Vater ist, das was du draus machst!
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Geschlechterrolle

Boys’Day – Girls’Day 2019

Der bundesweite Aktionstag am 28.03.2019 eröffnet Jungen und Mädchen mit unterschiedlichen Angeboten neue Perspektiven.
Als Vater sind Ihre Unterstützung und Ihr Rat bei der Berufswahlorientierung Ihres Kindes bzw. Ihrer Kinder gefragt. Viele Jungen und Mädchen lassen sich bei ihrer Berufswahl immer noch stark von traditionellen Geschlechter- und Rollenbildern beeinflussen und entscheiden sich häufig für klassische Männer- bzw. Frauenberufe. Der Boys’- bzw. Girls’Day bietet die Chance, die Vielfalt der Berufswelt zu erkunden. Väter können ihre Kinder zur Teilnahme anregen, sodass sie neue berufliche Interessen und Talente entdecken können. Beim Boys’Day und Girls’Day handelt es sich um einen bundesweiten Aktionstag zur Berufsorientierung und Lebensplanung für Jungen und Mädchen. In Nordrhein-Westfalen wird er nach bundesweitem Vorbild durchgeführt. Das heißt: Schulen sind nicht zur Teilnahme verpflichtet, die Teilnahme wird aber für die Klassen 5 bis 10 empfohlen. Väter, die in einem Beruf mit geringem Männeranteil arbeiten, können auch selbst einen Boys' Day-Platz anbieten oder ihre Söhne bzw. Töchter am Aktionstag zu ihrer Arbeitsstelle mitnehmen.

Talent oder Tradition?

Boys’- bzw. Girls’Day geeignete Berufe zeichnen sich dadurch aus, dass der Anteil eines Geschlechts in dem entsprechenden Berufsfeld weniger als 40 Prozent beträgt. Jungen können zum Beispiel bei Betriebsbesichtigungen oder Workshops den Beruf des Altenpflegers, Medizinischen Fachangestellten oder Grundschullehrers kennenlernen. Mädchen können mehr über den Berufsalltag einer Schornsteinfegerin, Game-Designerin oder Bauingenieurin erfahren. Durch die Praxiserfahrung können sich neue Berufswünsche entwickeln, auch wenn sie nicht den Rollenstereotypen entsprechen. Bei der Suche nach entsprechenden Angeboten in ihrer Region hilft der Boys’Day- oder Girls’Day-Radar.   Ziel des Aktionstages ist es allerdings nicht nur, neue berufliche Perspektiven kennenzulernen, sondern sich auch mit männlichen und weiblichen Rollenbildern auseinanderzusetzen und die eigenen sozialen Kompetenzen auszubauen. Neben der praktischen Berufserkundung werden deshalb in verschiedenen Einrichtungen Workshops und Informationstage angeboten. Zusätzlich können Lehrerinnen und Lehrer aktiv werden und am 28. März 2019 einen Projekttag gestalten.

„Alles in Balance?“ – das Spiel für die Lebensplanung

Diskutieren und Nachdenken – für pädagogische Workshops bietet das Spiel „Alles in Balance?“ einen Einstieg in das Thema Berufs- und Lebensplanung. Jungen und Mädchen erleben dabei unter Anleitung und Betreuung eines Spielleiters bewusst Zusammenhänge zwischen den Bereichen „Beruf und Leben“ sowie „Partnerschaft“. Im Spielverlauf müssen sie versuchen, bei neuen Ereignissen das Gleichgewicht im eigenen Lebensentwurf zu wiederherzustellen. Das Spiel ist für Kleingruppen bis fünf Personen geeignet und kann für 100 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer für maximal drei Wochen beim Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. ausgeliehen werden. Tipp: Wer 2018 bei „Alles in Balance?“ nicht mehr pünktlich zum Zug kam, kann sich schon jetzt für 2019 vormerken lassen.

