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Väterberatung

Caritasverband Münster befragt Väter zur Verbesserung von Beratungsangeboten

Ergebnisse der „Väter-in-Beratung“-Studie (VIBS) in Werkstattgespräch vorgestellt

Vor welchen Herausforderungen stehen Väter mit Kindern im Vorschulalter? Auf welche Hilfen greifen sie bei Erziehungs- und Familienthemen zurück und welche Erwartungen stellen sie an Erziehungsberatung? Diesen Fragen ging der Caritasverband für die Stadt Münster e.V. gemeinsam mit Studierenden der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Befragung von Vätern nach.

Ziel des Forschungsprojektes war es, väterspezifische Beratungsangebote noch besser auf die konkreten Bedürfnisse und Wünsche der Männer abstimmen zu können. Dazu wurde das alltägliche Vatersein von Münsteraner Vätern mit Kindern im Vorschulalter untersucht. Über die 21 Familienzentren bzw. die Kindertagesstätten in Münster, mit denen die Caritas kooperiert wurde der Kontakt zu den Vätern hergestellt. Circa 200 Väter beteiligten sich an der schriftlichen Umfrage. Die Befragungsergebnisse wurden Fachleuten aus der Region im Juni 2017 vorgestellt. Eingeladen hatten hierzu der Caritasverband für die Stadt Münster e.V. sowie die Fachstelle Väterarbeit in NRW.

Laut Umfrage beteiligen sich viele Männer aktiv am Alltag ihrer Kinder. Ein Großteil von ihnen fühlt sich der Vaterrolle sowie den damit verbundenen Aufgaben gewachsen. 81 Prozent fällt das Vatersein insgesamt leicht. Unsicherheiten bestehen bei einzelnen Themen wie dem Umgang mit Regelbrüchen, bei der Mediennutzung sowie beim Beruhigen des Kindes. In Erziehungsfragen scheinen sich die meisten Paare (93 Prozent) einig zu sein.

Partnerschaftliche Aufgabenteilung schafft Zufriedenheit

Knapp die Hälfte der Väter gibt an, dass sie und ihre jeweilige Partnerin die Erziehung und Betreuung der Kinder zu gleichen Teilen übernehmen. Rund 90 Prozent der Befragten, die dieses partnerschaftliche Modell leben, bezeichnen sich und ihre Partnerin als zufrieden mit der gewählten Aufgabenteilung. Liegen die Betreuung und Erziehung der Kinder überwiegend in der Hand der Frau, so sinkt die Zufriedenheit auf gut 60 Prozent. Unabhängig des jeweils gewählten Modells haben fast 70 Prozent der Väter das Gefühl, dass sich Familie und Beruf für sie gut oder sehr gut miteinander vereinbaren lassen.

Väter sind offen für (professionelle) Beratung

Unterstützung bei Erziehungsfragen suchen sich 73 Prozent der befragten Väter bevorzugt im unmittelbaren sozialen Umfeld, wie zum Beispiel bei der Partnerin (61 Prozent). Fachleute aus vertrauten Anlaufstellen wie der Kinderbetreuungseinrichtung oder der Kinderarztpraxis werden jeweils von ca. 23 Prozent der Väter um Rat gefragt. Die Angebote einer professionellen Erziehungsberatungsstelle haben rund 8 Prozent der Väter bereits in Anspruch genommen. Knapp die Hälfte aller Befragten kann sich vorstellen, dies in Zukunft einmal zu tun.

Besonders attraktiv für die Väter seien laut Umfrage Angebote, die vorwiegend abends oder samstags im Rahmen einer persönlichen Beratung stattfinden. Bevorzugt würden dabei eher Einzel- oder Familiengespräche als Gruppenangebote. Außerdem wünschten sich die Väter vor allem örtliche Nähe und zeitnahe Termine. Inhaltlich erwarten die Männer von einer Erziehungsberatung schnelle, praktische Lösungen sowie ganz allgemein die Möglichkeit zum Sprechen.

Wünsche und Erwartungen an Erziehungsberatung

Diese Anregungen möchte der Caritasverband Münster aufgreifen, um die väterspezifischen Angebote in der Erziehungsberatung noch besser auf die konkreten Bedarfe abstimmen und weiterentwickeln zu können. Das Werkstattgespräch der Fachstelle Väterarbeit in NRW bot den anwesenden regionalen Akteuren eine Plattform, um sich hierfür anbieterübergreifend auszutauschen und zu vernetzen. Dabei zeigte sich: Ein vertrauter Ort, bekannte Ansprechpersonen sowie der richtige Zeitpunkt der Ansprache erleichtern Vätern den Einstieg in die Beratung. Als Beispiel nannte die Vertreterin einer kirchlichen Beratungsstelle etwa das Thema Geburt des (ersten) Kindes und das darauf abgestimmte Angebot eines Babymassagekurses für Väter. Wie Väter im Rahmen der etablierten betrieblichen Gesundheitsberatung auf Wunsch auch ganz einfach Unterstützung im Bereich Erziehung und Familie erhalten könnten, beschrieb ein Unternehmensvertreter als weiteres Praxisbeispiel.

