Vater ist, das was du draus machst!
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gute Praxis

Gute Vereinbarkeit: Ein Pluspunkt für Unternehmen und Beschäftigte

Praxisleitfaden „Familiengerechte Personalpolitik“

Die Zahl der Fachkräfte nimmt ab, der Wettbewerb um qualifizierte Beschäftigte wird größer. Attraktive Vereinbarkeitslösungen sind ein starkes Argument und können für eine erfolgreiche Personalsuche entscheidend sein. Der Praxisleitfaden „Familiengerechte Personalpolitik – Gute Praxis nordrhein-westfälischer Unternehmen“ des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) unterstützt Unternehmen bei der Einführung und Etablierung einer familiengerechten Personalpolitik.

Fachkräfte gesucht? Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die mit 99,5 Prozent den Mammutanteil der in NRW ansässigen Betriebe ausmachen, werden in den kommenden zehn Jahren vom Fachkräftemangel betroffen sein. Es gilt also, attraktive Arbeitsbedingungen anzubieten und damit sowohl bei der bestehenden Belegschaft als auch bei den Jobsuchenden positiv zu punkten. Unternehmen, die ihre Beschäftigten mit einer lebensphasenorientierten Personalpolitik unterstützen, schaffen beste Voraussetzungen, dem demografischen Wandel zu begegnen.

Gestalten und handeln – so gelingt es

Der Praxisleitfaden beschreibt die zentralen Gestaltungsbereiche und erläutert die daran geknüpften Handlungsfelder:

  • Flexible und familienbewusste Arbeitsbedingungen
    Handlungsfelder:  Arbeitszeitgestaltung, vollzeitnahe Teilzeit und mobile Arbeit/Homeoffice
  • Familienbewusste Unternehmens- und Kommunikationskultur
    Handlungsfelder: Väterorientierung und Führung
  • Lebensphasenbezogene Serviceangebote
    Handlungsfelder: Betriebliche Kinderbetreuung, Vereinbarkeit von Familie bzw. Pflege und Beruf, Sozialberatung und haushaltsnahe Dienstleistungen

Praxisnah zeigt die Publikation auf, wie eine familiengerechte Personalpolitik im Unternehmen Schritt für Schritt eingeführt werden kann. Anhand konkreter Vorschläge und Checklisten erhalten Personalverantwortliche einen schnellen Überblick zu Aufwand und Machbarkeit der vorgestellten Maßnahmen. Infokästen bieten kompaktes Wissen zu den verschiedenen Themenfeldern.

Väterorientierung und Führung

Einen besonderen Stellenwert schreibt der Leitfaden der Väterfreundlichkeit in Unternehmen zu. Noch fühlen sich Väter zu selten von familiengerechten Maßnahmen angesprochen und oftmals zögern sie, das Thema selbst anzusprechen. Mit der Beschreibung klarer Rahmenbedingungen für eine familienbewusste Personalpolitik wirbt die Publikation ausdrücklich dafür, Väter gezielt in den Blick zu nehmen und mit eigenen väterorientierten Angeboten besser zu erreichen. Den Führungskräften kommt hierbei eine entscheidende Vorbildfunktion zu, sie gestalten die Rahmenbedingungen für Väter und sorgen durch die eigene Nutzung der Maßnahmen dafür, dass sich eine familiengerechte Kultur im Unternehmen etabliert.

Gute Praxis – Nachmachen ausdrücklich erwünscht!

Rund 20 gute Beispiele aus Unternehmen in NRW zeigen, welche familiengerechten Maßnahmen bereits erfolgreich umgesetzt werden konnten. Die Verantwortlichen aus den vorgestellten Unternehmen stehen gern für einen Erfahrungsaustausch zur Verfügung, die Broschüre enthält die jeweiligen Kontaktdaten.

Familienminister Dr. Joachim Stamp ermuntert interessierte Unternehmen: „Die Vielfalt der hier vorgestellten Maßnahmen zeigt: Vereinbarkeit ist machbar, familienpolitisch sinnvoll und wirtschaftlich rentabel. Deshalb wollen wir Arbeitgebern Mut machen, sich für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf einzusetzen.“

Herausgeber des Praxisleitfadens „Familiengerechte Personalpolitik – Gute Praxis nordrhein-westfälischer Unternehmen“ ist das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Publikation kann über den Broschürenservice als Druckausgabe bestellt werden und steht zum Download bereit.

Meine Familie profitiert von der Flexibilität meines Arbeitgebers

4 Fragen an … Christian Schmitt, Osudio Deutschland GmbH, Dortmund/Lünen

Im Gespräch mit vaeter.nrw wünscht sich Christian Schmitt eine größere Akzeptanz dafür, dass Familie den gleichen Stellenwert erhält wie der Beruf. Der Technische Leiter der Digitalagentur Osudio Deutschland GmbH und dreifache Vater verrät außerdem, weshalb er eine Elternzeit in Vollzeit dem Teilzeit-Modell vorzieht.

vaeter.nrw: : Herr Schmitt, Sie sind Vater von drei Kindern. Beim zweiten Kind haben Sie sich für Elternzeit in Teilzeit entschieden. Welche Erwartungen hatten Sie daran geknüpft und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Christian Schmitt: Während meiner Elternzeit wollte ich sehen, fühlen und spüren, wie unser jüngster Sohn die Welt entdeckt. Ich wollte mehr Zeit mit meiner Familie und insbesondere unseren zwei Kindern verbringen, um ihre Bindung zu mir zu stärken. Die Entscheidung für eine Elternzeit in Teilzeit bereue ich ein wenig, da der Spagat zwischen Beruf und Familie mitunter schwierig zu gestalten war. Bei einer Vollzeit-Elternzeit wäre dieser Konflikt entfallen, sodass ich aus meiner persönlichen Erfahrung heraus dieses Modell bevorzugen würde.

