Vater ist, das was du draus machst!
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Vernetzung

Projekt „VäterStolz“ – Kreativität und Spaß sind uns wichtig!

Bei „VäterStolz“ geht es immer heiß her, denn einmal im Monat wird gegrillt. Die Teilnehmer der Vätergruppe freuen sich auf diesen regelmäßig stattfindenden anregenden Abend. Neben den ernsteren Themen, die es an solchen Abenden zu besprechen gibt, ist auch ausreichend Raum für die angenehmen Seiten des Lebens wie das gemeinsame Essen, Fußball gucken oder Spielen. Uwe Stellmacher berichtet, was die Gruppe „VäterStolz“ so besonders macht.
vaeter.nrw: Sie leiten die Gruppe „VäterStolz“. Seit wann besteht das Angebot und wie hat es sich im Lauf der Zeit entwickelt?Uwe Stellmacher: "VäterStolz" besteht seit Herbst 2008. Es hat vor mir schon zwei andere Leiter gegeben. Ich habe im April 2009 angefangen. Das Projekt startete im Rather Familienzentrum®, als Kooperationsprojekt der Katholischen Kirchengemeinde Düsseldorf - Rath/Mörsenbroich, des Caritasverbandes Düsseldorf, des SKFM Düsseldorf und des ASG Bildungsforum e.V.. Es war damals ein vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) auf drei Jahre finanziertes Projekt. Als die BaMF-Finanzierung 2012 auslief und der Caritasverband das Projekt einstellen wollte, konnte ich es glücklicherweise im Seminarangebot des ASG Bildungsforum e.V. unterbringen. Dort ist es bis heute am gleichen Ort beheimatet. Es hat bis zum Spätsommer 2009 gedauert, bis die ersten Väter mit ihren Söhnen an einem Bewegungsangebot teilgenommen haben. Aus diesem Angebot entstand das Bedürfnis der Väter, sich regelmäßig auch ohne Kinder zu treffen. Seit dieser Zeit treffen wir uns regelmäßig einmal im Monat zum Grillen, mit Ausnahme der Sommerferienzeit. Bei diesen Treffen wird allerdings nicht nur gegrillt. Es werden gemeinsame Aktionen vorbereitet, wie zum Beispiel ein jedes Jahr stattfindendes Zeltwochenende der Gruppe mit den Kindern. Weitere Aktionen, die von uns geplant und umgesetzt wurden, sind: Trommeln oder Drachenbauen, Kanutouren der Väter mit den Kindern, Ausflüge mit den ganzen Familien, Familienwochenenden in einer Jugendherberge und vieles mehr. Die Treffen der Gruppe bieten aber auch die Gelegenheit sich mit anderen Vätern oder mit mir über die eigenen Themen auszutauschen. Diese Themen sind immer sehr vielseitig. Es ging schon um Erziehungsfragen, Eheprobleme, Probleme mit Kitas oder Schulen, Arbeitsbedingungen, Arbeitslosigkeit, das Vorenthalten der Kinder durch die Ex-Frau etc. Dabei ist immer wichtig, dass es nicht in erster Linie um Probleme geht, sondern gerade um die positiven Dinge, die auch Ressourcen sind! Neben diesen großen Themen gibt es auch viele kleine, man hilft und unterstützt sich gegenseitig, verbringt zum Teil auch die Freizeit miteinander. Es wurden schon viele Kontakte auch außerhalb der Gruppe gebildet oder vertieft. Inzwischen sind aus der Gruppe weitere Angebote entstanden: ein Vater hat das Bewegungsangebot übernommen und bietet es inzwischen auch für andere Kitas an. Zwei Väter machen Angebote im Bereich Freizeitpädagogik für Väter mit Kindern in Kitas in Düsseldorf und Umgebung.
vaeter.nrw: Welche Geschichte verbirgt sich hinter dem Namen „VäterStolz“?Uwe Stellmacher: Ich kenne die Geschichte des Namens nicht, da ich nicht von Anfang an dabei war. Ich habe ihn immer als Ziel verstanden, die Väter so zu unterstützen, dass sie auf ihre Rolle als Väter stolz sein können.
