Vater ist, das was du draus machst!
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Integration

Erfolgreiches Väterprojekt aus Herne regt zum Nachmachen an

Fachtag: Wissensaustausch fördert Väterarbeit in NRW

Am 8. Oktober 2018 veranstalteten der Väter in Köln e.V. und die Fachstelle Väterarbeit NRW in Kooperation mit dem Interkulturellen Dienst des Bezirksjugendamtes Ehrenfeld eine Fachtagung aus der Reihe „Arbeit mit Vätern“. Vorgestellt wurde unter anderem das Projekt „Echte Väter“ aus Herne, welches das Fachpublikum mit seiner Erfolgsgeschichte begeisterte.

Praxisnah voneinander lernen und im Austausch miteinander Anregungen für die eigene Arbeit vor Ort finden – unter diesem Gedanken trafen sich Fachkräfte, Interessierte sowie Multiplikatoren und Multiplikatorinnen zum Thema „Interkulturellen Väterarbeit“ im Bürgerzentrum Ehrenfeld in Köln. Das erfolgreiche Praxisbeispiel „Echte Väter“, das Initiator Gürkan Uçan persönlich vorstellte, bot Einblicke in gelingende Väterarbeit und diente als Ausgangspunkt für die anschließende Diskussion. Den thematischen Rahmen setzte in seiner Einführung Dr. Michael Tunç, Experte für emanzipative, rassismuskritische Männer- bzw. Väterarbeit und -politik.

Warum „Echte Väter“?

Das Bild von der Rolle des Vaters in der Familie hat sich in der deutschen Gesellschaft stark gewandelt – doch nicht nur dort. Auch immer mehr Männer mit Migrationshintergrund überdenken die traditionellen Einstellungen aus ihren Herkunftsländern. Gürkan Uçan, Mitarbeiter des Kommunalen Integrationszentrums (KI) der Stadt Herne, erkannte die Herausforderungen, die dadurch für Väter entstehen können, und gründete 2007 das Projekt „Echte Väter“. Ziel des Projektes ist, die Männer auf der Suche nach einem neuen Selbstverständnis zu unterstützen, denn „Echte Väter“ möchten Vorurteile abbauen, Väter aktivieren, sich gegenseitig entlasten und ihre Potenziale in der Väterarbeit nutzen.

Aller Anfang ist …

Das Projekt „Echte Väter“ wurde im Jahr 2007 konzipiert und mit der Zeit immer weiter ausgebaut. Gürkan Uçan bewies dabei einen langen Atem. Nachdem zum ersten Treffen nur drei Männer erschienen waren, lud er zum nächsten Termin nicht mehr per Flugblatt ein, sondern sprach die Väter direkt an. Die Idee ging auf und schon bald versammelten sich 20 interessierte Männer, um sich in die Väterbildungsgruppe einzubringen. Mittlerweile ist das Projekt so erfolgreich, dass es in Herne derzeit zehn parallel laufende Vätergruppen gibt, die überwiegend in Herner Grundschulen stattfinden.

Wissen und Aktion – die Mischung macht‘s

Als Erfolgsrezept für den Vätertreff beschreibt Gürkan Uçan die Mischung aus Freizeitaktionen einerseits und Wissensvermittlung zu verschiedensten Themen andererseits. Zahlreiche Teilnehmer der Vätergruppen verfügen über eine gute Ausbildung oder ein Studium, ihr Wissen und ihre Fachkompetenzen fließen in die Väterarbeit ein. Bei Bedarf werden zu den Themenabenden zwar externe Referenten wie zum Beispiel Ernährungsberater, Rechtsanwälte, Kinderbuchautoren, Ärzte, Unternehmer oder Psychologen eingeladen, doch wird bei der Auswahl der Referenten stets darauf geachtet, ob eventuell auch ein Vater über entsprechende Kenntnisse verfügt und den Vortrag übernehmen kann.

Darüber hinaus verfügen viele Väter über künstlerische und musikalische Potenziale. Diese Fähigkeiten nutzen Väter, um neue innovative Vater-Kind-Projekte zu entwickeln, wie zum Beispiel zweisprachige Schattentheateraufführungen, Tanztheater, eine Schreibwerkstatt oder orientalisches Trommeln gegen Rassismus bzw. Salafismus und für Vielfalt.