vaeter.nrw: : Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, um Vatersein und Beruf optimal zu vereinbaren – wofür würden Sie sich entscheiden?
Christian Schmitt:: 1. Freie Einteilung meiner Arbeitszeit
2. Remote Arbeitsplatz (Möglichkeit eines ortsungebundenen Zugriffs auf das Firmennetzwerk sowie Firmenrechner und -programme)
3. Steigerung der Akzeptanz für gleiche Priorisierung von Familie und Beruf in der Arbeitswelt und unserer Gesellschaft

vaeter.nrw: : Wer Kinder hat weiß, dass eine funktionierende Familienorganisation ein gewisses Maß an Flexibilität erfordert. Welche Absprachen gibt es mit Team und Vorgesetzten und welche Maßnahmen nehmen Sie in Anspruch, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gestalten?
Christian Schmitt:: Bei Team und Vorgesetzten ist bekannt, dass ich meine Verantwortung als Vater sehr ernst nehme und bei Betreuungsengpässen bzw. Krankheiten oder Terminen meine Arbeit von zu Hause erledige. Es stellt kein Problem dar, wenn ich meine Arbeit am Abend oder ggf. auch freiwillig am Wochenende finalisiere. Meine Familie profitiert von der Möglichkeit einer gewissen Flexibilität, welche Osudio uns ermöglicht.

vaeter.nrw: : In Deutschland ist aktive Vaterschaft im Trend. Osudio hat neben Deutschland Firmensitze in Belgien, Dänemark, den Niederlanden, Schweden und Spanien. Wie nehmen Sie das Thema bei Ihren europäischen Kollegen wahr?

Christian Schmitt:: Meine Kollegen in den anderen Standorten genießen bei einer offenen Kommunikation sicher ähnliche Vorzüge. Schließlich gehört dies zu einer Osudio-weiten familienfreundlichen Philosophie.

Christian Schmitt osudio
Zur Person:

Christian Schmitt

Christian Schmitt ist Technical Lead bei der Osudio GmbH Deutschland in Dortmund/Lünen. Osudio ist einer der größten europäischen E-Business-Spezialisten und berät als Full-Service-Digital-Agentur Unternehmen im Bereich E-Commerce. Mehr als 200 Angestellte arbeiten an Standorten in Deutschland (Berlin, Dortmund/Lünen und Stuttgart/Leinfelden-Echterdingen), den Niederlanden (Amsterdam und Eindhoven), Belgien (Hasselt/Diepenbeek), Dänemark (Kopenhagen), Schweden (Malmö) und Spanien (Valencia).

Foto: © Christian Schmitt

Elternzeit, Pflege, Kinderbetreuung: Bei der evo generationsübergreifend akzeptiert

4 Fragen an … Nicola Bernhardt-Schmidt, Referentin für Personal- und Führungskräfteentwicklung, Energieversorgung Oberhausen (evo) AG

vaeter.nrw: In Elternzeit zu gehen ist für viele junge Väter inzwischen eine Selbstverständlichkeit und auch die meisten Chefs akzeptieren die Familienauszeit – allerdings ungern länger als ein oder zwei Monate. In Ihrem Unternehmen gibt es ein Stellvertretermodell für die Elternzeit. Funktioniert dieses auch über die üblichen Vätermonate hinaus?
Nicola Bernhardt-Schmidt: Wir signalisieren allen Eltern, also Vätern und Müttern, dass wir voll hinter der Elternzeit stehen und jeder die Möglichkeit hat, diese individuell zu gestalten. Dies gilt bei evo in zwei Fällen sogar für hauptverantwortlich erziehende Großeltern! 95 Prozent der Väter beanspruchen zwar trotzdem nur die obligatorischen zwei Monate, aber wir erkennen erste andere Trends. In diesem Jahr hatten wir zwei Väter, einer davon in Führungsposition, die längere Elternzeiten verbunden mit einer geringen Teilzeittätigkeit beantragt haben. Als familienfreundliches Unternehmen möchten wir mit allen Eltern individuelle Lösungen finden und wir merken, dass alle Fachbereiche mitziehen.

vaeter.nrw: Familien- und Väterfreundlichkeit ist ein wichtiger Teil der Unternehmenskultur bei der evo. Älteren Mitarbeitern fällt es erfahrungsgemäß schwerer, den Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie nachzuvollziehen. Wie vermitteln Sie hier zwischen den Generationen?
Nicola Bernhardt-Schmidt: Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass wir gar nicht vermitteln müssen. Selbst wenn ein älterer Mitarbeiter kein Vater ist, so ist er doch immer ein Sohn. Für uns zielt Familienfreundlichkeit nicht nur auf Kinderbetreuung, sondern auch auf das Thema Pflege von nahen Angehörigen. Und auch hier bieten wir jegliche Unterstützung und Beratung an. Durch die eigene Betroffenheit im privaten Bereich der Mitarbeiter ist in der Regel das Verständnis für die Situation jüngerer Mitarbeiter vorhanden.