vaeter.nrw: Wie setzt sich die Gruppe zusammen?Uwe Stellmacher: Die Zusammensetzung der Gruppe ist heterogen, sowohl was die Herkunft, den Bildungsgrad und die Berufe betrifft. Die Anzahl der regelmäßigen Teilnehmer beträgt knapp zwanzig Väter. An den einzelnen Treffen nehmen in der Regel acht bis zwölf Väter teil.
vaeter.nrw: Was schätzen Ihrer Meinung nach die Väter an den regelmäßigen Treffen?Uwe Stellmacher: Ich habe sie gefragt. Die Aussagen der anwesenden Väter:
  • Unsere Runde ist offen für jeden.
  • Man ist nicht verpflichtet zu kommunizieren, dabei sein reicht.
  • Aus einem Erfahrungsaustausch wurden Freundschaften.
  • Wenigstens einmal im Monat ohne die Alte.
  • Jährliches Event: Zelten der Väter mit Kindern.
  • Offener und ehrlicher Meinungsaustausch.
  • Neue Blickwinkel geben Motivation für das tägliche Leben.
  • Raus aus dem eigenen sozialen Umfeld.
  • Keine Berührungsängste, kein Offenbarungseid, kein Neid.
  • Bei uns gibt es das beste Essen vom Grill!
  • Gemeinschaftsspiele in großer Runde (Werwölfe von Düsterwald, Kubb-Turnier)
vaeter.nrw: Welche Rolle haben Sie bei den Treffen? Uwe Stellmacher: Meine Rolle bei den Treffen ist in erster Linie den Raum zu bieten, in dem diese Gruppe stattfinden kann. Ich sorge für die Organisation, die Kommunikation und das Gruppenklima. In Einzelfällen stehe ich auch für eine persönliche Beratung zur Verfügung.
vaeter.nrw: Gibt es bestimmte Themen, welche die Gruppe über die Jahre zusammenhält?Uwe Stellmacher: Was die Gruppe zusammenhält ist der Spaß, den wir miteinander haben, und die gegenseitige Unterstützung durch die Väter, sowohl praktisch als auch emotional.
vaeter.nrw: Was sind für Sie die wichtigsten Rahmenbedingungen, damit Väterarbeit gelingen kann?Uwe Stellmacher: Das wichtigste für gelingende Väterarbeit ist ein Angebot, welches den Vätern einen Raum bietet, selbst aktiv zu werden, sich in ihrem Vatersein auszuprobieren und dadurch positive Erfahrungen zu machen. Dieses Angebot muss – wie die Angebote für Frauen auch – verlässlich und dauerhaft sein. Eine befristete Förderung ist da kontraproduktiv. Es war ein glücklicher Zufall, dass "VäterStolz" trotz befristeter Förderung überlebt hat!
vaeter.nrw: Welche drei Tipps würden Sie Einsteigern zum Thema Väterarbeit mit auf den Weg geben? Uwe Stellmacher: Meiner Erfahrung nach geht es um folgende Punkte:
  • Versucht nicht mit Vätern an „Problemen“ zu arbeiten, sondern bietet ihnen einen Raum, wo sie positive Erfahrungen machen können. Wenn dies gelingt und sie sich sicher fühlen, kommen sie mit ihren Problemen von allein. Dann kann man damit arbeiten.
  • Gruppen sind für Männer toll, in ihnen können alle geben und nehmen.
  • Habt Geduld: Männer- und Väterarbeit ist am Anfang langwierig, aber wenn man den Anfang geschafft hat, ist es ein Selbstläufer, der sehr viel Spaß macht.
vaeter.nrw: Wo treffen Sie sich und in welchem Turnus? Wie nehmen interessierte Väter Kontakt auf?Uwe Stellmacher: Wir treffen uns monatlich im: Rather Familienzentrum, Rather Kreuzweg 43, 40472 Düsseldorf. Der Kontakt kann über mich hergestellt werden: Uwe Stellmacher Projekt "VäterStolz" Im Rather Familienzentrum® 01578-1652675uwestellmacher [at] vaeterstolz.de (uwestellmacher[at]vaeterstolz[dot]de) oder über Monika Reckmann ASG Bildungsforum im Rather Familienzentrum® Rather Kreuzweg 43 40472 Düsseldorf 0211 1740-146 Herr Stellmacher, herzlichen Dank!  
Zur Person:

Uwe Stellmacher

Leiter des Projekts "VäterStolz", Rather Familienzentrum®

Erfolgreiches Väterprojekt aus Herne regt zum Nachmachen an

Fachtag: Wissensaustausch fördert Väterarbeit in NRW

Am 8. Oktober 2018 veranstalteten der Väter in Köln e.V. und die Fachstelle Väterarbeit NRW in Kooperation mit dem Interkulturellen Dienst des Bezirksjugendamtes Ehrenfeld eine Fachtagung aus der Reihe „Arbeit mit Vätern“. Vorgestellt wurde unter anderem das Projekt „Echte Väter“ aus Herne, welches das Fachpublikum mit seiner Erfolgsgeschichte begeisterte.
Praxisnah voneinander lernen und im Austausch miteinander Anregungen für die eigene Arbeit vor Ort finden – unter diesem Gedanken trafen sich Fachkräfte, Interessierte sowie Multiplikatoren und Multiplikatorinnen zum Thema „Interkulturellen Väterarbeit“ im Bürgerzentrum Ehrenfeld in Köln. Das erfolgreiche Praxisbeispiel „Echte Väter“, das Initiator Gürkan Uçan persönlich vorstellte, bot Einblicke in gelingende Väterarbeit und diente als Ausgangspunkt für die anschließende Diskussion. Den thematischen Rahmen setzte in seiner Einführung Dr. Michael Tunç, Experte für emanzipative, rassismuskritische Männer- bzw. Väterarbeit und -politik.

Warum „Echte Väter“?

Das Bild von der Rolle des Vaters in der Familie hat sich in der deutschen Gesellschaft stark gewandelt – doch nicht nur dort. Auch immer mehr Männer mit Migrationshintergrund überdenken die traditionellen Einstellungen aus ihren Herkunftsländern. Gürkan Uçan, Mitarbeiter des Kommunalen Integrationszentrums (KI) der Stadt Herne, erkannte die Herausforderungen, die dadurch für Väter entstehen können, und gründete 2007 das Projekt „Echte Väter“. Ziel des Projektes ist, die Männer auf der Suche nach einem neuen Selbstverständnis zu unterstützen, denn „Echte Väter“ möchten Vorurteile abbauen, Väter aktivieren, sich gegenseitig entlasten und ihre Potenziale in der Väterarbeit nutzen.

Aller Anfang ist …

Das Projekt „Echte Väter“ wurde im Jahr 2007 konzipiert und mit der Zeit immer weiter ausgebaut. Gürkan Uçan bewies dabei einen langen Atem. Nachdem zum ersten Treffen nur drei Männer erschienen waren, lud er zum nächsten Termin nicht mehr per Flugblatt ein, sondern sprach die Väter direkt an. Die Idee ging auf und schon bald versammelten sich 20 interessierte Männer, um sich in die Väterbildungsgruppe einzubringen. Mittlerweile ist das Projekt so erfolgreich, dass es in Herne derzeit zehn parallel laufende Vätergruppen gibt, die überwiegend in Herner Grundschulen stattfinden.

