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Medienkompetenz

Kindgerecht durchs Internet | Teil 2

Gastbeitrag

Viele Väter sorgen sich, wenn sie ihre Kinder unbeaufsichtigt an Tablets und Smartphones lassen. Ob sie zu lange daran spielen, auf unsicheren Seiten im Internet surfen oder in Spielen Geld ausgeben. Aber es gibt Möglichkeiten, das Tablet für Kinder und Jugendliche sicherer zu machen – nicht 100-prozentig aber ergänzend zur elterlichen Begleitung. – Ein Gastbeitrag von Torben Kohring, Leiter der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW
Mit dem KinderServer bietet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Familie ein kostenloses Programm für iOS und Android, in dem Kinder in einem sicheren Raum surfen können. Mit einer Whitelist aus Ergebnissen der Kindersuchmaschine fragFINN.de und den URLs der Website BlindeKuh sowie allen Websites des Seitenstark Verbundes entsteht so ein geschlossenes Internet, das kindgerecht gefiltert wird. Geeignet ist diese Lösung für Kinder bis maximal 12 Jahren. Für iOS Systeme gibt es zusätzlich noch den Surfgarten, der ebenfalls kostenlos ist. Hier kann man verschiedene Alterseinstufungen wählen. So haben die jüngeren Kinder bis 12 nur Zugriff auf Seiten, die in der fragFINN Positivliste zu finden sind. Ab 12 Jahren werden vor allem Werbeangebote ausgeblendet. Zusätzlich benutzt Surfgarten noch das BPJM-Modul der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, das indizierte Websites herausfiltert. Auch können Papas und Mamas hier selber Positiv- oder Negativlisten erstellen und Zeitgrenzen für das Surfen festlegen.

Einstellungen am Tablet

Aber auch mit diversen Einstellungen am Tablet selbst lassen sich diese für Kinder und Jugendliche sicherer machen. Zum einen kann man unter Android ein elterliches Hauptkonto erstellen und sich die Adminrechte geben. Über ein Zweitkonto für die Kinder können diese dann nur mit angepassten und eingeschränkten Rechten das mobile Device benutzen. Sprich: Nichts kann heruntergeladen oder gekauft werden ohne das entsprechende Passwort. Bei Android Tablets kann man zunächst mit einer normalen Passwort-Sicherung dafür sorgen, dass die Kleinen nicht ungefragt das Tablet nutzen. Aber unter dem Punkt Nutzer kann auch man ein eingeschränktes Profil erstellen. Hierüber lässt sich der Zugriff nur zu bestimmten Apps und Anwendungen freigeben. Ebenfalls kann das System darüber den Bildschirm fixieren. So ist dafür gesorgt, dass nur das abgesprochene Spiel genutzt wird und keine anderen Apps gestartet werden. Sinnvoll ist es zudem, den Zugang zum Playstore mit einem Passwort zu versehen und dieses nicht auf dem Gerät zu speichern. Bei Samsung Smartphones der letzten Generation kann man zusätzlich nach dem Start den Kids Mode aktivieren. Dieser erlaubt genaue Zeitfenster, in denen das Smartphone genutzt werden darf und schafft durch App–Beschränkungen einen Bereich, den die Kinder nicht verlassen können. Für iOS kann man in den Einstellungen eine Passwortabfrage für Einkäufe aktivieren. Das bedeutet, dass bevor das Kind eine App herunterladen oder innerhalb eines Spieles etwas kaufen kann, ein Passwort eingegeben werden muss. Auch lässt sich in den Einstellungen unter Einschränkungen genau festlegen, welche Apps überhaupt geöffnet und genutzt werden dürfen. Für alle anderen Apps gilt: erst ein Passwort eingegeben, um sie zu starten. Der „geführte Zugriff“ ist für Eltern eine interessante Möglichkeit, den Bildschirm zu fixieren und die Nutzungsdauer einzuschränken. Dieser Modus wird unter den Bedienungshilfen aktiviert.

