Vater ist, das was du draus machst!
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Vatersein

Ein schwieriges Geschäft: Windelwechsel unterwegs

Väter auf der Suche nach öffentlichen Wickelplätzen

Das Baby hat die Windeln voll und muss dringend gewickelt werden. Für Mütter keine große Sache: Ein Wickelplatz findet sich auf fast allen Damentoiletten. Für Väter dagegen kann sich eine volle Windel unterwegs zu einem echten Problem auswachsen.
Wickelplätze auf Herrentoiletten sind noch immer die Ausnahme – und die Damentoilette dürfen Männer nicht benutzen. Was also tun als wickelnder Vater? Der Überblick von vaeter.nrw liefert sichere und saubere Tipps für dringende Geschäfte.

Wichtig für die Gleichberechtigung: Wickelplätze für alle

Die USA sind auf dem Weg zur Wickel-Gleichberechtigung bereits ein großes Stück weiter: Der im Jahr 2016 verabschiedete Bathrooms Accessible in Every Situation Act – kurz BABIES-Act – schreibt gesetzlich vor, dass in jedem öffentlichen staatlichen Gebäude in den USA Wickeltische in den Toilettenräumen zur Verfügung stehen müssen, zugänglich für Frauen und Männer. Was nach einer vermeintlichen Kleinigkeit aussieht, ist für Fachleute ein wichtiger Schritt hin zu mehr Familienfreundlichkeit und Geschlechtergerechtigkeit.

Sauber und sicher – die besten Wickelplatz-Tipps

In Deutschland sind  entsprechende Regelungen noch nicht in Sicht. Doch auch hierzulande hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Väter, die alleine mit Babys und Kleinkindern unterwegs sind, sind keine Randerscheinung mehr. Öffentliche Einrichtungen und Geschäfte stellen sich zunehmend auf diese Entwicklung ein. Hier finden sich (fast immer) für Väter zugängliche Wickelplätze:
  • Viele Geschäfte, Kaufhäuser und Einkaufszentren haben geschlechtsneutrale Wickelräume eingerichtet. Auf Nachfrage erhalten Eltern hier häufig auch kostenlose Windeln und die nötigen Pflegeprodukte.
  • Drogeriemärkte: Verschiedene Drogerieketten bieten in ihren Filialen öffentliche Wickelplätze inklusive Windeln und Pflegeprodukten. Der Vorteil: Die Geschäfte finden sich fast überall in der Stadt. Der Nachteil: Man wickelt häufig mitten im Laden unter den Blicken anderer Kunden.
  • Öffentliche Gebäude: Ämter, Universitäten oder Gerichte bemühen sich im Rahmen von Gleichstellungskonzepten darum, Wickelplätze einzurichten, die von Vätern ebenso wie von Müttern genutzt werden können. Häufig befinden sich diese im Vorraum der Damentoilette. Ein entsprechender Hinweis an der Tür erlaubt dann auch Vätern den Zutritt.
  •  Hilfreich sind Webseiten und Apps, auf denen neben zahlreichen anderen kinderfreundlichen Orten auch Wickelplätze eingezeichnet sind, wie zum Beispiel daipa.de und babyplaces.de.

Vorbereitet auf alle Fälle: Was immer im Gepäck sein sollte

Kein richtiger Wickelplatz in Sichtweite? Viele Väter wickeln in solchen Situationen auf Parkbänken, Wiesen oder auch in der Nische in einem Café. Wichtig ist es hier, auf die Sicherheit des Kindes zu achten: Von einer Bank kann ein Baby noch viel schneller herunterfallen als von einem Wickeltisch. Entsprechend umsichtig sollte gewickelt werden – Feuchttücher und die frische Windel müssen unbedingt vorher griffbereit gelegt werden, um dann ohne Ablenkung wickeln zu können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Hygiene: (Einweg-)Wickelunterlagen und eine Decke leisten beim Windelwechsel unterwegs gute Dienste und sollten deshalb immer mit in die Wickeltasche gepackt werden.  

