Vater ist, das was du draus machst!
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Vereinbarkeit

… und es geht doch!

Vereinbarkeit

Mehr Frauen in Führungspositionen! Diese Forderung hat nur vordergründig mit besseren Chancen für die Frauen zu tun. Genauso wesentlich ist, dass damit auch die Chancen von Männern steigen: auf bessere Vereinbarkeit, mehr Familie und Partnerschaftlichkeit und weniger Belastung als Alleinverdiener. Die Initiative „Chefsache“ hat sich das Thema auf die Fahne geschrieben und dazu ein Magazin veröffentlicht.
Familie und Beruf besser zu vereinbaren, ist ein großer Wunsch der meisten Väter und Mütter. Bislang allerdings scheint man sich entweder für die Karriere oder für die Familie entscheiden zu müssen. Dass der berufliche Aufstieg nicht zwangsweise auf Kosten des Familienlebens geht, zeigen viele Beispiele. Die Initiative „Chefsache“, ein Netzwerk von Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlichem Sektor, setzt sich seit 2015 für einen Kulturwandel in den Chefetagen ein. Ihr Ziel: mehr Chancengleichheit und eine bessere Vereinbarkeit. Im Juni veröffentlichte die Initiative das Chefsache Magazin. Darin porträtieren die Herausgeber Väter und Mütter, die eine Familie gegründet haben, ohne auf den beruflichen Aufstieg verzichten zu müssen. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die jeweiligen Unternehmen. Gelingt es dort, familienfreundliche Strukturen zu schaffen, profitieren alle davon.   Das Magazin „Chefsache“ mit Praxisbeispielen zur Vereinbarkeit als PDF

Die familienfreundliche Chefetage

Vereinbarkeit

Immer mehr Unternehmen möchten die Flexibilität ihrer Führungskräfte fördern – und so auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreichen. Aber es hapert noch bei der Umsetzung. Nina Bessing von der EAF Berlin (Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin e. V.) hat sich im Rahmen des Projektes „FleXship“ mit der Frage beschäftigt, wie Vereinbarkeit in Führung verwirklicht werden kann.
vaeter.nrw: Frau Bessing, eigentlich sind sich alle einig: Angestellte Eltern, politische Akteure und Unternehmen wünschen sich eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade in den Führungsebenen scheint die Umsetzung aber nicht recht zu klappen.Nina Bessing: Das bislang Erreichte ist sicherlich noch ein zartes Pflänzchen – aber die Richtung stimmt. Dabei ist es interessant, sich die verschiedenen Führungsebenen und Modelle genauer anzuschauen: Maßnahmen wie Home-Office und die Flexibilisierung der Arbeitszeiten existieren auf der mittleren Führungsebene heute bereits in fast jedem Unternehmen. Modelle wie reduzierte Vollzeit oder Jobsharing sind vereinzelt vorhanden. Zusätzlich existiert eine Dunkelziffer an Fällen, bei denen Maßnahmen „unter der Hand“ vereinbart wurden. Doch in Top-Führungspositionen sind flexible Modelle sehr selten.
vaeter.nrw: Wie hat man sich das vorzustellen?Nina Bessing: Wenn beispielsweise ein Vater aus der mittleren Führungsebene seine Arbeitszeit reduzieren oder von zu Hause arbeiten will, schwingt oft die Sorge mit, dass dieser Schritt die Karriere ausbremsen könnte. Außerdem ist die Befürchtung weit verbreitet, dass Begehrlichkeiten bei den Kollegen entstehen, wenn mit dem Thema zu offen umgegangen wird. Das Problem dabei ist eine bestimmte Vorstellung von Leistung – besonders im Top Management. Dort demonstriert man seinen Arbeitsethos häufig durch auffallend lange Arbeitszeiten und die Präsenz im Betrieb. Andererseits ist klar, dass Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten bei 60 Wochenstunden auch kein großer Gewinn für die Familie sind. Beides führt zu verschwimmenden Grenzen und Übergriffen von der Arbeit in das Privatleben. Gerade in Führungspositionen ist Selbstkontrolle dann eine wichtige Eigenschaft, um nicht daheim mit der halben Aufmerksamkeit in Jobthemen zu hängen. Für viele Führungskräfte ist diese Vermischung allerdings Alltag.
vaeter.nrw: Fehlt denn im Topmanagement vielleicht der Wille, Vereinbarkeit in der Unternehmenskultur fest zu verankern?Nina Bessing: Nein. Der Wille ist fast überall zu erkennen. Es geht in den Unternehmen aber oft um ernstzunehmende Schwierigkeiten, das Gewünschte im Arbeitsprozess auch umzusetzen: Umfassende Flexibilisierung oder Reduzierung der Arbeitszeit brauchen eine neue Organisation und eine andere Art des Führens. Wenn im Team flexibler gearbeitet wird, steigt für die Führungskräfte insbesondere zu Beginn der Einführung neuer Modelle erst einmal der Managementaufwand: Wer übernimmt welche Aufgaben? Wie lassen sich die Arbeitsergebnisse von Kollegen und Kolleginnen mit Vertrauensarbeitszeit kontrollieren? Wie verteilt man die Arbeitslast ausgewogen auf das Team, sodass die Kundschaft weiterhin zufrieden ist? Wie berücksichtigt man die individuelle Lebenssituation einer Mitarbeiterin, die beispielsweise keine Familie hat … Da wird es verständlich, dass jemand der ohnehin einen vollen Schreibtisch hat, etwas zurückschreckt.
vaeter.nrw: Und in dem Fall, dass ein Vater in Führungsposition für sich selbst mehr Familien-Raum schaffen möchte?Nina Bessing: Wenn das bislang nicht gelebt wurde, setzt es einige Umgewöhnung voraus: Solche Väter müssen dann lernen, Kompetenzen und Verantwortung abzugeben und Aufgaben klug zu delegieren. Wer seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht in die Lage versetzt, von ihnen vertreten zu werden, zementiert den eigenen Unersetzbarkeitsstatus. Führungskräfte, die weniger oder flexibler arbeiten möchten, sollten das also frühzeitig vorbereiten. Wichtig ist dabei auch, sich die Zusammensetzung des Teams genau anzuschauen: Wer eignet sich wofür? Wem entspricht es vielleicht eher, mit mehr Verantwortung und Autonomie zu arbeiten – und wem weniger?
vaeter.nrw: Wenn der Weg dahin also schwierig ist, wie schaffen es Führungskräfte, dass ihr Vorhaben im Unternehmen mitgetragen wird?Nina Bessing: Zunächst gilt für Führungskräfte und Angestellte das Gleiche: Wichtig ist immer, sich zusammenzutun. Es gibt wahrscheinlich in allen Betrieben genug Väter, die ähnliche Wünsche und Pläne haben. Wenn man sich austauscht, organisiert und seine Vorstellungen gemeinsam kommuniziert, bekommen sie mehr Gewicht. Väter sollten Netzwerke bilden und sich in anderen Betrieben umhören, wie es dort gemacht wird.
vaeter.nrw: Wie haben denn Unternehmen, die erfolgreich Vereinbarkeitsmodelle einsetzen, ihre Probleme gelöst?Nina Bessing: Der Wunsch nach mehr Vereinbarkeit muss quer durch das Unternehmen Unterstützer finden. Von der Spitze bis zu den Angestellten. Beispielsweise hat die Telekom verschiedene Pilot-Programme gestartet, die für alle Teilnehmer eine Art Schutzraum bilden. Hier sollen die Leute Arbeitsmodelle ausprobieren, ohne Angst um die Karriere zu haben. Dazu gehören zum Beispiel Vertrauensarbeitszeit, und dass die festen Arbeitsplätze aufgehoben wurden – wer ständig neben anderen Kollegen sitzt, muss eigenverantwortlicher arbeiten und die Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten wissen nicht unbedingt, wann man arbeitet oder nicht. Dadurch werden die Strukturen auf verschiedenen Ebenen verändert und für die Führungskräfte ist es wichtiger, Arbeits- und Projektergebnisse zu bewerten als Präsenzzeiten.
vaeter.nrw: Gab es keine Sorge, dass die Produktivität sinkt, wenn Kontrolle durch mehr Eigenverantwortung ersetzt wird?Nina Bessing: Tatsächlich reduzieren sich vor allem unproduktive Arbeitsstunden. Wenn man seine Arbeitszeit „absitzt“ um Präsenz zu zeigen, vertut man automatisch viel Zeit mit sinnlosen Dingen. In diesen Programmen zeigt sich aber, wie Flexibilität zu mehr Konzentration und Motivation führt. Interessant sind auch die Erkenntnisse aus Jobsharing-Modellen: Weil sich mehrere Menschen einen Aufgabenbereich teilen, gibt es zwangsweise mehr Zusammenarbeit in Kleinstteams. Das wiederum bedeutet einen stärkeren Austausch im Team und darauf folgt eine merkliche Qualitätssteigerung. Auch die Innovationsfreude wächst im Unternehmen. Schließlich können sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht mehr einfach auf das Urteil ihrer jeweiligen Vorgesetzten verlassen, sondern müssen selbst kreativ werden, um Probleme zu lösen. Diese Erfahrungen sind gute Argumente für Unternehmen, etwas mutiger zu werden und neue Ansätze zu probieren.
Zur Person:

Nina Bessing, EAF Berlin

Nina Bessing ist Director in den Themenfeldern HR-Management und Training in der EAF Berlin und strategische Leiterin des Projektes „FleXship“. Die EAF Berlin begleitet Organisationen in Veränderungsprozessen für mehr Vielfalt in Führung. Als unabhängiges Institut arbeitet sie an der Schnittstelle von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Sie berät zu den Themen Vielfalt und Chancengleichheit, Karriere und Führung, Vereinbarkeit und Resilienz sowie Politik und Partizipation. Sie konzipiert und realisiert innovative Programme und Trainings zur Personal- und Organisationsentwicklung. Eigene Studien und Forschungsprojekte runden die Expertise der EAF Berlin ab.Der Leitfaden „Flexibles Arbeiten in Führung“ der EAF als Download.   

Themen Die familienfreundliche Chefetage

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Elternzeit im Job völlig akzeptiert?

Gastbeitrag

Immer mehr Väter unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für die Kinderbetreuung. Das sind gute Neuigkeiten: Natürlich zunächst für die Kinder, die mehr von ihrem Papa haben als der Nachwuchs in den Generationen zuvor. Aber auch für Eltern ist die Entwicklung positiv. Denn sie unterstützt die partnerschaftliche Arbeitsteilung und den Wunsch vieler Paare nach mehr Gleichheit in der Partnerschaft. – Ein Gastbeitrag von Dr. Yvonne Lott, Hans-Bö...

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Väter fördern – eine Frage der Unternehmenskultur

Vereinbarkeit

Ihr Beruf ist den deutschen Vätern wichtig oder gar sehr wichtig. Das sagen 92 Prozent von ihnen laut der Vereinbarkeitsstudie „Geht doch!“ des Instituts Allensbach von 2015. Zugleich wünscht sich ein gutes Drittel aller berufstätigen Väter mehr Zeit für Kinder und Familie. Geht es jedoch darum, die gewünschte Vereinbarkeit umzusetzen, sind nicht zuletzt die Arbeitgeber gefragt.

Vorbilder gesucht

Vereinbarkeit

Wie steht es in deutschen Unternehmen um die Familienfreundlichkeit? Und welche Maßnahmen werden dort getroffen, um ein besseres Miteinander von Arbeit und Beruf zu ermöglichen? Diesen Fragen geht seit zehn Jahren der Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit nach. Ende Juni stellte das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) die aktuellen Ergebnisse vor.
Im Auftrag des Bundesfamilienministeriums befragte das IW insgesamt 1.399 Personalverantwortliche, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowie 2.500 Beschäftigte nach der Familienfreundlichkeit in ihrem Betrieb. Dabei wurde deutlich, dass eine klare Mehrheit der Unternehmen (77 Prozent) Familienfreundlichkeit generell bedeutend findet. Insbesondere für Beschäftigte mit Kindern nennen Unternehmen (92 Prozent) familienfreundliche Maßnahmen als wichtige Aufgabe. Als betriebswirtschaftlichen Grund für den ausgeprägten Unternehmenswillen nennt das Gutachten die Beschäftigungssituation: Familienfreundlichkeit gilt als ein zunehmend wichtiges Merkmal, um auf dem Arbeitsmarkt attraktiv zu sein. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu gewinnen und an sich zu binden, fällt den Betrieben leichter, die eine gute Vereinbarkeit versprechen.

Maßnahmen für Väter

Das IW fragte auch, welche konkreten Möglichkeiten für familienfreundliches Arbeiten den Eltern aktuell schon angeboten wird. Dazu gaben 84 Prozent der Betriebe an, dass bei ihnen auf Eltern besondere Rücksicht genommen wird – beispielsweise bei der Urlaubsplanung. 64 Prozent bieten ihnen Teilzeitmodelle an oder eine phasenweise Beschäftigung während der Elternzeit. Eine zusätzliche finanzielle Leistung über dem gesetzlichen Niveau kommt dagegen nur bei sechs Prozent vor. Maßnahmen, die sich speziell an Väter richten, sind in deutlich weniger Unternehmen vorgesehen. So motivieren 14 Prozent der befragten Betriebe ihre männlichen Mitarbeiter ausdrücklich, Elterzeit zu nehmen und knapp 9 Prozent ermuntern sie, in Teilzeit zu arbeiten. Entscheiden sich Väter – ob durch den Arbeitgeber motiviert oder nicht – Elternzeit oder Teilzeit in Anspruch zu nehmen, unterstützen aber viele Unternehmen dieses Vorhaben. Modelle wie vollzeitnahe Teilzeit (22 Prozent), eine probeweise Teilzeitarbeit (zwölf Prozent) oder ergebnisorientiertes Führen (20 Prozent) sind verbreitet und werden den Vätern auch in Kombination angeboten.

Familienfreundliches Führen

Schwieriger wird es bei der Frage, inwiefern die familienfreundliche Firmenkultur auch von den Führungskräften vorgelebt wird. Nur in 17 Prozent der befragten Unternehmen entscheiden sich Führungskräfte selbst für Elternzeit. Das hat Auswirkungen auf das Verhalten der übrigen Mitarbeiter. Denn Führungskräfte sind nicht nur Verstärker oder Blockierer bei der persönlichen Arbeitseinstellung und beim Erreichen von Leistungszielen. Als Vorbilder motivieren oder bremsen sie genauso bei der Frage, ob Väter in einem Unternehmen in Teilzeit arbeiten oder Elternzeit nehmen. Wenn nur fünf Prozent der männlichen Führungskräfte eines Unternehmens selber in Teilzeit arbeitet, stellt das für die übrigen Väter ein ernstes Hemmnis dar: Die Befragung des IW zeigt, dass der Anteil der Männer, die in Elternzeit gehen um das Fünffache steigt (15 Prozent), wenn die eigenen Führungskräfte zuvor ebenfalls Elternzeit genommen haben. Der Unternehmensmonitor des IW als PDF zum Download

Elternzeit im Job völlig akzeptiert?

Gastbeitrag

Immer mehr Väter unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für die Kinderbetreuung. Das sind gute Neuigkeiten: Natürlich zunächst für die Kinder, die mehr von ihrem Papa haben als der Nachwuchs in den Generationen zuvor. Aber auch für Eltern ist die Entwicklung positiv. Denn sie unterstützt die partnerschaftliche Arbeitsteilung und den Wunsch vieler Paare nach mehr Gleichheit in der Partnerschaft. – Ein Gastbeitrag von Dr. Yvonne Lott, Hans-Böckler-Stiftung
Aus Ländern, die Erwerbsunterbrechungen von frisch gebackenen Vätern schon sehr viel länger fördern als Deutschland – etwa Schweden – wissen wir: In Paarbeziehungen, in denen Väter eine Auszeit für die Kinder nehmen, wird Hausarbeit und Kinderbetreuung längerfristig gleicher aufgeteilt. Auch steigen Frauen wieder schneller in den Job ein, wenn ihre Partner Elternzeit nehmen.

