faire Aufgabenverteilung. Abgesehen von diesen alten und neuen Ansprüchen: Das erste Kind ist für beide Elternteile neben einer großen Freude auch eine Überforderung – immer.

Was passiert nach der Geburt und wie gehen Eltern damit um?

Ein Säugling bringt mit seinen Bedürfnissen den Alltag durcheinander: die gewohnte Aufgabenteilung, die Partnerschaft, die Sexualität, den Schlafrhythmus. Ein Kind ist gleichzeitig wunderbar und hat das Potenzial zur größtmöglichen Krise. Das empfinden Mütter und Väter gleichermaßen. Während sich junge Mütter aber intensiv miteinander austauschen, fehlt es vielen Vätern an Gesprächspartnern und -räumen. Von den eigenen Eltern hören sie oft nur: Da mussten wir auch durch. So entsteht zunächst eine Durchhaltementalität, die einen von Tag zu Tag bringt, und gleichzeitig stehen eigene Bedürfnisse hinten an.

Mit wem können Väter reden?

Freunde und Arbeitskollegen, die bereits Kinder haben, teilen gerne ihre Erfahrungen und haben ein offenes Ohr. Der Mann wird aufgenommen in die informelle Gruppe der neuen Eltern. Für manche kinderlose Männer sind dagegen viele Sorgen schwer nachvollziehbar. Natürlich sollte auch mit der Partnerin der Gesprächsfaden nicht abreißen. Die Probleme sind ungewohnt und die Alltagserlebnisse von Vätern und Müttern grundlegend verschieden: hier der Neun-Stunden-Arbeitstag, dort die Welt der Milchflaschen und Windeln. Da hilft es, sich zum Gespräch zu verabreden und dies mit der gleichen Wichtigkeit eines Termins beim Arzt oder Chef zu tun. Auch schriftliche Kommunikation zu nutzen kann hilfreich sein, wenn Gespräche aufgrund von Erschöpfung und fehlenden Ressourcen schnell eskalieren. Denn mit wenig Energie und Ressourcen enden konstruktiv gemeinte Diskussionen nicht selten im Streit. Auch so kann der Dialog wieder in Gang kommen.

Wie beeinflusst der Beruf die Überforderung der Männer?

Mit der Geburt eines Kindes erhöhen sich die Ansprüche an den Job: Man wünscht sich flexiblere und kürzere Arbeitszeiten, aber weiterhin Karrierechancen, ein höheres Einkommen, denn die Ausgaben steigen kontinuierlich. Und ganz wichtig: Jobsicherheit. Der Verlust des Arbeitsplatzes ausgerechnet jetzt würde als Katastrophe empfunden werden. Die eigenen Ansprüche erzeugen also Druck bei den jungen Vätern. Hinzu kommt eine neu erlebte Hilflosigkeit, gerade für beruflich erfolgreiche Männer: Plötzlich sind sie überfordert mit einem schreienden Säugling. In einigen Situationen, wenn es beispielsweise ums Stillen geht, können sie ihrer Frau wenig beistehen. Das wirkt demotivierend und frustriert.

Väter und Mütter möchten die neuen Elternaufgaben möglichst gerecht verteilen – aber wie?

Vor der Geburt sind Aufgaben meist 50:50 verteilt, vieles hat sich „von selbst so ergeben“. Nach der Geburt muss das System von den Eltern neu ausgehandelt werden. Ein möglicher hilfreicher erster Schritt: notieren, wer aktuell welche Aufgaben übernimmt. Dabei bitte auch die nicht so offensichtlichen Arbeiten auflisten, wie etwa: Auto auftanken, sich um Anschaffungen, Reparaturen und Versicherungen kümmern. Dann müssen beide Seiten einige Fragen offen beantworten: Was wünsche ich mir? Was kann ich geben? Wo brauche ich Unterstützung? Welche Arbeiten kann ich keinesfalls übernehmen – etwa den Nachtdienst, wenn dieser mit konzentrierter Büroarbeit am nächsten Tag kollidiert. Bleiben Aufgaben übrig, muss ein Kompromiss gefunden werden. Und ob die Kompromisse erfolgreich sind oder nicht, sollte nach einiger Zeit besprochen werden, um nachzusteuern.

Das klingt nach einer Planungsstrategie, die man aus Unternehmen kennt. Man hat aber den Eindruck, dass viele Eltern hoffen, der neue Alltag regelt sich von alleine.