vaeter.nrw: Home-Office, flexible Arbeitszeitmodelle, Kooperationen mit Kinder-Tagesstätten, Mit-Kind-Zimmer: Welche Angebote zur Vereinbarkeit schätzen die Väter besonders? Wie sorgen Sie dafür, dass sich flexible Angebote reibungslos in den Arbeitsalltag einfügen?
Nicola Bernhardt-Schmidt: Ich glaube, alle Mitarbeiter schätzen die Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeitgestaltung am meisten. Das erleichtert die Wahrnehmung von familiären Terminen, den Besuch von Schulveranstaltungen oder von Arztterminen. Darüber hinaus ist es sicherlich abhängig von der konkreten Lebensphase der Mitarbeiter. Für Väter mit Kindern im Kindergartenalter sind unsere Angebote im Bereich Kindergartenbelegplätze oder das Mit-Kind-Zimmer besonders wichtig, später auch Angebote zur Ferienbetreuung oder unsere Aktionstage und Familienfeste.

Über den zweiten Teil Ihrer Frage habe ich mir sehr viele Gedanken gemacht. Insgesamt kann ich sagen, dass bei uns Familienfreundlichkeit gelebte Praxis ist und wir uns gar nicht mehr vorstellen können, wie es ohne wäre. Das heißt, wir müssen von unserer Seite aus nichts Besonderes tun. Vom Vorstand über die Führungskräfte bis zu den Mitarbeitern – die Angebote rund um Familie und Pflege sind für alle eine Selbstverständlichkeit. Oder wie einer unserer Vorstände einmal sagte: „Bei uns gehört die Familie zum Beruf!“

Porträtfoto Nicola Bernhardt-Schmidt, evo AG
Zur Person:

Nicola Bernhardt-Schmidt

Nicola Bernhardt-Schmidt ist Referentin für Personal- und Führungskräfteentwicklung und Projektleiterin von „efa – evo für Familie“ bei der Energieversorgung Oberhausen (evo) AG. Die evo ist seit mehr als 100 Jahren der Energieversorger für die Stadt Oberhausen und stellt im Stadtgebiet Strom, Erdgas, Fernwärme sowie energienahe Dienstleistungen bereit. Im Mittelpunkt des unternehmerischen Denkens und Handelns steht das Engagement für die richtige Balance zwischen Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit.

Von 422 Beschäftigten insgesamt sind 298 Männer (70,5 Prozent).

Foto: © Nicola Bernhardt-Schmidt

Väterfreundliche Vereinbarkeitsmodelle: Besondere Herausforderungen im Schichtbetrieb

4 Fragen an … Petra Giesler, Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG, Freudenberg

Flexible Arbeitszeitmodelle mit den Anforderungen eines Produktionsbetriebs zu vereinbaren, stellt das mittelständische Familienunternehmen Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG vor besondere Herausforderungen. vaeter.nrw sprach mit der Personalchefin Petra Giesler darüber, wie es Bäumer als familienfreundliches Unternehmen schafft, Vereinbarkeitslösungen auch für Mitarbeiter im Schichtbetrieb anzubieten.

vaeter.nrw: Frau Giesler, die Rolle der Väter hat sich gesellschaftlich stark verändert. Wie macht sich dieser Wandel bei Bäumer als Unternehmen mit einem sehr hohen Männeranteil von über 70 Prozent in der Belegschaft bemerkbar und wie reagieren Sie von Unternehmensseite darauf?
Petra Giesler: In vielen Familien sind mittlerweile beide Elternteile erwerbstätig. Daher kümmern sich beide Partner neben ihrem Beruf auch gemeinsam um Haushalt und Familie. Väter sehen sich nicht mehr ausschließlich als Ernährer und möchten neben ihrem Beruf mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Außerdem spielt die Pflege von Familienangehörigen auch bei unseren männlichen Kollegen immer öfter eine größere Rolle.

Wir möchten unseren Mitarbeitern die Möglichkeit geben, beides zu vereinbaren und haben verschiedene Lösungen entsprechend den Wünschen unserer Mitarbeiter gefunden: Zum einen haben wir für die Mitarbeiter, die am Gleitzeitverfahren teilnehmen, die Kernzeit reduziert. So haben auch Väter, die einen längeren Weg zur Arbeit haben, die Möglichkeit, vor Arbeitsbeginn ihre Kinder zur Kita zu bringen bzw. auch früher abzuholen. Außerdem können Kollegen aus der Verwaltung oder aus dem technischen Bereich spontan im Homeoffice arbeiten, falls ihre Kinder unplanmäßig betreut werden müssen.

vaeter.nrw: Stichwort Fachkräftesicherung: Welche Rolle spielen Vereinbarkeitslösungen für Väter schon im Bewerbungsgespräch?
Petra Giesler: Väterfreundlichkeit wird zu einem immer wichtigeren Wettbewerbsfaktor. Auch in Vorstellungsgesprächen taucht immer häufiger die Frage nach flexiblen Arbeitszeiten auf. Gerne verweise ich dann auf unsere Zertifizierung als „Familienfreundliches Unternehmen“ und bringe den potentiellen Kandidaten die in unserem Unternehmen geschaffenen Möglichkeiten nahe. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass wir hiermit gerade bei jungen Vätern (und Müttern) punkten und diese für uns gewinnen konnten.