Der „Orient-Express“

Aus den gemeinsamen Gruppenabenden ist zudem vor circa elf Jahren eine internationale Musikgruppe unter dem Namen „Orient-Express“ entstanden, die mittlerweile landesweit bekannt ist und für verschiedene interkulturelle Veranstaltungen und Konzerte gebucht wird. Die rund 15 Musiker proben regelmäßig und organisieren Workshops mit Jugendlichen, damit auch für den Band-Nachwuchs gesorgt ist.

Daumen hoch!

Abschließend fasst Gürkan Uçan den Erfolg von „Echte Väter“ zusammen: Väter und Kinder erfahren durch die gemeinsamen Aktivitäten sowohl untereinander wie in der Öffentlichkeit große Wertschätzung und Anerkennung. Durch die gemeinsamen Aktionen tragen die Väter mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten dazu bei, ihr Wissen allen teilnehmenden Kindern und Vätern zugänglich zu machen, wodurch ihre Partizipation an der Gesellschaft verbessert und die Chancengleichheit gefördert wird. Das stärkt den Zusammenhalt aller Beteiligten und natürlich auch zwischen Vätern und Kindern. Und das Wichtigste: Die Väter und Kinder verbringen eine richtig gute Zeit miteinander.

Vernetzung ausbauen

„Die Veranstaltung war ein voller Erfolg“, fasst Jürgen Kura, 1. Vorsitzender von Väter in Köln e.V., im Nachgang den Fachtag zusammen. Er berichtet, dass unter den Teilnehmenden viele neue Kontakte geknüpft und bereits bestehende vertieft wurden. Die angeregte Diskussion, die nach der Projektvorstellung im Rahmen des Workshops „Väterbilder im Kopf und Rollenerwartungen“ unter der Leitung von Hans-Georg Nelles stattfand, zeige den Bedarf an fachlichem Austausch im Bereich der (interkulturellen) Väterarbeit. Das Fachpublikum war sich einig darüber, dass es gerade in einem Flächenland wie NRW umso wichtiger ist, regelmäßig im Austausch miteinander zu bleiben. In vielen Städten und Gemeinden gebe es erfolgreiche Väterprojekte, die andernorts aufgegriffen werden könnten. Von einem Wissenstransfer könnten alle Beteiligten nur profitieren, ist sich Jürgen Kura sicher. Aus der Aufbruchsstimmung und dem regen Erfahrungsaustausch im Rahmen des Fachtags seien ihm zufolge bereits einige neue vielversprechende Kontakte sowie ganz konkrete neue Themen für weitere Veranstaltungen entstanden.

Hintergrund

Väter in Köln e.V. möchte mit dieser und weiteren Fachveranstaltungen den Blick auf die verschiedenen Varianten der Arbeit mit Vätern mit und ohne Migrationshintergrund schärfen. Die Fachstelle Väterarbeit NRW unter Leitung von Hans-Georg Nelles unterstützt landesweit Fachkräfte bei der Arbeit mit Vätern.

Mit intensiver Beziehungsarbeit das Interesse der Väter gewinnen

Gespräch mit Ahmet Sinoplu, Geschäftsführer „Coach e.V.“, Köln

Seit 14 Jahren setzt sich „Coach e.V.“ erfolgreich für Chancengerechtigkeit, Bildung, Teilhabe und Integration junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ein. Die Väter- und Elternarbeit ist wichtiger Schwerpunkt des Angebots. Geschäftsführer Ahmet Sinoplu beschreibt im Gespräch mit vaeter.nrw den fachlichen Rahmen der Väterprojekte.