Das ist selten der Fall. Und vor der Geburt wird zwar viel über die Kinderzimmergestaltung gesprochen, aber nicht im Detail über die neuen Aufgaben. Dabei würde das helfen, Stress und Frust zu vermeiden. Eine Stressvermeidungstaktik bei Männern ist übrigens, länger als nötig zu arbeiten. Ist daheim der Stresslevel hoch, wird Arbeit sogar als willkommene Pause empfunden, auch von Müttern, die nach der Elternzeit zurück im Job sind. Die Kollegen sind entspannt und haben keine Erkältung oder Mittelohrentzündung. Wenn der junge Vater allerdings regelmäßig die Arbeitszeiten ausdehnt, steigt der Druck zu Hause noch weiter. Dann entsteht ein Teufelskreis, und das Paar gerät in eine Falle.

Wann sollte man sich Beratung und Hilfe suchen?

Man darf jederzeit Hilfe suchen. Wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen: Man hat kein schlimmes Defizit, sondern einfach eine anstrengende Zeit, in der eine neutrale Außenperspektive oder Moderation helfen kann. Also: sich rechtzeitig in die Beratung trauen. Erziehungs- und Familienberatungsstellen gibt es in jeder größeren Stadt, einfach im Internet das Stichwort suchen. Empfehlenswert ist es auch, einen Elternkurs zu besuchen, zum Beispiel „Starke Eltern – Starke Kinder“, der an vielen Orten angeboten wird.

Was tun, wenn die Überlastung bleibt?

Was ich selbst nicht schaffe, kann vielleicht jemand anderes: Eltern sollten alle Ressourcen nutzen, die sie haben oder sich leisten können: Großeltern, Babysitter, Tagesmutter, Haushaltshilfe, Einkaufsservice. Ein Ziel sollte sein, wieder etwas Zeit zu zweit und auch für sich alleine zu haben. Nicht vergessen! Und wenn es nur eine Stunde in der Woche ist, wo der Vater ganz bewusst etwas macht, was ihn entspannt. Das gilt natürlich auch für Mütter.

(vaeter.nrw)

 

Reibung erzeugt Wärme, oder?

Die partnerschaftliche Aufgabenteilung auszuhandeln, ist nicht immer leicht – aber ohne geht es nicht.

Wird ein Mann zum Vater, ein Paar zu Eltern, ändert sich vieles. Große Fragen stehen im Raum: Wer kümmert sich in den ersten Lebensjahren um das Kind und wie wird der Haushalt fair aufgeteilt? Über Herausforderungen, Frust und Lösungen hat sich vaeter.nrw mit Familiencoach Aimée Bastian unterhalten.

Welche Probleme können auftauchen, wenn sich Männer und Frauen in ihrer neuen Elternrolle zurechtfinden müssen?

Es gibt einige Stolpersteine für frisch gebackene Väter und Mütter. Oft bestehen sie aus unterschiedlichen Familienwerte-Vorstellungen: Was brauchen unsere Kinder? Wie definiere ich mich als Mann und Vater? Wie als Frau und Mutter? Was brauchen wir als Paar? Problematisch kann auch das Thema Geld werden. Gibt es eine Familienkasse? Wer bestimmt, wie viel wofür ausgegeben wird? Hier fürchten frischgebackene Väter oft um ihre Unabhängigkeit.

Hinzu kommt, die Aufgaben im Haushalt neu aufzuteilen. Und natürlich die Frage, wer das Kind wann betreut. Darüber sollte sich auch der Mann frühzeitig Gedanken machen und sich mit seiner Partnerin noch vor der Geburt des Kindes abstimmen.

Welche Probleme betreffen in erster Linie Väter?

Bei den Vätern habe ich zwei Typen beobachtet: Die einen orientieren sich eher an einem konservativen Familienmodell, das sie aus ihrer eigenen Kindheit kennen. Die anderen verstehen sich als „moderner Mann“. Sie möchten sich zu Hause einbringen und gerne auch in Elternzeit gehen. Oft driften aber die Erwartungen von Mann und Frau auseinander. Viele Männer haben das Gefühl, sich bereits gut in Haushalt und Kinderbetreuung einzubringen – das Ausmaß entspricht aber noch lange nicht dem, was die Frau als partnerschaftlich betrachtet.

Schwierig ist für viele Männer auch, wenn die Paarbeziehung unter dem Kind leidet, wenn sie sich von der Frau nicht mehr als Mann, sondern nur noch als Vater wahrgenommen und sexuell nicht mehr bestätigt fühlen.

Wie kann man sich bereits vor der Geburt vorbereiten und versuchen, künftige Konflikte zu verhindern?