Wissen und Aktion – die Mischung macht‘s

Als Erfolgsrezept für den Vätertreff beschreibt Gürkan Uçan die Mischung aus Freizeitaktionen einerseits und Wissensvermittlung zu verschiedensten Themen andererseits. Zahlreiche Teilnehmer der Vätergruppen verfügen über eine gute Ausbildung oder ein Studium, ihr Wissen und ihre Fachkompetenzen fließen in die Väterarbeit ein. Bei Bedarf werden zu den Themenabenden zwar externe Referenten wie zum Beispiel Ernährungsberater, Rechtsanwälte, Kinderbuchautoren, Ärzte, Unternehmer oder Psychologen eingeladen, doch wird bei der Auswahl der Referenten stets darauf geachtet, ob eventuell auch ein Vater über entsprechende Kenntnisse verfügt und den Vortrag übernehmen kann. Darüber hinaus verfügen viele Väter über künstlerische und musikalische Potenziale. Diese Fähigkeiten nutzen Väter, um neue innovative Vater-Kind-Projekte zu entwickeln, wie zum Beispiel zweisprachige Schattentheateraufführungen, Tanztheater, eine Schreibwerkstatt oder orientalisches Trommeln gegen Rassismus bzw. Salafismus und für Vielfalt.

Der „Orient-Express“

Aus den gemeinsamen Gruppenabenden ist zudem vor circa elf Jahren eine internationale Musikgruppe unter dem Namen „Orient-Express“ entstanden, die mittlerweile landesweit bekannt ist und für verschiedene interkulturelle Veranstaltungen und Konzerte gebucht wird. Die rund 15 Musiker proben regelmäßig und organisieren Workshops mit Jugendlichen, damit auch für den Band-Nachwuchs gesorgt ist.

Daumen hoch!

Abschließend fasst Gürkan Uçan den Erfolg von „Echte Väter“ zusammen: Väter und Kinder erfahren durch die gemeinsamen Aktivitäten sowohl untereinander wie in der Öffentlichkeit große Wertschätzung und Anerkennung. Durch die gemeinsamen Aktionen tragen die Väter mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten dazu bei, ihr Wissen allen teilnehmenden Kindern und Vätern zugänglich zu machen, wodurch ihre Partizipation an der Gesellschaft verbessert und die Chancengleichheit gefördert wird. Das stärkt den Zusammenhalt aller Beteiligten und natürlich auch zwischen Vätern und Kindern. Und das Wichtigste: Die Väter und Kinder verbringen eine richtig gute Zeit miteinander.

Vernetzung ausbauen

„Die Veranstaltung war ein voller Erfolg“, fasst Jürgen Kura, 1. Vorsitzender von Väter in Köln e.V., im Nachgang den Fachtag zusammen. Er berichtet, dass unter den Teilnehmenden viele neue Kontakte geknüpft und bereits bestehende vertieft wurden. Die angeregte Diskussion, die nach der Projektvorstellung im Rahmen des Workshops „Väterbilder im Kopf und Rollenerwartungen“ unter der Leitung von Hans-Georg Nelles stattfand, zeige den Bedarf an fachlichem Austausch im Bereich der (interkulturellen) Väterarbeit. Das Fachpublikum war sich einig darüber, dass es gerade in einem Flächenland wie NRW umso wichtiger ist, regelmäßig im Austausch miteinander zu bleiben. In vielen Städten und Gemeinden gebe es erfolgreiche Väterprojekte, die andernorts aufgegriffen werden könnten. Von einem Wissenstransfer könnten alle Beteiligten nur profitieren, ist sich Jürgen Kura sicher. Aus der Aufbruchsstimmung und dem regen Erfahrungsaustausch im Rahmen des Fachtags seien ihm zufolge bereits einige neue vielversprechende Kontakte sowie ganz konkrete neue Themen für weitere Veranstaltungen entstanden.

Hintergrund

Väter in Köln e.V. möchte mit dieser und weiteren Fachveranstaltungen den Blick auf die verschiedenen Varianten der Arbeit mit Vätern mit und ohne Migrationshintergrund schärfen. Die Fachstelle Väterarbeit NRW unter Leitung von Hans-Georg Nelles unterstützt landesweit Fachkräfte bei der Arbeit mit Vätern.

