Vater ist, das was du draus machst!
vaeter.nrw

Trennung

17. Internationale Bindungskonferenz

Fachtagung

Beginn: 5. Oktober 2018
Uhr: 02:00
Ende: 7. Oktober 2018
Uhr: 02:00
Wo: Basteistraße 40 , , 89073 Ulm

Die Qualität der elterlichen Bindung hat einen großen Einfluss auf die Bindungsentwicklung der Kinder. Wenn es zu einer Scheidung der Eltern kommt, sind sowohl die Bindungsbeziehungen der Eltern, als auch die der Kinder oftmals sehr irritiert.

Damit befasst sich die 17. Internationale Bindungskonferenz BINDUNG und SCHEIDUNG, die von 5. bis 7. Oktober 2018 in Ulm stattfindet.

Die Konferenz wird sich mit heilenden wie zerstörerischen Aspekten im Kontext von Bindung, Trennung, Scheidung und Neubeginn auseinandersetzen. Hierzu werden international renommierte ForscherInnen und KlinikerInnen aus ihren Studien und Erfahrungen berichten und auch Wege zur Prävention aufzeigen.
Die Konferenz wird sich mit heilenden wie zerstörerischen Aspekten im Kontext von Bindung, Trennung, Scheidung und Neubeginn auseinandersetzen. Hierzu werden international renommierte ForscherInnen und KlinikerInnen aus ihren Studien und Erfahrungen berichten und auch Wege zur Prävention aufzeigen.
Die Konferenz wird sich mit heilenden wie zerstörerischen Aspekten im Kontext von Bindung, Trennung, Scheidung und Neubeginn auseinandersetzen. Hierzu werden international renommierte ForscherInnen und KlinikerInnen aus ihren Studien und Erfahrungen berichten und auch Wege zur Prävention aufzeigen.

Die Konferenz wird sich mit heilenden wie zerstörerischen Aspekten im Kontext von Bindung, Trennung, Scheidung und Neubeginn auseinandersetzen. Hierzu werden international renommierte ForscherInnen und KlinikerInnen aus ihren Studien und Erfahrungen berichten und auch Wege zur Prävention aufzeigen.

Die Online-Registrierung ist ab sofort hier möglich.

Veranstalter:
Prof. Dr. med. Karl Heinz Brisch
Konferenzleiter

Lehrstuhl und Vorstand des Forschungsinstitut für Early Life Care
Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg

und

Leiter der Abteilung Pädiatrische Psychosomatik
und Psychotherapie
LMU - Klinikum der Universität München
Dr. von Haunersches Kinderspital
Kinderklinik und Poliklinik
Pettenkoferstrasse 8a,
80336 München

E-Mail: Karl-Heinz.Brisch_at_med.uni-muenchen.de
URL: www.khbrisch.de

Beschluss: Gesetzliche Regelung des Wechselmodells und seine Folgen

Frühjahrskonferenz 2017 der Justizministerinnen und Justizminister

Auf der Frühjahrskonferenz am 21. und 22. Juni 2017 in Deidesheim, Rheinland-Pfalz, sprachen sich die Justizministerinnen und Justizminister für eine Prüfung der gesetzlichen Regelung des „Wechselmodells“ und seiner Folgen aus. Bei diesem Modell hat das Kind nach der Trennung der Eltern seinen ständigen Aufenthalt nicht bei einem Elternteil, sondern beide Eltern übernehmen die Betreuung des Kindes bzw. der Kinder im Wechsel.

„Auch wenn mittlerweile eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorliegt, hat der Gesetzgeber für das Wechselmodell bisher keine eigenen, klaren Regelungen getroffen. Das wollen wir ändern. Sowohl die betroffenen Eltern als auch die Gerichte brauchen hier einheitliche, klare Vorgaben für eine Entscheidung, die für das Wohl des Kindes von zentraler Bedeutung ist. Wir müssen die Gesetze an die gesellschaftliche Realität anpassen“, so Sebastian Gemkow, Staatsminister der Justiz, Sachsen.

Die Justizministerinnen und Justizminister sind der Auffassung, dass mit dem Wechselmodell als Alternative zum bisherigen gesetzlichen Leitbild des Residenzmodells so wesentliche Wertentscheidungen verbunden sind, dass sich die Rechtspolitik der Diskussion, ausgerichtet am Wohl des Kindes, stellen sollte. In ihrem Beschluss sprachen sie sich dafür aus zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche gesetzlichen Regelungen zum Wechselmodell geboten sind. Zusätzlich sollten sowohl die prozessualen und materiell-rechtlichen Auswirkungen des Wechselmodells auf den Kindes- und Betreuungsunterhalt als auch die sozialrechtlichen Regelungen in die Prüfung einbezogen werden.

Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister dient der Koordination und Abstimmung der justiz- und rechtspolitischen Vorhaben der Länder. Die in der Justizministerkonferenz gefassten Beschlüsse haben zwar keinen Rechtssetzungscharakter, von ihnen können aber maßgebliche Impulse für die rechtspolitische Entwicklung in Deutschland und Europa ausgehen.
 
 

Wechselmodell auch gegen den Willen des anderen Elternteils möglich

Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 01.02.2017

Auf Antrag eines Elternteils kann das Familiengericht auch gegen den Willen des anderen Elternteils nach einer Trennung das „paritätische Wechselmodell“, also die etwa hälftige Betreuung des Kindes durch beide Eltern, als Umgangsregelung anordnen. Das Gericht muss im jeweiligen Einzelfall prüfen, ob die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich zu anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Beschluss vom 01.02.2017 entschieden (Az.: XII ZB 601/15).

Nach § 1684 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hat das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln (§ 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB).

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, unter welchen Voraussetzungen das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils ein Wechselmodell anordnen darf.

Rechtsbeschwerde – Vater strebt Wechselmodell an

In dem entschiedenen Verfahren hat der Vater die Anordnung einer Umgangsregelung in Form eines paritätischen Wechselmodells angestrebt. Die geschiedenen Eltern eines im April 2003 geborenen Sohnes sind gemeinsam sorgeberechtigt. Der Sohn hielt sich überwiegend bei der Mutter auf, der Sohn hat den Vater alle 14 Tage am Wochenende besucht. Ziel des Vaters war es nun, dass sein Sohn jede zweite Woche von Montag nach Schulschluss bis zum folgenden Montag zum Schulbeginn bei ihm lebt. Das Amtsgericht hat den Antrag des Vaters zurückgewiesen. Seine Beschwerde ist auch vor dem Oberlandesgericht (OLG) ohne Erfolg geblieben. Der Vater legte hiergegen eine weitere Rechtsbeschwerde ein, über die nun vom BGH entschieden wurde.