Es ist wichtig, sich bereits früh darüber klar zu werden, wie man als Familie sein will und was einem wichtig ist. Als Eltern, aber auch als Mann und Frau. Falls gewünscht, rate ich, zusammen mit einem Coach oder Therapeuten, zu erarbeiten, wie die eigene Familie funktionieren soll, sodass man sich auch weiter als Paar wahrnimmt. Die Ergebnisse würde ich notieren und immer wieder rausnehmen, wenn es doch zu Streit kommt.

Ein großes Problem ist immer wieder die Frage: Wer betreut das Kind in den ersten Jahren?

Es ist heute nicht mehr so, dass Frauen automatisch nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben wollen. Sie sind gut ausgebildet und möchten auch in ihrem Beruf arbeiten. Väter müssen deshalb mit ihren Partnerinnen einen Kompromiss finden, der Zug um Zug verhandelt wird. Am besten sollte dies von einer unbeteiligten Person moderiert werden. Beide Partner müssen darüber nachdenken, was sie unbedingt brauchen und worauf sie verzichten können. Beide werden Zugeständnisse machen müssen.

Oft bleibt die Frau zu Hause und kümmert sich um Kinder und Haushalt. Das kann zu Frust auf beiden Seiten führen. Was raten Sie Eltern, die sich eine partnerschaftliche Aufgabenteilung wünschen?

Zunächst rate ich jedem Vater, eine Zeit lang Elternzeit zu nehmen und sich um Kind und Haushalt zu kümmern. Zum einen bekommt er dadurch engen Kontakt zum Kind. Außerdem erleben so auch Männer, was es bedeutet, einen Haushalt in Schwung zu halten und welchen Frust es mit sich bringen kann, keine Bestätigung mehr von außerhalb – beispielsweise der Arbeitsstelle – zu erfahren. So kann sich der Mann besser in seine Partnerin hineinversetzen. Das ist eine gute Grundlage für eine partnerschaftliche Aufteilung. Die typischen zwei Vätermonate sind besser als nichts, aber je länger ein Vater Elternzeit nimmt, desto besser.

Gegen Frust hilft, dass beide mal raus kommen und sich in Rollen außerhalb der Familie als kompetent erleben – „Mann“ und „Frau“ bleiben, statt nur noch „Vater“ und „Mutter“ zu sein.

Was ist bei den Aushandlungsprozessen zu beachten? Vor allem, wenn sie unter Stress (durchwachte Nächte etc.) stattfinden?

In konkreten Stresssituationen entsteht besonders schnell ein schlimmer Streit. Man sagt Dinge, die man später bereut, die aber lange nachwirken. Bevor es dazu kommt, sollte man die Situation verlassen, tief durchatmen und vielleicht auch eine Nacht darüber schlafen, bis der akute Ärger abgeklungen ist. Anschließend sollte man gemeinsam über die Situation reden und überlegen, wie man die Dinge künftig organisieren kann. 

Oft stehen Männer unter dem Druck, die Versorgerrolle auszufüllen. Wie können Väter ihren Wunsch klar machen, dass sie gerne zu Hause bleiben und die Kinder betreuen wollen?

Je nachdem wie weit sich ein Mann beruflich für seine Frau und die Kinder zurücknimmt, kann es passieren, dass er von Bekannten oder Kollegen das Feedback bekommt, er sei ein „Weichei“. Das kratzt bei einigen Männern am Selbstwertgefühl. Es ist dann wichtig, sich selbst zu fragen: Wie will ich als Vater sein? Ist es wichtiger, was ich will, oder was andere von mir denken? Wer sich darüber klar wird, kann andere Meinungen leichter an sich abprallen zu lassen.

Ab welchem Punkt sollte ein Paar Hilfe suchen? An wen können sich Eltern wenden, wenn konkrete Schwierigkeiten bei einer gerechten Aufgabenverteilung auftauchen?

Kritisch wird es, wenn ein Paar sich immer wieder um dieselben Punkte streitet oder auch, wenn es in der gemeinsamen Zeit nur noch darüber reden kann. Dann empfehle ich jedem, sich professionelle Hilfe zu suchen. Das kann ein Familientherapeut sein, aber auch Kirchenverbände oder städtische Einrichtungen haben in fast jeder Stadt gute und oft kostenlose Angebote. Es hilft bereits, die Aushandlungsprozesse von einer unbeteiligten Person moderieren zu lassen. Dann können beide in einem geschützten Rahmen zu Wort kommen und ihre Wünsche äußern.

(vaeter.nrw)

Text aktualisiert am 25. Mai 2016