Vater ist, das was du draus machst!
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Beruf

Wunsch-Zeit: Väter wollen flexiblere Jobs und mehr Familienzeit

Veränderung im Unternehmen mitgestalten

Gehören Sie dazu? Väter wünschen sich heute mehrheitlich ein Berufsleben, das sich mit dem Familienleben gut vereinbaren lässt, wie die Ergebnisse der Befragung zum 2. Väter-Barometer zeigen. Darauf reagiert die Arbeitswelt mit einer wachsenden Anzahl väterfreundlicher Angebote. Wie kann es nun konkret gelingen, Wunsch und Wirklichkeit zusammenzuführen?

Damit der Wunsch von Vätern nach mehr familiärem Engagement bei gleichzeitig verringerter beruflicher Aktivität für immer mehr Männer gelebter Alltag werden kann, braucht es zweierlei: zum einen Väter, die voran gehen und den Unternehmen ihre Bedarfe mitteilen. Auf der anderen Seite sind passgenaue Angebote für Väter von Arbeitgeberseite notwendig.

Es geht voran

Beides nimmt zu und ist auf gutem Weg, so die Ergebnisse der repräsentativen Befragung von 1.000 Vätern und 300 Unternehmen im Auftrag des Unternehmensprogramms „Erfolgsfaktor Familie“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Vor allem junge Väter zwischen 18 und 29 Jahren äußern demnach den Wunsch nach einer deutlichen Arbeitszeitreduzierung zugunsten der Familie. Sie fühlen sich mit ihrem Bedürfnis nach mehr Familienzeit zunehmend wahrgenommen und profitieren von flexiblen Angeboten ihres Arbeitgebers. Väter mit älteren Kindern äußern sich noch zurückhaltender. Was braucht es, damit sich alle Väter angesprochen fühlen?

Kommunikation und Kultur

Die Entwicklung einer väterfreundlichen Unternehmenskultur und die damit einhergehende vertrauensvolle, offene Kommunikation beider Seiten ist laut Väter-Barometer von zentraler Bedeutung. Unternehmen sollten sich aufgeschlossen und sensibel für die speziellen Bedarfe von Vätern mit Kindern aller Altersklassen zeigen. Es ist wichtig, dass diese Väter-Bedarfe auf ehrliche Akzeptanz treffen und Väterfreundlichkeit in Form von Vorbildern auf allen Unternehmensebenen gelebt wird. Vor allem Väter mit Elternzeiterfahrung erleben das inzwischen häufig.

„Wer sich traut, wird akzeptiert.“

Trauen Sie sich, auch nach der Elternzeit ihre Wünsche nach mehr Familienzeit mit Ihrem Vorgesetztem bzw. Ihrer Vorgesetzten auszuhandeln. Ist es für Sie derzeit schwierig, aufgrund von Arbeitsaufkommen, Vertragssituation oder finanziellen Aspekten ihre Arbeitszeit zu reduzieren? Vielleicht bieten Home-Office-Lösungen, Zeitwertkonten, Vertrauensarbeitszeit etc., die Chance, Ihre Arbeit räumlich bzw. zeitlich flexibler zu gestalten.

… und es geht doch!

Vereinbarkeit

Mehr Frauen in Führungspositionen! Diese Forderung hat nur vordergründig mit besseren Chancen für die Frauen zu tun. Genauso wesentlich ist, dass damit auch die Chancen von Männern steigen: auf bessere Vereinbarkeit, mehr Familie und Partnerschaftlichkeit und weniger Belastung als Alleinverdiener. Die Initiative „Chefsache“ hat sich das Thema auf die Fahne geschrieben und dazu ein Magazin veröffentlicht.

Familie und Beruf besser zu vereinbaren, ist ein großer Wunsch der meisten Väter und Mütter. Bislang allerdings scheint man sich entweder für die Karriere oder für die Familie entscheiden zu müssen. Dass der berufliche Aufstieg nicht zwangsweise auf Kosten des Familienlebens geht, zeigen viele Beispiele. Die Initiative „Chefsache“, ein Netzwerk von Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlichem Sektor, setzt sich seit 2015 für einen Kulturwandel in den Chefetagen ein. Ihr Ziel: mehr Chancengleichheit und eine bessere Vereinbarkeit. Im Juni veröffentlichte die Initiative das Chefsache Magazin. Darin porträtieren die Herausgeber Väter und Mütter, die eine Familie gegründet haben, ohne auf den beruflichen Aufstieg verzichten zu müssen. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die jeweiligen Unternehmen. Gelingt es dort, familienfreundliche Strukturen zu schaffen, profitieren alle davon.
 