Elternzeit von Vätern – Normalität im Job

Der Trend zum väterlichen Engagement in der Kinderbetreuung ist auch im Joballtag angekommen. Vor der Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 war die Zahl der Väter, die ihre Erwerbsarbeit aus familiären Gründen unterbrachen, verschwindend gering. Im Job galt der Vater als ein guter Vater, wenn er für die Familie sorgte – nicht etwa durch seine Präsenz daheim, sondern finanziell. Diese gesellschaftliche Vorstellung wandelt sich gerade. Heute wollen Väter Zeit für die Familie. Das haben auch die Unternehmen erkannt, die nicht nur mit dem Bild des sorgenden Vaters werben, sondern sich auch auf die veränderten Ansprüche ihrer zukünftigen Arbeitskräfte einstellen müssen, um auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Elternzeit von Vätern ist im Job selbstverständlich geworden. Mussten sich Männer, die in den Betrieben erstmals Elternzeit nutzten, noch Kommentare von den Kollegen anhören, ist die Elternzeit von Vätern mittlerweile weitgehend akzeptiert. Diese Entwicklung sollte uns rundweg positiv stimmen. Oder?

Elternzeit? Ja, aber nur 2 Monate!

Betrachten wir die Statistiken genauer und fragen nach der Länge des Elterngeldbezugs, stellen wir fest: Mehr als zwei Drittel der Väter (78 Prozent) nimmt Elternzeit bis zu zwei Monate in Anspruch und nicht länger (Statistisches Bundesamt 2014). Obwohl Vätern bis zu 12 Monaten Elternzeit rechtlich zusteht, entscheidet sich der Großteil für eine relativ kurze Erwerbsunterbrechung. Im Gegensatz dazu nimmt der überwiegende Teil der Mütter (93 Prozent) 10 bis 12 Monate Elternzeit. Die Arbeitsteilung von Paaren ist also nicht so gleich und das Engagement der Väter nicht so hoch, wie die 34 Prozent von Vätern, die Elterngeld beziehen, zunächst versprechen.

Elternzeit – Karriereknick?

Ein Grund für die kurze Elternzeitdauer bei Vätern sind Barrieren im Job. Dies zeigt das Forschungsprojekt „Arbeitszeit im Lebensverlauf“ des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler Stiftung. Vorgesetzte erwarten von Männern oftmals, dass sie die betrieblichen Belange bei der Inanspruchnahme von Elternzeit berücksichtigen. Vätern wird beispielsweise nahegelegt, ihre Elternzeit nicht in der Urlaubszeit zu nehmen, wo alle Kolleginnen und Kollegen weg sind, sondern dann, wenn ihre Elternzeit am wenigsten „stört“. Darüber hinaus wird von ihnen erwartet, dass sie ihre Arbeit nur für kurze Zeit unterbrechen, um ihren Arbeitsausfall so gering wie möglich zu halten. Gelten Beschäftigte als unersetzbar und jederzeit verfügbar wie etwa Fach- und Führungskräfte, ist die Nutzung von Elternzeit generell nicht gern gesehen. Für die Hochqualifizierten hängt die Inanspruchnahme von Elternzeit vom guten Willen der Vorgesetzten ab und ist damit reine Glückssache. Männer verzichten daher häufig auf eine längere Elternzeit um ihrer beruflichen Karriere nicht zu schaden. Väter, die Elternzeit mit mindestens drei Monaten genommen haben, schätzen ihre Aufstiegschancen häufiger als schlechter ein als Männer, die maximal zwei Monate in Elternzeit gehen. Väter mit einer längeren Elternzeit berichten von Ansehensverlust, schlechten Leistungsbewertungen, minderwertigen Arbeitsinhalten und Einkommenseinbußen. Männer verzichten auch dann häufig auf (eine längere) Elternzeit, wenn die Personaldecke im Unternehmen dünn ist und sie die Kolleginnen und Kollegen durch ihren Arbeitsausfall nicht belasten wollen.

Es ist noch Luft nach oben!

Damit die Elternzeit tatsächlich zu einem höheren familiären Engagement von Vätern und zu mehr Gleichheit in der Partnerschaft beiträgt, müssen sich Unternehmen – aber auch die Gesellschaft – noch mehr bewegen. Es bedarf neuer Leistungs-, Verfügbarkeits- und Präsenzvorstellungen und einer ausreichenden Personalausstattung in den Betrieben. Nur so können Väter mit ruhigem Gewissen auch für längere Zeit in Elternzeit gehen. Aber auch die Väter selbst sind gefordert. Anstatt auf die Elternzeit zu verzichten um den Unmut des Vorgesetzen und der Kollegen zu vermeiden, müssen sich Väter ein dickes Fell zu legen. Dies haben die Elternzeit-Pioniere gemacht, die dazu beigetragen haben, dass die zweimonatige Elternzeit von Vätern im Joballtag heute selbstverständlich ist.Dr. Yvonne Lott ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Referat „Erwerbsarbeit im Wandel“ der Hans-Böckler-Stiftung. Bis Juni 2016 arbeitete sie im Projekt Arbeitszeitoptionen im Lebensverlauf (AZOLA) des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). AZOLA untersuchte die betrieblichen Bedingungen und die praktische Umsetzung von Arbeitszeitoptionen (wie Teilzeitarbeit, Elternzeit und Pflegezeit und Arbeitszeitkonten).