Auch das Heimnetz sichern

An aktuellen Routern können bereits viele Sicherungen vorgenommen werden. Es lassen sich Blacklists einpflegen und für einzelne Geräte maximale Nutzungszeiten oder auch Zeiträume, in denen die Nutzung möglich ist, festlegen. Aufgrund der Vielzahl an Modellen, lohnt sich ein Blick auf die Homepage des Herstellers oder Providers um festzustellen, welche Einstellungen der heimische Router bietet.

Tipps für Väter

  • Nutzen Sie sichere Passwörter, die von den Kindern nicht einfach zu erraten sind
  • Kleine Kinder sind mit dem Internet noch überfordert, deaktivieren Sie deshalb den Zugang
  • Schaffen Sie für Surfanfänger einen sicheren Surfraum durch spezielle Kinderapps
  • Nutzen Sie die speziellen Einstellungsmöglichkeiten der Geräte. iOS bietet hier im Moment mehr Möglichkeiten als Android.
  • Suchen Sie Inhalte gemeinsam mit den Kindern aus
  • Verhindern Sie bei jüngeren Kindern den Zugriff auf den App-Store
  • Achten Sie bei Apps und Websites auf Alterskennzeichen
  • Vereinbaren Sie klare Regeln mit den Kindern und sorgen Sie dafür, dass sie eingehalten werden 
Besonders bei kleinen Nutzern ersetzen technische Möglichkeiten nicht Ihre Begleitung beim Spielen und Surfen. Verbringen Sie gerade zu Beginn die Zeit möglichst gemeinsam mit den Kindern am Tablet oder Smartphone.   Torben Kohring hat Pädagogik, Soziologie und Germanistik studiert. Als Leiter der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW ist er verantwortlich für Organisation, Schulungen und Projektentwicklung.  

Sicher Surfen im Web-Dschungel

Kinder und Onlinewerbung

Sie ist bunt, blinkt und oft kaum vom eigentlichen Inhalt der Seite zu unterscheiden: Onlinewerbung. Die Hälfte der 100 Lieblingswebseiten von Kindern ist mit Bannern, Gewinnspielen oder Werbeclips gespickt. Doch nur jedes fünfte Kind ist in der Lage, Werbung als solche zu erkennen. Das hat die Studie „Kinder und Onlinewerbung“ ergeben.
„Das Wichtigste ist, dass Eltern ihre Kinder in der virtuellen Welt nicht allein lassen“, erklärt Dr. Jürgen Brautmeier, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW (LfM). „Dort ist ja nicht alles negativ für die Kinder, aber vieles ist sehr überfordernd. Daher ist es Aufgabe der Eltern, ihre Kinder bei den ersten Schritten in die Online-Welt zu begleiten. Ab einem gewissen Alter – spätestens in der weiterführenden Schule – machen die Kinder ihre Zimmertür zu. Bis dahin sollten sie gelernt haben, sich im Internet zurechtzufinden und Inhalte zu beurteilen.“ Dr. Jürgen Brautmeier rät Vätern deshalb: „Lassen Sie Ihre Kinder zunächst nur in 'Schutzräumen' surfen, auf ausgesuchten Seiten, mit Kindersuchmaschinen. Dabei können Sie gemeinsam ausprobieren, was passiert, wenn ich auf ein Werbebanner drücke, und Ihrem Kind erklären, was eine Anzeige ist – denn der Begriff hat für viele Jungen und Mädchen zunächst etwas mit der Polizei zu tun.“