Erfolge des Aktionstags

Der Boys'Day und der Girls'Day haben nachweislich Einfluss auf das Berufswahlverhalten, so das Ergebnis einer Befragung von rund 5 200 Jungen und Mädchen – vor und direkt nach dem Aktionstag. Es gaben mehr als 50 Prozent der Mädchen im Anschluss an den Girls'Day einen Wunschberuf an, in dem eher selten Frauen tätig sind. Das ist ein Anstieg von 18 Prozent. Bei den Jungen stieg der Anteil an Wunschberufen, in denen eher wenige Männer arbeiten, nach dem Boys'Day auf 43 Prozent. Ein Zuwachs von 14 Prozent.   Angebote von Vätern, Unternehmen und Einrichtungen sowie Anmeldungen interessierter Mädchen und Jungen für den Girls'Day und Boys'Day sind möglich unter www.girls-day.de/radar und www.boys-day.de/radar. Die rechtlichen und organisatorischen Details sind auf den beiden Internetseiten veröffentlicht.   Der Aktionstag wird veranstaltet vom Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V., gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.  

Alte Muster abschütteln

Männer-Therapeut Björn Süfke im Gespräch

Björn Süfke ist Männer-Therapeut, Buchautor und Vater. Er beschäftigt sich aus diesen verschiedenen Perspektiven heraus mit den vielfältigen Facetten des Mannseins. Im Gespräch mit vaeter.nrw berichtet er von seinen Erfahrungen und Gedanken, wie Paare mit Humor und Selbstbeobachtung den Weg zu einem partnerschaftlichen Lebensmodell finden können. Wichtig ist ihm, dass es dabei kein Ausspielen der Geschlechter oder ihrer Rollen gegeneinander gibt. Sein Augenmerk liegt vielmehr auf der gemeinsamen Veränderung zum Besseren hin.
vaeter.nrw: Studien zeigen: Viele Männer wünschen sich heute mehr Zeit mit ihren Kindern, sie wollen sich Zuhause engagieren, beruflich gute Arbeit leisten und über all das mit ihrer Partnerin im guten Gespräch sein. Der Blick auf die Lebenswirklichkeit zeigt allerdings oft ein anderes Bild. Wie steht es heute um Rollenbilder und Partnerschaftlichkeit in der Familie?Björn Süfke: Grundsätzlich besteht eine deutliche Tendenz, die zeigt, dass es einen Bewusstseinswandel bei den Männern gibt. Väter haben zunehmend das Bedürfnis, aus alten Rollenmustern auszubrechen und äußern dieses auch immer öfter. Wo es meiner Meinung nach häufig hakt, ist die Umsetzung in die Praxis. Väter wie Mütter präsentieren zwar gerne: „Ja, wir machen es gleichberechtigt, wir entscheiden zusammen“ – aber auf der unbewussten Ebene laufen ganz viele eingeschliffene Muster ab. Es geht also darum, dass wir diese Muster erkennen, dass wir uns damit auseinandersetzen und mit unserer Partnerin darüber sprechen – ganz ohne Selbstvorwürfe und Bewertung, sondern mit viel Mitgefühl und Selbsthumor. Was man erkennt, kann man auch ändern, um dann bewusst andere Wege zu gehen.Ein Beispiel von mir persönlich: Um die alten Rollenmuster aufzulösen, teilen meine Frau und ich uns auch die Kinderbetreuungsaufgaben möglichst 50:50. Damit sich zum Beispiel beim Zu-Bett-Bringen nicht wieder einschleicht, dass das Fürsorgliche, Kuschelige ausschließlich bei der Mutter liegt, machen wir es strikt tageweise umschichtig. So haben wir eine einfache Möglichkeit gefunden, ein altes Muster zu ersetzen.
vaeter.nrw: Was kann der Mann und Vater ganz pragmatisch tun, um das Thema Partnerschaftlichkeit familiär und gesellschaftlich ein Stückchen voranzubringen?Björn Süfke: Ganz plakativ: Ich als Mann kann mir – möglichst unvoreingenommen – klar machen: Was ist mein Bedürfnis? Unvoreingenommen bedeutet hier, nicht einfach „Kinder, Kinder, Familie“ zu rufen und den Beruf völlig außen vor zu lassen, nur um ein „moderner Typ“ zu sein. Nein, es geht darum, sich ehrlich zu fragen: Wie will ich Vatersein, Partnerschaft und Beruf gestalten? Das ist das Beste, was Männer für sich tun können, und zwar idealerweise schon vor der Geburt eines Kindes. Daraus folgt dann natürlich, das Ergebnis mit der Partnerin auf Augenhöhe zu besprechen und auszuhandeln, weil es dabei auch um eine konkrete Arbeits- und Aufgabenverteilung geht. Frauen sind im Hinblick auf ihr Rollenverständnis oft einen Schritt weiter und setzen – aus Mangel eines unabhängigen Standpunkts des Partners – ihre Vorschläge leichter durch. Wer ein guter