Väter fördern – eine Frage der Unternehmenskultur

Vereinbarkeit

Ihr Beruf ist den deutschen Vätern wichtig oder gar sehr wichtig. Das sagen 92 Prozent von ihnen laut der Vereinbarkeitsstudie „Geht doch!“ des Instituts Allensbach von 2015. Zugleich wünscht sich ein gutes Drittel aller berufstätigen Väter mehr Zeit für Kinder und Familie. Geht es jedoch darum, die gewünschte Vereinbarkeit umzusetzen, sind nicht zuletzt die Arbeitgeber gefragt.
vaeter.nrw: Familienfreundlich sein heißt für Unternehmen auch, Familienwelt und Arbeitswelt näher zusammen zu bringen, oder?Alexander Peitzsch: Tatsächlich ist es ja so, dass wir als Arbeitgeber viel Zeit der bei uns beschäftigten Eltern beanspruchen. Da bleibt während der Woche häufig nur noch wenig Familienzeit. Deshalb binden wir die Familien mit ein. Wir machen das beispielsweise an Familientagen, bei denen wir mit Kletterwand, Hüpfburg und Malstation ein kleines Fest veranstalten. Da können die Kinder den Arbeitsplatz von Papa oder Mama kennenlernen oder dürfen mal in den Tresorraum. Speziell für die Väter organisieren wir auch Vater-Kind-Aktionstage bei denen sie klettern gehen oder auf der Werse paddeln und so gemeinsam etwas Besonderes erleben.
vaeter.nrw: Wenn Eltern arbeiten gehen, möchten sie ihre Kinder währenddessen in guten Händen wissen. Wie kann die Sparkasse da helfen?Alexander Peitzsch: Wir haben hier in Münster eine ehemalige Filiale zur Großtagespflege umgebaut und bieten für die unter drei Jahre alten Mitarbeiterkinder bis zu 45 Betreuungsstunden pro Woche an. Besonders wichtig ist den Eltern aber auch die flexible Notfallbetreuung, wenn ihre normale Betreuung ungeplant ausfällt, also beispielsweise der andere Elternteil krank im Bett liegt.
vaeter.nrw: Viele Eltern klagen auch über Betreuungsengpässe in der Ferienzeit.Alexander Peitzsch: Ja, weil Schulen und Kindergärten deutlich länger Ferien haben, als die Eltern Urlaub bekommen, wird es manchmal schwierig. Daher haben wir für insgesamt sechs Wochen im Jahr Ferienbetreuungen eingerichtet. Beispielsweise mit Touren zu einem Bauernhof oder ein Sport- und Aktionsprogramm in Zusammenarbeit mit einem benachbarten Sportverein. Außerdem können sich Eltern über unser Programm Urlaub Plus eigene Urlaubstage „dazu kaufen“. Das heißt, sie nutzen zusätzlich zu ihrem festen Urlaub frei wählbare Einzeltage für die Familie und verzichten dafür auf einen entsprechenden Teil ihrer Sonderzahlungen, wie Weihnachtsgeld. Das macht die Eltern flexibler.
vaeter.nrw: Flexibilität ist für Väter und Mütter wahrscheinlich ein großes Thema.Alexander Peitzsch: Oft geht es genau darum. Bei uns fängt das mit freierer Arbeitszeitgestaltung, Vertrauensarbeitszeiten oder Homeoffice an – wobei es in den Sparkassenfilialen mit ihren Öffnungszeiten natürlich Präsenzzeiten geben muss. Unsere Väter schätzen die Flexibilität und wir ermuntern sie auch, Elternzeit zu nehmen oder in Teilzeit zu arbeiten. Insgesamt haben wir eine Teilzeitquote von 30 Prozent. Allerdings sind das in erster Linie die Mütter. Die Väter interessieren sich mehr für die Partnermonate.
vaeter.nrw: Wie motiviert man die Väter, solche Angebote wahrzunehmen?Alexander Peitzsch: Wir führen regelmäßig mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sogenannte Mehr-Miteinander-Gespräche. Darin geht es nicht nur um Berufliches, sondern auch um die privaten Wünsche und Träume. Dabei wollen wir den Vätern die Sorge nehmen, es könnten ihnen durch Elternzeit Nachteile entstehen. Wir helfen ihnen auch bei ihrem Wiedereinstieg und bieten Seminare an, die in der besonderen Situation junger Eltern Tipps zum Zeitmanagement geben. Letztlich ist es vor allem eine Frage der Unternehmenskultur. Auf allen Ebenen herrscht der Wille, Eltern zu unterstützen – und dennoch sind die Väter derzeit noch zurückhaltender, als sie sein müssten.
vaeter.nrw: Wie kommt das?Alexander Peitzsch: Vielleicht braucht es noch ein bisschen Zeit, bis eine Mehrheit der Führungskräfte diesen Geist auch vorlebt. Es ist das Eine, den Mitarbeitern zu sagen, sie können problemlos in Elternzeit gehen. Wenn zugleich der Vorgesetzte aber eine ausgeprägte Präsenzkultur pflegt, möchte der Mitarbeiter dem nicht nachstehen. Viele Führungsposten sind mit Babyboomern besetzt und in der Generation ist die Gewichtung oft eher klassisch. Jüngere Führungskräfte haben hier in der Regel eine andere Vorstellung. Sie nehmen Elternzeit und sind wichtige Vorbilder, um die Unternehmenskultur langfristig zu verändern.
vaeter.nrw: Auch aus unternehmerischem Interesse?Alexander Peitzsch: Unbedingt. Hier hat jeder erkannt, dass es nicht einfach darum geht, Vätern und Müttern einen Gefallen zu tun. Die Sparkasse profitiert davon, familienfreundlich und damit ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Das hilft uns, gute Leute zu gewinnen und sie auch an das Unternehmen zu binden. Mitarbeiter, die sich nicht ständig in einem Konflikt zwischen Arbeit und Familie befinden, sind leistungsbereit und leistungsfähig.
Zur Person:

Alexander Peitzsch ist 41 Jahre alt, und selbst Vater von drei Kindern. In der Sparkasse Münsterland Ost ist er verantwortlich für den Bereich Personalpolitik.

Themen Väter fördern – eine Frage der Unternehmenskultur

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ElterngeldPlus – eine Zwischenbilanz

ELTERNZEIT

Noch ist das ElterngeldPlus eine recht neue Form des Elterngeldes, die Eltern eine flexiblere Aufteilung zwischen Familie und Beruf ermöglichen soll: Möchten Vater und Mutter nach der Geburt in Teilzeit arbeiten, steht ihnen Elterngeld nun über einen längeren Zeitraum zu und sie können den Anspruch auch in diesem Zeitraum ohne Einbußen ausschöpfen. Diese Regelung gilt für Kinder, die ab dem 1. Juli 2015 geboren wurden. vaeter.nrw schaut...

Elternstart NRW: Fit fürs Vatersein

Der Entwicklungshelfer

Gerade im ersten Lebensjahr eines Kindes, haben die jungen Väter und Mütter unzählige neue Fragen. Daher bieten rund 150 Einrichtungen in ganz NRW kostenfreie Kurse zur Familienbildung an. Finanziert durch das Familienministerium NRW stehen pädagogische Fachkräfte mit Informationen, Rat und Zuspruch zur Seite.
Um den Familienalltag in der ersten Zeit nach einer Geburt zu meistern, können Eltern viel Unterstützung von außen gebrauchen. Mit etwas Glück helfen Oma und Opa, Freunde und Arbeitskollegen bei Einkäufen, im Haushalt oder übernehmen Extraaufgaben bei der Arbeit. Und wer von denen eigene Kinder hat, wird auch ein paar Ratschläge beisteuern können. Aber all die praktischen Hilfestellungen und Tipps aus dem Bekanntenkreis ersetzen keinen Ort, an dem Eltern ihre Fragen mit Fachleuten und anderen jungen Eltern besprechen können. Einen solchen Ort bieten die Kurse von Elternstart NRW. Das Angebot ist ganz auf die Situation von jungen Eltern im ersten Jahr nach der Geburt zugeschnitten. An fünf frei wählbaren Terminen treffen sich Gruppen von Eltern mit ihren Babys in einer der teilnehmenden Einrichtung und reden über ihre Sorgen und Bedürfnisse. Begleitet und moderiert werden die Kurse von pädagogischen Fachkräften. Mit ihnen besprechen die Eltern beispielsweise, wie sich eine innige Eltern-Kind-Beziehung aufbaut, wie sich die Entwicklung des Babys positiv beeinflussen lässt und wie Väter und Mütter den anstrengenden Alltag managen.

Papa-Kompetenzen entwickeln

Im Gegensatz zu vielen anderen Eltern-Baby-Angeboten richtet sich Elternstart NRW ausdrücklich auch an Väter. Gemeinsam mit ihrer Partnerin können sie sich in den Kursen Gedanken zu einer gerechten Aufteilung ihrer neuen Aufgaben machen, zu Freiräumen für andere Aktivitäten und natürlich zu grundsätzlichen Erziehungsfragen. Anstatt das Thema „Kind“ den Müttern zu überlassen, haben Männer hier die Chance, ihre eigenen Kompetenzen zu entwickeln – auf Augenhöhe mit der Partnerin. Beispiel Stillen: Ähnliche Momente mit inniger Nähe zum Kind können sich auch Väter einrichten. In den Kursen erfahren sie, wie andere Männer mit ihrem Baby schmusen, es am Körper tragen, beruhigen oder zum Einschlafen bringen – und so schon ganz früh eine enge Bindung zu dem Kleinen herstellen. Die eigene Vaterrolle zu aufzubauen, fällt meist leichter, wenn man erlebt, wie andere Väter in sie hineinwachsen. Für junge Väter gibt es im Alltag nicht viele Gelegenheiten, sich mit anderen Männern in einer vergleichbaren Situation auszutauschen. Um so wertvoller sind sie. Bei dem Projekt Elternstart NRW ist dieser Austausch wesentlicher Teil des Konzepts: Wie gehen andere Väter mit Problemen am Arbeitsplatz um, wenn Vereinbarkeit nicht so leicht umzusetzen ist? Wie erleben sie den Rückzug von alten Freunden? Was tun andere, um die Liebesbeziehung zur Partnerin lebendig zu halten? Welche anderen Angebote für junge Väter gibt es noch? Wie versteht man besser, was der Säugling will? Immer geht es um die konkreten Fragen der Teilnehmer – mit dem Ziel, sie fit und selbstbewusst für den Start ins Familienleben zu machen.