Medienkompetenz schulen

Eigentlich sollte Werbung so gestaltet sein, dass Kinder lernen können, die nötige Distanz zu Werbebotschaften aufzubauen und deren Intention zu verstehen. Das Gegenteil ist häufig der Fall. Werbebanner gleichen dem darunterliegenden Spiel oder locken mit einem aufreizenden „Hier geht’s weiter“. Was wie die nächste Spielebene aussieht, ist in Wahrheit der Link zu einem Bezahlangebot. Väter, die ihre Kinder vor Irrwegen bewahren wollen, sollten daher ihre Wahrnehmung schulen. Wie erkenne ich Werbung? Was will sie? Wie klicke ich sie weg? Gemeinsam lassen sich die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Werbung im Internet ersurfen. So lässt sich beobachten, wie das Kind mit den Angeboten umgeht, was es als Werbung erkennt und wo es Schwierigkeiten gibt. Im Gespräch über die entdeckten Werbeinhalte und ihre Absichten können Väter ihren Kindern dann auch Beurteilungskriterien vermitteln. So werden Kinder zu aufgeklärten Konsumenten, die in der Lage sind, Werbung zu erkennen, zu durchschauen und zu bewerten. Aber eines sollte auch klar sein: Wo sich Werbebanner dreist über die Navigation legen oder Links zu sozialen Communities für Erwachsene führen, haben Kinder nichts zu suchen. Blockieren Sie diese Seiten durch entsprechende Programme oder Filter, die auch in vielen Virenscannern enthalten sind. Es gibt auch werbefreie Kinderseiten.

Persönliche Daten schützen

Genauso wichtig wie das Erkennen von Werbung ist auch der richtige Umgang mit ihr. Schon Kinder müssen lernen, sorgsam mit ihren Daten umzugehen. Sind sie erst einmal ins Netz eingespeist, können sie nicht mehr zurückgeholt werden. Erklären Sie Ihrem Kind, wie kostbar die persönlichen Daten sind. Dabei sollten Sie selbst Vorbild sein: Wer bei jedem Gewinnspiel oder Kreuzworträtsel mitmacht, kann seinem Kind schlechter erklären, warum es Namen und Adresse im Internet für sich behalten und z. B. nicht auf Rückantworten reagieren soll. Hier stehen Sie als Vater in der Verantwortung, durch positive Umsetzungsbeispiele Ihren Kindern einen kompetenten Umgang mit Daten zu vermitteln. Eine Investition, die sich langfristig sehr lohnen wird, wenn Ihr Kind eigenständig in sozialen Netzwerken mit seinen Daten und Bildern unterwegs ist. Und noch etwas ist Dr. Jürgen Brautmeier durch diese Studie klar geworden: „Auch Eltern wissen in der Regel viel zu wenig über die Spuren, die wir alle im Netz hinterlassen und welche Profildaten die Industrie beim Tracking sammelt und dann für ihre Zwecke nutzt.“ Bei altersgerechten Angeboten werden zwar keine Daten getrackt (also so genannte Metadaten erfasst, um Profile potentieller Kunden zu erstellen, die dann zielgenau beworben werden), aber Webseiten, die auch Erwachsene nutzen, können nicht feststellen, ob der Nutzer minderjährig ist oder nicht. Auch so genannte Cookies sieht Brautmeier als Problem: Sie werden unbemerkt auf dem Rechner gespeichert, verfolgen die Nutzer von Webseite zu Webseite und erstellen dabei Nutzungsprofile. Der Direktor der Landesanstalt für Medien NRW rät Vätern deshalb, regelmäßig Browser und Cookies zu löschen. „Und das Allerwichtigste ist“, sagt Dr. Jürgen Brautmeier, „den Eintritt der Kinder in die Onlinewelt so lange wie möglich hinauszuschieben!“

Die Studie

Für die Studie „Kinder und Onlinewerbung“ hat das Hans Bredow-Institut (Hamburg) 633 Kinder repräsentativ befragt sowie qualitative Interviews mit 100 Kindern zwischen sieben und elf Jahren durchgeführt. Außerdem haben die Wissenschaftler die derzeitige Werbepraxis auf 100 Webseiten unter die Lupe genommen, die Kinder als ihre Lieblingsangebote genannt hatten, und das Werbeverständnis von Kindern analysiert. Zudem gibt die Untersuchung einen Überblick über den werberechtlichen Ordnungsrahmen und nennt Handlungsempfehlungen für verschiedene Akteure wie zum Beispiel die Medienaufsicht, die Medienpolitik, die Werbeselbstkontrolle, die werbetreibende Industrie und den Verbraucherschutz.   Text aktualisiert am 29.05.2016