Das Magazin „Chefsache“ mit Praxisbeispielen zur Vereinbarkeit als PDF

Vater im Studium – kein Ding der Unmöglichkeit

Studentenvater

Drei kleine Kinder und das Studium miteinander zu vereinbaren – das klingt nach einer großen Herausforderung. Doch die ist gut machbar, findet Ismail Cebe; und dass, obwohl er seine 1, 2 und 4-jährigen Söhne sogar alleine großzieht. Dabei bekommt er viel Unterstützung und oft positive Reaktionen auf seine Vaterschaft.

„Im Studium konnte ich mir die Zeit relativ frei einteilen, anders als es beispielsweise bei einem festen Job der Fall gewesen wäre. Deshalb konnte ich genug Zeit für die Betreuung meiner Kinder einräumen“, erinnert sich Ismail Cebe. Doch auch wenn er einmal zu spät in die Vorlesung kam, weil er seine Kinder aus dem Kindergarten abgeholt hat, oder das Seminar eher verlassen musste, um rechtzeitig bei der Betreuung zu sein, war das kein Problem. „Viele Professoren sind darauf eingestellt, dass Studierende mit Kind besondere Lebensumstände haben. Ich habe immer mit den Dozenten gesprochen und wir haben dann gemeinsam Wege gefunden, wie ich die Anforderungen im Seminar und die Kinderbetreuung miteinander vereinbaren kann. Wenn ich die Kinder mal früher abholen musste, war das meist kein Problem. Wenn ich eine Veranstaltung mal nicht regelmäßig besuchen konnte, habe ich mich mit den Dozenten auf eine Ausnahmeregelung geeinigt. So habe ich in einem Kurs zum Beispiel mal eine schriftliche Zusatzaufgabe gemacht, weil ich nicht regelmäßig erscheinen konnte. Aber: Die Kommunikation ist wichtig. Ich wollte nicht, dass Missverständnisse entstehen und habe deshalb immer offen gelegt, dass ich Vater bin.“ Dass die Dozenten mittlerweile auf die besonderen Bedürfnisse eingestellt sind, sieht Ismail Cebe positiv. „Die Hochschulen achten sehr darauf, dass Studium und Familie vereinbar sind. Bei meiner Einschreibung habe ich angegeben, dass ich Vater bin und habe beispielsweise den Vermerk „Studieren mit Kind“ bekommen, der mir einen leichteren Zugang zu teilnehmerbeschränkten Kursen ermöglicht.“

Ohne die Hilfe seiner Eltern hätte es nicht geklappt

Ismail Cebes ältere Söhne besuchen regelmäßig einen Kindergarten. Der Jüngste wird von der Oma betreut. „Es gab immer mal Situationen, in denen ich auch nachmittags Veranstaltungen besuchen musste, wenn die Kinderbetreuung schon zu Ende war. Dann ist meine Familie eingesprungen und hat auf die Kinder aufgepasst. Anders wäre das auch nicht gegangen“, stellt Ismail Cebe fest. Ähnlich ginge es auch vielen anderen Vätern und Müttern, die studieren. „Besonders die Alleinerziehenden, die ich kennengelernt habe, waren auf die Unterstützung der eigenen Eltern angewiesen“, betont Ismail Cebe.

Finanzen: Ein Problem?

„Unsere finanzielle Absicherung war nicht immer einfach. Eine Zeitlang habe ich uns mit Wohngeld und Kindergeld über Wasser gehalten. Aber zum Glück gab es immer noch andere Möglichkeiten: Als Dolmetscher habe ich regelmäßig ein paar Stunden neben dem Studium gearbeitet. Da lagen die Arbeitszeiten so, dass ich das mit den Veranstaltungen in der Uni und der Kindererziehung vereinbaren konnte. Ich hatte auch mal einen Job als Studentische Hilfskraft. Da wurde auch sehr auf meine besondere Lebenssituation als alleinerziehender Vater geachtet. So konnte ich neben dem Studium noch etwas Geld für die Familie dazuverdienen. Dann ging das“, erinnert sich Ismail Cebe.