FAQ: Familienorganisation und Vereinbarkeit

Tipps und Empfehlungen

Sich in der Familie so zu organisieren, dass die berechtigten Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt werden, ist nicht einfach und erfordert hohes Engagement. Was bedeutet das in der Praxis? Vaeter.nrw fasst Aussagen und Empfehlungen von Expertinnen und Experten zu Fragen rund um die Vereinbarkeit unterschiedlicher Bedürfnisse zusammen.
Die Herausforderungen in einer Paarbeziehung beginnen, wenn die erste Verliebtheit vorbei ist. Beide Partner treten einen Schritt zurück und sehen plötzlich einen Menschen mit Ecken und Kanten vor sich. Es wird deutlich, dass so manches scheinbare Einverständnis gar keines war. Miteinander Vereinbarungen zu treffen, wie es im Berufsleben oder unter Freundinnen und Freunden selbstverständlich wäre, kommt vielen Paaren für ihr Familienleben nicht in den Sinn.  Eigene Bedürfnisse beziehungsweise Kritik an der Partnerin oder dem Partner bleiben oft unausgesprochen. Halten Paare diese Taktik zu lange durch, wird schließlich statt der Themen die Person der Partnerin oder des Partners zum Problem. Kommen Kinder dazu, wird das System noch komplexer und der Bedarf an Vereinbarungen steigt. Die Herausforderung besteht darin, Situation wahrzunehmen, Vereinbarungsbedarf zu erspüren und die Themen in der Familie zu besprechen.  
Es gibt eine ganze Reihe von Fragen, bei denen es sich anbietet, sie vor Geburt des Kindes gemeinsam zu klären. Zum Beispiel:
  • Wie möchte das Paar die Erziehungs-, Betreuungs- und Hausarbeit unter sich aufteilen?
  • Wie soll die Elternzeit gestaltet sein?
  • Was ist zu bedenken, um die beruflichen Perspektiven für den Partner bzw. die Partnerin zu sichern?
  • Welche Erziehungsgrundsätze sind dem Paar wichtig?
  • Welche Form der Kinderbetreuung soll genutzt werden?
„Je näher die Vorstellungen der Eltern zur Rollenverteilung in der Partnerschaft beieinander liegen, desto leichter lässt sich das angestrebte Modell umsetzen und umso weniger Verhandlungsbedarf gibt es“, berichtet Karin Flaake, Professorin für Soziologie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Doch auch wenn sich beide Partner zum Beispiel einig sind, nach der Geburt des Kindes Elternschaft gleichberechtigt leben zu wollen, entwickeln sich oft Dynamiken, die dem entgegen stehen. Das macht eine Studie deutlich, an der Karin Flaake im Moment arbeitet und für die sie Paare interviewte. „Obwohl in den befragten Familien beide Elternteile eine gleichberechtigte Elternschaft verwirklichen wollten, zogen sich viele der Väter nach und nach aus dem Kontakt mit dem Kind zurück. Die Männer beschrieben, dass das intensive Zusammensein mit einem Baby sie in einer neuen Weise und auf einer emotionalen Ebene forderte, die zunächst sehr verunsichernd gewesen sei.“ Die Mütter neigten gleichzeitig dazu, den Vater aus dem ersten frühen Kontakt mit dem Neugeborenen auszuschließen. Das Stillen trug zu dieser Entwicklung bei. „Um gegenzusteuern, ist es für die Väter und Mütter hilfreich, auf konkrete Vereinbarungen zurückgreifen zu können, die sie vor der Geburt getroffen haben“, sagt die Wissenschaftlerin. Der Pädagoge und Väter-Berater Christian Beuker aus Lauenau bei Hannover sagt: „Ich rate Vätern, schon vor der Geburt des Kindes mit der Partnerin zusammen zu planen, wie die Tätigkeiten sinnvoll aufgeteilt werden können und wer welche Zeitanteile einbringt.“ Außerdem sei es hilfreich, mit Freunden und Kollegen darüber zu sprechen, wie sie in der Familie zusammen leben. „Es ist empfehlenswert, Zeit in und mit Familien zu verbringen, die ein Modell und eine Familienqualität leben, die einem nachahmenswert erscheinen“, sagt der Fachmann. Die Eindrücke aus anderen Familie erweitern das Vaterbild und stellen alternative Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Den Kontakt zu Männern zu suchen, die bereits Kinder haben, sei auch in anderer Hinsicht ein Gewinn: „Dort bekommen werdende Väter oft auch viele ganz praktische Tipps und gewinnen Kompetenzen für das Leben mit Kind.“  
„Unsere Untersuchungen zeigen, dass fast alle Väter ihren Partnerinnen eine größere Kompetenz bei der Versorgung des gemeinsamen Kindes zusprechen als sich selbst“, berichtet Karin Flaake. Das kann dazu führen, dass sich Väter zurückziehen. Wissenschaftlich nachweisbar ist der größere Sachverstand bei der Babypflege-Kompetenz der Frauen nicht: Väter können Babys und Kleinkinder genauso gut und einfühlsam versorgen wie Mütter. Karin Flaake sagt: „Sehr viele Männer fühlen sich zunächst unsicher im Umgang mit ihrem kleinen Kind. Meine Untersuchungen zeigen aber auch, dass sie diese Unsicherheit ablegen, wenn sie sich alleine um das Kind kümmern und ihren eigenen Stil dabei entwickeln können.“ Es ist daher sinnvoll, diesen kritischen Punkt zu kennen und ihn von vorne herein mit der Partnerin zu regeln. Als günstig erwiesen hat sich, dass Mutter und Vater jeweils Zeit allein mit dem Kind verbringen. So kann jeder seine eigenen Kompetenzen in der Versorgung und Pflege des Kindes entwickeln. Gleichzeitig entlasten sich die Eltern mit diesen Absprachen  gegenseitig, so dass der andere Elternteil auch einmal Zeit für sich nutzen kann. Das ist eine wichtige Grundlage dafür, dass Väter und Mütter die Anforderungen, die eine Familie stellt, auch langfristig mit Freude und Selbstvertrauen angehen können.
Familien befinden sich im Wandel. Verabredungen oder auch Arrangements, die sich „so ergeben haben“ und mit denen alle eine gewisse Zeit lang zufrieden waren, müssen nicht auf Dauer funktionieren. Dann gilt es, neue Vereinbarungen zu treffen. „Väter sollten sich mit der Partnerin und – je nach Alter – auch mit dem Kind / den Kindern zusammensetzen und klären, was nicht mehr stimmt – je eher desto besser“, rät Professorin Karin Flaake. Wenn sich Frust und Wut über eine als ungerecht oder unbefriedigend empfundene Situation erst einmal aufgestaut haben, wird es schwierig. Denn dann gelingt es den Beteiligten kaum noch, sachlich nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Eine Familien- oder Paarberatung kann in diesen Fällen oft helfen, Missverständnisse auszuräumen und den Weg zur Verständigung wieder frei zu machen. „Wenn Partnerin beziehungsweise Kinder nicht mitkommen wollen, sollte der Vater alleine gehen. Die Beratung hilft nämlich, eigene Anteile an der Situation zu erkennen und eigenes Verhalten zum Beispiel in Konfliktsituationen zu ändern“, meint Karin Flaake. Wer in der Familie Formen des Austauschs – wie regelmäßige Familienkonferenzen oder Paargespräche – fest vereinbart, kann vorbeugen. Feste Gesprächstermine mögen Vielen sehr förmlich erscheinen, sie haben jedoch den Vorteil, dass die Familienmitglieder gute Gesprächsgewohnheiten einüben, auf die sie dann auch in Konfliktsituationen zurückgreifen können. Außerdem stellen die regelmäßigen Termine sicher, dass sich das Familienteam an veränderte Rahmenbedingungen und persönliche Entwicklungen schneller anpassen kann. Manche Eltern nutzen dabei Wissen aus ihrem Beruf. „Ich kenne einen Vater, der mit seinem jugendlichen Sohn Jahresgespräche über dessen Entwicklung führt, wie er es mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch tut“, berichtet Christian Beuker. Der Sohn profitiere von diesem Coaching und freue sich, den Vater bei diesen Terminen ganz für sich allein zu haben.
„Über grundsätzliche Fragestellungen sollten sich die Eltern einigen und gemeinsam festhalten, welche Werte und Regeln ihnen in der Familie wichtig sind“, sagt Christian Beuker. Wenn die Einigung schwierig wird, können Fachinformationen zum Beispiel über gesunde Ernährung, Taschengeld oder einen vertretbaren Medienkonsum bei Kindern helfen, in einzelnen Fragen Kompromisse zu finden. Der Austausch mit anderen Eltern kann ebenfalls Orientierung bieten, meint Christian Beuker und empfiehlt Väter-Kind- oder Elternseminare. Dass Väter und Mütter im Alltag bei der Erziehung unterschiedliche Schwerpunkte setzen und Sachen anders machen, ist dabei ganz normal und für die Kinder eher eine Bereicherung als ein Problem. Sie lernen dadurch frühzeitig, dass man Dinge durchaus unterschiedlich einschätzen kann und es verschiedene Arten gibt, mit dem Leben umzugehen.
Mit dem Eintritt des Kindes in die Schule geben der Stundenplan und die Ferienzeiten den zeitlichen Rahmen vor –  und der ändert sich von Schuljahr zu Schuljahr. Die Familie steht vor der Aufgabe, sich diesem neuen Rhythmus anzupassen. Zumindest bei jüngeren Kindern müssen die Eltern sicherstellen, dass jemand zu Hause ist, wenn das Kind kommt oder eine Anschlussbetreuung organisieren. Wilfried Bos, Professor für Bildungs- und Schulentwicklungsforschung an der Technischen Universität Dortmund, spricht sich für die gemeinsame Erstellung eines Wochenplans aus. Der Plan zeigt, welche Zeiten der Kinder für schulische Verpflichtungen verbucht sind, wann wie viel Zeit für Hausaufgaben und Lernen benötigt wird und welche Zeitfenster für Freizeitaktivitäten (z.B. Sportvereine) verplant sind. Eltern und Kinder sollten klären, ob genügend Familienzeiten und Freizeit zur Verfügung stehen. Bei der Planung der Hausaufgaben- und Lernzeiten gelte es zu bedenken, dass jemand da sein sollte, der dabei helfen kann. Die Eltern sollten sich ebenfalls darüber verständigen, wie sie den Besuch von Elternabenden, Elternsprechtagen und Schulveranstaltungen aufteilen wollen und welche Termine sie gemeinsam wahrnehmen möchten. Bei der Schulwahl rät der Fachmann zu bedenken, dass in den meisten Halbtagsschulen Eltern am Nachmittag mit eingeplant sind und hält für berufstätige Eltern vor diesem Hintergrund Ganztagsschulen für geeigneter: „Wer die Möglichkeit hat, seine Kinder in eine Schule zu schicken, aus der sie nachmittags kommen, ohne zu Hause noch Hausaufgaben machen zu müssen, sollte das nutzen. Damit fällt in der Familie ein bedeutsamer Stressfaktor weg.“  
Besonders wenn die Kinder klein sind, finden Eltern es zumeist schwer, ihr Bedürfnis nach ungestörten Zeiten für sich zu realisieren. Das erzeugt oft Unzufriedenheit, wird der Familie angelastet und sollte daher besprochen werde. „Sicherlich ist es beiden Elternteilen wichtig, Freiräume für  Freundschaften und Hobbys zu haben“, sagt Professorin Karin Flaake. „Gemeinsam lässt sich planen, wie man sich gegenseitig bei der Kinderbetreuung entlasten kann, so dass beide Eltern Zeiten für eigene Freizeitaktivitäten gewinnen.“ Christian Beuker sagt: „Da die Zeit für sich selbst mit Kindern notwendigerweise knapper ist, rate ich Vätern dazu zu überlegen, welche Freizeitaktivität ihnen immer besonders gut getan hat, diese beizubehalten und zu genießen. Mehr Zeit dafür kommt wieder, wenn die Kinder größer werden.“  Text aktualisiert am 23. Juni 2016