Jeder Vater ist auch Sohn

Die vererbte Vaterrolle

In der Berufswelt verändern sich die Rollen nur langsam: Drei viertel aller deutschen Eltern sagen, dass der Vater wesentlich für den Broterwerb zuständig ist. Schaut man aber in die Familien, zeigen sich zunehmend aktive, kümmernde Väter. Wie kommen Männer zurecht in der Doppelrolle des liebevollen Ernährers – für die es noch nicht viele Modellväter gibt?
Eine Forsa-Studie für die Zeitschrift Eltern zeigt das Dilemma. Die Väter sind hin- und hergerissen zwischen dem traditionellen Ideal, eines im Beruf erfolgreichen Mannes und dem wachsenden Wunsch, ein zugewandter Vater zu sein. Sie wollen eigentlich mehr Zeit mit den Kindern verbringen – und arbeiten zugleich weiter in Vollzeit. Die finanzielle Sicherheit ist dafür ein Argument. Aber auch die persönliche Anerkennung, die sie im Job erfahren, stärkt ihre männliche Identität. Im Ergebnis hat mehr als die Hälfte (54 Prozent) der von Forsa befragten Väter das Gefühl, der eigenen Rolle nicht gerecht zu werden. Wie genau diese Rolle ausschauen soll, kann jedoch kaum ein Vater sagen. Dem Idealbild fehlt das Vorbild.

Ohne Rollenvorbild fehlt der Halt

Für den Männer- und Vater-Coach Josef Hönerlage aus Münster ist das fehlende Vorbild ein entscheidender Punkt: „Viele Väter, die zu mir kommen, sind sich ihrer männlichen Vaterrolle unsicher“, sagt er. „Sie möchten authentisch sein als Mann und als Vater. Aber sie hatten nicht die männlichen Leitbilder und Väter, von denen sie hätten lernen können.“ Auch Freunde und Bekannte können diese Funktion übernehmen. Aber den größten Einfluss hat immer noch die Ursprungsfamilie. In dieser „glänzten“ viele Väter durch berufliches Engagement und familiäre Abwesenheit. Waren sie für die Kinder doch einmal präsent, übernahmen sie oft nur einen strafenden und Grenzen setzenden Part. Auch wenn heutige Väter es eigentlich besser wissen – und es sich auch anders wünschen – das klassische Rollenverständnis der Vorgeneration lebt noch in den Familienstrukturen fort. In den fehlenden Vatervorbildern sieht Josef Hönerlage noch ein weiteres Problem: „Viele Väter, die in ihrer Rolle unsicher sind, versuchen, sich der aktiven Vaterverantwortung zu entziehen oder sie imitieren mütterliches Verhalten.” Eine männliche Art zu fühlen und zu denken, können die Kinder so nicht erleben. Dabei könnten Väter – beispielsweise in Problemsituationen – signalisieren: Traut euch, entdeckt die Welt, ihr seid gut, ihr schafft das! Josef Hönerlage: „Dass Väter auf diese Weise aktiv sind und die Erziehung um ihren Part ergänzen, ist besonders wichtig: So bekommen die Kinder die Chance, Mannsein und Vatersein kennenzulernen.“

Mit dem eigenen Vater ins Reine kommen

Vereinfacht gesagt, lassen sich bei Josef Hönerlage zwei Grundtypen von Vätern coachen: Zum einen jüngere Männer mit kleinen Kindern, die von den eigenen Ansprüchen, den Aufgaben im Job und den Erwartungen der Partnerin überfordert sind. Zum anderen ältere Väter, die in oder nach der Pubertät ihrer Kinder merken, dass sie etwas verpasst haben. Sie wünschen sich eine Bindung zu den Heranwachsenden, möchten Verlorenes nachholen oder in einer Phase in die Erziehung eingreifen, in der sich die Kinder gerade von den Eltern lösen. Für alle hat der Coach einen zentralen Rat: „Wenn wir für unsere Kinder ein positiver und stärkender Vater sein wollen, müssen wir uns unserer männlichen Identität zumindest einigermaßen sicher sein. Und um diese zu festigen, ist es von großer Bedeutung, mit dem eigenen Vater im Reinen zu sein oder ins Reine zu kommen.“ Dazu kann auch gehören, zu verstehen, weshalb der Vater nicht in der Lage war, seinen Sohn mit einem liebevollen und umfassenden „Ja“ zu stärken. „Die Gefahr ist, dass wir Konflikte, die wir mit unserem Vater hatten, unbewusst auf unsere Kinder übertragen“, sagt Josef Hönerlage. „Wenn das Verhältnis zum Vater geklärt ist, fällt es auch leichter, den eigenen Kindern gegenüber eine moderne und ermunternde Vaterrolle zu entwickeln, die zwar Grenzen setzt – aber auch vertrauensvoll Entwicklungsräume lässt." (vaeter.nrw) Text aktualisiert am 11.06.2016