Kindeswohl als Maßstab

„Eine zum paritätischen Wechselmodell führende Umgangsregelung steht ebenso wie eine gleichlautende Elternvereinbarung mit dem gemeinsamen Sorgerecht im Einklang …, zumal beide Eltern gleichberechtigte Inhaber der elterlichen Sorge sind und die im Wechselmodell praktizierte Betreuung sich als eine dementsprechende Sorgerechtsausübung zweifellos im vorgegebenen Kompetenzrahmen hält“, heißt es im Beschluss des BGH. Entscheidender Maßstab der Anordnung eines Umgangsrechts ist neben den beiderseitigen Elternrechten allerdings das Kindeswohl, das vom Gericht nach Lage des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen ist.

Als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls nennt der Beschluss in Sorgerechtsfragen sowie auch für Regelungen zum Umgangsrecht und damit für die Anordnung des paritätischen Wechselmodells folgende Kriterien: Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens. Dass zwischen den Eltern über die Betreuung des Kindes im Wechselmodell Einigkeit besteht, ist hingegen keine Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung. „Würde der entgegengesetzte Wille eines Elternteils gleichsam als Vetorecht stets ausschlaggebend sein, so würde der Elternwille ohne Rücksicht auf die zugrundeliegende jeweilige Motivation des Elternteils in sachwidriger Weise über das Kindeswohl gestellt“, so der Beschluss.

Das Wechselmodell ist anzuordnen, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht. Das Familiengericht ist im Umgangsrechtsverfahren zu einer umfassenden Aufklärung verpflichtet.

Wechselmodell stellt höhere Anforderungen an Eltern und Kind

Das Wechselmodell stellt gegenüber herkömmlichen Umgangsmodellen höhere Anforderungen an die Eltern und das Kind, das bei doppelter Residenz zwischen zwei Haushalten pendelt und sich auf zwei hauptsächliche Lebensumgebungen ein- bzw. umzustellen hat. Das paritätische Wechselmodell setzt zudem eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus. Dem Kindeswohl entspricht es daher regelmäßig nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, diese Voraussetzungen erst herbeizuführen. Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so ist ein paritätisches Wechselmodell in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes.

Stärkeres Umgangsrecht für leibliche Väter

BGH-Beschluss vom 5. Oktober

Der Bundesgerichtshof stärkt das Recht von biologischen Vätern und ihren Kindern, sich kennenzulernen und miteinander Kontakt zu halten. Ausschlaggebend für diese Frage ist vor allem das Kindeswohl. Dieses sei höher zu bewerten, als der Wunsch der rechtlichen Eltern, die sich in dem verhandelten Fall beharrlich weigerten, einem leiblichen Vater Umgang mit seinen Kindern zu ermöglichen.

Im Jahr 2013 reformierte der deutsche Gesetzgeber das Umgangsrecht biologischer Väter und ihrer Kinder. Gegen den Willen der Mutter und des rechtlichen Vaters konnte ein leiblicher Vater zuvor nur in einem Fall den Kontakt zum Kind erzwingen: Wenn zwischen beiden bereits eine enge persönliche Beziehung bestand. Seit der Neufassung im Jahr 2013 sollen für den möglichen Umgang das Kindeswohl und das ernsthafte Interesse des leiblichen Vaters entscheidend sein.

Kindeswohl steht über Elternwille

Die Verschiebung zugunsten des Kindeswohls – und entgegen möglicher Widerstände der rechtlichen Eltern – kam in einem am 3. November veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen: XII ZB 280/15) erstmalig zum Tragen. Der BGH in Karlsruhe hatte darüber zu entscheiden, ob ein Vater, der vor elf Jahren mit einer verheirateten Frau Zwillinge zeugte, mit diesen Kontakt haben darf. Sowohl die Mutter als auch der Ehemann und gesetzliche Vater verweigerten dem leiblichen Vater seit der Geburt der Kinder beharrlich jeglichen Umgang. Doch auch der leibliche Vater ließ sich nicht beirren und zog bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser entschied im Jahr 2012, dass die deutsche Gesetzgebung das Umgangsrecht neu zu regeln habe.

Der BGH hat die daraufhin überarbeitete Vorschrift nun zum ersten Mal ausgelegt und präzisiert, wie sie anzuwenden ist: Sollten die rechtlichen Eltern – wie hier geschehen – vorbringen, dass der Umgang mit dem leiblichen Vater die Kinder psychisch überfordere, müssen die Familiengerichte diese Behauptung intensiv überprüfen. Notfalls müssten die Kinder auch selbst befragt werden, soweit sie alt genug sind. Außerdem betont der BGH das Recht der Kinder, zu erfahren, von wem sie abstammen – auch wenn die rechtlichen Eltern dagegen sind.

Sorgerecht

Ein Überblick

Sorgerecht bedeutet das Recht und die Pflicht der Eltern, für das persönliche Wohl ihres Kindes und sein Vermögen zu sorgen und es gesetzlich zu vertreten. Strittig wird das Sorgerecht häufig im Zusammenhang mit einer Trennung und Scheidung der Eltern. Eine Gesetzesreform aus dem Jahre 2013 verbessert die Position von Vätern nicht ehelicher Kinder in Sorgerechtsfällen. Vaeter.nrw stellt Wissenswertes zum Thema Sorgerecht zusammen.

Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (§ 1626 Abs. 1 S.1 BGB). Die elterliche Sorge umfasst die drei Bereiche Personensorge, Vermögenssorge und die rechtliche Vertretung des Kindes:

  • Zur Personensorge gehören vor allem Pflege, Erziehung, Schulbesuch, Bestimmung des Wohnorts, Ausbildung und Berufswahl, religiöse Erziehung, Bestimmung des Umgangs mit Verwandten und Freunden sowie die Festlegung des Vor- und Nachnamens.
  • Bei der Vermögenssorge geht es darum, das Vermögen des Kindes zu verwalten, z.B.  Geldbeträge, die das Kind als Geschenk erhalten hat, anzulegen.
  • Die rechtliche Vertretung des Kindes meint zum Beispiel, für das Kind Verträge abzuschließen oder bei einer Behörde Anträge für das Kind zu stellen. Eltern müssen jedoch immer kenntlich machen, wenn sie in Vertretung ihrer Kinder handeln, wenn diese also die eigentlichen Vertragspartner bzw. Antragsteller sind.

Gemeinsames Sorgerecht: der „Normalfall“

Das Sorgerecht für Kinder steht miteinander verheirateten Eltern gemeinsam zu. Sind der Vater und die Mutter nicht miteinander verheiratet, ist dafür eine so genannte Sorgeerklärung beim Jugendamt oder Notar nötig. Der Vater kann diese Erklärung erst dann abgeben, wenn seine Vaterschaft auch rechtlich feststeht - etwa weil er sie wirksam anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist. Ob die juristischen Eltern des Kindes zusammen leben oder nicht, spielt für die Ausübung der gemeinsamen Sorge keine Rolle. Die elterliche Sorge kann auch dann gemeinsam übernommen werden, wenn die Eltern zum Beispiel mit neuen Partnern verheiratet sind.