Für jeden ein passendes Modell: wenn Eltern Teilzeit arbeiten

Teilzeitarbeit

Tobias Rossnagel kennt beide Seiten: zum einen ist er Vater von zwei kleinen Kindern (fünf und zwei Jahre alt) und zum anderen Personalreferent bei Vodafone. Privat und beruflich hat er also ständig mit dem Thema „Vereinbarkeit von Beruf, Familie und persönlichen Bedürfnissen“ zu tun.
„Jeder muss sein ganz eigenes Konzept entwickeln, wie Vereinbarkeit für ihn und seine Familie lebbar ist – Patentrezepte gibt es nicht“, sagt der 39-Jährige. Tobias Rossnagel und seine Frau haben sich nach der Geburt des ersten Kindes entschieden, beide in Teilzeit zu arbeiten, beide arbeiten dreißig Wochenstunden. „Nach Idas Geburt war meine Frau zunächst acht Monate zu Hause und dann habe ich sechs Monate Elternzeit gemacht und zwei Jahre lang in Teilzeit gearbeitet. Nach der Geburt des ersten Kindes ist ja alles neu und oft recht chaotisch – auch wir mussten uns erst organisieren“, erzählt er. Er wechselte aus Eschborn in den Düsseldorfer Sitz von Vodafone und zog mit seiner Frau zusammen nach Köln. „Die Pendelei vorher wollten wir mit Kind nicht mehr. Als ich dann aber gerade in Düsseldorf angefangen hatte, bin ich sechs Monate in Elternzeit gegangen. Begeistert war mein damaliger Chef darüber nicht. Er hat mir zwar keine Steine in den Weg gelegt, aber es war damals einfach nicht üblich, als Mann sechs Monate auszusteigen!“

Wir merken, es ändert sich viel!

Das ist nun fünf Jahre her und inzwischen habe sich viel geändert, betont Tobias Rossnagel. Vodafone Deutschland ist seit 2008 für seine Personalpolitik mit dem Zertifikat audit berufundfamilie ausgezeichnet. Das Telekommunikationsunternehmen erweitert stetig seine Angebote zu Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort, Maßnahmen rund um Elternzeit, Wieder-einstieg und Elternförderung und natürlich auch Kinderbetreuung sowie Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. „Bestimmte Einwände und Bedenken von Führungskräften akzeptieren meine Kollegen und ich nicht mehr“, erzählt der Personalplaner, der Führungskräfte betreut sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in technischen Berufen. „Wenn ein Abteilungsleiter beispielsweise sagt, dass einer seiner Mitarbeiter aus der Elternzeit wiederkommt und er ihn ‚nicht mehr brauchen kann’, ist das bei uns inzwischen indiskutabel. Wir setzen uns dann zusammen und finden eine Lösung, die von allen akzeptiert werden kann“.

Ich weiß, wie man(n) sich fühlt

Die Erfahrungen, die Tobias Rossnagel beruflich mit Teilzeitmodellen, Elternzeitregelungen und Kinderbetreuungsproblemen gemacht hat, helfen ihm auch im Privaten und umgekehrt. „Als Personalreferent muss ich Lösungen für andere finden und als Vater für mich selbst. Alle machen das anders, müssen die Modelle für sich durchrechnen, aber wir tauschen uns aus im Unternehmen. Wenn ich dann beispielsweise in einem Personalgespräch sitze und ein Vater (oder eine Mutter) erzählt mir von ihren Schwierigkeiten mit einem kranken Kind und der Abgabefrist für ein Projekt zurechtzukommen, dann weiß ich genau, wie er oder sie sich fühlt. Ende letzten Jahres war es in unserer Familie ganz schlimm, da haben die Kinder sich gegen-seitig und uns nacheinander mit Infekten und schließlich Scharlach angesteckt. Da saßen meine Frau und ich abends schon mal heulend auf dem Sofa und haben gesagt: Wir wollen mal wieder eine Woche erleben, in der keiner von uns krank ist!“ Tobias Rossnagel und seine Frau wechseln sich in solchen Zeiten täglich mit der Betreuung der kranken Kinder ab: „Montags blieb meine Frau zu Hause, dienstags ich, mittwochs sie usw. Die Oma hat auch geholfen, aber hart war das trotzdem“.