Aktive Väter: Fußball als gemeinsamer Nenner

Väterarbeit im Familienzentrum „City Kids“ in Düren

Wie schaffen wir es, Väter besser in den Kita-Alltag und unsere Elternarbeit einzubinden? Stefano Pingitore, Erzieher im Familienzentrum „City Kids“ in Düren, suchte eine Antwort auf diese Frage und fand die Lösung über den Sport: mit Fußball! Im Gespräch mit vaeter.nrw berichtet der engagierte Mitarbeiter der städtischen Einrichtung von den anfänglichen Hürden und heutigen Erfolgen in der Väterarbeit.
vaeter.nrw: Herr Pingitore, das Familienzentrum „City Kids“ in Düren steht für herausragende Arbeit im Bereich der vorurteilslosen Bildung und Erziehung für Kinder mit und ohne Beeinträchtigung aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Wie können wir uns Ihre Arbeit genau vorstellen?Stefano Pingitore: Mein Beitrag zur vorurteilslosen Bildung und Erziehung der Kinder – und ebenfalls der aller anderen pädagogischen Fachkräfte in unserer Kita – spiegelt sich in der täglichen pädagogischen Arbeit wider. Dieses Selbstverständnis setzt sich auch in der Elternarbeit fort. Über die Jahre ist so eine vertrauensvolle Basis entstanden, auf der wir – über den üblichen Kita-Alltag hinaus – weitere Projektaktivitäten etablieren konnten, wie zum Beispiel unsere Vätergruppe.
vaeter.nrw: Kinder- und Elternarbeit greifen im pädagogischen Alltag ineinander. Wie binden Sie speziell Väter in diese Elternarbeit ein?Stefano Pingitore: Die meisten Väter der Kinder, die unsere Kita besuchen, sind berufstätig. Das Bringen und Abholen der Kinder wird deshalb – wie vielerorts – hauptsächlich von den Müttern übernommen. Die Väter sind somit eher selten in der Kita anzutreffen. So war es zunächst nicht leicht, die Väter in die pädagogische Arbeit einzubeziehen. Anfangs habe ich versucht, Väter für Gestaltungs- und Backangebote zu gewinnen. Die Väter fühlten sich jedoch von dieser Angebotsreihe nicht angesprochen und reichten die Termine direkt an die Mütter weiter. Schließlich habe ich eine neue Herangehensweise ausprobiert und mir überlegt, über welche Interessensbereiche ich auf die Väter als Männer zugehen kann. Das Ergebnis, das sich herauskristallisiert hat: Unser gemeinsamer Nenner ist Fußball. Seit wir diesen gemeinsamen Ausgangspunkt haben, finden mindestens zweimal jährlich Fußballspiele mit unseren Vätern gegen eine Mannschaft aus der Umgebung statt. Die Spiele sind tolle Ereignisse, bei denen die ganze Familie zuschauen kann. Durch die gemeinsame Begegnung beim Sport ist eine neue Beziehungsebene zu und zwischen den Vätern entstanden. Der Austausch zwischen allen Beteiligten ist intensiver geworden: Die Väter sind präsenter, es finden viel mehr Gespräche statt und, wenn es im Gespräch gerade um Fußball geht, sind inzwischen auch die Erzieherinnen mit großem Interesse dabei. Insgesamt sind die Väter jetzt besser in den Kita-Alltag eingebunden und ihre Teilnahmequote an anderen Angeboten wie zum Beispiel zur pädagogischen Arbeit, bei Gestaltungs- oder Kochaktionen ist von fünf Prozent auf 20 Prozent gestiegen.
