Vater ist, das was du draus machst!
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Schule

Väter beim Elternabend: Schule machen

Bildung

Eltern unterstützen ihre schulpflichtigen Kinder auf vielfältige Weise: Sie motivieren und wecken Interesse an schulischen Themen, sie lernen zusammen mit den Kindern oder helfen ihnen bei den Hausaufgaben. Dass aber auch die Elternvertretung ein Ort ist, an dem man den eigenen und anderen Kindern Gutes tun kann, ist gerade vielen Vätern nicht so bewusst.
Einmal pro Halbjahr – bei Bedarf auch häufiger – versammeln sich Eltern in Klassenräumen. Elternabend. Manchmal gibt es Kuchen oder Häppchen, etwas Kaffee vielleicht, und die Eltern hocken auf den Plätzen, an denen tagsüber ihre Kinder Geometrie oder Grammatik büffeln. Die Sitzungen sind eine Gelegenheit, sich besser kennenzulernen, Kontakt mit Lehrern zu bekommen und vor allem: zu erfahren, welche Themen in der Klasse und der Schule gerade anstehen, wo es Probleme gibt, wie die nächste Klassenfahrt ausschauen soll oder wie der Unterricht gestaltet wird. In vielen dieser Runden ist es ähnlich wie bei den Elternsprechtagen – die Väter machen sich rar. Eberhard Kwiatkowski von der Landeselternkonferenz NRW (LEK) bedauert das: „Elternabende sind eine tolle Möglichkeit, aus erster Hand etwas über die Schule, die Klasse und andere Eltern zu erfahren. Und gerade Väter, die Vollzeit arbeiten und am Schulalltag ihrer Kindern nicht so nah dran sind, bekommen hier viel mit.“ Kwiatkowski hat selbst sechs – mittlerweile erwachsene – Kinder und ist nach vielen Jahren als Vorsitzender inzwischen einer von fünf Beisitzern im Vorstand der LEK.

Kein Feierabend beim Elternabend

Auch wenn Männer in manchen Elternkonferenzen fast schon exotisch wirken – Fremdkörper sind sie definitiv nicht: Die anwesenden Väter übernehmen gerne Funktionen und werden auch besonders häufig in Posten wie den Pflegschaftsvorsitz gewählt. Eberhard Kwiatkowski sieht aber schon in der bloßen Teilnahme an Elternabenden eine große Chance: „Die allermeisten Väter interessieren sich doch ohnehin für den Schulerfolg ihrer Kinder und wollen sich eine fundierte Meinung bilden können. Welche Schulform ist die richtige? Welche Ausrichtung hat eine Schule und welche Fächerwahl passt zum Kind? Wer schon in der Grundschule an Elternabenden teilnimmt, hat es hier viel leichter.“ Über die Elternpflegschaft und die Schulkonferenz mischen die Väter aktiv mit. Sie helfen bei Problemen mit Lehrern, indem sie ausgleichen und vermitteln. Und sie können sogar das Schulprogramm mitentwickeln: Die Ausstattung der Schule, das Fächerangebot und die Frage, ob die Schule eher musisch, technisch oder zweisprachig ausgerichtet sein sollte sind Punkte, bei denen die Meinung der Eltern gefragt ist. „Eltern, die wissen, was in der Schule vor sich geht und die in der Pflegschaft organisiert sind, haben es auch leichter, die entscheidenden Stellen auf Missstände aufmerksam zu machen“, sagt Eberhard Kwiatkowski. Denn die Schulen selbst sind als staatliche Organisation nicht ganz frei, in der Kommune Druck auszuüben, wenn zum Beispiel Geld für Sanierung der Toiletten gebraucht wird.

Bandleader gesucht

Durch ihre Kinder haben Väter und Mütter ein ureigenes Interesse, dass es in der Schule rund läuft, dass Herausforderungen überwunden werden und die Atmosphäre stimmt. In der Elternpflegschaft sorgen sie für mehr Transparenz zwischen Schule und Elternschaft. Aber Väter können sich auch persönlich, mit ihren Hobbys oder ihren Fähigkeiten in den Schulalltag einbringen. Wer beispielsweise gerne Musik macht, kann über die Pflegschaft eine Band oder einen Chor initiieren. In Schul-AGs legen passionierte Gärtner mit den Kindern Nutzgärten an oder Handwerker zimmern mit ihnen neue Möbel für die Aufenthaltsräume. Auch das Berufsleben lässt sich vielleicht in die Schule integrieren: Eine Werksbesichtigung im Betrieb des Vaters macht das eigene Kind stolz und kann für die anderen ein neuer Impuls bei der Berufswahl sein. Den Schulen würde es guttun, wenn sich in allen Bereichen mehr Väter engagierten. Und den Schulalltag ihrer Kinder mitzugestalten, macht auch Vätern Spaß.   Eberhard Kwiatkowski ist Beisitzer im Vorstand der Landeselternkonferenz NRW und seit vielen Jahren in verschiedenen Elternvertretungen aktiv. Durch seine sechs Kinder hat der Technische Angestellte fast alle Schulformen kennengelernt. 