Beratungsstellen aufsuchen: Eine gute Erfahrung

Um sich zu informieren, welche Unterstützung jungen Familien zusteht, hat Ismail Cebe die Familienberatung seiner Hochschule aufgesucht. „Die haben mir wirklich sehr geholfen und mir viele Tipps gegeben. Zum Beispiel haben die mit mir Einrichtungen besucht, die junge Väter bei der Erstausstattung für das Kind unterstützen. Aber auch allgemeine Informationen, insbesondere zur Finanzierung, habe ich dort bekommen.“ Ähnliche Erfahrungen machte der junge Vater mit der Beratungsstelle der Stadt Bielefeld, auf die er zufällig aufmerksam wurde. „Ich habe mich neben Studium und Kindererziehung als Sozialreferent beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) engagiert. Dort habe ich festgestellt, dass viele Eltern nicht wissen, dass es diese Angebote gibt und wo sie Hilfe bekommen. Bevor ich davon wusste, habe ich auch versucht, alles alleine zu regeln. Das war aber viel schwieriger und musste gar nicht sein. Denn es gibt viel Unterstützung!“

„Die größte Herausforderung war es, Studium, Kindererziehung und Finanzen unter einen Hut zu bekommen. Doch es gibt viele Wege, das zu schaffen. Und dann sind Studium und Vaterschaft gut miteinander vereinbar”, resümiert Ismail Cebe, „und sehr bereichernd!“

Ismail Cebe ist 27 Jahre alt und lebt in Bielefeld. Er ist alleinerziehender Vater von drei Kindern im Alter von 1, 2 und 4 Jahren. Er hat Soziologie und Jura studiert und arbeitet seit einem Jahr als Jugendbildungsreferent für die DGB-Jugend.



© Ismail Cebe  

Text aktualisiert am 22. Juni 2016

Für jeden ein passendes Modell: wenn Eltern Teilzeit arbeiten

Teilzeitarbeit

Tobias Rossnagel kennt beide Seiten: zum einen ist er Vater von zwei kleinen Kindern (fünf und zwei Jahre alt) und zum anderen Personalreferent bei Vodafone. Privat und beruflich hat er also ständig mit dem Thema „Vereinbarkeit von Beruf, Familie und persönlichen Bedürfnissen“ zu tun.

„Jeder muss sein ganz eigenes Konzept entwickeln, wie Vereinbarkeit für ihn und seine Familie lebbar ist – Patentrezepte gibt es nicht“, sagt der 39-Jährige. Tobias Rossnagel und seine Frau haben sich nach der Geburt des ersten Kindes entschieden, beide in Teilzeit zu arbeiten, beide arbeiten dreißig Wochenstunden.

„Nach Idas Geburt war meine Frau zunächst acht Monate zu Hause und dann habe ich sechs Monate Elternzeit gemacht und zwei Jahre lang in Teilzeit gearbeitet. Nach der Geburt des ersten Kindes ist ja alles neu und oft recht chaotisch – auch wir mussten uns erst organisieren“, erzählt er. Er wechselte aus Eschborn in den Düsseldorfer Sitz von Vodafone und zog mit seiner Frau zusammen nach Köln. „Die Pendelei vorher wollten wir mit Kind nicht mehr. Als ich dann aber gerade in Düsseldorf angefangen hatte, bin ich sechs Monate in Elternzeit gegangen. Begeistert war mein damaliger Chef darüber nicht. Er hat mir zwar keine Steine in den Weg gelegt, aber es war damals einfach nicht üblich, als Mann sechs Monate auszusteigen!“

Wir merken, es ändert sich viel!

