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Umgangsrecht

Stärkeres Umgangsrecht für leibliche Väter

BGH-Beschluss vom 5. Oktober

Der Bundesgerichtshof stärkt das Recht von biologischen Vätern und ihren Kindern, sich kennenzulernen und miteinander Kontakt zu halten. Ausschlaggebend für diese Frage ist vor allem das Kindeswohl. Dieses sei höher zu bewerten, als der Wunsch der rechtlichen Eltern, die sich in dem verhandelten Fall beharrlich weigerten, einem leiblichen Vater Umgang mit seinen Kindern zu ermöglichen.
Im Jahr 2013 reformierte der deutsche Gesetzgeber das Umgangsrecht biologischer Väter und ihrer Kinder. Gegen den Willen der Mutter und des rechtlichen Vaters konnte ein leiblicher Vater zuvor nur in einem Fall den Kontakt zum Kind erzwingen: Wenn zwischen beiden bereits eine enge persönliche Beziehung bestand. Seit der Neufassung im Jahr 2013 sollen für den möglichen Umgang das Kindeswohl und das ernsthafte Interesse des leiblichen Vaters entscheidend sein.

Kindeswohl steht über Elternwille

Die Verschiebung zugunsten des Kindeswohls – und entgegen möglicher Widerstände der rechtlichen Eltern – kam in einem am 3. November veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen: XII ZB 280/15) erstmalig zum Tragen. Der BGH in Karlsruhe hatte darüber zu entscheiden, ob ein Vater, der vor elf Jahren mit einer verheirateten Frau Zwillinge zeugte, mit diesen Kontakt haben darf. Sowohl die Mutter als auch der Ehemann und gesetzliche Vater verweigerten dem leiblichen Vater seit der Geburt der Kinder beharrlich jeglichen Umgang. Doch auch der leibliche Vater ließ sich nicht beirren und zog bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser entschied im Jahr 2012, dass die deutsche Gesetzgebung das Umgangsrecht neu zu regeln habe. Der BGH hat die daraufhin überarbeitete Vorschrift nun zum ersten Mal ausgelegt und präzisiert, wie sie anzuwenden ist: Sollten die rechtlichen Eltern – wie hier geschehen – vorbringen, dass der Umgang mit dem leiblichen Vater die Kinder psychisch überfordere, müssen die Familiengerichte diese Behauptung intensiv überprüfen. Notfalls müssten die Kinder auch selbst befragt werden, soweit sie alt genug sind. Außerdem betont der BGH das Recht der Kinder, zu erfahren, von wem sie abstammen – auch wenn die rechtlichen Eltern dagegen sind.

Umgangsrecht

Ein Überblick

Kinder haben ein Recht auf den Umgang mit Mutter und Vater. Eltern, die sich trennen oder scheiden lassen, stehen in der Verantwortung, das Umgangsrecht für das Kind oder die Kinder zu regeln. Wissenswertes zum Thema Umgangsrecht.
Das Gesetz sagt: "Das Kind hat das Recht zum Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt" (§ 1684 Abs. 1 BGB). Dabei macht das Gesetz keinen Unterschied zwischen getrennt lebend Verheirateten, Geschiedenen und Eltern, die nie miteinander verheiratet waren. Weiterhin haben auch Geschwister, Großeltern, Stiefelternteile oder Pflegeeltern, mit denen das Kind zusammengewohnt hat, ein Recht auf Umgang, wenn der Kontakt dem Wohl des Kindes dient. Seit der Gesetzesreform zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters aus dem Jahre 2013 hat nun auch der leibliche, nicht rechtliche Vater, der bislang keine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind aufbauen konnte, ein Recht auf Umgang mit seinem Kind, wenn der Kontakt dem Wohl des Kindes dient (§ 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah in der vorherigen Rechtslage einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Vertrauensaufbau durch detaillierte Umgangsregelungen

 Wie der Umgang gestaltet wird, ist Sache der Eltern. Sie können dazu die Hilfe des Jugendamts oder anderer Institutionen in Anspruch nehmen. Gerade, wenn die Eltern nur schwer miteinander reden können und nur wenig Vertrauen zueinander haben, empfiehlt es sich, die Umgangsvereinbarung detailliert auszuarbeiten, zum Beispiel: An welchem Wochentag, zu welcher genauen Uhrzeit holt der Vater das Kind ab? Darf er in die Wohnung kommen? Wann genau wird das Kind zurückgebracht? Was muss dem Kind mitgegeben werden? usw. Ist auf dieser Basis eine verlässliche Umgangspraxis erreicht, können die Eltern versuchen, diese starre Form zu flexibilisieren.