Keine Angst vor klugen Fragen

Bildung

Wenn die Kinder in die Schule gehen, kommen bei vielen Eltern Erinnerungen an die eigene Schulzeit hoch. Vergleiche werden gezogen, Tipps gegeben und manchmal auch Ängste aus der Kindheit geweckt. Im Interview mit vaeter.nrw spricht Mediengestalter Mark Heyde (*) über seinen zwölfjährigen Sohn Janne. Über seine Wünsche und Sorgen und über das, was Janne – außer schulischem Fachwissen – noch mitbekommen soll.
vaeter.nrw : Herr Heyde, Ihr Sohn Janne geht in die siebte Klasse. Wahrscheinlich sitzt er jetzt um 15 Uhr gerade an den Hausaugaben?Mark Heyde : Ich will es hoffen. Wir haben eine klare Abmachung: Wenn er nachher zum Fußballtraining gehen will, müssen vorher alle Hausaufgaben fertig sein. Normalerweise klappt das ganz gut. Manchmal lässt er sich aber auch zu leicht von anderen Dingen ablenken – besonders wenn er mit den Hausaufgaben irgendwie nicht klar kommt. Da braucht er dann einen Schubs und ein bisschen Hilfe und Motivation von uns.
vaeter.nrw : Kommt er dann zu Ihnen oder zu Ihrer Frau?Mark Heyde : Das hängt sehr vom Schulfach ab, mit dem er Probleme hat. Bio und Physik sind vielleicht mein Gebiet. Aber bei uns sind die Hausaufgaben insgesamt eher Sache der Mutter. Deshalb fragt er meistens direkt meine Frau Lexi. Er weiß, dass ich ein wirklich schlechter Schüler war und viele Dinge einfach nicht so gut kann wie sie. An zwei Tagen in der Woche bin ich nachmittags zu Hause und meine Frau arbeitet. Dann muss er mit Fragen natürlich zu mir kommen und ich versuche, so gut es geht zu helfen. Manchmal staune ich, was die in der Schule schon alles wissen müssen. Wenn ich ihm da nicht helfen kann, sage ich das auch. Das war mir am Anfang ziemlich peinlich. Aber Janne hat nie gelacht, stattdessen war er ganz stolz, wenn er es dann selber konnte und mir später erklärte.
vaeter.nrw : Erschreckt es Sie, wenn Janne Ihnen in etwas überlegen ist?Mark Heyde : Vielleicht ist es noch etwas früh, das zu sagen. Aber ich denke, dass er vielleicht einfach etwas klüger ist als ich. Und irgendwie macht mich das auch stolz. Außerdem ist er – zumindest bislang – nicht so faul, wie ich es in der Schulzeit war. Ich hoffe, dass sich das nicht allzu stark ändert, wenn er richtig in die Pubertät kommt.
vaeter.nrw : Beeinflusst die eigene Schulerfahrung Ihre heutige Einstellung zur Schulleben Ihres Sohnes? Mark Heyde : Ja, bestimmt. Ich war auf einer Realschule und vor allem in den ersten Jahren bin ich gerne hingegangen. Da waren ja auch meinen Freunde. Aber ich war zu faul für Hausaufgaben und habe viel zu wenig für Klassenarbeiten gelernt. Deshalb wurden Druck und Frust immer größer und schließlich bin ich in der neunten Klasse sitzengeblieben. Es gab Lehrer und Fächer, vor denen ich richtig Angst hatte. Und wenn ich jetzt mit meiner Frau über Jannes Schule rede, erinnern wir uns gegenseitig immer daran, dass unsere Erfahrungen mit seinen nichts zutun haben und er ganz eigene Erfahrungen macht. Da muss ich aufpassen, dass ich positiv von der Schule spreche und nicht meine Probleme auf ihn übertrage.
vaeter.nrw : Welche positiven Dinge gibt es, die auch Janne in der Schule mitbekommen soll? Geht es eher um ein bestimmtes Wissen oder auch um Werte?Mark Heyde : Werte sind wichtig. Ich habe in der Schule gelernt, dass man Respekt vor anderen braucht. Wir hatten einen Klassenlehrer, der konnte richtig wild werden, wenn wir uns einen schwächeren Mitschüler als Opfer raussuchten und ärgerten. Ich glaube, dass Jannes Schule darauf auch sehr achtet. Die Kinder sollen anderen zuhören und die Schwachen nicht fertig machen. Aber natürlich wünsche ich mir auch, dass Janne Sachen lernt, die ihn später im Leben weiter bringen. Etwas, womit er einen guten Beruf bekommt und sich im Leben zurechtfindet. Er soll selber Entscheidungen treffen können und auch wissen, warum er sich so entscheidet.
vaeter.nrw : Kinder lernen ja auch außerhalb der Schule wichtige Fertigkeiten. Gibt es etwas, wo Sie sich besonders gut einbringen können?Mark Heyde : Ich fotografiere sehr gerne und viel. Da bin ich wirklich ganz gut. Janne hat schon immer so ein bisschen mitgemacht, aber bis vor einem Jahr hat ihn das nicht sehr interessiert. Inzwischen ist er aber voll dabei und hat auch meine alte Kamera bekommen. Wir unterhalten uns über mögliche Motive und interessante Perspektiven. Und dann experimentieren wir zusammen rum. Neulich zum Beispiel sind wir mit dem Anhänger am Fahrrad gefahren. Er saß hinten drin und hat meine Frau auf ihrem Rad mit langer Belichtungszeit fotografiert. Das sah wirklich cool aus, weil Lexi ziemlich scharf zu sehen ist, während die Umgebung in bunten Schlieren verwischt. Wenn man solche Sachen zusammen machen kann, fühlt sich das toll an. Außerdem braucht man Geduld, muss mit Enttäuschungen umgehen und lernt, wie man ein Fotoshooting gut plant.
vaeter.nrw : Fänden Sie den Berufswunsch „Fotograf“ für Janne gut? Oder hat er schon einen eigenen?Mark Heyde : Ich glaube nicht, dass er einen Berufswunsch hat. Er hat noch so viel Zeit, was soll er jetzt schon damit? Und ob er mal Fotograf werden will oder nicht, ist mir eigentlich egal. Ich habe da keinen direkten Wunsch. Er soll von seinen Beruf gut leben können, Freude haben und sich keine Sorgen machen müssen. Wenn er sich eine bestimmte Ausbildung oder ein Studium aussucht, ist das vor allem seine Sache. Lexi und ich werden natürlich mit ihm darüber sprechen, aber wenn er sich entscheidet, wollen wir hinter ihm stehen und ihn unterstützen.(*) Alle Namen geändert
Zur Person:

Mark Heyde

Mark Heyde ist 44 Jahre alt. Er arbeitet als Mediengestalter in einer Druckerei bei Münster. Seine gleichaltrige Frau Lexi ist Versicherungskauffrau. Der gemeinsame Sohn Janne geht in die siebte Klasse eines städtischen Gymnasiums.

Themen Keine Angst vor klugen Fragen

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Bildungschancen sind auch Vätersache

Gastbeitrag von Professor Dr. Wassilios E. Fthenakis

Die Bildung eines Kindes wird aus drei wesentlichen Richtungen beeinflusst: Familie, Kita und Schule. Dabei ist Bildung nicht als bloße Wissensvermittlung zu verstehen. Vielmehr spielen hier auch die Erziehung, die persönliche Entwicklung und soziale Fähigkeiten eine zentrale Rolle. Väter sollten das Thema nicht öffentlichen Einrichtungen überlassen, sondern ihre Möglichkeiten entdecken, die Bildungschancen der Kinder zu verbessern.

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Hereinspaziert: Mehr Väter in Kitas

Bildung

In der Kita lernen die Kinder grundlegende soziale Fähigkeiten und auch ihre Persönlichkeit macht große Entwicklungsschritte. Aber Kitas sind – anders als Schule, Ausbildung oder Studium – fast männerfreie Räume. Meist fehlen dort männliche Rollenvorbilder, die kindliche Entwicklung prägen. Weshalb sich das ändern sollte und wie sich besonders Väter mehr einbringen können, fragten wir den Familien- und Sozialtherapeuten Torger Bünemann.