vaeter.nrw: Wie schaffen Sie es organisatorisch, im Produktions- und Schichtbetrieb die Bedarfe von Vätern nach flexiblen Vereinbarkeitslösungen zu berücksichtigen?
Petra Giesler: Die Schaffung von Lösungen im Bereich der Produktion gestaltet sich wesentlich schwieriger. Zur Aufrechterhaltung unserer Fertigung ist es notwendig, in Schichten zu arbeiten. Während der Schicht müssen die Teams eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern aufweisen, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Aber auch hier ist eine Verschiebung der Arbeitszeit in Absprache mit dem Vorgesetzten möglich. Hierfür nutzen die Kollegen ein Flexzeitkonto. Das heißt, wenn sie an einem Tag nicht die gewünschte Sollzeit erreichen, haben sie die Möglichkeit, dies an einem anderen Tag wieder auszugleichen. Diese Möglichkeit nutzen insbesondere Kollegen, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern und öfter Arzttermine zur regulären Arbeitszeit wahrnehmen.

vaeter.nrw: Welche Aufgaben im Bereich „Väterfreundliches Unternehmen“ gilt es nach Ihrem Empfinden noch zu lösen?
Petra Giesler: Die von Kunden gewünschte Flexibilität und die Digitalisierung der Arbeitswelt stellen uns als Arbeitgeber, aber auch die Arbeitnehmer vor immer größere Herausforderungen – gerade im Hinblick auf die Arbeitszeiten. Gleichzeitig begreife ich dies aber auch als Chance, die Arbeitszeiten auch für die Mitarbeiter in der Produktion noch flexibler zu gestalten und dem Wunsch nach Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf mehr entsprechen zu können. Wir sind hier auf einem guten Weg und finden schon jetzt mehr individuelle Lösungen als viele andere mittelständische Unternehmen.

Petra Giesler
Zur Person:

Petra Giesler

Petra Giesler ist Human Ressources Director bei der Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG in Freudenberg. Das Familienunternehmen ist seit fast 70 Jahren ein führender Hersteller von Maschinen und Anlagen für die Schaumstoffindustrie. Der Unternehmensschwerpunkt liegt auf Spezialmaschinen zum Schneiden, Bearbeiten und Transport von Polyurethan-Schaumstoffen und ähnlichen Materialien. In diesem Bereich hat sich das mittelständische Unternehmen vom Pionier zum weltweiten Marktführer entwickelt.
270 Mitarbeiter (73 Prozent) von insgesamt 369 Beschäftigten weltweit sind Männer.

Foto: © Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG
 

Vereinbarkeit: Mobiles Arbeiten macht vieles möglich

4 Fragen an … Jana Dimter-Hammerstein, connecT EDV-Vertriebs GmbH, Siegen

Vaeter.nrw wollte wissen, wie der digitale Wandel Vereinbarkeitslösungen für Väter in kleinen Unternehmen erleichtert und sprach hierzu mit Jana Dimter-Hammerstein vom IT-Dienstleister connecT.

vaeter.nrw: Frau Dimter-Hammerstein, das Unternehmen connecT unterstützt Väter besonders bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Welcher Impuls war dafür ausschlaggebend?
Jana Dimter-Hammerstein: Der Impuls liegt bei uns in der Firmenphilosophie. Wir sprechen häufig von der „connecT-FAMILIE“ und möchten mehr als nur ein Arbeitgeber für unsere Mitarbeiter sein. So ist es selbstverständlich, unsere Mitarbeiter in ihren persönlichen Belangen zu unterstützen und bei lebensbezogenen Veränderungen – Familienzuwachs, Betreuungsengpässen, Pflege Angehöriger etc. – zu reagieren und Lösungen parat zu haben. Durch das mobile Arbeiten ist heutzutage nahezu alles möglich. Ob sie ihre E-Mails vom Spielplatz senden oder im Büro sitzen, macht von der Sache her erst mal keinen Unterschied.

vaeter.nrw: Wie können wir uns das vorstellen – wie geht ein Vater in Ihrem Unternehmen vor, wenn er seine Vereinbarkeitsbedarfe umsetzen möchte?
Jana Dimter-Hammerstein: Das beginnt damit, dass die typischen Schwangerschaftsvorbereitungstermine von den werdenden Vätern mit ihrer Partnerin ohne viel Aufwand während der normalen Arbeitszeit wahrgenommen werden können. Die Möglichkeit in Elternzeit zu gehen, sehen wir ebenfalls als selbstverständlich an. Mobiles Arbeiten ist hier auch eine optimale Lösung, mit der wir gute Erfahrung gemacht haben. Im Team wird Respekt vor Persönlichkeit und Familie groß geschrieben, deshalb gibt es keine schlechte Stimmung, wenn für den werdenden Vater mal eine Aufgabe übernommen werden muss. Selbstverständlich ist auch alles ein Geben und Nehmen. Wir können sicher sein, dass ein zufriedener Vater, der die Möglichkeit hat, auch im Geschäftsalltag den ein oder anderen privaten Termin zu erledigen, seine geschäftlichen Aufgaben ebenfalls hoch motiviert ausübt. Wir schaffen da in gewisser Weise einen „Druckausgleich“, indem wir signalisieren, dass auch die private Situation des Einzelnen seinen Platz hat. Unser Ziel sind zufriedene Mitarbeiter, die in der Lage sind, Privatleben und Beruf bestmöglich zu vereinbaren.