Umgang mit Hilfe des Familiengerichts regeln

Können sich die Eltern über die Regelungen zum Umgang nicht einigen, kann jede bzw. jeder Umgangsberechtigte beim Familiengericht einen Antrag auf Regelung des Umgangs stellen. Kinder ab 14 Jahren haben ein eigenes Beschwerderecht (§ 60 FamFG). Folgende Kriterien spielen bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts eine Rolle:
  • Oberste Richtschnur ist das Kindeswohl. Ähnlich wie bei der Entscheidung über das Sorgerecht spielt die Bindung des Kindes, die sich auch im Kindswillen ausdrückt, eine wichtige Rolle: Je stärker das Kind an dem Elternteil hängt, bei dem es nicht lebt, und je enger der bisherige Kontakt des Kindes zu ihm war, desto mehr spricht für einen intensiven Umgang mit diesem Elternteil. Kommt das Gericht aber zu der Überzeugung, dass ein Elternteil nicht willens oder in der Lage ist, das Kind in seiner Entwicklung zu fördern und/oder die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil zu unterstützen, spricht das gegen ein intensives Umgangsrecht.
  • Eine wichtige Rolle spielt das Alter des Kindes: Sehr kleine Kinder brauchen einen häufigen Umgang mit dem Elternteil, bei dem sie nicht leben, da sie ein anderes Zeitempfinden haben als ältere Kinder.
  • Die Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern kann dem Umgang leicht faktische Grenzen setzen. Große Distanzen sprechen eher für seltenere, dafür aber längere Besuche (insbesondere in den Schulferien). Auch die Wohnverhältnisse des Elternteils, bei dem das Kind nicht lebt, können eine Rolle spielen.
  • Ist der umgangsuchende Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, eine neue Beziehung eingegangen, ist zu berücksichtigen, wie gut das Kind sich mit dem neuen Partner oder der neuen Partnerin und - wenn vorhanden - mit dessen bzw. deren Familie versteht.
Wie detailliert die Vorgaben des Gerichts sein müssen, hängt davon ab, ob das Gericht den Eltern im konkreten Fall zutraut, sich innerhalb des von ihm gesetzten Rahmens zu verständigen oder nicht.

Begleiteter Umgang

Hat das Gericht Bedenken, ob das Kind dem Elternteil, bei dem es nicht lebt, allein begegnen kann, ohne sich selbst zu gefährden, kann es einen begleiteten Umgang anordnen. Das kann dann sinnvoll sein, wenn das Kind zum Beispiel unter Ängsten leidet, die der umgangsberechtigte Elternteil (mit-) verursacht hat, oder wenn Tatsachen auf die Gefahr einer Kindesentführung durch diesen Elternteil hindeuten. Der begleitete Umgang ist immer nur eine Notlösung. Überdies ordnen Familiengerichte auch in den Fällen einen begleiteten Umgang an, in denen ein leiblicher Vater Umgang mit seinem Kind wünscht, um eine Bindung zwischen sich und dem Kind aufzubauen. Begleiteter Umgang heißt, dass Vater und Kind ohne die Mutter - aber zunächst unter Aufsicht einer weiteren Person, in der Regel einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin des Jugendamts - miteinander spielen, spazieren gehen etc. Nach durchschnittlich zehn Treffen soll dann der Kontakt eigenständig weiter geführt werden.