Bildungschancen sind auch Vätersache

Gastbeitrag von Professor Dr. Wassilios E. Fthenakis

Die Bildung eines Kindes wird aus drei wesentlichen Richtungen beeinflusst: Familie, Kita und Schule. Dabei ist Bildung nicht als bloße Wissensvermittlung zu verstehen. Vielmehr spielen hier auch die Erziehung, die persönliche Entwicklung und soziale Fähigkeiten eine zentrale Rolle. Väter sollten das Thema nicht öffentlichen Einrichtungen überlassen, sondern ihre Möglichkeiten entdecken, die Bildungschancen der Kinder zu verbessern.
Haben die Eltern einen hohen Bildungsabschluss, ist es nach einer Untersuchung des Statistischen Bundesamts wahrscheinlich, dass auch ihre Kinder zum Gymnasium gehen (61 Prozent). Mit nur 3 Prozent kommt die Hauptschule in diesen Familien fast nicht vor. Die im September veröffentlichten Zahlen zeigen auch die andere Seite: Bei Kindern niedrig gebildeter Eltern liegt die Hauptschule mit 22 Prozent deutlich vor dem Gymnasium (14 Prozent). Diese Zahlen legen die Vermutung nahe, dass allein das elterliche Bildungsniveau für den Bildungserfolg der Kinder alleinverantwortlich sei. Für den Familienforscher Professor Wassilios Fthenakis greift der Schluss aber zu kurz: „Es gibt eine große Ungleichheit – aber die Grenze zwischen guten und schlechten Bildungschancen verläuft etwas anders: Schon seit Jahren zeigen Studien, dass gerade die Kombination von sozialer und ökonomischer Herkunft für eine erfolgreiche Schullaufbahn wesentlich ist.“ So führt die Herkunft aus einem Akademikerhaushalt zwar dazu, dass die Kinder häufig auf dem Gymnasium landen. Aber erst in Verbindung mit einem relativ hohen Einkommen steigt die Wahrscheinlichkeit auf eine erfolgreiche Schullaufbahn überdurchschnittlich an.

Bildung ist mehr Wissensvermittlung

Ist damit die Entwicklung der Kinder schon durch ihre Herkunft festgeschrieben? „Alle Eltern können etwas tun. Auch wenn viele eine klare Trennung im Kopf haben: Die Schule kümmert sich um die Bildung, die Familie und die Erziehung. Aber die beiden Bereiche sind nicht einfach so zu trennen. Beides ist miteinander verwoben und beeinflusst sich wechselseitig. Die Erziehung von Kindern findet ebenso in den Schulen statt und die Bildung in den Familien“, sagt Professor Fthenakis, „In den Familien gibt es viele Faktoren, die den Bildungserfolg der Kinder beeinflussen und bei denen die Väter eine sehr wichtige Rolle spielen.“ So haben besonders in Familien mit klassischer Rollenverteilung – der Vater ist für den Broterwerb zuständig, die Mutter für die Erziehungsfragen im Alltag – die Väter einen leistungsbetonenden Vorbildcharakter. Ihre eigene Bildungsgeschichte und ihre Einstellung zu Arbeit und Erfolg prägen die Einstellung und der Kinder. Dafür beeinflussen die Mütter das soziale Netz zu Freunden oder Verwandten stärker als der arbeitende Vater. In Familien mit ausgewogener Aufgabenverteilung verschwimmen die Unterschiede dagegen. „Es kommt also weniger auf typisch männliche oder weibliche Eigenschaften an, als auf die Rollen und Funktionen im Familiengefüge“, sagt der Familienforscher. Aber der Begriff Bildung ist ohnehin weiter zu fassen: Neben der Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten oder dem Ansammeln von Wissen sind auch soziale und moralische Fertigkeiten oder das Selbstwertgefühl zentrale Entwicklungsziele. Gerade bei Kleinkindern ist Bildung ein sozialer Prozess, in dem die Kinder viel in realen Situationen, im Umgang mit anderen Kindern, mit Eltern oder Erzieherinnen und Erziehern lernen. „Väter halten sich da immer noch zu sehr im Hintergrund. Aber sie sollten sich bewusst machen, dass sie dafür genauso kompetent sind wie die Mütter – auch schon bei Kleinkindern.“ Allerdings sieht Wassilios Fthenakis eine Einschränkung: „Frauen – und damit auch Mütter – haben häufig eine besondere soziale Kompetenz, die mit ihrer eigenen Sozialisation zusammenhängt: Sie sind gut darin, das Denken und Fühlen des Gegenübers zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren. Diese Fähigkeiten geben sie an ihre Kinder und insbesondere die Töchter weiter.“