vaeter.nrw: Sie sind ein Unternehmen mit 25 Beschäftigten. Wie schaffen Sie es, Vereinbarkeitslösungen in den Teams und auf Unternehmensebene umzusetzen?
Jana Dimter-Hammerstein: Es gibt in unseren Teams feste wiederkehrende Meetingtermine, in denen die Mitarbeiter im Unternehmen sein müssen. Diese Meetings dienen als festes Ritual und ermöglichen den direkten persönlichen Austausch. Darüber hinaus organisiert der Mitarbeiter weitestgehend selbst, ob er Termine wahrnimmt, im Unternehmen verbleibt oder mobil arbeitet. Somit sind jegliche Vereinbarkeitslösungen einfach umzusetzen. Auch wir sind mitten in der sogenannten „Digitalen Transformation“, die Arbeitsstruktur hat sich komplett verändert. Unser Vorteil gegenüber anderen Unternehmen ist natürlich die jahrelange Erfahrung mit dem digitalen Handwerkszeug. Das wiederum kommt allen Vätern, Müttern und auch den Kindern zugute. Unsere Vereinbarkeitslösungen bauen auf Vertrauen auf und geben unseren Mitarbeitern einen gewissen „Vorschuss“, den wir gerne gewähren. Er dient zusätzlich der Mitarbeitermotivation und zeigt unseren jungen Menschen, dass Familie und Beruf gut unter einen Hut zu bringen ist.

vaeter.nrw: Wie geben Sie Vätern das Gefühl, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Unternehmen selbstverständlich ist?
Jana Dimter-Hammerstein: 2016 sind wir als eines der ersten Unternehmen der Region als familienfreundliches Unternehmen zertifiziert worden. Wir leben das im Unternehmen ganz selbstverständlich, indem die bereits erwähnten Arzttermine ohne Rückfragen wahrgenommen werden können, Homeoffice-Möglichkeiten bestehen und wir bei der Verteilung von situativ aufkommenden Dienstleistungen, die das Wochenende oder den Feierabend betreffen, Familienväter – wann immer möglich - ausschließen. Kinder sind bei uns willkommene Gäste und können den Papa gerne am Arbeitsplatz besuchen. Man kann nie früh genug anfangen, junge Menschen für uns zu begeistern.

Jana Dimter-Hammerstein
Zur Person:

Jana Dimter-Hammerstein

Jana Dimter-Hammerstein ist Mitarbeiterin für die Bereiche Unternehmenskommunikation und Qualitätsmanagement bei der Firma connecT EDV-Vertriebs GmbH.
connecT ist ein IT-Systemhaus mit Sitz in Siegen, das seit mehr als 20 Jahren seine Dienstleistungen mit gut ausgebildeten Fachkräften und einer ausgewählten Produktpalette namhafter Hersteller anbietet. Herz, Verstand und Leidenschaft sind Attribute, die bei connecT großgeschrieben werden.

21 Mitarbeiter von insgesamt 25 Beschäftigten sind Männer.

Foto: © connecT EDV-Vertriebs GmbH

 

"Vätern Mut machen, dass auch eine längere Elternzeit organisierbar ist"

4 Fragen an ... Lena Mevissen, Gleichstellungsreferentin, RWTH Aachen

Während männliche Karrierenetzwerke oft zu finden sind, vernetzen sich Väter untereinander eher selten. Lena Mevissen berichtet im Interview, wie sich das Thema Väterarbeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen entwickelt hat. Die Gleichstellungsreferentin regt Väter an, ihre Sorgen in puncto Karriereknick über Bord zu werfen und stattdessen ihre Wünsche in Sachen Vereinbarkeit im Team und mit Vorgesetzten zu kommunizieren.

vaeter.nrw: Frau Mevissen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist an der RWTH Aachen ein wichtiges Thema. So gibt es unter anderem auch einen Väterbeauftragten, Herrn Queck. Welche Aufgaben übernimmt er? Welche Themen soll er an der Hochschule voranbringen?
Lena Mevissen: Herr Queck ist seit etwa zwei Jahren als ehrenamtlicher Väterbeauftragter tätig. Er hat nach der Geburt seiner Tochter Elternzeit genommen und eine Zeit lang in Teilzeit gearbeitet. Interessierte können sich direkt an ihn wenden, nach seinen Erfahrungen fragen und sich mit ihm austauschen. Herr Queck kann beispielsweise berichten, wie er seine Elternzeit innerhalb seines Teams kommuniziert und organisiert hat und hilfreiche Tipps geben. So kann er Vätern Mut machen, seine positiven Erfahrungen aus der Elternzeit weitergeben und zeigen, dass auch eine längere Elternzeit organisierbar ist. Für eine ausführliche Beratung zu Elternzeit, Elterngeld und Kinderbetreuung können sich die Beschäftigten dann an den Familienservice der RWTH wenden.