Ausschluss von der Sorge: Ledige Väter können dagegen vorgehen

Bei unverheirateten Eltern hat automatisch die Mutter das Sorgerecht für das gemeinsame Kind. Eine Gesetzesänderung aus dem Jahre 2013 brachte die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Verbesserung der Stellung von Vätern nicht ehelicher Kinder.

Der Vater erlangte das Sorgerecht in der Vergangenheit nur, wenn die Mutter einer gemeinsamen Sorgeerklärung zustimmte. Lehnte die Mutter das ab, hatte der Vater keine Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Diese Regelung erklärte das Bundesverfassungsgericht am 21. Juli 2010 (1 BvR 420/09) für verfassungswidrig. Seit der Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern aus dem Jahre 2013 besteht nun die Möglichkeit, auf Antrag des Vaters eine Entscheidung des Familiengerichts auf Erteilung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu erwirken. Das Familiengericht überträgt den Eltern die elterliche Sorge gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (§ 1626 a BGB). Dabei geht das Gericht davon aus, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht, wenn keine Gründe gegen eine gemeinsame Sorge vorgebracht werden und auch sonst keine ersichtlich sind.

Gemeinsame Sorge auch nach Trennung oder Scheidung

Das Gesetz geht davon aus, dass es dem Wohl des Kindes am meisten dient, wenn beide Eltern sorgeberechtigt sind. Deshalb besteht das gemeinsame Sorgerecht nach der Trennung auch grundsätzlich fort. Zum Beispiel hat der getrennt lebende, sorgeberechtigte Vater ein Auskunftsrecht gegenüber Behörden, Institutionen oder auch Ärzten. Väter, die im Kindergarten oder in der Schule wissen wollen, wie sich ihr Kind entwickelt, brauchen im Trennungsfall keine besondere Einverständniserklärung der Mutter.

Aberkennung des Sorgerechts

Sind die Eltern nicht in der Lage, zum Wohl des Kindes gemeinsam die elterliche Sorge auszuüben, ist unter Umständen die Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil angezeigt. Das kann der Fall sein, wenn die Beziehung zwischen den Eltern zerrüttet und eine Verständigung nicht möglich ist oder wenn in ganz grundlegenden Erziehungsfragen die Meinungen so unterschiedlich sind, dass das Wohl des Kindes hierdurch bedroht ist. Auch die Ausübung von Gewalt oder die Vernachlässigung des Kindes kann zu einer Aberkennung der Sorge führen. Ein einfaches "Ich kann mit dem Vater nicht mehr reden" oder "Die Kommunikation zwischen uns ist so schwierig" reicht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aus, um der Mutter das Sorgerecht allein zu übertragen. Es müssen schwerwiegende Gründe vorliegen, die das Wohl des Kindes beeinträchtigen, um der Mutter oder dem Vater das Sorgerecht alleine zuzusprechen.

Wann werden Familiengerichte tätig?

Das Familiengericht am Wohnsitz des Kindes entscheidet über das Sorgerecht, wenn ein Elternteil einen Antrag stellt, zum Beispiel auf "alleinige elterliche Sorge". Dieser Antrag muss begründet werden. Zunächst wird das Jugendamt oder ein Mediator bzw. eine Mediatorin eingeschaltet, um durch Beratung eine einverständliche Lösung zu erarbeiten. Gelingt das nicht, entscheidet das Familiengericht, das auch das betroffene Kind bzw. die Kinder anhört. Stellt das Gericht fest, dass es nicht beim gemeinsamen Sorgerecht bleiben kann, dann prüft es, ob es ausreicht, einen Teil der elterlichen Sorge auf einen Elternteil zu übertragen. Denn es kann unter Umständen genügen, nur einen Teil des Sorgerechts aus den Bereichen Vermögens- und Personensorge wie zum Beispiel das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Elternteil zu übertragen und es im Übrigen beim gemeinsamen Sorgerecht zu belassen. Ist allerdings das zerrüttete Verhältnis zwischen den Eltern die Ursache für die Sorgerechtsentscheidung, kann eine Teilübertragung das Problem in der Regel nicht lösen. Hat das Jugendamt Anhaltspunkte dafür, dass die Eltern beide nicht ausreichend in der Lage sind, ihr Kind zu fördern und zu erziehen, prüft das Gericht auch ohne Antrag eines Elternteils, ob beiden Eltern die elterliche Sorge entzogen und ein Vormund bestellt werden muss.

Was vor Gericht zählt

Für seine Sorgerechtsentscheidung versucht das Familiengericht herauszufinden, was dem Kindeswohl am ehesten dient. Folgende Überlegungen spielen dabei eine Rolle:

  • Nach dem sogenannten Förderungsprinzip soll derjenige Elternteil das Sorgerecht erhalten, von dem das Kind für den Aufbau seiner Persönlichkeit die meiste Unterstützung erwarten kann, der also für das Kind voraussichtlich die verlässlichere und stabilere Bezugsperson sein wird.
  • Ist ein Elternteil nicht bereit oder fähig, den Kontakt des Kindes zu dem anderen Elternteil zu unterstützen (Bindungstoleranz), spricht das gegen seine Förderungsfähigkeit bzw. seinen Förderungswillen.
  • Durch die Sorgerechtsübertragung soll das Kind nicht aus seinen gewohnten Beziehungen gerissen werden (Kontinuitätsgrundsatz). Haben sich die Lebensverhältnisse des Kindes gefestigt, muss ein triftiger Grund vorliegen, um sie z.B. durch einen Aufenthaltswechsel zu ändern.
  • Die Beziehungen des Kindes zu seinen Eltern, zu seinen Geschwistern und zu anderen Bezugspersonen müssen berücksichtigt werden.
  • Der Kindeswille ist zu berücksichtigen. Dabei muss aber auch geprüft werden, warum das Kind sich so und nicht anders entschieden hat - insbesondere auch, ob es durch seine Umgebung beeinflusst worden ist.

Alle diese Kriterien sind zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Eine Sorgerechtsentscheidung ist keine mathematische Gleichung, bei der jedes Gericht bei gleichem Sachverhalt zum gleichen Ergebnis kommen muss. Das sieht das Gesetz auch so vor, denn das Gericht braucht diesen Spielraum, damit es jedem Einzelfall gerecht werden kann.