Partnerschaft der Eltern enorm wichtig

Bei den Vätern wiederum findet der Familienforscher die ausgeprägte Fähigkeit, ihre Kinder positiv zu stimulieren, Reize zu setzen und ihren Wissensdurst und Forscherdrang anzustacheln. „Besonders, wenn wir unter Bildung im vorschulischen Alter nicht Wissensvermittlung verstehen, sondern zu lernen, wie man lernt, hilft die väterliche Motivation enorm“, sagt Fthenakis. Dabei hat er in den letzten Jahren bei den jungen Vätern festgestellt, dass auch gegensätzliche Erfahrungen mit dem eigenen Vater letztlich zu ein und derselben Erkenntnis führen: War der eigene Vater nah und verständnisvoll, so bestätigt das den heutigen Vater darin, auch auf positive Stimulation bei den Kindern zu setzen. War der eigene Vater fern und dominant oder autoritär, möchte es der heutige Vater besser machen und wählt ebenfalls positive Stimulation als Weg für sich. Aber die väterlichen oder mütterlichen Besonderheiten möchte Professor Fthenakis ungern überbewerten: „Für den Schulerfolg der Kinder und ihre sozialen und moralischen Fähigkeiten sind beide Eltern gleichermaßen wichtig und fähig. Vor allem kommt es darauf an, dass beide Eltern präsent sind und eine funktionierende Partnerschaft leben.“ Diese Qualität ist – natürlich eingeschränkt – auch nach einer Trennung möglich, wenn beide Eltern im Hinblick auf die Entwicklung ihrer Kinder an einem Strang ziehen.     Professor Dr. Wassilios E. Fthenakis, geb. 1937, ist Familienforscher und Präsident des Didacta Verbands der Bildungswirtschaft e. V.  

Kleiner Leitfaden zum Schulanfang

Tipps

Das Ende der Sommerferien ist für Schulkinder ein ganz besonderer Termin – mit einer wilden Mischung aus Vorfreude und Wehmut. Noch viel bedeutungsvoller ist das Datum allerdings für die kleinen Erstklässler und ihre Familien. Mit der Einschulung beginnt für sie ein völlig neuer Lebensabschnitt. Wir haben ein paar Tipps zum Schulstart in NRW zusammengestellt.

Hellwach am Morgen

Mit dem Schulalltag werden sich viele Familien an neue Aufstehzeiten gewöhnen müssen. Die Aufregung wird das Einschlafen nicht erleichtern. Kinder, die dann ohnehin spät ins Bett gehen, kommen unausgeschlafen in die Schule und haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Da ist es hilfreich, wenn Sie mit Ihrem Kind frühzeitig neue Routinen fürs Schlafengehen einüben. Sprechen Sie über die anstehenden Veränderungen, betonen Sie die schönen Dinge, die in der Schule passieren und nehmen Sie Ihrem Kind so etwas die Aufregung. Beispielsweise können Sie Geschichten aus Ihrer eigenen Schulzeit erzählen, über Freundschaften, lustige Lehrer oder spannende Ausflüge.

Sicher unterwegs

Üben Sie den Schulweg auch schon vor Schulbeginn. Egal ob Ihr Kind künftig zu Fuß oder mit dem Bus zu Schule kommt, jetzt lässt sich die Strecke noch ganz ohne Zeitdruck erkunden. Und sowohl Kinder als auch Eltern lernen heikle Stellen, schwierige Kreuzungen oder andere Gefahrenpunkte in Ruhe kennen. Dabei sollten Sie immer bedenken, dass Kinder aus ihrer Perspektive den Straßenverkehr anders wahrnehmen als Erwachsene und obendrein von Autofahrern später gesehen werden. Auch das richtige Verhalten an der Haltestelle und im Bus kann geübt werden. Wie Sie mit Ihrem Kind Sicherheit im Straßenverkehr einüben können, erfahren Sie im Beitrag "Endlich allein unterwegs! - Fit für den Straßenverkehr: Trainingstipps für Kinder und Eltern".

Besser gut sitzen

Mit der Schulzeit wird sich das Kind langsam daran gewöhnen müssen, länger und konzentrierter als bislang an einem Ort zu sitzen. Dafür braucht es Zuhause einen richtigen Arbeitsplatz, der ruhig und ungestört steht, aber die Eltern in Reichweite hat. Achten Sie darauf, dass dieser Platz nicht durch Unordnung oder Spielzeug für zuviel Ablenkung sorgt. Auch wenn das Kind noch nicht allzu lange am Tisch sitzen wird, spielt Ergonomie eine wichtige Rolle. Das Kind sollte sich am Arbeitsplatz bewegen und verschiedene Sitzpositionen einnehmen können. Ideal ist es zudem, wenn die Möbel mit dem schnell wachsenden Kind mitwachsen, also leicht in der Höhe verstellbar sind. Damit der Schreibtisch nicht ganz bald voll gestellt wird, sollten Sie genügend Stauraum für Bücher, Hefte, Stifte einplanen.