vaeter.nrw: Im Rahmen der familiengerechten Hochschule wollen Sie Väter, die eine aktivere Rolle im Leben ihrer Kinder übernehmen möchten, unterstützen. Wie erreichen Sie die Väter, sodass eine aktive Zusammenarbeit entsteht?
Lena Mevissen: Bereits seit 2011 bieten wir jedes Semester Vater-Kind-Aktionen für RWTH-Beschäftigte an. Da ist von Waldwanderungen über Besuche in der Sternwarte oder auf dem Flugplatz bis hin zu Drachen bauen für alle etwas dabei. Die Väter erhalten nicht nur die Möglichkeit, etwas Tolles mit ihren Kindern zu unternehmen, sondern können sich auch untereinander austauschen. Darüber hinaus führen wir Workshops zum Thema Vereinbarkeit von Beruf bzw. Studium und Familie für (werdende) Väter durch, in denen sie Tipps erhalten, wie eine Elternzeit gegenüber Vorgesetzten kommuniziert und eigene Wünsche umgesetzt werden können. Auch hier können die Väter sich austauschen sowie Probleme und Möglichkeiten diskutieren. Und natürlich haben die Männer und Väter jederzeit die Möglichkeit, Vorschläge und Wünsche für Workshops oder Aktionen zu äußern.

vaeter.nrw: Welche Hürden gilt es in der Väterarbeit zu überwinden?
Lena Mevissen: Die traditionelle Rollenverteilung ist noch stark verbreitet. Die meisten Mütter arbeiten Teilzeit, die meisten Väter Vollzeit. Dabei belegen diverse Studien, dass diese Aufteilung keineswegs den Wünschen der meisten Eltern entspricht. Mütter würden gerne mehr, Väter weniger arbeiten. Zudem ist beim Thema Elternzeit der Großteil der Väter noch etwas zurückhaltend. Zwar nehmen immer mehr Männer Elternzeit, aber eben nur etwas mehr als 20 % und meistens nur zwei Monate. Mich wundert, dass Männer, die sonst im Job sehr selbstbewusst sind und hohe Forderungen stellen, beim Thema Elternzeit schon einknicken, wenn die Vorgesetzten auch nur andeuten, dass das schwierig werden könnte. Väter haben oft Angst vor einem Karriereknick, wenn sie länger Elternzeit nehmen - und diese Angst ist leider nicht immer unbegründet. Die zwei „Vätermonate“ werden weitgehend akzeptiert, eine längere Auszeit von Vätern trifft bei vielen Führungskräften oft noch auf Unverständnis. Ich persönlich kann das nicht verstehen, denn eine Elternzeit wird vorher bekanntgegeben und lässt sich daher organisieren. Wenn sich hingegen ein Kollege zum Beispiel plötzlich das Bein bricht und längere Zeit ausfällt, muss von heute auf morgen die Arbeit umverteilt werden – ohne Vorlaufzeit. Und selbst das klappt in der Regel immer. Zudem erkennen viele Vorgesetzte nicht, dass während einer Elternzeit Kompetenzen gewonnen werden, die auch im Beruf nützlich sein können.

Ein weiteres Thema ist die Vernetzung. Während männliche Karrierenetzwerke sehr oft zu finden sind, vernetzen sich Väter untereinander eher selten. Bei Frauen ist das eher umgekehrt: Mütter lernen sich in Spielgruppen und auf Spielplätzen kennen, treffen sich, tauschen sich aus; beim Netzwerken für die eigene Karriere müssen Frauen jedoch noch mehr tun, um verstärkt in Führungspositionen zu gelangen.

vaeter.nrw: Was möchten Sie in den nächsten Jahren für Väter und mit Vätern erreichen?
Lena Mevissen: Zum einen wünschen wir uns mehr Verständnis und Unterstützung von Seiten der Führungskräfte, zum anderen mehr Mut von Seiten der Väter, die eigenen Wünsche durchzusetzen. Es wäre schön, wenn insbesondere unter den Führungskräften mehr Männer Elternzeit nehmen würden. Letztendlich sollte die Entwicklung hin zu einer gleichberechtigten Aufteilung der Elternzeit zwischen Frauen und Männern führen und familiäre Auszeiten sollten selbstverständlich sein – unabhängig vom Geschlecht.

Porträtfoto von Lena Mevissen RWTH
Zur Person:

Lena Mevissen

Lena Mevissen ist Referentin im Gleichstellungsbüro der RWTH Aachen.  
Die RWTH Aachen gehört mit ihren 260 Instituten in neun Fakultäten zu den führenden europäischen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen. Über 45.500 Studierende sind in 152 Studiengängen eingeschrieben, davon rund 8.500 internationale Studierende aus 128 Ländern. Die RWTH Aachen ist die größte Arbeits- und Ausbildungsstätte der Region, 9.264 Menschen arbeiten an der Hochschule (Stand 31.12.2016). Von den Beschäftigten sind rund 67 Prozent männlich.
Die RWTH Aachen ist seit 2009 als familiengerechte Hochschule zertifiziert.
 

"Die Familie gibt den Rückhalt im Beruf, der Beruf gibt Rückhalt in der Familie"

Marcel Rütten über familienfreundliche Personalpolitik bei der Kindernothilfe

4 Fragen an … Marcel Rütten, HR Manager, Kindernothilfe e.V., Duisburg. Im Interview mit vaeter.nrw unterstreicht er, dass das Thema Vereinbarkeit nicht das reine Angebot von Maßnahmen sein kann, sondern vielmehr Teil der eigenen Kultur sein muss.