vaeter.nrw: Herr Sinoplu, worauf fußt der Erfolg Ihrer Arbeit? Welche Herausforderungen begegnen Ihnen dabei, welche Erfahrungen machen Sie?
Ahmet Sinoplu: Coach e.V. bietet neben den verschiedenen Angeboten für Jugendliche und Mütter auch Projekte für Väter an, die sich für ihre Kinder engagieren, weiterbilden und weiterentwickeln wollen. Ihnen allen ist das Wohl ihrer Kinder eine Motivation, an den verschiedenen Angeboten zu partizipieren. So unterschiedlich ihre Kinder sind, so divers sind auch die Väter mit ihren vielfältigen Erfahrungen und Ressourcen. Doch es gibt oft eine besondere und verbindende Gemeinsamkeit: die (eigene) Erfahrung mit Migration und deren Auswirkungen. Dazu gehört unter anderem auch der Umgang mit Rassismus und Diskriminierung. Eine wichtige Voraussetzung für die Beratungs- und Einzelarbeit mit den Vätern ist der wertschätzende Umgang, wodurch auch eine intensive Beziehung aufgebaut werden kann, um die Väter für die Gruppenangebote zu gewinnen. Die Gruppenarbeit bietet Raum für einen intensiven Austausch über sensible Themen sowie eine gegenseitige Stärkung.
Um den Familien und insbesondere den Kindern helfen zu können, ist es erforderlich, auch die Väter intensiv zu unterstützen, ihre Handlungsmöglichkeiten zu erweitern, so dass es ihnen gelingt, Erziehungsaufgaben besser wahrzunehmen, ihre Kinder in der Kindertagesstätte, in der Schule bzw. beim Übergang in Beruf/ Studium und somit in ein eigenverantwortliches Leben zu begleiten. Für eine nachhaltige und ressourcenorientierte Väterarbeit ist es hilfreich, vorhandene Erziehungsmuster, Sozialisationswege und Schwierigkeiten der Väter zu erfragen. An diesem Ausgangspunkt setzten wir mit unseren Väterprojekten an. Wir bemühen uns durch flexible Angebotsstrukturen auch Väter für unsere Arbeit zu gewinnen, die aufgrund von beruflichen und familiären Verpflichtungen nur wenig Zeit haben, um regelmäßig und verbindlich an Aktionen teilzunehmen. Darüber hinaus bieten wir unsere Angebote mehrsprachig an.

vaeter.nrw: In welchen Projekten und in welchem Kontext binden Sie Väter konkret in Ihre Arbeit ein?
Ahmet Sinoplu: Unsere Angebote sind vielfältig, interaktiv und bieten Vätern eine abwechslungsreiche Alternative zum beruflichen und familiären Alltag. Die Väterarbeit bietet einen besonderen, mehrsprachigen Raum für Väter, die neben ihrer Rolle als Väter auch andere Themen und Rollen reflektieren und (er)leben können. Neben themenorientierten Projekten und Diskussionen finden auch freizeitpädagogische Aktivitäten, Reisen zur politischen Bildung, aber auch Seminare zu Themen wie z. B. der eigenen Gesundheit, dem Umgang mit Demenz oder Tod in der Familie etc. statt.
Die Arbeit in der Vätergruppe bietet einen niedrigschwelligen Raum, um gemeinsame Erfahrungen auszutauschen und abzugleichen. Auf dieser Grundlage bauen sich Schwellen- und Berührungsängste ab, da die eigenen Fragen und Unsicherheiten geteilt werden und nicht als lose Einzelschicksale wahrgenommen werden. Auf diese Weise erwächst Solidarität, gegenseitige Anteilnahme und das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Gleichzeitig können festgefahrene Handlungs- und Verhaltensmuster im Austausch mit Betroffenen in ähnlichen Situationen dahingehend hinterfragt werden, dass Alternativen angeboten werden können. Der wohl wichtigste Effekt der Gruppentreffen besteht darin, dass sich die angesprochenen Väter als eigenverantwortliche und mit Handlungskompetenzen ausgestattete Personen verstanden fühlen. Die Gruppe ist ihr geschützter Raum, in welchem sie die gruppenbezogenen Interaktionen bewirken und bedingen.