Ein Blick in den Ranzen

Den neuen Schulranzen tragen die Erstklässler mit Stolz und Freude durch die Gegend. Die meisten Modelle bieten viel mehr Platz, als sinnvollerweise gefüllt werden sollte. Allzu schnell werden die unausgebildeten Muskeln, Gelenke und Knochen des kleinen Schülers zu stark und falsch belastet. Achten Sie daher darauf, dass nur die Dinge im Tornister landen, die für den jeweiligen Schultag auch wirklich benötigt werden. Die Schulen verteilen vor Schulbeginn Listen mit den Utensilien, die Ihr Kind benötigt. Zur Erinnerung hier ein paar typische Teile der Grundausstattung eines Schulanfängers – auch wenn sie wahrlich nicht jeden Tag herumgeschleppt werden sollten:
  • Schulhefte und Hausaufgabenhefte
  • Schulbücher und Umschläge
  • Stundenplan
  • Federmäppchen mit Bleistiften, Buntstiften, Radiergummi, Lineal, Anspitzer, Füller und Ersatzpatronen
  • Farbkasten mit Pinsel, Wasserbecher
  • Zeichenblock und Schere
  • Hausschuhe
  • Brotdose mit Schulbrot, Obst, Gemüse oder einer Handvoll Nüsse 

Mit Gelassenheit geht’s

Wenn der Schulanfang bevorsteht, beginnt eine turbulente Zeit für Ihre ganze Familie. Versuchen Sie trotzdem, Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen und das Kind nicht mit Ihrer eigenen Aufregung anzustecken. Ein bisschen Feierlichkeit und das Lieblingsessen am Tag vor dem Schulbeginn schadet dabei natürlich nicht. Planen Sie ruhig auch schon den Nachmittag nach Schulende. Eine nette gemeinsame Unternehmung kann für Ihr Kind zum positiven Nahziel werden, wenn es sich in der Schule mal unsicher fühlt. Um Hektik am Schulmorgen zu vermeiden, sollten Sie schon am Vorabend – gemeinsam mit Ihrem Kind – den Schulranzen gepackt, die Kleidung ausgesucht und den ungefähren Ablauf besprochen haben. Der erste Schultag wird mehr Freude machen, wenn sich die ganze Familie entspannt und ohne Zeitdruck auf den Weg machen kann.   Wir wünschen Ihrem Kind und Ihnen einen guten Start in die Schulzeit und viele schöne Erlebnisse.  