vaeter.nrw: Herr Rütten, die Kindernothilfe wurde Ende 2016 von der Unternehmensberatung A.T. Kearney als familienfreundlichste Organisation Deutschlands ausgezeichnet. Wie ist es gelungen, die familienfreundliche Kultur in Ihrer Organisation aufzubauen?
Marcel Rütten: Das Wohl von Kindern und ihren Familien steht bei uns als einem der größten Kinderhilfswerke in Europa in all unseren Projekten immer im Mittelpunkt. Da ist es nur natürlich, dass wir auch auf optimale Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden in unserer Duisburger Geschäftsstelle achten. Die gute Vereinbarkeit ihrer Arbeit mit der eigenen Familiensituation gehört dazu. Das Thema ist für uns seit Jahrzehnten fester Bestandteil unserer familienbewussten Personalpolitik und gehört seit 2010 auch verbindlich zu unseren strategischen Zielen hinsichtlich unserer Attraktivität als Arbeitgeber. Im Vergleich zu anderen Unternehmen und Organisationen wollen wir als Kindernothilfe Vorbild sein und als gutes Beispiel voran gehen – nicht zuletzt, um unsere Mitarbeitenden langfristig zu halten und die besten Talente für uns zu gewinnen. Aber eben nicht nur. Wir nehmen unsere gesellschaftliche Verantwortung und die Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitenden sehr ernst. Daher haben wir sehr früh erkannt, dass das Thema Vereinbarkeit nicht das reine Angebot von Maßnahmen sein kann, sondern vielmehr Teil der eigenen Kultur sein muss.


vaeter.nrw: Väter wünschen sich heute zunehmend mehr Zeit für ihre Kinder bzw. die Familie, gleichzeitig legen sie Wert auf gute berufliche Entwicklungschancen. Mit welchen Modellen unterstützt die Kindernothilfe diese Bedarfe?
Marcel Rütten: Die Kindernothilfe hat von Beginn an gefördert, dass Väter sich trauen, genau das Vereinbarkeitsmodell zu wählen, das sie sich wünschen. Denn: Die Familie gibt den Rückhalt im Beruf, der Beruf gibt Rückhalt in der Familie. Beruf und Familie konkurrieren und ergänzen sich gegenseitig. Das gilt übrigens nicht nur für Väter, sondern für Mütter gleichermaßen. Deshalb haben wir eine ganze Palette von familienbewussten Rahmenbedingungen geschaffen, die die Vereinbarkeit erleichtern. Unsere familienorientierten Angebote fördern ein Klima, das Verlässlichkeit und Unterstützung in einer zukunftsorientierten Organisation vermittelt und den Rückhalt für ein beruflich und privat erfülltes Leben gibt.

Die optimale Gestaltung der Arbeitszeit ist bei der Kindernothilfe ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, die Interessen einer Organisation mit denen ihrer Mitarbeitenden auszubalancieren. Flexiblere Arbeitszeiten, lebensphasenorientierte Teilzeitangebote und Home-Office-Regelungen helfen, Beruf und Privatleben besser miteinander zu vereinbaren, z.B. bei der Überbrückung eines Zeitraums, in dem Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreut werden müssen.

Mitarbeitende der Kindernothilfe, die sich länger der Familie widmen wollen als es die gesetzliche Elternzeit vorsieht, können die vier- bis fünfjährige Elternzeit in Anspruch nehmen. Unser Eltern-Café soll zudem eine Möglichkeit der Begegnung und des Austauschs sein und Müttern und Vätern und uns die Möglichkeit geben, während der Elternzeit in Kontakt zu bleiben.

Bei der Urlaubsplanung werden die Schulferien der Kinder bzw. die Urlaubszeiten des Partners so weit es geht mit berücksichtigt. Unsere Pausenregelung ist eine einfache aber doch sehr wirkungsvolle Maßnahme. Sie erleichtert es den Mitarbeitenden, sowohl unvorhergesehene Termine oder Verpflichtungen als auch ständige private Aufgaben im Alltag besser zu bewältigen. Werden die Pausenzeiten mit den Kolleg/innen bzw. den Vorgesetzten abgestimmt, ist es in der Regel keine Schwierigkeit, sicherzustellen, dass die Arbeit nicht darunter leidet und das Team dennoch erreichbar ist. Beschäftigte mit Familie können auch auf vielfältige Weise finanziell und sozial unterstützt werden. Unser Tarifvertrag sieht beispielsweise eine Kinderzulage vor.

vaeter.nrw: Hat es sich bei Ihnen etabliert, dass Männer und (werdende) Väter Vereinbarkeitsangebote genauso unbefangen in Anspruch nehmen wie Frauen und Mütter?
Marcel Rütten: Bei der Konzeption von familienfreundlichen Maßnahmen in unserer Organisation haben wir nie einen Unterschied zwischen Frauen und Männern gemacht. Das bedeutet, alle Angebote, die wir unseren Mitarbeitenden machen, um eine bessere Vereinbarkeit zur erreichen, gelten immer für beide Geschlechter gleichermaßen. Das hat von Beginn an eine Kultur gefördert, in der Männer sich nicht scheuen müssen, diese Angebote in Anspruch zu nehmen. Ganz im Gegenteil – für unsere Väter ist es eine Selbstverständlichkeit, sie ebenso zu nutzen wie unsere weiblichen Kolleginnen.

vaeter.nrw: Sie bieten unter anderem ein Eltern-Kind-Büro an. Wie kommt es bei den Beschäftigten an? Nutzen es Väter und Mütter gleichermaßen?
Marcel Rütten: Wir möchten das Büro nicht mehr missen! Meine Tochter Lara beispielsweise fühlt sich dort so wohl, dass sie mich gleich mehrmals im Jahr zur Arbeit begleitet. Für sie ist es etwas ganz Besonderes mit „Papa“ zur Arbeit zu fahren, obwohl sie alternativ ja auch im Home Office bei mir sein könnte. Das Büro wird bei uns seit Jahren von Müttern und Vätern insbesondere an den Brückentagen oder in den Ferienzeiten regelmäßig genutzt. Außerdem geht vom Eltern-Kind-Büro eine riesige Signalwirkung für Bewerber aus. Für sie könnte es einer der ausschlaggebenden Punkte sein, warum sie sich für die Kindernothilfe als Arbeitgeber entscheiden.