vaeter.nrw: Was verbindet Väter über die Kulturen, Religionen, Herkunftsländer hinweg?
Ahmet Sinoplu: Bei allen Vätern ist gleich, dass sie das Beste für ihre Kinder wollen und in der Regel auch versuchen, das Beste für ihre Kinder zu tun. Das ist eine Gemeinsamkeit, die ermöglicht, verschiedene Väter mit diversen Biographien zusammenzubringen. Auch können unterschiedliche Herausforderungen des familiären und beruflichen Alltags verbindende Elemente sein. Das können aus unseren Erfahrungen heraus z. B. auch folgende Themen sein:

  • die Auseinandersetzung mit eigenen Erziehungserfahrungen und -vorstellungen im Vergleich zu der eigenen Sozialisation mit Vorbildern der Elterngeneration sowie die Auseinandersetzung mit alternativen Erziehungsvorstellungen,
  • Kommunikationsschwierigkeiten im familiären Alltag oder auch in der Ehe/ Partnerschaft,
  • der Umgang mit den eigenen Kindern mit Blick auf die eigenen Bildungserfahrungen und Bildungswege im Vergleich zu den Möglichkeiten und Anforderungen der aktuellen Bildungsmöglichkeiten,
  • die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Auch Vater-Kind-Aktionen können hilfreich sein, Väter für verschiedene Aktivitäten zu gewinnen und mit ihnen einen besonderen Raum für einen nachhaltigen Austausch zu kreieren.

vaeter.nrw: Aus Ihrer langjährigen Erfahrung betrachtet: Was ist der wichtigste Ansatzpunkt, damit Väter miteinander ins Gespräch kommen?
Ahmet Sinoplu: In vielen pädagogischen Konzepten und Zielen werden Respekt, Wertschätzung und Anerkennung als Grundlagen beschrieben. Jedoch bleiben diese Ziele nur Lippenbekenntnisse, wenn diese Haltung nicht gelebt und auch in pädagogischen und politischen Strukturen umgesetzt werden kann. Eine selbstreflexive Auseinandersetzung mit Themen wie Diversität, Diskriminierung und gesellschaftlichen Machtverhältnissen kann die Anerkennung von Diversität sowie das Engagement gegen Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmechanismen fördern.
Dies wäre in allen (Väter-)Projekten wünschenswert, insbesondere auch bei denen, wo es zunächst keine Verbindung zu diesen Themen zu geben scheint. Dann wird es auch leichter möglich, verschiedene Väter mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Biographien zusammenzubringen.

In unserer Arbeit stellen darüber hinaus Einzelberatungen und Beziehungsarbeit ein unverzichtbares Element dar. Einerseits treten immer wieder Bedürfnislagen und Fallkonstellationen auf, die von den Vätern als zu intim erachtet werden, um diese im Gruppenkontext zur Sprache zu bringen. Andererseits kann im Zusammenspiel aus Einzelberatung und Gruppenarbeit gewährleistet werden, dass ein erweiterter Beratungsbedarf, der sich innerhalb der Gruppenarbeit abzeichnet, aufgegriffen wird, oder dass im umgekehrten Fall eine Einzelberatungssituation zur Akquise neuer Väter führen kann.

Insbesondere die intensive Beziehungsarbeit – auch durch zahlreiche Tür- und Angel-Gespräche – ermöglicht uns, Väter für diverse Gruppenprojekte zu gewinnen.

vaeter.nrw: Was wünschen Sie sich für die interkulturelle Väterarbeit in NRW?
Ahmet Sinoplu: Interkulturelle Väterarbeit in NRW sollte sich zum Ziel setzten, Akteure im Bereich der Väterarbeit bei der Mitgestaltung, beim Ausbau und bei der Umsetzung von neuen Projektideen zu begleiten und zu unterstützen, um so die Ausgestaltung von Väterarbeit im nordrhein-westfälischen Raum voranzutreiben. Dabei können und sollen bereits begonnene Projekte als Grundlagen dienen. Für Initiatoren von Väterarbeit besteht hier ein nicht zu unterschätzender Gestaltungsspielraum für neue Konzepte und zur Erweiterung der eigenen Handlungsmöglichkeiten. Weiterhin sollen nachhaltig Kommunikationsprozesse in Gang gesetzt und stabile Netzwerke geschaffen werden.
Für zukünftige Projektvorhaben stehen wir sehr gerne zur Verfügung und bringen uns mit all unseren Expertisen ein.