Training für getrennte Eltern

Der Entwicklungshelfer

Wenn die Eltern in Trennungsfamilien um das Kindeswohl streiten, geht es oft um die groben Rahmenbedingungen: Wohnung, Betreuung, Besuchszeiten, Geld, Schule, Essen oder Gesundheit. Aber das Kindeswohl ist auch wesentlich von einem souveränen und gelassenen Umgang mit dem Kind und dem anderen Elternteil abhängig. Seit fast zehn Jahren trainiert das Kursangebot „Kinder im Blick“ Eltern, die ihren Fokus erweitern möchten.

Die Trennung oder Scheidung von Eltern ist für alle Beteiligten eine krisenhafte Erfahrung. Das sich trennende Paar muss mit der Enttäuschung einer gescheiterten Beziehung zurechtkommen und Verletzungen und Zurückweisung verarbeiten. Besonders schwierig ist es aber für minderjährige Kinder. Ohnmächtig erleben sie, wie das zentrale Gefüge der Familie auseinander bricht. Die fehlende Sicherheit führt zu Verlustängsten und der Frage, ob sie selbst etwas falsch gemacht haben könnten. Oft fühlen sie sich vom gehenden Elternteil – oder auch von beiden – im Stich gelassen. Fataler Weise verlieren viele Trennungseltern im Streit miteinander das Gespür dafür, wie ihr Handeln das Leiden der Kinder noch vergrößert. Höchste Zeit, die Kinder wieder in den Blick zu nehmen.

Entwicklungswünsche und der eigene Beitrag

„Wenn beispielsweise der Papa nach einem Telefonat mit der Mama wütend auflegt und vor dem Kind ‘Blöde Kuh!’ sagt, meint er zwar die Mutter, trifft aber ungewollt auch das Kind. Dafür wollen wir das Bewusstsein schärfen“, sagt Tillmann Schrörs. Er ist systemischer Elterncoach und leitet – idealerweise gemeinsam mit einer Frau – bei verschiedenen Düsseldorfer Einrichtungen Elternkurse nach dem Konzept von Kinder im Blick. Das Programm wurde vom Familien-Notruf München und der LMU München entwickelt und stellt das Kindeswohl ins Zentrum. Ein wichtiger Schritt dabei ist, Erziehungsziele zu formulieren. Kursleiter Schrörs setzt auf die Vorstellungskraft: „Unsere Teilnehmer reisen gedanklich dreißig Jahre in die Zukunft und begegnen dort ihrem Sohn, ihrer Tochter. Zu was für Menschen sollen sie sich entwickelt haben? Und wo wir schon in die Zukunft schauen: Was wünschen sich die Eltern, wie das erwachsene Kind über die Trennungszeit denkt?“ Auf diese Weise entsteht meist das Bild eines selbständigen und dem Leben gegenüber positiv eingestellten Menschen. Ein schönes Ziel. Die Aufgabe im Kurs ist, herauszufinden, was heute getan werden muss, um dieses Ziel zu erreichen – im Umgang der Eltern untereinander, aber auch mit dem Kind.

„Die Eltern sollen ein Gespür bekommen, wie sich bestimmte Situationen für ein Trennungskind anfühlen und sich auf seine Entwicklung auswirken können“, sagt Tillmann Schrörs. „Dafür schlüpfen die Kursteilnehmer mal in die Kinderrolle und erleben sich selbst aus deren Perspektive. Kinder begreifen sich auch als Mischung aus Mama und Papa. Und daher verletzt jedes böse Wort gegen einen Elternteil gleichermaßen sie selbst.“

Die Hand an der Pausentaste

Aber nach einer Trennung kommt es immer wieder zu konfliktreichen und emotionalen Momenten. Dabei das eigene Handeln zu reflektieren und ruhig zu bleiben, ist schwer. In dem Kurs lernen die Eltern, sich aufschaukelnde Diskussionen mit einer gedanklichen Pausetaste zu unterbrechen. Für Tillman Schrörs geht es dabei aber nicht darum, Konflikten aus dem Weg zu gehen, sondern dass die Eltern aus eingeschliffenen Rollenmustern ausbrechen. Dass nicht auf jede Aktion automatisch eine noch schärfere Reaktion folgt: „Pause heißt: Den Streit – und sei es unter einem Vorwand – zu unterbrechen, die Kontrolle über die eigenen Gedanken zurückzugewinnen, Luft zu holen, etwas anderes tun. Mit Abstand kann man vielleicht die Sichtweise des Gegenübers besser nachvollziehen.“ Damit die Eltern mehr über die jeweils andere Perspektive lernen, sind die Kurse immer gemischt – wobei ehemalige Paare unterschiedliche Kurse besuchen. Väter erfahren so, wie fremde Mütter mit stressauslösenden Situationen umgehen – und umgekehrt. Ziel ist, gelassener zu reagieren, wenn der andere Elternteil das Kind verspätet zur Übergabe bringt oder man in eine Planung nicht ausreichend einbezogen wurde: Solche Dinge geschehen – nicht unbedingt als Schikane oder in böser Absicht.

Ablehnung mit Liebe begegnen

Ein Kinder-im-Blick-Kurs soll Kinder aber nicht nur indirekt stärken und schützen, indem die Kommunikation und Gelassenheit zwischen den getrennten Eltern geübt wird. Das gilt natürlich ebenso gegenüber dem Kind. Beispielsweise ist es für Väter – die ja meist nicht mit dem Kind zusammen wohnen – schwer, eine Zurückweisung durch ihre Kinder zu ertragen. Unabhängig von den Gründen oder vom eigentlichen Hergang der Trennung: Aus Sicht der Kinder ist der Vater zunächst der „Verlasser“, der die gemeinsamen Familie zerstört hat. Tillmann Schrörs: „Viele Kinder erleben zu Hause eine traurige Mutter und es ist völlig normal, loyal zu demjenigen zu stehen, mit dem man täglich zusammen ist. Im Streitfall heißt das zugleich, sich gegen den Vater zu stellen.“ Um mit diesem Loyalitätskonflikt umzugehen, hilft es den Vätern, die Umstände richtig einzuschätzen. Sie müssen Geduld haben und sich von der Ablehnung durch das Kind nicht verunsichern lassen. „Vielmehr sollten sie dem Kind signalisieren: Ich verstehe, dass du wütend bist, aber ich liebe dich mit deiner Wut und ich werde für dich da sein.“ Auch hier ist also Gelassenheit angesagt. So schwierig die Situation sein mag, eine entspannte Haltung hilft auf Dauer allen Familienmitgliedern und ihrer Beziehung zueinander.

Tillmann Schrörs ist systemischer Elterncoach und Mediator in der eigenen „Perspektivenwerkstatt“. Als Elternkursleiter unterstützt er den Deutschen Kinderschutzbund und den Verband allein erziehender Mütter und Väter, VAMV e. V. Er hat drei erwachsende Kinder.