Attraktivität schaffen und Forschung fortsetzen

Das Fachpublikum kam überein: Wer mit Vätern zu Erziehungs- und Familienthemen in Kontakt kommen möchte, sollte Angebote schaffen, die für Männer inhaltlich, aber auch mit Blick auf die Rahmenbedingungen attraktiv sind. Dann werden diese gern in Anspruch genommen und im besten Fall von Vater zu Vater weiterempfohlen. Für ein tiefergehendes Verständnis dafür, was Väter beschäftigt und welche Unterstützung sie sich wünschen, könnte außerdem eine qualitative Erforschung in Einzelgesprächen sowie der Blick auf das gesamte Familiensystem sinnvoll sein, so die Expertinnen und Experten.

Akademische Laufbahn und Vaterschaft

Studentenväter

Die Beziehung zwischen Vater und Kind zu fördern und Vereinbarkeit von Studium oder Arbeit und Familie zu erleichtern, ist Ziel des Projektes VäterZEIT. Seit 2009 unterstützt es Väter unter den Studenten und Beschäftigten an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) in Düsseldorf.

„Vor allem von den Studierenden werden die Angebote von VäterZEIT gerne angenommen“, erzählt Oliver Hartmann vom FamilienBeratungsBüro (FBB), das das Projekt ins Leben gerufen hat. Er schätzt, dass rund 80 Prozent der Väter, die in die Väterberatung kommen, Studenten sind. Die Beratung und Aktionen richten sich an Väter in allen Lebenslagen: Familienväter, Alleinerziehende oder von der Partnerin und Kind getrennt lebende Väter, die an der HHU studieren, sowie an Mitarbeiter der Universität und Universitätsklinik.

Väterberatung

Studieren mit Kind – da tauchen eine Menge Fragen zu Finanzierung, Betreuungsangeboten und Väter- bzw. Elternzeit auf. Oliver Hartmann rät, sich frühzeitig zu informieren, um Fristen bei Anträgen nicht zu verpassen. Sind diese erst verstrichen, könne auch das FFB daran nichts ändern. „Bisher hatten wir aber noch keinen Fall, bei dem wir gar nicht helfen konnten“, freut sich der Berater. Wichtig findet er auch, dass sich die Väter aktiv informieren, welche Möglichkeiten es für sie gibt.

In der – auf Wunsch anonymen – Beratung erlebt Oliver Hartmann, dass es noch längst nicht selbstverständlich ist, wenn Väter sich mehr Zeit für ihre Familie nehmen wollen: „Trotzdem sollten sie sich nicht abschrecken lassen, wenn Dozenten oder Arbeitgeber negativ reagieren“, rät er. „Wir stehen ihnen zur Seite und unterstützen sie, Seepferdchenkurse und Seminare, Prüfungen und Kindergeburtstage, Windpocken und Leistungsdruck unter einen Hut zu bekommen.“ 

Freizeitaktionen für Vater und Kind

Neben der Beratung bietet das Projekt Väterarbeit mehrmals im Jahr Aktionen an, die von den Vätern gerne angenommen werden. Dazu zählen Kochkurse, Fahrradtouren, Fußball spielen, Lego-Roboter bauen sowie Besuche in der Fahrradwerkstatt oder in einer Bäckerei. Besonders gut kommen die Ferienfreizeiten an, die immer ausgebucht sind. „Es ist den Vätern sehr wichtig, dass sie aktiv Zeit mit ihren Kindern verbringen“, erzählt Oliver Hartmann und ergänzt: „Das ist ihnen derzeit wichtiger als das Netzwerken.“

Während der Freizeitaktivitäten tauschen sich die Väter aber auch untereinander aus. „Die Zeit mit seinem Kind in einem schönen Rahmen zu verbringen – das ist bei uns gerade im Kommen.“

Väternetzwerken beim Lunch Talk

Benjamin Kirst, Koordinator des Familien-Services an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, setzt auf den Netzwerkgedanken: „In unserer Arbeit im Gleichstellungsbüro merken wir, dass Väter einen emotionalen Zugang zum Thema brauchen. Es fällt ihnen oft schwer, vom Job abzuschalten und dann ganz für die Kinder da zu sein. Außerdem wollen sie verhindern, als Väter defizitär in Studium oder Job rüberzukommen. Deshalb fragen sie sich beispielsweise, wie sie ihrem Professor sagen, dass sie Zeit fürs (kranke) Kind brauchen, obwohl gerade ihr Laborprojekt in die Endphase geht.“

Das Gleichstellungsbüro möchte Väter an der Hochschule miteinander verbinden und ihnen Hilfestellung bieten, indem sie Gemeinsamkeiten mit anderen Vätern erleben. Zusammen mit Kooperationspartnern hat die Einrichtung so genannte Lunch Talks ins Leben gerufen. Bei Snacks und Kaffee können Väter und Interessierte in der verlängerten Mittagspause an Kurzvorträgen teilnehmen und sich in den anschließenden Diskussionsrunden über ihre Erfahrungen mit wissenschaftlicher Karriere und Vaterschaft austauschen.

Hintergrund Projekt VäterZEIT

Mit dem Erhalt des Grundzertifikats der gemeinnützigen Hertie-Stiftung „audit-familiengerechte Hochschule“ im Sommer 2008 hat sich die Heinrich-Heine Universität zum Ziel gesetzt, die sozialen Rahmenbedingungen für Beschäftigte und Studierende der HHU zu verbessern. So sollen die Vereinbarkeit von Beruf bzw. Studium einerseits und Familienleben andererseits erleichtert werden. Die Väterarbeit ist ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Auditierung, die durch das Projekt VäterZEIT realisiert wird.

Text aktualisiert am 10. Juni 2016