Eltern, Kitas, Schulen – gemeinsam zum Wohl der Kinder

Interview

Wenn Eltern mit Kitas oder Schulen zusammenarbeiten, nennen Fachleute das „Erziehungspartnerschaft“. Der Pädagoge und Fachautor Dr. Martin Textor erklärt im Gespräch mit vaeter.nrw, weshalb die Zusammenarbeit wichtig ist, wie und warum Väter sich einbringen sollten und wie die Kinder davon profitieren.
vaeter.nrw: Wenn es um die Beziehung zwischen Eltern und Fachkräften in Kindertageseinrichtungen oder Schulen geht, ist heute vielfach von „Erziehungspartnerschaft“ die Rede. Was ist damit gemeint?Dr. Martin Textor: Unter einer „Erziehungspartnerschaft“ verstehen Fachleute einen Austausch zwischen Müttern und Vätern mit Erzieherinnen und Erziehern beziehungsweise Lehrkräften in Schulen, der gepflegt wird, auf Augenhöhe stattfindet und idealerweise von gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. Das ist keinesfalls selbstverständlich. Lange Zeit galt eine enge Zusammenarbeit zwischen den Menschen, die das häusliche Umfeld eines Kindes prägen, und den Fachleuten in Bildungseinrichtungen als weitgehend entbehrlich. Lediglich, wenn es Probleme gab, wurden die Eltern „einbestellt“. Bei Elternabenden sahen die Erziehungs- und Lehrkräfte ihre Rolle vor allem darin, die anwesenden Mütter und Väter zu belehren. Diese Haltung hat sich sehr gewandelt. Inzwischen werden Eltern als Expertinnen und Experten für ihre Kinder wahrgenommen. In vielen Kindertageseinrichtungen und Grundschulen sind die Mütter und Väter ein- bis zweimal im Jahr zu Gesprächen über ihr Kind eingeladen, in denen es um seine Entwicklung, seine Stärken und Potenziale ebenso geht wie um eventuelle Probleme und Herausforderungen. In vielen Konzeptionen von Kitas und Grundschulen ist es inzwischen auch ausdrücklich vorgesehen, dass Eltern hospitieren und für einige Stunden am Kita- und Schulalltag teilnehmen können. So können sich Väter und Mütter besser vorstellen, wie die Tage ihrer Kinder in der Bildungseinrichtung ablaufen.
vaeter.nrw: Welche Anforderungen stellt eine solche Zusammenarbeit mit Kita bzw. Schule an die Eltern und speziell an die Väter?Dr. Martin Textor: Die Anforderungen sind überschaubar. Es ist mehr eine Haltung, die von Eltern gefragt ist. Ebenso wie die Fachkräfte in Kitas und Schulen Eltern als ebenbürtige Gesprächspartnerinnen und -partner ernst nehmen sollten, sollten Mütter und Väter gewillt sein, die Kompetenz der Fachkräfte sowie deren Bestreben, zum Wohle ihres Kindes zu handeln, anzuerkennen. Idealerwiese bringen sich beide Elternteile gleichermaßen in die Erziehungspartnerschaft ein. Väter und Mütter haben einen unterschiedlichen Blick auf ihr Kind. Im Gespräch mit den Erziehungs- und Bildungsfachkräften benennen sie verschiedene Ursachen für kindliches Verhalten und bringen andere Antworten und Lösungsmöglichkeiten für Fragestellungen ein. Wie hilfreich das Engagement von Vätern für die Kinder sein kann, zeigen Praxiserfahrungen. So fällt vielen unter dreijährigen Kindern die Eingewöhnung in eine Krippe oder Kita leichter, wenn nicht ihre Mutter, sondern ihr Vater sie in diesem Prozess begleitet. Das Ergebnis wird darauf zurückgeführt, dass es Müttern schwerer fällt, sich von ihren Kindern zu „trennen“. Sie sind sich oft – auch aufgrund gesellschaftlicher Erwartungshaltungen an Mütter junger Kinder – unsicher, ob der Krippenbesuch für ihr Kind das Richtige ist. Väter, die diese Befürchtungen zumeist nicht hegen, können ihren Kindern daher in dieser Übergangssituation mehr Sicherheit vermitteln.
vaeter.nrw: Wo liegen aus Ihrer Sicht die Hürden für Väter, sich zu beteiligen und den Dialog mit den Bildungseinrichtungen, die ihre Kinder besuchen, mitzugestalten?Dr. Martin Textor: Es ist vor allem die weit verbreitete Sicht auf Kitas und Grundschulen als gleichsam weibliches Territorium, die es den Vätern erschwert, sich dort einzubringen. Sie übersehen dabei, dass sich viel verändert hat und ihr Beitrag in der Mehrzahl der Einrichtungen willkommen und gefragt ist. Besonders Kitas sprechen Väter inzwischen häufig gezielt an und machen teilweise spezielle Angebote für Väter und Kinder. Dadurch, dass Männer bei solchen Aktionen sowie beim Bringen bzw. Abholen oder bei Elternabenden andere Väter treffen, verstärkt sich der Effekt und immer mehr Männer machen mit. Besondere Hürden gibt es für Menschen, die aus anderen Kulturen stammen bzw. die deutsche Sprache nicht gut beherrschen. Es gibt einzelne Schulen, die gute Erfahrungen damit gemacht haben, dass ein Lehrer bzw. eine Lehrerin die Familien vor der Einschulung der Kinder besuchte und die Schule sowie die Beteiligungsmöglichkeiten, die sich dort für Eltern bieten, vorstellte. In Kitas gibt es, um Sprachbarrieren abzubauen, bei Elternabenden zum Teil sogenannte Murmelgruppen. Jemand, der beide Sprachen beherrscht – idealerweise ein Elternteil aus der Gruppe – übersetzt dann während des Elternabends leise, was gesagt wird.