Umgangsrecht

Ein Überblick

Kinder haben ein Recht auf den Umgang mit Mutter und Vater. Eltern, die sich trennen oder scheiden lassen, stehen in der Verantwortung, das Umgangsrecht für das Kind oder die Kinder zu regeln. Wissenswertes zum Thema Umgangsrecht.

Das Gesetz sagt: "Das Kind hat das Recht zum Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt" (§ 1684 Abs. 1 BGB). Dabei macht das Gesetz keinen Unterschied zwischen getrennt lebend Verheirateten, Geschiedenen und Eltern, die nie miteinander verheiratet waren. Weiterhin haben auch Geschwister, Großeltern, Stiefelternteile oder Pflegeeltern, mit denen das Kind zusammengewohnt hat, ein Recht auf Umgang, wenn der Kontakt dem Wohl des Kindes dient.

Seit der Gesetzesreform zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters aus dem Jahre 2013 hat nun auch der leibliche, nicht rechtliche Vater, der bislang keine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind aufbauen konnte, ein Recht auf Umgang mit seinem Kind, wenn der Kontakt dem Wohl des Kindes dient (§ 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah in der vorherigen Rechtslage einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Vertrauensaufbau durch detaillierte Umgangsregelungen

 Wie der Umgang gestaltet wird, ist Sache der Eltern. Sie können dazu die Hilfe des Jugendamts oder anderer Institutionen in Anspruch nehmen. Gerade, wenn die Eltern nur schwer miteinander reden können und nur wenig Vertrauen zueinander haben, empfiehlt es sich, die Umgangsvereinbarung detailliert auszuarbeiten, zum Beispiel: An welchem Wochentag, zu welcher genauen Uhrzeit holt der Vater das Kind ab? Darf er in die Wohnung kommen? Wann genau wird das Kind zurückgebracht? Was muss dem Kind mitgegeben werden? usw. Ist auf dieser Basis eine verlässliche Umgangspraxis erreicht, können die Eltern versuchen, diese starre Form zu flexibilisieren.

Umgang mit Hilfe des Familiengerichts regeln

Können sich die Eltern über die Regelungen zum Umgang nicht einigen, kann jede bzw. jeder Umgangsberechtigte beim Familiengericht einen Antrag auf Regelung des Umgangs stellen. Kinder ab 14 Jahren haben ein eigenes Beschwerderecht (§ 60 FamFG). Folgende Kriterien spielen bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts eine Rolle:

  • Oberste Richtschnur ist das Kindeswohl. Ähnlich wie bei der Entscheidung über das Sorgerecht spielt die Bindung des Kindes, die sich auch im Kindswillen ausdrückt, eine wichtige Rolle: Je stärker das Kind an dem Elternteil hängt, bei dem es nicht lebt, und je enger der bisherige Kontakt des Kindes zu ihm war, desto mehr spricht für einen intensiven Umgang mit diesem Elternteil. Kommt das Gericht aber zu der Überzeugung, dass ein Elternteil nicht willens oder in der Lage ist, das Kind in seiner Entwicklung zu fördern und/oder die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil zu unterstützen, spricht das gegen ein intensives Umgangsrecht.
  • Eine wichtige Rolle spielt das Alter des Kindes: Sehr kleine Kinder brauchen einen häufigen Umgang mit dem Elternteil, bei dem sie nicht leben, da sie ein anderes Zeitempfinden haben als ältere Kinder.
  • Die Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern kann dem Umgang leicht faktische Grenzen setzen. Große Distanzen sprechen eher für seltenere, dafür aber längere Besuche (insbesondere in den Schulferien). Auch die Wohnverhältnisse des Elternteils, bei dem das Kind nicht lebt, können eine Rolle spielen.
  • Ist der umgangsuchende Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, eine neue Beziehung eingegangen, ist zu berücksichtigen, wie gut das Kind sich mit dem neuen Partner oder der neuen Partnerin und - wenn vorhanden - mit dessen bzw. deren Familie versteht.

Wie detailliert die Vorgaben des Gerichts sein müssen, hängt davon ab, ob das Gericht den Eltern im konkreten Fall zutraut, sich innerhalb des von ihm gesetzten Rahmens zu verständigen oder nicht.

Begleiteter Umgang

Hat das Gericht Bedenken, ob das Kind dem Elternteil, bei dem es nicht lebt, allein begegnen kann, ohne sich selbst zu gefährden, kann es einen begleiteten Umgang anordnen. Das kann dann sinnvoll sein, wenn das Kind zum Beispiel unter Ängsten leidet, die der umgangsberechtigte Elternteil (mit-) verursacht hat, oder wenn Tatsachen auf die Gefahr einer Kindesentführung durch diesen Elternteil hindeuten. Der begleitete Umgang ist immer nur eine Notlösung. Überdies ordnen Familiengerichte auch in den Fällen einen begleiteten Umgang an, in denen ein leiblicher Vater Umgang mit seinem Kind wünscht, um eine Bindung zwischen sich und dem Kind aufzubauen. Begleiteter Umgang heißt, dass Vater und Kind ohne die Mutter - aber zunächst unter Aufsicht einer weiteren Person, in der Regel einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin des Jugendamts - miteinander spielen, spazieren gehen etc. Nach durchschnittlich zehn Treffen soll dann der Kontakt eigenständig weiter geführt werden.

Vom Umgang mit den Umgangsregelungen

Oft glaubt der Elternteil, bei dem das Kind lebt, er habe mit der Umsetzung des  Umgangsrechts durch den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin nichts zu tun. Das ist ein Irrtum. Er ist verpflichtet, alles zu unterlassen, was den Umgang stören könnte, und darüber hinaus verpflichtet, die Durchführung des Umgangsrechts aktiv zu fördern. In der Praxis kommt es vor, dass z.B. die Mutter, bei der das Kind wohnt, den Umgang trotz ausgehandelten Vertrags verweigert oder boykottiert. In diesem Fall ist anzuraten, alle Vorgänge zu dokumentieren, Zeugen zu benennen und beim Jugendamt um Vermittlung zu bitten. Dabei sollte man auf Eile drängen, damit nicht auf Grund langer Bearbeitungszeiten eine Entfremdung eintritt. Kommt hier keine Einigung zustande oder wird sie wieder boykottiert, muss (eventuell erneut) beim Familiengericht ein Antrag auf Regelung des Umgangs gestellt werden. Auch das Gericht wird auf eine gütliche Einigung drängen. Wird die Regelung wieder nicht eingehalten, kann sie mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Das können Geldbußen, in Einzelfällen aber auch Beugehaft oder der Entzug des Sorgerechts sein.