Zur Person:

Ahmet Sinoplu

Ahmet Sinoplu ist Geschäftsführer von Coach e.V., der Kölner Initiative für Bildung und Integration junger Migranten. Als ausgebildeter Diplom-Sozialarbeiter sowie Trainer und Coach für rassismuskritische und diversitätsbewusste (internationale) Bildungsarbeit ist er gemeinsam mit den Vorständen Mustafa Bayram und Christian Gollmer verantwortlich für die Väterarbeit im Verein.
 

Themen Mit intensiver Beziehungsarbeit das Interesse der Väter gewinnen

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Väter auf der Flucht

Gastbeitrag

„Neue Zeiten bringen neue Ideen und machen neue Kräfte mobil.“ Dieser Satz stammt von Marie Juchacz, der Begründerin der AWO. Die unzähligen Kriegsversehrten, Witwen, Waisenkinder, Arbeitslosen und Flüchtlinge des Ersten Weltkrieges ließen sie aktiv werden und eine Gemeinschaft organisieren, in der Bedürftige sich gegenseitig solidarisch helfen. – Ein Gastbeitrag von Ataman Yildirim, Interkulturelle Väterarbeit NRW

Fachveranstaltung in der Reihe „Arbeit mit Vätern“

„Väter aus den neuen EU-Ländern“ - Praxisbeispiel: Projekt „Echte Väter“, Herne – eine Anregung für Köln!?

Am 8.Oktober 2018 veranstaltet der Väter in Köln e.V. und die Fachstelle Väterarbeit NRW in Kooperation mit dem Interkulturellen Dienst des Bezirksjugendamtes Ehrenfeld eine Fachtagung aus der Reihe „Arbeit mit Vätern“. Die Veranstaltung findet in der Zeit von 9:00 – 15:30 Uhr im Bürgerzentrum Ehrenfeld, Köln, statt.
Die Veranstaltung ist kostenfrei, Getränke und Mittagessen inbegriffen. Interessierte sind herzlich eingeladen!

„Väter aktivieren, entlasten, Vorurteile abbauen und Potenziale in der Väterbildung nutzen.“ So beschreibt das Kommunale Integrationszentrum (KI) Herne das seit zehn Jahren erfolgreich laufende Projekt „Echte Väter“. Entstanden sind zehn parallellaufende Vätergruppen mit vielen von den Vätern selbst entwickelten Vater-Kind-Events, Themenabenden und der bislang einmaligen Musikgruppe namens „Orient-Express“, bestehend aus Musikern verschiedener kultureller Herkunft. Väter und Kinder erfahren so Wertschätzung und Anerkennung in der Öffentlichkeit und sind zudem leichter mit Beratungs- und Bildungsangeboten zu erreichen. Hier finden Sie einen Bericht zu diesem Angebot.

Diskutieren Sie mit, wenn es um folgende Fragenstellungen geht: Welche Rollen spielen Väter oder sollten sie spielen? Welche Ressourcen bieten sie? Könnte eine ähnliche Arbeit mit Vätern wie in Herne auch in Köln (-Ehrenfeld) umgesetzt werden? Wenn ja, worin liegen die Herausforderungen und Chancen?

Die Veranstaltung richtet sich an soziale Fachkräfte und aktive Mitwirkende, interkulturelle Dienste, Multiplikatoren sowie Multiplikatorinnen

Referenten

  • Gürkan Uçan, Mitarbeiter des KI Herne und Initiator dieses Projekts "Echte Väter", stellt das Projekt persönlich vor.
  • Dr. Michael TunçExperte für emanzipative, rassismuskritische Männer-/Väterarbeit und –politik, gibt eine Einführung in die Arbeit mit Vätern mit Migrationshintergrund.
  • Hans-Georg Nelles, Leiter der Fachstelle Väterarbeit NRW, lädt zu Auseinandersetzung mit „Väterbildern im Kopf und Rollenerwartungen“ ein.