Vom Umgang mit den Umgangsregelungen

Oft glaubt der Elternteil, bei dem das Kind lebt, er habe mit der Umsetzung des  Umgangsrechts durch den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin nichts zu tun. Das ist ein Irrtum. Er ist verpflichtet, alles zu unterlassen, was den Umgang stören könnte, und darüber hinaus verpflichtet, die Durchführung des Umgangsrechts aktiv zu fördern. In der Praxis kommt es vor, dass z.B. die Mutter, bei der das Kind wohnt, den Umgang trotz ausgehandelten Vertrags verweigert oder boykottiert. In diesem Fall ist anzuraten, alle Vorgänge zu dokumentieren, Zeugen zu benennen und beim Jugendamt um Vermittlung zu bitten. Dabei sollte man auf Eile drängen, damit nicht auf Grund langer Bearbeitungszeiten eine Entfremdung eintritt. Kommt hier keine Einigung zustande oder wird sie wieder boykottiert, muss (eventuell erneut) beim Familiengericht ein Antrag auf Regelung des Umgangs gestellt werden. Auch das Gericht wird auf eine gütliche Einigung drängen. Wird die Regelung wieder nicht eingehalten, kann sie mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Das können Geldbußen, in Einzelfällen aber auch Beugehaft oder der Entzug des Sorgerechts sein.

Umgangskosten nicht steuerlich abziehbar

Grundsätzlich muss der Umgangsberechtigte, in der Regel der Vater, die Kosten für die Kontakte zum Kind tragen. Gerade, wenn die Wohnorte von Vater und Kind weit auseinander liegen, sind die Fahrten ein ganz erheblicher Kostenfaktor - zusätzlich zum Zeitaufwand. Der Bundesfinanzhof hat die Abziehbarkeit von Fahrtkosten im Zusammenhang mit dem Kindesbesuch als außergewöhnliche Belastung verneint. Die Umgangskosten sind zwar zwangsläufig, sie sind aber deswegen nicht außergewöhnlich im Sinne des § 33 EStG.

Ein gutes Beispiel aus der Praxis

Vorteile für alle hat es, wenn Anwälte, Richter, forensische Sachverständige, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstellen und der Jugendämter sich vernetzen und regelmäßig an einen Tisch setzen. In Cochem wurde eine solche Arbeitsweise lange praktiziert ("Cochemer Modell"). Ergebnis: in ca. 98 Prozent der Fälle gab es ein gemeinsames Sorgerecht, ein  Umgangsboykott war fast ausgeschlossen. Kindschaftsverfahren wurden innerhalb von zwei Wochen anberaumt. Konnten die Eltern sich nicht einigen, wurden sie zur Beratung geschickt und mussten in kurzer Frist einen Zwischenbericht abliefern. Das Verfahren ruhte, bis die Eltern mit professioneller Hilfe eine Regelung für den Umgang gefunden hatten. Starre "alle 14 Tage"-Regelungen blieben die Ausnahme, den Kindern blieben beide Eltern erhalten. Auch andere Familiengerichte greifen auf dieses Arbeitsmodell zurück. Der Gesetzgeber hat durch die Einführung des Vorrangs- und Beschleunigungsgebots, § 155 FamFG, sowie das Hinwirken auf das Einvernehmen mit der Möglichkeit der Anordnung der Teilnahme an einer Beratung, § 156 Abs. 1 S. 4 FamFG, Elemente des „Cochemer Modells“ übernommen. So soll eine Eskalation des Konflikts vermieden und eine Einigung der Eltern erleichtert werden.    

Alltag des Scheidungsanwalts

Das letzte Gefecht

Im Jahr 2013 wurden bundesweit fast 170.000 Ehen geschieden. Eine Scheidung markiert den Punkt, an dem eine Ehe als endgültig gescheitert gilt. Das hat Auswirkungen auf alle Bereiche des bislang gemeinsamen Lebens. Was früher für beide Partner da war, muss jetzt aufgeteilt werden. Oft ergeben sich daraus Streitigkeiten: vom Vermögen bis zum Besuchsrecht für die Kinder.
Wolfgang Stieghorst, Fachanwalt für Familienrecht aus Halle in Westfalen, berät Frauen wie Männer. Für seine männlichen Mandanten hält er einen dringenden Rat bereit: „Lassen Sie uns die Scheidung so schnell wie möglich machen.“ Denn der Zeitpunkt der Scheidung entscheidet darüber, wie viel Geld ein Mann seiner Ex-Frau zahlen muss – direkt wie indirekt. Die in der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche von Ehepartnern werden gleich nach der Scheidung vollständig geteilt. Egal, ob gesetzliche oder private Rente, stets gilt: Halbe-halbe, und das sofort. Der sogenannte Versorgungsausgleich wird vom Familiengericht durchgeführt. „Ich hatte mal einen Mandanten, der lebte bereits elf Jahre von seiner Frau getrennt, ehe er mich aufsuchte – der ist fast vom Stuhl gefallen, als er von den Rentenansprüchen erfuhr“, sagt Stieghorst. Auch Lebensversicherungen, Sparvermögen und Immobilien tauchen in der Vermögensbilanz beim Zugewinnausgleich auf: Derjenige, der mehr hat, muss vom Mehrbetrag die Hälfte an den Expartner abgeben.