Marcel Rütten
Zur Person:

Marcel Rütten

Marcel Rütten, HR Manager, Kindernothilfe e. V.

Die Kindernothilfe hat ihren Sitz in Duisburg, rund ein Drittel der 160 Beschäftigten sind männlich. Die Organisation setzt sich seit fast 60 Jahren für benachteiligte Kinder in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa ein. Der Verein trägt sich durch Patenschaften, Spenden, Firmenkooperationen und öffentliche Mittel. Für den seriösen und wirkungsvollen Umgang mit Spendengeldern wurde die Kindernothilfe bereits mehrfach ausgezeichnet. Ebenfalls wurde der Verein im Jahr 2016 als "Familienfreundliches Unternehmen Duisburg" durch das lokale Bündnis für Familie und als einer der familienfreundlichsten Arbeitgeber Deutschlands mit dem 361° Family Award der Unternehmensberatung A.T. Kearney ausgezeichnet.

© Foto: Jakob Studnar
 

VÄTERNETZWERK NRW

Fachtagung am 19. Januar 2017 – ein Bericht

Zwei Jahre VÄTERNETZWERK NRW – Am 19. Januar 2017 fand in Düsseldorf die Abschlussveranstaltung zum erfolgreichen Pilotprojekt statt. Christina Kampmann, Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, lobte das Engagement für eine väterorientierte Personalpolitik. Expertinnen und Experten, Personalverantwortliche aus Unternehmen sowie Väter, die ihre Vereinbarkeitslösungen schilderten, boten vielfältige Anregungen zum Nachdenken oder Nachmachen.

„Mit dem VÄTERNETZWERK NRW wollten wir Unternehmen für eine väterfreundliche Personalpolitik gewinnen und Personalverantwortliche anregen, Väter als Zielgruppe für familienbewusste Angebote in den Blick nehmen“, berichtet Volker Baisch, Geschäftsführer der Väter PAL gGmbH und Initiator des „VÄTERNETZWERK NRW“, im Rahmen der Abschlussveranstaltung des vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (MFKJKS) geförderten Pilotprojekts. Am Pilotprojekt nahmen E.ON SE, ERGO Group AG, ista Deutschland GmbH, Sparkasse KölnBonn und Vodafone GmbH teil. Die Unternehmen konnten das umfangreiche väterspezifische Programm der Väter PAL gGmbH nutzen, um Vätern die Möglichkeit zu bieten, sich in Webinaren und unternehmensübergreifenden Veranstaltungen zu Themen aus den Bereichen Erziehung und Work-Life-Balance zu informieren sowie an Vater-Kind-Aktivitäten teilzunehmen. Die Initiierung von Väternetzwerken in den teilnehmenden Unternehmen war ein weiterer Baustein, den Austausch zu fördern. Spezielle Formate für Führungskräfte rundeten das Angebot ab. Eine ausführliche Evaluation im Rahmen des Projektes bestätigt, wie wichtig es ist, Mitarbeiter auch in ihrer Vaterrolle wahrzunehmen und wertzuschätzen. 75 Prozent der befragten Teilnehmer sind überzeugt, dass ein aktives Väternetzwerk im Unternehmen den Veränderungsprozess zu einer väterorientierten Personalpolitik voranbringen kann.

Intensiver Austausch

Mehr als 20 Expertinnen und Experten bzw. Personalverantwortliche aus Unternehmen sorgten für zahlreiche und vielfältige Impulse sowie einen regen Austausch mit den rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern – sei es im Expertenpanel „Aushandlungsprozesse in der Partnerschaft“, der Podiumsdiskussion „Vereinbarkeit 2020 – nur noch mit Müttern UND Vätern!“ oder in einem der vier Workcafés zu den Themen Digitalisierung der Arbeits- und Familienwelt, väterbewusste Führung, Väternetzwerke in Unternehmen oder Partnerschaftlichkeit als Vereinbarkeitstrend.

Familienministerin Christina Kampmann lobt Engagement für eine väterorientierte Personalpolitik

"Sie haben einen Veränderungsprozess in Gang gesetzt hin zu einer väterorientierten Personalpolitik. Durch ihr Engagement haben sie einen Bewusstseinswandel eingeleitet, der auch die Väter in den Mittelpunkt stellt. Sie haben gezeigt: Unternehmen und Angestellte können profitieren, wenn sich Väter untereinander vernetzen und austauschen", sagte Christina Kampmann, Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Veranstaltung. „Die Erfahrungen und Erfolge des VÄTERNETZWERKES NRW sind hier richtungsweisend – für die Väter, Familien und die Unternehmen in unserem Land.“

Es geht weiter

Die am Pilotprojekt beteiligten Unternehmen setzen ihre Aktivitäten für Väter über die Förderphase hinaus fort. Als Anregung für die Praxis erhielten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Tagungsunterlagen eine Checkliste für Unternehmen „So unterstützen Sie Väter bei der Vereinbarkeit“.