Umgangskosten nicht steuerlich abziehbar

Grundsätzlich muss der Umgangsberechtigte, in der Regel der Vater, die Kosten für die Kontakte zum Kind tragen. Gerade, wenn die Wohnorte von Vater und Kind weit auseinander liegen, sind die Fahrten ein ganz erheblicher Kostenfaktor - zusätzlich zum Zeitaufwand. Der Bundesfinanzhof hat die Abziehbarkeit von Fahrtkosten im Zusammenhang mit dem Kindesbesuch als außergewöhnliche Belastung verneint. Die Umgangskosten sind zwar zwangsläufig, sie sind aber deswegen nicht außergewöhnlich im Sinne des § 33 EStG.

Ein gutes Beispiel aus der Praxis

Vorteile für alle hat es, wenn Anwälte, Richter, forensische Sachverständige, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstellen und der Jugendämter sich vernetzen und regelmäßig an einen Tisch setzen. In Cochem wurde eine solche Arbeitsweise lange praktiziert ("Cochemer Modell"). Ergebnis: in ca. 98 Prozent der Fälle gab es ein gemeinsames Sorgerecht, ein  Umgangsboykott war fast ausgeschlossen. Kindschaftsverfahren wurden innerhalb von zwei Wochen anberaumt. Konnten die Eltern sich nicht einigen, wurden sie zur Beratung geschickt und mussten in kurzer Frist einen Zwischenbericht abliefern. Das Verfahren ruhte, bis die Eltern mit professioneller Hilfe eine Regelung für den Umgang gefunden hatten. Starre "alle 14 Tage"-Regelungen blieben die Ausnahme, den Kindern blieben beide Eltern erhalten.

Auch andere Familiengerichte greifen auf dieses Arbeitsmodell zurück. Der Gesetzgeber hat durch die Einführung des Vorrangs- und Beschleunigungsgebots, § 155 FamFG, sowie das Hinwirken auf das Einvernehmen mit der Möglichkeit der Anordnung der Teilnahme an einer Beratung, § 156 Abs. 1 S. 4 FamFG, Elemente des „Cochemer Modells“ übernommen. So soll eine Eskalation des Konflikts vermieden und eine Einigung der Eltern erleichtert werden.

 

 

Alltag des Scheidungsanwalts

Das letzte Gefecht

Im Jahr 2013 wurden bundesweit fast 170.000 Ehen geschieden. Eine Scheidung markiert den Punkt, an dem eine Ehe als endgültig gescheitert gilt. Das hat Auswirkungen auf alle Bereiche des bislang gemeinsamen Lebens. Was früher für beide Partner da war, muss jetzt aufgeteilt werden. Oft ergeben sich daraus Streitigkeiten: vom Vermögen bis zum Besuchsrecht für die Kinder.

Wolfgang Stieghorst, Fachanwalt für Familienrecht aus Halle in Westfalen, berät Frauen wie Männer. Für seine männlichen Mandanten hält er einen dringenden Rat bereit: „Lassen Sie uns die Scheidung so schnell wie möglich machen.“ Denn der Zeitpunkt der Scheidung entscheidet darüber, wie viel Geld ein Mann seiner Ex-Frau zahlen muss – direkt wie indirekt. Die in der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche von Ehepartnern werden gleich nach der Scheidung vollständig geteilt. Egal, ob gesetzliche oder private Rente, stets gilt: Halbe-halbe, und das sofort. Der sogenannte Versorgungsausgleich wird vom Familiengericht durchgeführt. „Ich hatte mal einen Mandanten, der lebte bereits elf Jahre von seiner Frau getrennt, ehe er mich aufsuchte – der ist fast vom Stuhl gefallen, als er von den Rentenansprüchen erfuhr“, sagt Stieghorst. Auch Lebensversicherungen, Sparvermögen und Immobilien tauchen in der Vermögensbilanz beim Zugewinnausgleich auf: Derjenige, der mehr hat, muss vom Mehrbetrag die Hälfte an den Expartner abgeben.

Das Kind als seelische Daumenschraube

Das Aufteilen des materiellen und geldwerten Besitzes ist das eine Thema, das andere sind die gemeinsamen Kinder. Nach der räumlichen Trennung von Vater und Mutter, passiert erst einmal nichts. In der Regel nimmt die Mutter das Kind und der Vater muss sich um den Umgang kümmern. Das Problem ist für den Vater dann häufig: Wann sehe ich mein Kind? „Die Kinder sind oft die letzte Waffe, die Frauen haben – wenn nichts mehr hilft, dann können sie mit dem Entzug von Umgang drohen“, sagt Stieghorst, „Für einige Väter schrillen dann die Alarmglocken, sie sagen sich, wenn ich jetzt nicht tätig werde, wird es noch schlimmer.“ Aber eben nur für einige. „Leider“, sagt Stieghorst, „ist es auch so, dass vielen Männern der Umgang mit den Kindern nicht ganz so wichtig ist.“

Männern mangelt es an Weitsicht

Da schmerzen die finanziellen Einbußen manchmal doch mehr als der verhinderte Umgang mit dem eigenen Kind. Oft erst mit der Unterhaltsforderung vom Anwalt der Ehefrau kommen viele Männer bei Wolfgang Stieghorst in die Kanzlei. „Wenn ein Mann mit den Worten zu mir kommt: 'Die will 1.000 Euro haben, wie geht das denn?“ – dann ist er schon mittendrin', sagt Wolfgang Stieghorst. Von Frauen, die ihn als Anwalt aufsuchen, ist er auch anderes gewohnt. Stieghorst kennt Fälle, da erkundigen sich die Ehefrauen mit folgendem Interesse bei ihm: „Ich möchte in eineinhalb Jahren geschieden werden – was muss ich tun?“ „Frauen wissen meist ziemlich genau, was sie da tun und sind in der Regel sehr gut organisiert. Männer sind da eher ein bisschen phlegmatisch“, sagt Stieghorst.

Der steinige Weg zum Einvernehmen

Stieghorst arbeitet nach folgendem Prinzip: „Ich biete zunächst ein 4er-Gespräch an: Mein Mandant und ich und die Frau mit ihrem Anwalt, damit nicht soviel geschrieben werden muss und keine Hemmnisse aufgebaut werden.“ Dass dann oft doch geschrieben wird, mühsam Einkommensnachweise und Besitzverhältnisse geklärt werden müssen, um den zu zahlenden Unterhalt realistisch zu ermitteln und die Zeiten auszuhandeln, in denen der Vater seine Kinder sehen kann – das hat nicht immer nur mit den Mandanten zu tun: „Es gibt Kollegen, mit denen man keine vernünftige Regelung hinbekommt.“ Aber auch neue Partner können dazu führen, dass eine außergerichtliche Einigung sehr schwierig werden kann.