Veranstalter

Väter in Köln e.V. möchte mit dieser und weiteren Fachveranstaltungen den Blick auf die verschiedenen Varianten der Arbeit mit Vätern mit und ohne Migrationshintergrund schärfen. Themenvorschläge für weitere Fachtreffen sind erwünscht. Die Fachstelle Väterarbeit NRW unterstützt landesweit Fachkräfte bei der Arbeit mit Vätern.

Tagungsordnung (endgültige Reihenfolge wird noch festgelegt)

8:30    Eintreffen der Teilnehmenden
9:00    Beginn und Begrüßung
            Einführung ins Thema, Dr. Michael Tunç
            Projekt: „Echte Väter“, Präsentation von Gürkan Uçan, KI Herne
            Workshop-Arbeit, Dipl. Soz.-Wiss. Hans-Georg Nelles
13:00  Mittagessen (inklusive)
           „Kulturhäppchen“ (Musik o. Zauberei)
           „Film: Mein Papa ist cool“
15:30  Ende der Veranstaltung

Interessierte können sich auf der Internetseite des Väter in Köln e.V. zur Fachtagung am 08.10.2018 anmelden. Die Veranstalter freuen sich auf einen regen Austausch!

Aktiv Vater sein, ist ein Weg zur Integration

Interkulturelle Väterarbeit

Väter mit Migrationsgeschichte treffen in der neuen Kultur auch auf neue Vaterbilder. Auf Männer, die mit ihren Kindern im Park spielen, sich in schulische Belange einmischen und mit den Müttern Erziehungsfragen aushandeln. Institutionen, die Väter zu einer aktiveren Rolle motivieren, bekommen Unterstützung vom IVA, dem Facharbeitskreis Interkulturelle Väterarbeit NRW.

Vieles von dem, was in der deutschen Mehrheitsgesellschaft als selbstverständlich vorgelebt wird, ist für manche Migranten verwirrend. Eltern und Kinder verbringen ihre Freizeit gemeinsam, tauschen öffentlich Zärtlichkeiten aus, diskutieren über Liebe und Politik. Aber es verwirrt nicht nur, es weckt auch Bedürfnisse, die in der Ursprungskultur nicht entstanden wären. Und es wirft bei Kindern und Eltern Fragen auf, für die sie bislang keine Antworten kennen. „Zunächst sind viele Migranten durch die Konfrontation mit dem Familienleben in Deutschland irritiert“, sagt Antonio Diaz. Er arbeitet für den Verein Bildung-Integration-Familien-Frauen (BIFF e. V.) und als Landeskoordinator beim Facharbeitskreis IVA für den Raum Dortmund. „Aber viele Väter stellen auch fest, dass sie nicht das Rollenmodell aus ihrer Ursprungskultur fortsetzen möchten. Ihre eigenen Väter waren oft kaum anwesend oder nur für Strafen und aufwendige Geschenke zuständig“, beschreibt Antonio Diaz. Die Vaterrolle werde dabei aber nicht nur vom Herkunftsland geprägt, sondern besonders vom Milieu der Familie: „In aufgeklärten, gebildeten und wohlhabenden Familien fallen die Unterschiede zu deutschen Vätern nicht so auf.“

Aus der eigenen Kindheit lernen

Für Ataman Yildirim ist es entscheidend, dass die Migrantenväter die Unterschiede zu deutschen Vätern als Anlass nehmen, sich und das erlernte Vaterbild zu hinterfragen: „Über die eigene Kindheit zu reflektieren und zu schauen, was man selbst vermisst hat, ist ein guter Weg, um den Wünschen der Väter und Kinder auf die Spur zu kommen.“ Ataman Yildirim ist verantwortlich für die Integrationsagentur der AWO Düsseldorf. Er ist Mitgründer und Landeskoordinator des Facharbeitskreises IVA. „Besonders bei muslimischen Vätern ist die Familie ein sehr sensibles Thema. Wünsche, Gefühle und Probleme anzusprechen, wird oft als Schwäche gesehen und die Väter haben Sorge, dass der Ruf der Familie leidet“, sagt er. Je nach Herkunft kommen kulturelle Tabus dazu. Von der pubertierenden Tochter, dem behinderten Sohn oder der gewalttätigen Mutter sprechen allerdings auch viele deutsche Väter nicht gerne mit Außenstehenden. Für Antonio Diaz ist es wichtig, zunächst Vertrauen zu schaffen: „Die Väter sollen erfahren, dass in den von uns organisierten Gesprächskreisen Gleichgesinnte sitzen. Niemand legt es den anderen Vätern als Schwäche aus, Sorgen und unerfüllte Bedürfnisse zu haben.“