vaeter.nrw: Für Väter, die nach einer Trennung von der Partnerin auch von ihren Kindern getrennt leben, ist eine Erziehungspartnerschaft besonders herausfordernd. Was kann helfen, eine solche Erziehungspartnerschaft dennoch zu realisieren?Dr. Martin Textor: Das ist ein Feld, in dem es noch viel Handlungsbedarf gibt. Haben getrennt lebende Eltern beide das Sorgerecht für ihre Kinder, was ja heute eher die Regel ist, hat auch ein Vater, der nicht mit seinen Kindern im gleichen Haushalt lebt, das Recht, in die Erziehungspartnerschaft eingebunden zu sein. Oft liegen den Einrichtungen aber noch nicht einmal seine Kontaktdaten vor. Dabei wäre es auch im Sinne der Kinder schön, wenn die Väter zum Beispiel zu Vater-Kind-Aktionen eingeladen werden könnten. Ich sehe hier das Problem, dass die Einrichtungen unter Umständen in die Beziehungskonflikte getrennt lebender Eltern einbezogen werden und damit überfordert sind. Für den Umgang mit solchen Themen sind sie nicht ausgebildet und daher wird kaum jemand aktiv, um – eventuell gegen den Willen der Mutter – einen getrennt von den Kindern lebenden Vater einzubeziehen.
vaeter.nrw: Wir haben bislang über eine Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Fachkräften in Kitas und Schulen gesprochen. Werden auch die Kinder an diesem Prozess beteiligt?Dr. Martin Textor: Ja, viele Einrichtungen machen damit gute Erfahrungen und es funktioniert auch schon bei sehr jungen Kindern. In manchen Kitas gibt es sogenannte Portfolios, in denen Bilder der Kinder, Beobachtungen der Fachkräfte und Fotos gesammelt werden, die die Entwicklungs- und Bildungsfortschritte der Kinder dokumentieren. Im ersten Teil eines Elterngesprächs präsentieren die Kinder ihren Eltern dort vielfach ihr Portfolio. Sie sehen dann selbst noch einmal, was sie geleistet und wie sie sich entwickelt haben und freuen sich über den Stolz der Eltern. In den Schulen ist es weniger üblich, Kinder einzubinden. Ausnahmen sind private Grundschulen, die ebenfalls mit Portfolios arbeiten. In anderen Schulen werden Verträge zwischen Lehrkraft, Eltern und Kindern geschlossen, die jeweils Zuständigkeiten festlegen. Die Kinder unterschreiben dort zum Beispiel, dass sie Hausaufgaben machen, die Eltern, dass sie für Fragen und zur Unterstützung zur Verfügung stehen.
vaeter.nrw: Wie wirkt sich die Art der Ausgestaltung einer Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Lehrkräften bzw. Erzieherinnen und Erziehern auf die Kinder aus?Dr. Martin Textor: Auch junge Kinder nehmen sehr genau wahr, wie die Stimmung zum Beispiel in Gesprächen zwischen Fachkraft und Elternteile beim Bringen in die Kita oder beim Abholen ist. Erlebt das Kind, dass seine Eltern die pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen wertschätzen, gelingt es ihm viel leichter, diesen Personen ebenfalls zu vertrauen. Für das Selbstbewusstsein des Kindes ist es wichtig, dass die Fachkraft umgekehrt auch seine Mutter und seinen Vater ernst nimmt. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Erwachsenen sollten daher nicht im Beisein der Kinder diskutiert werden. Das Interesse der Eltern an der Institution Kita bzw. Schule und dem Alltag dort motiviert Kinder zum Lernen. Mütter und Väter können ihre Interessenbekundungen jedoch auch zu weit treiben. Was sie oft nicht wissen: Es ist ganz normal, dass Kinder – auch bereits im Kindergartenalter – wenig von ihrem Alltag in den Einrichtungen erzählen. Das signalisiert, dass sie diesen Bereich gerne für sich haben und im Moment nicht teilen wollen. Dann weiter zu fragen, ist nicht sinnvoll. Väter tendieren vielfach dazu, sich regelmäßig vor allem nach den Schulnoten und Leistungen im Unterricht zu erkundigen. Auch das wird von den Kindern in der Regel nicht als unterstützend erfahren. Wichtiger als detailliert über das Geschehen in Kita und Schule unterrichtet zu sein, ist, regelmäßig Zeit für Gespräche zu haben. Das kann auch beim gemeinsamen Essen, Kücheaufräumen oder Einkaufen sein – es funktioniert aber nur, wenn Väter und Mütter in diesen Situationen auch wirklich „da“ sind und auf „Empfang“ geschaltet haben. So erhalten Kinder das Gefühl, mit ihren Themen auf Interesse zu stoßen.
Zur Person:

Dr. Martin Textor

Dr. Martin Textor ist Pädagoge und Fachautor Text aktualisiert am 22. Juni 2016