Man muss sich gut abgrenzen können

Tobias Rossnagel und seine Frau arbeiten zwar beide in Teilzeit, aber in unterschiedlichen Modellen: „Meine Frau hat ihre Stunden auf fünf Tage verteilt, geht dafür früher und holt montags bis mittwochs die Kinder aus der Kita ab. Ich bleibe an diesen Tagen länger im Betrieb. Am Donnerstag mache ich Homeoffice, spare mir die Fahrerei und kann die Kinder abholen. Freitags habe ich ganz frei und dann die Möglichkeit, mit den Kindern vormittags beispielsweise Arztbesuche und Ähnliches zu machen – das ist ein schöner Puffer“. Sein Modell findet Tobias Rossnagel in mancher Hinsicht einfacher: „Weil ich entweder da oder weg bin, kann ich mich besser abgrenzen. Die Kollegen wissen, dass ich freitags frei habe und kontaktieren mich nur in ganz dringenden Fällen. Meine Frau, die Führungskraft ist, hat größere Probleme sich abzugrenzen und drei Tage in der Woche pünktlich um 15.30 Uhr ihre Firma zu verlassen. Bei ihrem Modell ist Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch nicht so präsent, wann sie da ist und wann nicht, die kommen dann auch fünf Minuten vor Feierabend mit einem Anliegen. So ist auch das ‚mentale Umschalten’ von Effizienz im Job auf entschleunigte Kinderzeit für sie schwieriger“.

Frühe Absprachen sind wichtig

Welches Teilzeitmodell auch immer ein Vater wählt, eines ist wichtig: „Weil die Organisation für ausnahmslos alle – das Unternehmen, die Mitarbeiter, die Führungskräfte, die Väter und Mütter – eine Herausforderung darstellt, sollten Väter sich möglichst frühzeitig an ihre Vor-gesetzten wenden und die gewünschte Regelung ihrer Eltern- und Teilzeit auf standfeste Beine stellen“, rät Tobias Rossnagel. „Wenn man aus Angst vor Diskriminierung zu lange schweigt, können passgenaue Lösungen für den Einzelnen schlechter oder gar nicht mehr gefunden werden, denn das ist ja ein Prozess, der Zeit braucht“. Wichtig ist auch, dass beide Seiten sich flexibel um Lösungen bemühen: Tobias Rossnagel hilft der eine Tag Homeoffice sehr bei seiner Familienorganisation, aber mehr als maximal zwei solcher Tage wären für ihn nicht möglich, seine Stelle erfordert Präsenz. Und so wie er sich Flexibilität und Vertrauen vom Arbeitgeber wünscht, löst er sie auch selber ein, arbeitete zum Beispiel zwischendurch zwei Monate wieder Vollzeit, als es sehr viel zu tun gab. „Flexible Teilzeitmodelle sind ein Geben und Nehmen – und ich finde es klasse, dass das neue ElterngeldPlus sie weiter fördert und hoffentlich populärer macht!“  Tobias Rossnagel ist Vater von zwei Kindern und arbeitet als Personalreferent in vollzeitnaher Teilzeit bei Vodafone Düsseldorf. Er lebt mit seiner Familie in Köln. Text aktualisiert am 22. Juni 2016

Akademische Laufbahn und Vaterschaft

Studentenväter

Die Beziehung zwischen Vater und Kind zu fördern und Vereinbarkeit von Studium oder Arbeit und Familie zu erleichtern, ist Ziel des Projektes VäterZEIT. Seit 2009 unterstützt es Väter unter den Studenten und Beschäftigten an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) in Düsseldorf.
„Vor allem von den Studierenden werden die Angebote von VäterZEIT gerne angenommen“, erzählt Oliver Hartmann vom FamilienBeratungsBüro (FBB), das das Projekt ins Leben gerufen hat. Er schätzt, dass rund 80 Prozent der Väter, die in die Väterberatung kommen, Studenten sind. Die Beratung und Aktionen richten sich an Väter in allen Lebenslagen: Familienväter, Alleinerziehende oder von der Partnerin und Kind getrennt lebende Väter, die an der HHU studieren, sowie an Mitarbeiter der Universität und Universitätsklinik.

Väterberatung

Studieren mit Kind – da tauchen eine Menge Fragen zu Finanzierung, Betreuungsangeboten und Väter- bzw. Elternzeit auf. Oliver Hartmann rät, sich frühzeitig zu informieren, um Fristen bei Anträgen nicht zu verpassen. Sind diese erst verstrichen, könne auch das FFB daran nichts ändern. „Bisher hatten wir aber noch keinen Fall, bei dem wir gar nicht helfen konnten“, freut sich der Berater. Wichtig findet er auch, dass sich die Väter aktiv informieren, welche Möglichkeiten es für sie gibt. In der – auf Wunsch anonymen – Beratung erlebt Oliver Hartmann, dass es noch längst nicht selbstverständlich ist, wenn Väter sich mehr Zeit für ihre Familie nehmen wollen: „Trotzdem sollten sie sich nicht abschrecken lassen, wenn Dozenten oder Arbeitgeber negativ reagieren“, rät er. „Wir stehen ihnen zur Seite und unterstützen sie, Seepferdchenkurse und Seminare, Prüfungen und Kindergeburtstage, Windpocken und Leistungsdruck unter einen Hut zu bekommen.“ 

Freizeitaktionen für Vater und Kind

Neben der Beratung bietet das Projekt Väterarbeit mehrmals im Jahr Aktionen an, die von den Vätern gerne angenommen werden. Dazu zählen Kochkurse, Fahrradtouren, Fußball spielen, Lego-Roboter bauen sowie Besuche in der Fahrradwerkstatt oder in einer Bäckerei. Besonders gut kommen die Ferienfreizeiten an, die immer ausgebucht sind. „Es ist den Vätern sehr wichtig, dass sie aktiv Zeit mit ihren Kindern verbringen“, erzählt Oliver Hartmann und ergänzt: „Das ist ihnen derzeit wichtiger als das Netzwerken.“ Während der Freizeitaktivitäten tauschen sich die Väter aber auch untereinander aus. „Die Zeit mit seinem Kind in einem schönen Rahmen zu verbringen – das ist bei uns gerade im Kommen.“

Väternetzwerken beim Lunch Talk

Benjamin Kirst, Koordinator des Familien-Services an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, setzt auf den Netzwerkgedanken: „In unserer Arbeit im Gleichstellungsbüro merken wir, dass Väter einen emotionalen Zugang zum Thema brauchen. Es fällt ihnen oft schwer, vom Job abzuschalten und dann ganz für die Kinder da zu sein. Außerdem wollen sie verhindern, als Väter defizitär in Studium oder Job rüberzukommen. Deshalb fragen sie sich beispielsweise, wie sie ihrem Professor sagen, dass sie Zeit fürs (kranke) Kind brauchen, obwohl gerade ihr Laborprojekt in die Endphase geht.“ Das Gleichstellungsbüro möchte Väter an der Hochschule miteinander verbinden und ihnen Hilfestellung bieten, indem sie Gemeinsamkeiten mit anderen Vätern erleben. Zusammen mit Kooperationspartnern hat die Einrichtung so genannte Lunch Talks ins Leben gerufen. Bei Snacks und Kaffee können Väter und Interessierte in der verlängerten Mittagspause an Kurzvorträgen teilnehmen und sich in den anschließenden Diskussionsrunden über ihre Erfahrungen mit wissenschaftlicher Karriere und Vaterschaft austauschen.