Wer vertraut, öffnet sich

Das Vertrauen von Migrantenvätern zu gewinnen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, ist für die zuständigen Träger vor Ort nicht leicht. Daher bietet ihnen IVA vielfältige Beratung an und coacht sie beispielsweise, über bestimmte Themen oder Aktionen den Zugang zu den Vätern zu schaffen. „Schon gemeinsames Kochen kann so zum Türöffner werden“, sagt Antonio Diaz. „Wenn sich die Väter an ihre Lieblingsspeise aus der Kindheit erinnern, reflektieren sie im nächsten Moment schon ihre Erlebnisse und ihre Beziehung zum Vater. Sie entdecken Gemeinsamkeiten und sprechen leichter darüber, was gut oder schlecht war – und was sie selbst anders machen möchten.“

Seit seiner Gründung 2013 versteht sich der Facharbeitskreis IVA auch als Pool für die gesammelten Erfahrungen der einzelnen Mitglieder, Träger und Experten. Gemeinsam entwickeln sie Informationsmaterialien und geben den „Report“ heraus, eine PDF-Broschüre über Praxis und Forschung in der interkulturellen Väterarbeit. Für lokale Träger, interessierte Väter oder auch politische Akteure organisiert der Facharbeitskreis IVA Informationsveranstaltungen. Experten und Akteure werden eingeladen, zu ihrem Spezialgebiet zu referieren oder zu diskutieren. Das Themenspektrum ist groß: Was können Väter für den Schulerfolg ihrer Kinder tun? Wie arbeitet man mit Menschen, die kaum lesen und schreiben können? Was wissen wir über die Religionen der anderen? Ataman Yildirim: „Natürlich können wir über unsere Veranstaltungen zum einen Methoden vermitteln. Also wie sich Väter beispielsweise durch das Theaterspiel für bestimmte Themen öffnen. Aber wir können auch Extremismus-Prävention betreiben, indem Experten sagen, für welche Signale Väter bei ihren Kindern sensibel sein sollten und wie eine angemessene Reaktion ausschaut.“ Damit Hilfe und Aufklärung die Väter erreichen, achtet IVA genau auf die Zielgruppen und bietet viele Materialien und Veranstaltungen auf arabisch oder türkisch an.

Ansprechpartner in vielen Situationen

Immer wieder wird die Unterstützung durch den IVA aber auch sehr praktisch: Den Gruppenleitern vor Ort soll ermöglicht werden, ihre Arbeit kontinuierlich einzubringen. Dafür zeigt IVA Wege zur Finanzierung, erarbeitet gemeinsam Anträge, vermittelt Experten und ist – durch die regionalen Landeskoordinatoren – ein erreichbarer Ansprechpartner. Auch die Organisation von gemischten Veranstaltungen gehört zur Arbeit. Beispielsweise ein Abend mit Sintis, ihrer Musik und Tanz, sowie Flüchtlingen und Deutschen oder Väter-Kind-Aktionen wie ein Fußballspiel mit deutschen Vätern und ihren Kindern.

Alle Aktivitäten verfolgen letztlich das Ziel, Migrantenväter zu ermutigen, am Familienleben intensiv teilzuhaben. Sie sollen gemeinsam raus gehen, die Begegnung mit Deutschen suchen und auch ungewohnte Situationen aushalten. Ataman Yildirim: „Das bereichert unmittelbar das Vatererleben und nur so kann auch Integration gelingen.“

(vaeter.nrw)

Text aktualisiert am 31. Mai 2016