Das ist nun fünf Jahre her und inzwischen habe sich viel geändert, betont Tobias Rossnagel. Vodafone Deutschland ist seit 2008 für seine Personalpolitik mit dem Zertifikat audit berufundfamilie ausgezeichnet. Das Telekommunikationsunternehmen erweitert stetig seine Angebote zu Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort, Maßnahmen rund um Elternzeit, Wieder-einstieg und Elternförderung und natürlich auch Kinderbetreuung sowie Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. „Bestimmte Einwände und Bedenken von Führungskräften akzeptieren meine Kollegen und ich nicht mehr“, erzählt der Personalplaner, der Führungskräfte betreut sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in technischen Berufen. „Wenn ein Abteilungsleiter beispielsweise sagt, dass einer seiner Mitarbeiter aus der Elternzeit wiederkommt und er ihn ‚nicht mehr brauchen kann’, ist das bei uns inzwischen indiskutabel. Wir setzen uns dann zusammen und finden eine Lösung, die von allen akzeptiert werden kann“.

Ich weiß, wie man(n) sich fühlt

Die Erfahrungen, die Tobias Rossnagel beruflich mit Teilzeitmodellen, Elternzeitregelungen und Kinderbetreuungsproblemen gemacht hat, helfen ihm auch im Privaten und umgekehrt. „Als Personalreferent muss ich Lösungen für andere finden und als Vater für mich selbst. Alle machen das anders, müssen die Modelle für sich durchrechnen, aber wir tauschen uns aus im Unternehmen. Wenn ich dann beispielsweise in einem Personalgespräch sitze und ein Vater (oder eine Mutter) erzählt mir von ihren Schwierigkeiten mit einem kranken Kind und der Abgabefrist für ein Projekt zurechtzukommen, dann weiß ich genau, wie er oder sie sich fühlt. Ende letzten Jahres war es in unserer Familie ganz schlimm, da haben die Kinder sich gegen-seitig und uns nacheinander mit Infekten und schließlich Scharlach angesteckt. Da saßen meine Frau und ich abends schon mal heulend auf dem Sofa und haben gesagt: Wir wollen mal wieder eine Woche erleben, in der keiner von uns krank ist!“ Tobias Rossnagel und seine Frau wechseln sich in solchen Zeiten täglich mit der Betreuung der kranken Kinder ab: „Montags blieb meine Frau zu Hause, dienstags ich, mittwochs sie usw. Die Oma hat auch geholfen, aber hart war das trotzdem“.

Man muss sich gut abgrenzen können

Tobias Rossnagel und seine Frau arbeiten zwar beide in Teilzeit, aber in unterschiedlichen Modellen: „Meine Frau hat ihre Stunden auf fünf Tage verteilt, geht dafür früher und holt montags bis mittwochs die Kinder aus der Kita ab. Ich bleibe an diesen Tagen länger im Betrieb. Am Donnerstag mache ich Homeoffice, spare mir die Fahrerei und kann die Kinder abholen. Freitags habe ich ganz frei und dann die Möglichkeit, mit den Kindern vormittags beispielsweise Arztbesuche und Ähnliches zu machen – das ist ein schöner Puffer“. Sein Modell findet Tobias Rossnagel in mancher Hinsicht einfacher: „Weil ich entweder da oder weg bin, kann ich mich besser abgrenzen. Die Kollegen wissen, dass ich freitags frei habe und kontaktieren mich nur in ganz dringenden Fällen. Meine Frau, die Führungskraft ist, hat größere Probleme sich abzugrenzen und drei Tage in der Woche pünktlich um 15.30 Uhr ihre Firma zu verlassen. Bei ihrem Modell ist Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch nicht so präsent, wann sie da ist und wann nicht, die kommen dann auch fünf Minuten vor Feierabend mit einem Anliegen. So ist auch das ‚mentale Umschalten’ von Effizienz im Job auf entschleunigte Kinderzeit für sie schwieriger“.