Nicht selten werden die Ehestreitigkeiten weitergetragen, neue Partner und Anwälte, Familienmitglieder und schlimmstenfalls die Kinder selbst werden instrumentalisiert. „Auch wenn Untersuchungen sagen, dass 75 Prozent der Mandate außergerichtlich geklärt werden, ich schätze es sind lediglich 30 bis 40 Prozent“, sagt Stieghorst, der auch Mediator ist. Obwohl die Mediation eine gute Alternative zu streitigen Gerichtsverfahren ist, wendet Stieghorst das Instrument zur Schlichtung in Scheidungsfällen eher selten an. „Man sagt, zwölf Stunden Mediation können zwei Jahre Rechtsstreitigkeiten beilegen. Aber in ländlichen Regionen ist Mediation in Sachen Ehescheidungen noch nicht so gefragt, in Großstädten funktioniert das besser“, sagt Stieghorst. Aber auch die akute emotionale Belastung spielt hier eine wichtige Rolle: „Wenn der Mann seine Frau jahrelang betrogen hat – oder andersherum – hat der Betrogene sicherlich kein Interesse daran, es direkt mit einer Mediation zu versuchen.“ Diese Einsicht kommt vielleicht erst später, das Einvernehmen oft auch. „Wichtig ist, dass es überhaupt kommt“, sagt Stieghorst. „Wenn der Streit zwischen den Eltern beigelegt ist, dann funktioniert es auch wieder mit den Kindern.“

(vaeter.nrw)

 

Text aktualisiert am: 11.06.2016

Veränderte Rolle – das Wechselmodell aus Vatersicht

Wechselmodell

Nicht immer muss nach einer Trennung Gerangel ums Kind stattfinden. Wenn die Kommunikation zwischen den Eltern stimmt und das Konfliktniveau niedrig ist, kann das Paritäts- oder Wechselmodell eine Form des Zusammenlebens mit dem Kind sein. Wir fragten einen Vater nach seinen Erfahrungen mit dem Modell.

Vor etwas mehr als einem Jahr hat Hans-Heinrich Töpperweins 15-jährige Tochter Charlotte beschlossen, dass sie von nun an gleich viel Zeit mit beiden Elternteilen verbringen möchte. Für den selbstständigen Arbeitsmediziner hat sich seitdem einiges verändert.

Während ihrer Ehe lebten Hans-Heinrich Töpperwein und seine Ex-Frau ein klassisches Familienmodell: Er ging arbeiten, während sie sich um die gemeinsame Tochter und den Haushalt kümmerte. Mit der Trennung vor rund drei Jahren hat sich das grundlegend geändert. „Ich habe mehr Aufgaben in Charlottes Erziehung wahrgenommen und mich stärker um sie gekümmert. Zudem haben wir mehr Zeit miteinander verbracht, nicht zuletzt während des Urlaubs. Das hat unsere Beziehung gestärkt“, erinnert er sich. In der ersten Zeit des Alleinseins sah Hans-Heinrich Töpperwein seine Tochter nur an den Wochenenden. „Ich war froh, wenn sie da war. Wir haben einen sehr kooperativen Umgang miteinander, und ich habe versucht, Charlotte in alle Fragen miteinzubeziehen. Ein Beispiel war die Einrichtung meiner neuen Wohnung. Die neuen Möbel habe ich gemeinsam mit meiner Tochter ausgesucht.“

Vom Neuen Modell profitieren alle

Seit rund einem Jahr verbringt Charlotte nun jeweils zwei Wochen bei einem Elternteil. Das durchzusetzen war gar nicht so einfach. Hans-Heinrich Töpperwein erinnert sich: „Anfangs war meine Ex-Frau nicht einverstanden mit dem Wechselmodell. Das war ziemlich schwer für meine Tochter. Aber Charlotte hat ihren eigenen Weg gefunden: In einer Gruppe eines sozialen Netzwerkes hat sie mit ihren Freundinnen diskutiert, ob ein Wechselmodell für sie richtig sei. Die haben ihr zugestimmt und gemeinsame Bekannte haben auch ihre Mutter überzeugt.“ Seitdem sich beide zu gleichen Teilen um die gemeinsame Tochter kümmern, habe sich auch das Verhältnis zu seiner Ex-Frau verbessert. „Wir können mittlerweile gut organisatorische Sachen besprechen und alle Belange rund um Charlotte klären. Zum Elternsprechtag etwa gehen wir sogar gemeinsam“, betont der Selbstständige. Mittlerweile seien die Elternteile auch in der Lage, den starren Zwei-Wochen-Rhythmus einmal aufzuheben, beispielsweise an Feiertagen oder zu besonderen Anlässen.

Der Vater wird zum großen Freund

„Die Kunst beim Wechselmodell ist es, die eigenen Emotionen komplett rauszulassen. Es geht schließlich nicht um die eigenen Befindlichkeiten, sondern um die des Kindes“, ist sich Hans-Heinrich Töpperwein sicher. „Ich kann das jedem nur empfehlen. Das Wechselmodell hat meine Vaterrolle positiv verändert. Ich bin jetzt näher an meiner Tochter dran und bekomme mehr von ihren Sorgen und Nöten mit.“ Mittlerweile ist Charlotte 15 Jahre alt und mitten in der Pubertät. „Ich höre ständig, dass das ein ‚schwieriges Alter‘ sei, aber bei uns ist das ganz entspannt. Und wenn wir mal aneinander geraten, tauschen wir uns danach aus. Charlotte soll schließlich auch mich kritisieren dürfen.“

Nachteile sieht Hans-Heinrich Töpperwein in dem Wechselmodell eigentlich nicht. „Es gibt nur einige Herausforderungen, etwa wenn ein Elternteil einen neuen Partner hat.“ Manchmal sei es auch eine Herausforderung, die Betreuung des Kindes zu organisieren. „Charlotte ist in einem Alter, indem sie auch mal alleine bleiben kann. Das ist bei meiner Freiberuflichkeit ein Vorurteil. Bei kleineren Kindern muss man sicherlich auf andere Betreuungsmöglichkeiten wie Horte zurückgreifen. Ein gutes soziales Umfeld ist da immer hilfreich.“

Insgesamt sieht Hans-Heinrich Töpperwein das Wechselmodell als gute Alternative zum klassischen Modell nach einer Trennung an. „Statt eines Alleinerziehenden kümmern sich beide Elternteile um das Kind. Das bringt mehr Entlastung.“ Und auch das Verhältnis zu seiner Tochter ist intensiver geworden, seitdem sie mehr Zeit miteinander verbringen. „Manchmal sagt Charlotte auch, dass ich ein ‚großer Freund‘ sei. Dann sehe ich, dass alles gut gelaufen ist.“

(vaeter.nrw)

Dr. Hans-Heinrich Töpperwein ist selbstständiger Arbeitsmediziner und lebt in Bad Rothenfelde. Die Betreuung und Erziehung der 15jährigen Tochter Charlotte teilt er sich mit seiner geschiedenen Frau im sogenannten Wechselmodell.