Aushandlungspartner und Vater sein möchte, bestimmt vorab seine eigene Position. Das ist ein Stück Arbeit, aber es lohnt sich.Für die Kinder ist es der größte Gewinn, wenn der Vater präsent ist als Mensch. Dafür ist es wichtig, die guten Zeiten genauso miteinander zu teilen wie die schwierigen. Wer  ausschließlich Quality Time mit seinen Kindern verbringt, ist vielleicht ein beliebter und gemochter Vater, aber als Rollenvorbild taugt er damit so wenig wie jemand aus dem Fernsehen, den man nur in seinen besten Momenten sieht. Wenn ein Vater auch emotional präsent ist, was für uns Männer oft die größte Herausforderung darstellt, dann ist er als männliches Rollenvorbild, besonders für die Söhne, eine unglaubliche Bereicherung. Für die Gesellschaft wäre es toll, wenn wir Männer all das umsetzen und auch ein bisschen davon nach außen tragen, um die gesellschaftliche Diskussion mit dem jeweils eigenen Beispiel voranzubringen. Es ist wichtig, dass wir uns äußern, wenn wir uns als Väter in der Öffentlichkeit diskriminiert fühlen. Wir sind jetzt gefordert, wie die Frauen zuvor, uns zu fragen, wie unser Verhältnis zu den gesellschaftlichen Rollenanforderungen ist: Wo widersprechen diese meinen Wünschen? Mit dieser emanzipatorischen Haltung gilt es, alles weitere zu gestalten, sowohl die partnerschaftlichen Aushandlungen als auch die Praxis.
vaeter.nrw: Welche weiteren Punkte sind für Sie bei der partnerschaftlichen Aushandlung besonders wichtig?Björn Süfke: Ich persönlich würde gerne davon wegkommen, dass bei den Aushandlungsprozessen der Fokus auf das Problematische gelegt wird. Ich glaube, wir sollten das Thema viel positiver angehen. Verhandlung muss nichts Negatives sein, wie wir das vielleicht aus der Wirtschaft kennen. Dort gilt häufig das Prinzip: Je besser ich verhandle, desto mehr springt dabei für mich heraus und umso schlechter ist es für mein Gegenüber. Das ist kein Modell, was im Bereich Partnerschaft funktioniert. Hier geht es nicht um eine Win-Lose-Situation, sondern um eine Win-Win- oder eben Lose-Lose-Situation – wir sind ja immer beide betroffen. Ich persönlich betrachte diese Aushandlungsprozesse mit meiner Frau rund um „Wer fährt wohin, wer macht was, heute soll das Kind zum Arzt“ durchaus als Bereicherung. Gerade wenn die Kommunikation über die kleinen Dinge im Alltag funktioniert, ist das etwas, das auf der partnerschaftlichen Ebene auch unglaublich zusammenschweißt. Paartherapeuten sagen: Paare, die eine gemeinsame Zukunft haben wollen, brauchen ein gemeinsames Projekt. Wenn man die Elternschaft als Beispiel nimmt und daran lernt, dann profitieren alle davon – Vater, Mutter und Kind bzw. Kinder. Denn wir wissen doch alle: Wir können unglaublich viel schaffen, wenn dies auf einer guten Ebene stattfindet. Deshalb bin ich für eine realistische Beschreibung: Es geht um ein Verhandeln in guter Atmosphäre und mit gegenseitiger Wertschätzung darüber, wer was macht und wie es am besten klappen kann.
vaeter.nrw: Welche Rahmenbedingungen und Unterstützungsangebote helfen Paaren bei der partnerschaftlichen Aushandlung?Björn Süfke: Elterngeld und Elternzeit, Väterkongresse und Portale wie vaeter.nrw sind wichtige Schritte in eine gute Richtung. Die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern oder Repressalien, die Männer erleben, wenn sie in ihren Betrieben nach Elternzeit fragen, um eine aktive Vaterschaft zu praktizieren, zeigen aber, dass wir seitens der strukturellen Rahmenbedingungen noch lange nicht so weit sind, um die eingangs geschilderte Bedürfnislage von Vätern und Paaren im Alltag auch umzusetzen. Ich selbst erlebe in der Praxis, wie groß der Unterstützungsbedarf ist und wie wenig Hilfsangebote bestehen. Aus meiner Sicht brauchen wir ganz viele Bildungs- und Reflektionsräume für Väter und Paare, damit wir voneinander lernen können. Im Bereich der Vaterschaft werden wir Männer im Alltag oft nicht ernst genommen. Wenn wir als Gesellschaft einen Ausbruch aus den traditionellen Rollen im Sinne einer Erweiterung wollen, so dass alle Möglichkeiten für Männer und Frauen ausschöpfbar sind, dann müssen wir doch ausreichend Unterstützung anbieten – für Frauen wie Männer gleichermaßen.
Zur Person:

Björn Süfke

Björn Süfke lebt mit seiner Familie bei Bielefeld. Als Vater, Männertherapeut und Buchautor erlebt, beobachtet und beschreibt er das Mann- und Vater-Sein in all seinen Facetten. 2016 veröffentlichte er dazu das Buch „Männer. Erfindet. Euch. Neu. Was es heute heißt, ein Mann zu sein“, zuletzt erschien im März 2017 der Erzählband „Papa, Du hast ja Haare auf der Glatze! Aus dem Alltag eines Vaters“.  

Ingenieur oder Erzieher?

Eltern spielen bei der Berufswahl eine entscheidende Rolle. Dessen sollten sie sich bewusst sein.

Der Übergang von der Schule in den Beruf ist ein einschneidendes Ereignis. Eltern fällt dabei eine knifflige Aufgabe zu. Sie müssen Töchtern und Söhnen Orientierung geben, ohne die eigenen Wünsche in den Vordergrund zu rücken. Die zentrale Frage: Was passt zu meinem Kind?
„Geld verdienen kann man gut mit dem, was man gut kann“, sagt Professor Stephan Höyng. „Und das ist nicht unbedingt der Beruf, den Eltern und Gesellschaft passend und zukunftsträchtig finden. Als ich damals anfing, mich mit so genannten Männerthemen und Jungenarbeit zu beschäftigen, hätte auch niemand gedacht, dass ich damit mal meinen Lebensunterhalt verdienen könnte.“ Dass das hervorragend funktioniert, hat Stephan Höyng längst bewiesen. Heute ist er Professor für Jungen- und Männerarbeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin und führt Seminare zu geschlechterbewusster Sozialer Arbeit durch. Und er ist Vater eines 13-jährigen Sohnes. Für den Wissenschaftler ist wichtig, dass Eltern ihre Kinder beim Übergang von der Schule in den Beruf offen und neugierig begleiten und sich mit ihren eigenen Vorstellungen zu den beruflichen Perspektiven der Kinder zurücknehmen. „Es ist menschlich, dass wir unsere Kinder in die Gesellschaft integriert sehen wollen, ihnen Erfolg und materielle Sicherheit wünschen.“ Allerdings suchen Eltern dann gerne nach Berufen, die ihrer Meinung nach passen, und drängen die Kinder dann mehr oder weniger sanft in diese Richtung. Solche Zwänge sind aber oft überhaupt nicht hilfreich bei der Suche nach Ausbildungsplatz oder Studium. Besser ist es, wenn Eltern ihren Kindern dabei helfen, ihre individuellen Interessen zu festigen, auch wenn diese nicht üblich sind.