Das Kind als seelische Daumenschraube

Das Aufteilen des materiellen und geldwerten Besitzes ist das eine Thema, das andere sind die gemeinsamen Kinder. Nach der räumlichen Trennung von Vater und Mutter, passiert erst einmal nichts. In der Regel nimmt die Mutter das Kind und der Vater muss sich um den Umgang kümmern. Das Problem ist für den Vater dann häufig: Wann sehe ich mein Kind? „Die Kinder sind oft die letzte Waffe, die Frauen haben – wenn nichts mehr hilft, dann können sie mit dem Entzug von Umgang drohen“, sagt Stieghorst, „Für einige Väter schrillen dann die Alarmglocken, sie sagen sich, wenn ich jetzt nicht tätig werde, wird es noch schlimmer.“ Aber eben nur für einige. „Leider“, sagt Stieghorst, „ist es auch so, dass vielen Männern der Umgang mit den Kindern nicht ganz so wichtig ist.“

Männern mangelt es an Weitsicht

Da schmerzen die finanziellen Einbußen manchmal doch mehr als der verhinderte Umgang mit dem eigenen Kind. Oft erst mit der Unterhaltsforderung vom Anwalt der Ehefrau kommen viele Männer bei Wolfgang Stieghorst in die Kanzlei. „Wenn ein Mann mit den Worten zu mir kommt: 'Die will 1.000 Euro haben, wie geht das denn?“ – dann ist er schon mittendrin', sagt Wolfgang Stieghorst. Von Frauen, die ihn als Anwalt aufsuchen, ist er auch anderes gewohnt. Stieghorst kennt Fälle, da erkundigen sich die Ehefrauen mit folgendem Interesse bei ihm: „Ich möchte in eineinhalb Jahren geschieden werden – was muss ich tun?“ „Frauen wissen meist ziemlich genau, was sie da tun und sind in der Regel sehr gut organisiert. Männer sind da eher ein bisschen phlegmatisch“, sagt Stieghorst.

Der steinige Weg zum Einvernehmen

Stieghorst arbeitet nach folgendem Prinzip: „Ich biete zunächst ein 4er-Gespräch an: Mein Mandant und ich und die Frau mit ihrem Anwalt, damit nicht soviel geschrieben werden muss und keine Hemmnisse aufgebaut werden.“ Dass dann oft doch geschrieben wird, mühsam Einkommensnachweise und Besitzverhältnisse geklärt werden müssen, um den zu zahlenden Unterhalt realistisch zu ermitteln und die Zeiten auszuhandeln, in denen der Vater seine Kinder sehen kann – das hat nicht immer nur mit den Mandanten zu tun: „Es gibt Kollegen, mit denen man keine vernünftige Regelung hinbekommt.“ Aber auch neue Partner können dazu führen, dass eine außergerichtliche Einigung sehr schwierig werden kann. Nicht selten werden die Ehestreitigkeiten weitergetragen, neue Partner und Anwälte, Familienmitglieder und schlimmstenfalls die Kinder selbst werden instrumentalisiert. „Auch wenn Untersuchungen sagen, dass 75 Prozent der Mandate außergerichtlich geklärt werden, ich schätze es sind lediglich 30 bis 40 Prozent“, sagt Stieghorst, der auch Mediator ist. Obwohl die Mediation eine gute Alternative zu streitigen Gerichtsverfahren ist, wendet Stieghorst das Instrument zur Schlichtung in Scheidungsfällen eher selten an. „Man sagt, zwölf Stunden Mediation können zwei Jahre Rechtsstreitigkeiten beilegen. Aber in ländlichen Regionen ist Mediation in Sachen Ehescheidungen noch nicht so gefragt, in Großstädten funktioniert das besser“, sagt Stieghorst. Aber auch die akute emotionale Belastung spielt hier eine wichtige Rolle: „Wenn der Mann seine Frau jahrelang betrogen hat – oder andersherum – hat der Betrogene sicherlich kein Interesse daran, es direkt mit einer Mediation zu versuchen.“ Diese Einsicht kommt vielleicht erst später, das Einvernehmen oft auch. „Wichtig ist, dass es überhaupt kommt“, sagt Stieghorst. „Wenn der Streit zwischen den Eltern beigelegt ist, dann funktioniert es auch wieder mit den Kindern.“ (vaeter.nrw)   Text aktualisiert am: 11.06.2016