Frühe Absprachen sind wichtig

Welches Teilzeitmodell auch immer ein Vater wählt, eines ist wichtig: „Weil die Organisation für ausnahmslos alle – das Unternehmen, die Mitarbeiter, die Führungskräfte, die Väter und Mütter – eine Herausforderung darstellt, sollten Väter sich möglichst frühzeitig an ihre Vor-gesetzten wenden und die gewünschte Regelung ihrer Eltern- und Teilzeit auf standfeste Beine stellen“, rät Tobias Rossnagel. „Wenn man aus Angst vor Diskriminierung zu lange schweigt, können passgenaue Lösungen für den Einzelnen schlechter oder gar nicht mehr gefunden werden, denn das ist ja ein Prozess, der Zeit braucht“. Wichtig ist auch, dass beide Seiten sich flexibel um Lösungen bemühen: Tobias Rossnagel hilft der eine Tag Homeoffice sehr bei seiner Familienorganisation, aber mehr als maximal zwei solcher Tage wären für ihn nicht möglich, seine Stelle erfordert Präsenz. Und so wie er sich Flexibilität und Vertrauen vom Arbeitgeber wünscht, löst er sie auch selber ein, arbeitete zum Beispiel zwischendurch zwei Monate wieder Vollzeit, als es sehr viel zu tun gab. „Flexible Teilzeitmodelle sind ein Geben und Nehmen – und ich finde es klasse, dass das neue ElterngeldPlus sie weiter fördert und hoffentlich populärer macht!“

 

Tobias Rossnagel ist Vater von zwei Kindern und arbeitet als Personalreferent in vollzeitnaher Teilzeit bei Vodafone Düsseldorf. Er lebt mit seiner Familie in Köln.

Text aktualisiert am 22. Juni 2016

Wie sag ich‘s meinem Chef?

Elternzeit & Vereinbarkeit

Natürlich treffen Väter, die Elternzeit anmelden, nicht bei jedem Chef auf ungeteilte Begeisterung. Aber mit guter Vorbereitung und etwas Geschick lässt sich diese Hürde nehmen. „In der Regel werden die zwei Monate Elternzeit in den Firmen durchgewinkt“, sagt Hans-Georg Nelles, der seit über 15 Jahren für zahlreiche Projekte im Themenfeld „Vereinbarkeit von Arbeit und Leben“ verantwortlich ist.

Elternzeit = Karrierestop?

Die Befürchtung vieler Männer, mit der Elternzeit der eigenen Karriere zu schaden, ist eigentlich überflüssig. Es könne wohl mal passieren, räumt Nelles ein, dass die Elternzeit die Karriere eines Vaters verzögere, aber das sei nicht die Regel. Dies wird auch bestätigt durch eine neue Studie der Hans-Böckler Stiftung, in deren Beirat Nelles sitzt. „Diese Befürchtung wiederholen insbesondere solche Väter immer wieder, die selber noch keine Elternzeit genommen haben.“

Wer jedoch sorgenfrei und ohne Reue die Zeit mit seinem Kind genießen möchte, sollte frühzeitig das Gespräch mit seinem Vorgesetzten suchen. Denn die meisten Befürchtungen des Chefs lassen sich im Vorfeld mit guter Planung ausräumen. Werdenden Vätern, die in Elternzeit gehen wollen, rät Hans-Georg Nelles, unbedingt einige Punkte zu beachten, um Ärger zu vermeiden.

Mit der Partnerin sprechen

Ein Tag mit einem Kleinkind hat eine Menge Facetten und folgt keiner festen Struktur. Ein bisschen Improvisationsmanagement sollte sich der zukünftige Vater also schon zutrauen, wenn er mit Windel, Brei und Strampler jongliert. Ist das der Fall, sollte man das Gespräch mit der Partnerin suchen und klären: Wie stellen wir uns unsere Aufgabenteilung vor? Vielleicht hat die Partnerin Bedenken bei der Vorstellung, dass ihr Mann länger zuhause bei den Kindern bleibt.

„Das erlebe ich immer wieder“, erzählt Hans-Georg Nelles, „dass mir Väter berichten, sie hätten sich nicht getraut, dagegen zu halten und sich dann eben mit zwei Monaten Elternzeit und der Ernährerrolle zufrieden gegeben“. In einem solchen Gespräch müssen die werdenden Eltern ihre Vorstellungen aushandeln und nicht zuletzt die finanzielle Verantwortung klären. 