Die eigenen Interessen entdecken

Das setzt Offenheit für die vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten der eigenen Kinder voraus. Stephan Höyng: „Väter sollten darüber nachdenken, welche Fähigkeiten ihr Kind tatsächlich mitbringt und welche Fähigkeiten sie nur zuschreiben und warum.“ Das jeweilige Geschlecht legt dabei häufig schon bestimmte Berufsfelder fest oder schließt andere aus. Bis heute. „Noch im Kindergarten gibt es kaum Unterschiede in der Entwicklung von Fähigkeiten, ob das jetzt Sprache, Kooperation oder technisch-mathematisches Interesse ist. Weil sie aber nicht selten geschlechterspezifisch gefördert werden, verfolgen Kinder bestimmte Interessen weiter und verleugnen andere“, so Stephan Höyng. Im Rahmen seines Projektes Chance Quereinstieg machte er immer wieder eine Beobachtung: Wenn der Druck durch Gleichaltrige nachlässt – etwa zwischen 25 und 30 Jahren – entdecken viele junge Männer ihr Interesse für einen sozialen Beruf und wollen wechseln. Dazu passen auch die Erfahrungen, die der Wissenschaftler bei der Kampagne Männer in Kitas sammeln konnte. „Viele junge Männer interessierten sich tatsächlich für den Erzieher-Beruf, sobald durch Werbung die Aussage transportiert wurde, dass diese Arbeit ‚ja doch ganz cool sei‘. Unternehmen oder zum Beispiel die Bundeswehr machen ständig Werbung, soziale Träger aber haben dafür in der Regel kein Geld. Wenn aber beispielsweise Väter ihren Kindern vermitteln, dass der Beruf des Erziehers ebenso cool ist wie der des Chemikers, können die Jugendlichen leichter zu ihren Interessen stehen.“ (vaeter.nrw)Prof. Dr. Stephan Höyng ist Professor für Jungen- und Männerarbeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin. Seine aktuellen Arbeitsschwerpunkte sind: Männlichkeit, Vereinbarkeit von Beruf und privatem Leben, Männer in Kindertagesstätten. Er leitet das Institut für Diversity und Gender in der sozialen PraxisForschung und darin das Projekt „Koordinationsstelle Männer in Kitas/Chance Quereinstieg“. Er wirkt im Vorstand von Dissens e.V. und des Bundesforums Männer mit. Stephan Höyng ist Vater eines 13-Jährigen Sohnes. Text aktualisiert am 25. Mai 2016

Gut vorbereitet in den Job

Berufswahl

Welcher Beruf passt zu mir? Vor dieser Frage steht jeder Jugendliche, wenn sich die Schulzeit dem Ende nähert. Damit die Antwort leicht fällt, sollten frühzeitig praktische Erfahrungen gesammelt werden: durch Praktika, Berufsorientierung in der Schule und Angebote wie Girls’ Day und Boys’ Day.
Erzieher, Informatiker oder Florist, berufstätig oder arbeitssuchend – Kinder nehmen ihre Eltern im Berufsleben in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen wahr. Eines sind Väter aber immer: Vorbilder! So zeigen Studien, dass Eltern für ihre Kinder die wichtigsten Ratgeber bei der Berufsorientierung sind. Ihre Meinung zählt viel mehr als Empfehlungen von Freunden oder Verwandten. Väter können ihre Kinder daher entscheidend motivieren, fördern und begleiten und somit dafür sorgen, dass der Übergang von der Schule in den Beruf gut gelingt. Zentral ist dabei stets, nicht die eigenen Vorstellungen auf die Kinder zu übertragen. Stattdessen kommt es darauf an, den Kindern zu helfen, die eigenen Fähigkeiten und Interessen zu entdecken. Das gilt vor allem dann, wenn Sohn oder Tochter geschlechteruntypische Berufsvorstellungen haben: Wenn die Tochter sich noch nie für Englisch interessierte, stattdessen aber Physik liebt. Und wenn der Sohn einen sozialen Beruf ergreifen möchte. Gerade dann ist die sensible Begleitung der Väter gefragt.