Hintergrund Projekt VäterZEIT

Mit dem Erhalt des Grundzertifikats der gemeinnützigen Hertie-Stiftung „audit-familiengerechte Hochschule“ im Sommer 2008 hat sich die Heinrich-Heine Universität zum Ziel gesetzt, die sozialen Rahmenbedingungen für Beschäftigte und Studierende der HHU zu verbessern. So sollen die Vereinbarkeit von Beruf bzw. Studium einerseits und Familienleben andererseits erleichtert werden. Die Väterarbeit ist ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Auditierung, die durch das Projekt VäterZEIT realisiert wird. Text aktualisiert am 10. Juni 2016

Tipps: Väter auf dem Weg zur partnerschaftlichen Aufgabenteilung

Familienarbeitszeit

Auch wenn sich hinsichtlich Gleichberechtigung viel getan hat: Um Haushalt und Kinder kümmern sich weiterhin vor allem die Mütter. Und die wenigsten Paare planen bereits vor der Geburt eines Kindes, wer künftig wofür verantwortlich sein soll. Nicht selten weichen die frischgebackenen Väter und Mütter Auseinandersetzungen aus und fallen in geschlechtstypische Muster zurück.
Die Geburt eines Kindes verändert eingefahrene, erprobte Strukturen. Ist ein Elternteil über längere Zeit zu Hause, passiert es schnell, dass sich der berufstätige Partner für die Kinder oder den Haushalt nicht mehr zuständig fühlt. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Aufgaben so weit wie möglich und von Anfang an aufzuteilen. Väter sollten schon früh über ihre Pläne und die damit einhergehenden Veränderungen sprechen. Denn langfristig können sie die Herausforderungen nur gemeinsam mit der Partnerin sowie älteren Kindern als Verbündete schultern.

Einige Tipps:

  • Ein Familienunternehmen zu managen, ist anspruchsvoll – viele unterschiedliche Kompetenzen sind gefragt. Bei einer „Familienkonferenz“ können Sie festlegen, welche Tätigkeiten von wem am besten erledigt werden können. Einzelne Fähigkeiten und Vorlieben sollten berücksichtigt werden, denn partnerschaftliche Aufgabenteilung heißt nicht, dass jede Tätigkeit zur Hälfte aufgeteilt wird. Alle – Vater, Mutter, ältere Geschwister - sollten im Rahmen der Möglichkeiten die Aufgaben übernehmen, die ihnen im besten Fall Spaß machen - oder die sie zumindest nicht allzu unangenehm finden.
  • Empfehlenswert ist, eine Liste mit allen Tätigkeiten zu machen, die rund um Haushalt und Familie anfallen. Diskutieren Sie bei dieser Gelegenheit auch, ob einzelne Aufgaben künftig wegfallen, reduziert werden können oder von Dienstleistern (Getränkelieferant, Haushaltshilfe, Bügelservice der Reinigung) übernommen werden können.
  • Notieren Sie dann, wer was übernehmen möchte. Bei Uneinigkeit stellen Sie den Punkt vorerst zurück und klären ihn in einem weiteren Durchgang.
  • Damit alle das Haushalts-Konzept mittragen, sollte festgelegt werden, welches Maß an Sauberkeit und Ordnung für alle Beteiligten wichtig ist. Diese Ansprüche können in den einzelnen Räumen unterschiedlich verwirklicht werden.
  • Vater und Mutter sollten auch diskutieren, ob die Aufgaben nach einem festgelegten Zeitplan erledigt werden müssen und wie Mehrarbeit vermieden werden kann – z. B. werden Schuhe beim Betreten der Wohnung ausgezogen, benutztes Geschirr direkt in die Spülmaschine geräumt etc.
  • Die Aufgabenverteilung sollte nicht fix sein, sondern kann auch mal verändert werden. Auch eine „Job-Rotation“, also Tätigkeiten in regelmäßigen Abständen zu wechseln, kann sinnvoll sein. So werden die Pflichten abwechslungsreicher und beide Elternteile lernen andere Tätigkeiten besser wertzuschätzen.
  • Geschwisterkinder können altersgerecht mit Haushaltstätigkeiten beauftragt werden. Mädchen und Jungen sollten dabei gleichermaßen miteinbezogen werden. Leben Sie die geteilte Zuständigkeit vor. Kochen und backen Sie z. B. gemeinsam mit den Kindern. Wenn Sie nicht allzu streng sind und hohe Ansprüche an die Fähigkeiten der Kinder anpassen, macht Putzen sogar Spaß. Kinder freuen sich, wenn sie etwas Wichtiges übernehmen dürfen.
  • Der gemeinsam verfasste Haushaltsplan sollte gut sichtbar aufgehängt werden, damit die Verantwortlichkeiten für alle immer klar zu sehen sind.
  • Nicht nur Kinder, sondern auch Vater und Mutter brauchen Anerkennung. Alle Beteiligten sollten das Gefühl haben, dass die zugeteilte Arbeit von dem oder der Anderen gesehen und geschätzt wird.

Wege aus dem Hamsterrad

Doch Eltern müssen es nicht nur schaffen, Haushalt und Familienaufgaben aufzuteilen. Auch die Erwerbsarbeitszeit muss neu verhandelt werden. Einkommensverluste, Probleme mit Vorgesetzten, Schwierigkeiten bei der Arbeitsorganisation mit den Kollegen - aus Angst vor Schwierigkeiten verzichten Väter auf Elternzeit oder nehmen nicht mehr als zwei „Partnermonate“. Ein erster Schritt vom Vollzeitverdiener hin zum Teilzeitpapa ist die frühzeitige Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten, die das neue ElterngeldPlus bietet. Väter und Mütter können die ersten Monate mit dem Kind auf finanziell sichere Beine stellen und gleichzeitig mehr Partnerschaftlichkeit leben.
  • Mithilfe des ElterngeldPlus können Väter und Mütter in den ersten 28 Monaten nach der Geburt neue Arbeitszeiten und Aufgabenteilungen erproben: Beim ElterngeldPlus wird die Bezugszeit verlängert: Aus einem Elterngeldmonat werden zwei ElterngeldPlus-Monate
  • Entscheiden sich beide für eine Teilzeitarbeit, erhalten sie als Partnerschaftsbonus noch vier Monate Elterngeld Plus. Voraussetzung dafür ist, dass beide mindestens vier Monate lang 25 bis 30 Wochenstunden arbeiten – also zumindest beruflich schon mal eine partnerschaftliche Aufteilung leben.
  • Weil das bisherige Elterngeld weiterhin erhalten bleibt, ist auch eine Kombination aus beiden Elterngeldarten möglich.
  • Und: Eltern können ihre Elternzeit in drei statt zwei Zeiträume aufteilen und teilweise bis zum vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen.

„Ja, das bekommen wir hin“

Doch was ist mit der Sorge, eine längere Elternzeit oder eine Verringerung der Arbeitszeit von Voll- auf Teilzeit bringe berufliche Nachteile mit sich? Dass ein Vater  seine Karriere ruiniere, wenn er sich eine längere Auszeit nehme, bezeichnet der Organisationsberater und Sozialwissenschaftler Hans-Georg Nelles als Vorurteil: „Wenn jemand klar macht, dass es ihm ernst ist, kommen Chef und Angestellter am Ende meist zu einem guten Ergebnis“. Zahlreichen Vätern gelingt es, durch gute Absprachen mit ihrem Vorgesetzten eine zufriedenstellende Situation zu schaffen. Wer unsicher ist, kann sich zum Beispiel in der Broschüre „So sag ich’s meinen Vorgesetzten“ Tipps holen.

Aktive Väter sind glücklicher

Wer sein Kind erst nach Feierabend sieht, baut nur mühsam eine gute Beziehung auf. Für eine stärkere Beteiligung am Familienleben spricht auch, dass ein Zusammenhang zwischen aktiver Vaterschaft und dem Wohlbefinden von Männern festgestellt werden kann: So findet sich in einer Studie des Deutschen Jugendinstituts der höchste Anteil an glücklichen Männern unter den aktiven Vätern (Quelle: Studie „Väter 2015: Wie aktiv sind sie, wie geht es ihnen und was brauchen sie?“, Deutsches Jugendinstitut e. V. 2015) (vaeter.nrw)   Text aktualisiert am 10. Juni 2016