Text aktualisiert am 9. Juni 2016

Fronten aufweichen

Trennungskinder

„Manchmal passieren Wunder, aber meistens ringen wir lange um Lösungen.“ Michael Braun hat viele hochstrittige Auseinandersetzungen erlebt, denn er war 15 Jahre lang in einem Jugendamt beschäftigt. Seine Bilanz: „Ich habe nur wenige Konflikte begleitet, in denen nichts mehr ging – meistens haben wir Lösungen gefunden. Aber wir mussten mühsam darum ringen und diese Prozesse dauerten sehr lange.“

Von Hochstrittigkeit sprechen Michael Braun und seine Kollegen, wenn die Positionen auf beiden Seiten so verhärtet sind, dass der Vater und die Mutter des Kindes bzw. der Kinder es nicht mehr schaffen, gemeinsam Entscheidungen zu treffen. „Bei uns im Jugendamt haben wir es so gemacht, dass wir erst mal getrennt mit den Eltern gesprochen haben: eine Mitarbeiterin mit der Mutter und ich mit dem Vater, manchmal zeitgleich in verschiedenen Räumen und manchmal an unterschiedlichen Tagen – hochstrittige Paare halten es oft nicht aus, sich in einem Zimmer aufzuhalten. Erst wenn beide bereit sind, sich wieder an einen Tisch zu setzen, ist auch eine Mediation möglich. Wenn das der Fall war, haben wir der Familie ein Angebot dazu gemacht. Mediation heißt ja, dass Vater und Mutter ihre Absicht erklären, bei ihren Themen Regelungen zu finden“, erzählt Michael Braun. Der Mediator oder die Mediatorin moderiert während einer bestimmten Anzahl von Terminen. Am Ende steht eine Vereinbarung, die beide unterschreiben und die dem Gericht mitgeteilt werden kann. Um eine solche außergerichtliche Regelung zu erreichen, sollten auch die Anwälte des Vaters und der Mutter einbezogen werden, damit sie in der Abstimmungsphase keine Briefe schreiben, die den Konflikt neu aufleben lassen.

Kinder einbeziehen

Michael Braun betont, wie wichtig es ist, den Kindern mitzuteilen, dass sich ihre Eltern wirklich um Lösungen bemühen. Denn ein Indiz für Hochstrittigkeit ist, dass Kinder Dinge regeln, für die eigentlich ihre Eltern Verantwortung übernehmen sollten, zum Beispiel dem Vater mitteilen, dass die Mutter einen Urlaub plant und fragen, ob sie in der Zeit bei ihm bleiben können. Sind die Kinder neun oder zehn Jahre alt, werden sie – je nach Entwicklung – einbezogen. Hier vertritt Michael Braun einen systemischen Ansatz, der das ganze Familiensystem einbezieht. Wenn nötig, auch neue Partner und die Großeltern.

Hochstrittigkeit vergleicht Michael Braun mit einem Krieg: „Da muss man die Kinder schützen.“ Aber es gibt auch eine echte Chance: „Wenn Eltern trotz ihrer persönlichen Verletzungen und Kränkungen das Wohl der Kinder im Blick haben, dann können die Kinder eine notwendige Trennung oder Scheidung auch gut verarbeiten. Vor allem, wenn sie erleben, wie Vater und Mutter mit gegenseitigem Respekt, trotz unterschiedlicher Sicht, zum Beispiel die Besuchskontakte oder die Ferien regeln“, sagt der Familienberater.

Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, sollte alles dafür tun, dass der Kontakt zum anderen Elternteil aufrechterhalten bleibt. Gelingt das nicht, sollte er oder sie sich dringend professionelle Hilfe suchen. Zum Beispiel, wenn die Mutter einen neuen Lebensgefährten hat. „Ich hatte einen Fall, da wollte die Mutter nicht mehr, dass der leibliche Vater Kontakt zum Kind hält. Ihr neuer Partner sollte diese Rolle übernehmen. Sie sagte: Meine Tochter hat jetzt einen neuen Papa, sie braucht meinen Ex nicht. Da musste ich ihr sagen: Nein, der Vater Ihrer Tochter ist Ihr Ex-Mann, und wenn Ihre Tochter will, hat sie nun noch einen zweiten Papa“, berichtet Michael Braun. Schließlich haben sich alle an einen Tisch gesetzt: die Mutter und ihr Verlobter, der leibliche Vater und seine Lebensgefährtin. Tatsächlich haben sie einen Kompromiss gefunden, eine Umgangsregelung, mit der alle leben konnten.

Gespräche statt Gerichtsverhandlung

Zu gemeinsamen Entscheidungen zu kommen, gelingt nur über einen Dialog. Die meisten hochstrittigen Paare aber haben nie gelernt, wirklich miteinander zu sprechen und sich zuzuhören. Und über die Trennung und den vielen Streit ist das Vertrauen verloren gegangen; wie bei einer Mutter, die mit ihrem Kind in den Norden Deutschlands gezogen ist, obwohl der Vater im Süden lebt und ein Gerichtsbeschluss besagte, sie dürfe sich mit dem Kind nicht weiter als 40 Kilometer entfernen. Der Vater klagte. Das Oberlandesgericht war bereits involviert, als Michael Braun und seine Kollegin endlich eine Einigung moderieren konnten: Der Vater erklärte sich einverstanden, dass Mutter und Kind im Norden leben, sein Sohn ihn aber regelmäßig besuchen kommt. Einen Tag vor der Verhandlung zog der Vater seine Klage zurück.

„Ich sage immer zu den Streitenden: Die beste Lösung finden Sie, die liegt in Ihrer Familie verborgen. Manchmal auch in der eigenen Biografie. Die schlechteste Lösung ist das Gericht, aber wie gut, dass wir es haben, wenn nichts anderes mehr geht.“ Den Vätern rät Michael Braun, sich früh genug – bevor der Streit eskaliert – Rat und Hilfe zu suchen: Auf Internetseiten wie dem Väterportal, in Büchern und bei professionellen Beratungsstellen. Und: Väter sollten sich Gruppen suchen, in denen sie Zugang zu ihren Gefühlen finden und sich austauschen können, auch darüber, wie sie konflikt- und handlungsfähig werden. Sich selbst verstehen lernen ist die beste Prävention vor Hochstrittigkeit.

Der Familienberater freut sich darüber, dass sich im Laufe seiner Berufsjahre eines geändert hat: Es gibt sie, die „neuen Väter“, die sich kümmern, wirklich für ihre Kinder interessieren und um sie kämpfen.

(vaeter.nrw)



Michael Braun ist seit 40 Jahren verheiratet, Vater von vier Kindern und hat fünf Enkelkinder.



Text aktualisiert am 1. Juni 2016