Nicht nur Besuchsvater sein

Nach einer Trennung hat das Wechselmodell einige Vorteile – gleichtzeitig gibt es Verschiedenes zu beachten

Viele Väter möchten auch nach Trennung und Scheidung den Kontakt zu ihren Kindern aufrechthalten und sich weiter an der Betreuung und Erziehung beteiligen. Umgekehrt möchten viele Mütter, nach einer Trennung (weiter) berufstätig sein. Deswegen entscheiden sich immer mehr Eltern, ihre Kinder im Wechselmodell zu betreuen und damit die elterliche Erziehungsverantwortung aufzuteilen.
Selbstverständnis und Rollenverteilung haben sich verändert: Früher war der Vater überwiegend Ernährer der Familie und zahlte nach einer Trennung zwar Unterhalt, hatte zu seinen Kindern aber meist nur am Wochenende Kontakt. In den vergangenen Jahren ist es Vätern wichtiger geworden, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und sie mit zu erziehen. Sie wollen nicht mehr nur „Besuchsvater“ sein, sondern den Alltag mit ihren Kindern teilen – auch nach einer Trennung. Das Engagement des Vaters liegt gleichermaßen im Interesse der Mutter, die dadurch entlastet wird. Dennoch müssen sich Väter die neue Rolle nicht selten gegen den Widerstand der Mütter erkämpfen.

Was genau ist das Wechselmodell?

Um das Wechselmodell zu verstehen, ist es hilfreich, ihm das klassische „Residenzmodell“ (§ 1687 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch) gegenüber zu stellen. Beim Residenzmodell lebt das Kind bei einem Elternteil, der sich um die Betreuung und Erziehung des Kindes kümmert, während es den anderen Elternteil in der Regel nur am Wochenende oder in den Ferien besucht. Beim Wechselmodell verbringt das Kind – im Idealfall – annähernd gleich viel Zeit mit Vater und Mutter. Jedoch kann - je nach Ausgestaltung - schon bei einem Betreuungsverhältnis von 30 zu 70 Prozent von einem Wechselmodell gesprochen werden. Entscheidender als eine feste Prozent-Grenze ist, dass im Wechselmodell beide Elternteile den Alltag mit ihrem Kind leben und nicht eine/r nur für die Freizeit und die/der andere nur für den Alltag zuständig ist. Damit ist verbunden, dass Vater und Mutter über die Belange des Kindes entscheiden und praktische und erzieherische Aspekte gemeinsam verantworten. Das Wechselmodell hat zwei Varianten: Beim „Doppelresidenzmodell“ hat das Kind je einen Wohnsitz bei beiden Elternteilen. Beim „Nestmodell“ hingegen lebt es immer in derselben Wohnung, in der sich Vater und Mutter im Wechsel aufhalten.

Welche Rahmenbedingungen sollten vorliegen?