Gespräch mit den Vorgesetzten vorbereiten

Wer mit einem klaren Konzept an den Chef herantritt, wird im Gespräch auch sicher und überzeugend auftreten. „Oft zielen die Bemerkungen des Chefs darauf ab, herauszufinden, wie ernst es dem Mitarbeiter eigentlich mit seinem Plan ist“, erklärt Hans-Georg Nelles. „Da werden Spielchen gespielt. Aber wenn jemand klar macht, dass es ihm ernst ist, kommen Chef und Angestellter am Ende meist zu einem guten Ergebnis.“

Deshalb sollte ‚Mann‘ auch so früh wie möglich mit dem Vorgesetzten reden. Rein rechtlich, schränkt Nelles ein, ist dieser Tipp allerdings problematisch, denn ein werdender Vater genießt erst acht Wochen vor der Elternzeit Kündigungsschutz, muss seine Entscheidung aber spätestens sieben Wochen vor Antritt bekanntgeben. Rechtlich ist er also nur eine Woche lang abgesichert – sehr bedauerlich, findet der Organisationsberater. Deshalb rät er, sich vorher im Betrieb umzuhören, welcher Vater in der Vergangenheit welche Erfahrungen gemacht hat und wie der Chef zur Elternzeit steht.

Den Vorgesetzten etwas anbieten

Den Vorgesetzten geht es ja in erster Linie darum, ihr Unternehmen am Laufen zu halten. Wenn ‚Mann‘ ihnen also das Gefühl gibt, nicht einfach zu verschwinden, sondern Verantwortung zu übernehmen, ist schon viel gewonnen. Konkret heißt das: Der werdende Vater sollte Vorschläge äußern, wie die Arbeit, die er macht, fortgeführt werden kann, vor allem in den Bereichen der eigenen Kernkompetenz. Und: Wenn er eine längere Elternzeit plant, könnte er mithilfe des ElterngeldPlus weiterhin einen Anteil Stunden übernehmen. „Dem Chef diese Sorgen zu nehmen, ist wichtig – auch für einen selbst“, erklärt Hans-Georg Nelles, „denn man selbst verliert dann auch nicht den Anschluss und bleibt am Ball.“

Und wenn´s doch Ärger gibt

Wenn der Chef trotzdem Ärger macht, sollte man ihm Zeit lassen, sich auf die neue Situation einzustellen, rät Nelles. Das ist natürlich nur möglich, wenn der werdende Vater frühzeitig das Gespräch gesucht hat. Nur dann kann er sagen: „Okay, wir reden später nochmal drüber“, sobald sich die Wogen geglättet haben. Und wenn nichts hilft, sollte der werdende Vater die dummen Sprüche überhören und versuchen, sich auf das bevorstehende Abenteuer Elternzeit konzentrieren.

(vaeter.nrw)



Hans-Georg Nelles ist Sozialwissenschaftler, Erwachsenenbildner und Organisationsberater. Er führt seit mehr als 15 Jahren Projekte zu „Vereinbarkeit von Arbeit und Leben“ durch – vor allem mit Vätern. Seine Themenschwerpunkte: die Gestaltung der Elternzeit, familienbewusste Arbeitszeiten und eine familienfreundliche Unternehmenskultur. Hans-Georg Nelles ist Vater von drei erwachsenen Kindern.

Kontaktdaten:

Hans-Georg Nelles

nelles [at] vaeter-und-karriere.de (nelles[at]vaeter-und-karriere[dot]de)

www.vaeterblog.de

 

 
Text aktualisiert am 29.05.2016
 

Das ewige Zeitproblem

Work-Family-Conflict: Wenn Beruf und Familie aufeinanderprallen.

Aktive Väter müssen den Spagat zwischen Beruf und Familie meistern und den teils widersprüchlichen Erwartungen an die Rollen "Arbeitnehmer" und "Familienvater" gerecht werden. Eine Studie an der Universität Bielefeld untersuchte den sogenannten Work-Family-Conflict.



Für die Untersuchung hat das Forscherteam in Zusammenarbeit mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 6.454 Beschäftigte deutscher Großunternehmen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben befragt. Es stellte sich heraus, dass auch Home Office und flexible Arbeitszeiten kein Allheilmittel sind.