Praktikum: Annäherung an die Arbeitswelt

Viele Experten raten Vätern, ihren Kindern etwa ab der 8. Klasse Einblicke in die Arbeitswelt zu ermöglichen – zum Beispiel über Praktika. Dort erleben die Schülerinnen und Schüler einen Acht-Stunden-Tag, sie erhalten einen realistischen Blick in den Alltag des Wunschberufes und lernen, mit Mitarbeitern umzugehen, sie anzusprechen und ihnen Fragen zu stellen. Wichtig dabei: Praktikum ist nicht gleich Praktikum. In den verschiedenen Lebensphasen sind jeweils andere Lernerfahrungen sinnvoll. Außerdem gelten zum Teil unterschiedliche rechtliche Regelungen. Interessant kann es für Kinder ab einem Alter von 15 Jahren auch sein, die Eltern in den Schulferien zum Arbeitsplatz zu begleiten. In jedem Fall gilt: Positive und negative Eindrücke sind wichtig. Nur so finden Jugendliche heraus, was ihnen liegt und was nicht.

Berufsorientierung in der Schule und in der Praxis

Beim schwierigen Thema Berufswahl unterstützt seit 2012 das Projekt Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule-Beruf in NRW. Das Ziel: Durch eine umfassende Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen entwickeln Schülerinnen und Schüler eine realistische Berufsperspektive. Frustrierende Warteschleifen oder Ausbildungs- und Studienabbrüche sollen so verhindert werden. Um das zu erreichen, durchlaufen die Kinder bzw. Jugendliche ab der 8. Klasse eine Reihe systematisch aufeinander aufbauender Elemente. Beispielsweise zeigt eine Potenzialanalyse auf, wo die Talente und Stärken jedes einzelnen liegen. Bei Betriebsbesuchen erkunden die Schülerinnen und Schüler Berufsfelder wie Bau, Gesundheit oder Verwaltung. Und mehrwöchige Betriebspraktika machen deutlich, was Unternehmen von ihren künftigen Mitarbeitern erwarten. Gesammelt werden sämtliche Eindrücke und Erfahrungen in einer Mappe – einem so genannten Portfolioinstrument. Dank dieser Dokumentation erkennen Schülerinnen und Schüler das eigene Berufsziel mit der Zeit immer besser. Zum Ende der Schulzeit wird das dann sehr klare Ziel in einer Anschlussvereinbarung festgehalten – ebenso die nächsten Schritte für den Start in die Arbeitswelt. Orientierung in geschlechterunspezifischen Berufsfeldern geben der Girls’ Day und der Boys’ Day. Am Girls’ Day öffnen Unternehmen, Betriebe und Hochschulen in ganz Deutschland ihre Türen für Schülerinnen ab der 5. Klasse. Die Mädchen lernen Ausbildungs- und Studiengänge in den Bereichen IT und Naturwissenschaft, Handwerk und Technik kennen – in Feldern also, in denen Frauen bisher eher selten vertreten sind. Die Jungen schauen sich am Boys’ Day Jobs an, in denen Männer bislang in der Minderheit sind. Das gilt vor allem für den sozialen, erzieherischen oder pflegerischen Bereich.

Den Weg der Kinder akzeptieren

Väter sollten ihr Kind begleiten, ihm Sicherheit geben, es aber selbstständig agieren lassen. Sohn oder Tochter müssen vom Job überzeugt sein, nicht die Eltern! Das erfordert eine hohe Offenheit für die vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten der eigenen Kinder und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber: Väter müssen sich fragen, welche Fähigkeiten ihr Kind tatsächlich mitbringt und welche Fähigkeiten sie ihm nur zuschreiben und warum. Weitere Tipps zur Unterstützung im Berufswahlprozess bietet die Broschüre „Abenteuer Ausbildung - Handlungsempfehlungen für Eltern, deren Kinder sich in der Berufswahlphase befinden“.

Auch Väter brauchen Ratgeber

Fest steht: Die Berufswahl ist ein zentrales Ereignis im Leben jedes Kindes. Deshalb ist es wichtig, dass nicht nur die Kinder von ihren Vätern Unterstützung erhalten. Auch die Väter benötigen immer wieder Rat und sollten diesen auch aktiv einholen. Dazu bieten sich beispielsweise die Elternabende der Schule an. Auch Volkshochschulen, Städte und Kreise halten umfassende Informationen zum Thema bereit. (vaeter.nrw)   Text aktualisiert am 25. Mai 2016