Damit das Wechselmodell als geeignete Betreuungsform tauglich ist, sollten folgende Rahmenbedingungen stimmen:
  • Für die Eltern sollte das Kindeswohl an oberster Stelle stehen.
  • Die Wohnungen der Eltern sollten nicht allzu weit voneinander entfernt liegen.
  • Schule und/oder Kindergarten sollten von beiden Wohnungen aus gut zu erreichen sein.
  • Der Wechsel des Kindes von einem Elternteil zum anderen sollte konfliktfrei erfolgen.
Obwohl sich immer mehr Eltern für das Wechselmodell als Betreuungskonzept entscheiden, hegen viele Väter und Mütter Vorurteile und Bedenken – auch wenn sie sich darin einig sind, dass es für das Kind wichtig ist, den Alltag mit beiden Elternteilen gleichermaßen zu verbringen. Eine Befürchtung lautet, nur gut kooperierenden, konfliktfreien Eltern gelänge ein erfolgreiches Wechselmodell. Inzwischen belegen jedoch mehrere Studien, dass auch Väter und Mütter, die anfänglich skeptisch waren und das Wechselmodell ablehnten, gute Erfahrungen damit gemacht haben, denn:
  • Kinder in Wechselmodellfamilien sind psychisch anpassungsfähiger.
  • Die Kommunikation zwischen den Eltern verbessert sich, ihr Konflikt wird entschärft.
  • Die Bindung beider zum Kind verstärkt sich.
  • Kinder können gut mit zwei Lebensmittelpunkten leben, denn Stabilität ist weniger eine Frage des Ortes, vielmehr ist die emotionale Stärke entscheidend.

Rechtliche Auswirkungen

Wird das Wechselmodell als geeignete Betreuungsform gewählt, sind damit rechtliche Auswirkungen in unterschiedlichen Bereichen verbunden:1. Unterhalt des Kindes Wenn Vater und Mutter sich die Betreuung ihres Kindes annähernd teilen, sind auch beide gleichermaßen verpflichtet, einen so genannten Barunterhalt zu zahlen (monatliches Geld für die Bedürfnisse des Kindes). Bei einem nicht paritätischen Wechselmodell – einer Betreuung zum Beispiel zu 30/70 Prozent – können dem Elternteil, bei dem das Kind seltener lebt, Teile der monatlichen Geldzahlungen erlassen werden, weil er/sie ja anteilig schon Unterhalt in Form von Wohnraum, Kleidung und Nahrung aufbringt. Dazu wird dieser Elternteil in den Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle herabgestuft (BGH, Beschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13, BGH, 21.12.2005 - XII ZR 126/03). Die Düsseldorfer Tabelle dient Gerichten als Leitlinie, wenn sie den Unterhaltsbedarf festlegen.2. Unterhaltsanspruch eines Elternteils Wenn ein Elternteil vom anderen Unterhalt fordert, sich aber Vater und Mutter beide bei der Betreuung des Kindes engagieren, wird dies auch unterhaltsrechtlich berücksichtigt. Auch dann können dem Unterhaltspflichtigen Teile seiner monatlichen Geldzahlungen erlassen werden.3. Weitere Vorschriften Die Betreuung im Wechselmodell hat auch bei weiteren rechtlichen Fragen Konsequenzen, etwa wenn es um Jugendhilfe, Schule, Steuern oder die Anmeldung des Wohnsitzes geht. Im Melderecht zum Beispiel ist geregelt, dass nur ein Hauptwohnsitz zulässig ist, auch wenn das Kind bei Vater und Mutter gleichviel Zeit verbringt. Auch den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bekommt nur ein Elternteil.  Die unterschiedlichen Gesetze, in denen Unterstützungsleistungen für Familien geregelt sind, sind größenteils noch nicht an die Anforderungen des Wechselmodells angepasst. Stattdessen muss mitunter ein wenig improvisiert werden, um praktikable Lösungen zu finden. Mehrbedarfe, die durch dieses Betreuungsmodell anfallen, sind oft noch nicht vorgesehen. Daher gilt: Wer wieviel bekommt und wer was entscheiden darf, sollte im Einzelfall gemeinsam mit der zuständigen Behörde geklärt werden. Bei finanziellen Angelegenheiten sollte, wenn immer möglich, eine einvernehmliche Lösung in Form eines finanziellen Ausgleichs zwischen den Eltern erfolgen, um z.B. Streitigkeiten zu der Frage, an welchen Elternteil bestimmte Leistungen ausgezahlt werden sollen, zu entschärfen. (vaeter.nrw) Text aktualisiert am 27.06.2019