Belastung durch Arbeitszeiten und Erreichbarkeit

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der befragten Angestellten lag bei 43,8 Stunden, obwohl die vereinbarte Wochenarbeitszeit im Durchschnitt eigentlich nur 38,3 Stunden betrug. 72 Prozent der Befragten gaben an, dass es in ihrem Unternehmen wichtig sei, zu Mehrarbeit bereit zu sein. Es zeigte sich, dass die bloße Bereitschaft dazu schon mit einem höheren Work-Family-Conflict einhergeht – unabhängig davon, wie lange letztendlich wirklich gearbeitet wird. "Die Bereitschaft zur Mehrarbeit ist vor allem auf eine Präsenzkultur zurückzuführen", sagt Stephanie Pausch vom Forscherteam. "Von den Beschäftigten werde eine ständige körperliche Anwesenheit gefordert. Nur wenn diese auch über das vereinbarte Pensum hinaus geleistet wird, ist es möglich, Karriere zu machen."

Der Konflikt zwischen Berufs- und Familienleben wird zusätzlich verschärft, wenn von Vätern verlangt wird, dass sie auch außerhalb der Arbeitszeiten per E-Mail oder telefonisch erreichbar sein sollen. 33 Prozent geben an, dass sie auch nach Feierabend täglich oder wöchentlich E-Mails oder Anrufe von Kollegen und Vorgesetzten erhalten. Das Berufsleben verlagert sich dadurch auch in die Zeit, die eigentlich der Familie vorbehalten sein sollte.

Flexible Zeiten und Heimarbeit nur bedingt hilfreich

In vielen Betrieben sollen Maßnahmen wie flexible Arbeitszeiten, Gleitzeit oder Home Office die Balance zwischen Berufs- und Privatleben erleichtern. In der Studie zeigte sich jedoch, dass diese Angebote nicht gerade dazu beitragen, den Work-Family-Conflict zu verringern. Flexible Arbeitszeiten sind nur dann sinnvoll, wenn die Beschäftigten ihre Arbeitszeit selber wählen können und sich nicht den Anforderungen des Unternehmens anpassen müssen.

Von zu Hause aus zu arbeiten, kann den Konflikt zwischen Berufs- und Familienleben sogar verstärken. "Ein möglicher Grund hierfür ist die präsentere Arbeitsbelastung im Privatleben. Beide Bereiche sind zeitlich und räumlich schwerer zu trennen", sagt Stephanie Pausch. Familienfreundliche Maßnahmen tragen laut den Machern der Studie nur dann zu einer Verringerung des Work-Family-Conflicts bei, wenn Väter selbstständig entscheiden können, wann und wie sie arbeiten wollen.

Zuspruch von Kollegen und Vorgesetzten

Während für Frauen vor allem die Unterstützung der Kollegen wichtig ist, spielt für Männer der direkte Zuspruch ihres Vorgesetzten eine wichtigere Rolle. "Den Vorgesetzten kommt die Rolle eines Gate-Keepers zu. Erst wenn er oder sie signalisiert, dass es in Ordnung ist, sich vermehrt um die Familie zu kümmern, nutzen Väter familienfreundliche Maßnahmen", berichtet Stephanie Pausch. Tatsächlich weisen auch Beschäftigte, die sich von ihren Vorgesetzten unterstützt fühlen, einen deutlich geringeren Work-Family-Conflict auf.

Viele Väter belastet auch das Gefühl, als weniger engagiert zu gelten, wenn sie Angebote zur besseren Vereinbarkeit beanspruchen. Diese Auffassung kann bewirken, dass unterstützende Maßnahmen erst gar nicht wahrgenommen werden. Die Forscher plädieren dafür, Vorgesetzte speziell zu schulen, damit sie ihre Mitarbeiter beim Finden einer geeigneten Lösung zu unterstützen.







Stephanie Pausch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Sonderforschungsbereichs "Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten" an der Universität Bielefeld, der sich unter anderem mit Wechselwirkungen zwischen Verwirklichungschancen im Berufs- und Privatleben beschäftigt. Zusammen mit ihren Kollegen Mareike Reimann, Dr. Anja-Kristin Abendroth, Prof. Dr. Martin Diewald und Dr. Peter Jacobebbinghaus forscht sie zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Väter.

(vaeter.nrw)

 

Text aktualisiert am 25. Mai 2016