vaeter.nrw: Wie gestalten Sie im Familienzentrum den kulturübergreifenden Austausch?Stefano Pingitore: Kurz vorab: Bei uns im Haus haben wir circa 80 Familien unterschiedlicher Kulturen mit knapp 100 Kindern. Als Familienzentrum arbeiten wir mit verschiedenen Kooperationspartnern und -partnerinnen zusammen, um unsere Angebote möglichst vielfältig zu gestalten und den Austausch untereinander zu fördern. Zum Beispiel stellt der Fußballverein Viktoria Birkesdorf für unsere Väter-Spiele die gegnerische Mannschaft. Für das nächste Jahr planen wir gemeinsam mit Viktoria Birkesdorf ein Kinder-Fußballturnier mit Mannschaften aus den über 50 Kitas im Landkreis. Wir hoffen, dass sich viele Kita-Mannschaften beteiligen und dass diese Veranstaltung auch viele Väter und Mütter anzieht, um ihren Nachwuchs kräftig anzufeuern. Ein wunderbarer Nebeneffekt: Die Väter (Eltern) können sich vor, während und nach den Spielen kennenlernen und austauschen. Des Weiteren besteht eine Zusammenarbeit mit einem Dürener Verein, der sich für Menschen mit Beeinträchtigung engagiert und seinen Sitz gleich neben unserem Familienzentrum hat. Gemeinsam veranstalten wir jährlich ein Vater-Kind-Treffen. Väter aus unserer Kita und ihre Kinder treffen sich mit den Kindern und Vätern der Dürener Einrichtung. Der Tag ist als Spieletag konzipiert. Auf dem Programm stehen zum Beispiel Schach, Dart, Tischkicker und vieles mehr. Nach demselben Prinzip findet einmal jährlich ein Mutter-Kind-Treff statt. Dabei steht das gemeinsame Kochen und Backen im Mittelpunkt. Von Beginn an kamen diese Veranstaltungen bei allen sehr gut an.
vaeter.nrw: Wie lösen Sie in der Väter-/Elternarbeit das Thema „viele Kulturen, viele Sprachen“?Stefano Pingitore: Unsere circa 80 Familien kommen aus mehr als 20 verschiedenen Herkunftsländern, da kann es nur eine gemeinsame Sprache geben und das ist Deutsch. Kommunikation ist sonst nicht möglich. Das merken wir auch bei den Väteraktionen. Auch wenn man vielleicht zwei, drei Männer mit gleicher Herkunftssprache trifft – sobald es ein Treffen in größerer Runde gibt, wie zum Beispiel bei einem Fußballspiel, ist Deutsch die einzige gemeinsame Kommunikationsmöglichkeit. Die Väter haben das Thema auf den Punkt gebracht und ein Schlagwort geprägt: „Fußball verbindet“. Wenn Fußball gespielt wird, dann spielen Alltagsproblematiken, Religionsunterschiede, verschiedene Denkweisen keine Rolle mehr. Es wird einfach 90 Minuten Fußball gespielt.
vaeter.nrw: Wo liegt der Schwerpunkt Ihrer Arbeit? Was motiviert Sie besonders? Stefanoe Pingitore: Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt hauptsächlich bei den Kindern. Die Aktionen, die ich hier im Familienzentrum ins Leben gerufen habe, dienen immer dem Wohl der Kinder. Es ist also nicht so zu verstehen, dass ich während meiner Arbeitszeit immer nur Fußballspielen gehe. Es ist das Kommunikationsmittel, das zu den Vätern führt – meiner Meinung nach ein Pluspunkt zum Wohle der Kinder. Für die pädagogische Arbeit ist es wesentlich, dass Väter und Mütter eingebunden sind. Mein Ziel ist es, die Arbeit mit beiden Elternteilen zu fördern und das Kind dabei in den Mittelpunkt zu stellen.
vaeter.nrw: Was wünschen Sie sich für die interkulturelle Väterarbeit in NRW?Stefano Pingitore: Ich wünsche mir mehr Aktionen, die über unser jetziges Angebot hinausgehen. Ideen dafür habe ich, aber es ist nicht so leicht, diese umzusetzen. Denn, wie wir gesehen haben, müssen sich Väter von den Angeboten auch angesprochen fühlen. Hinzu kommt, dass der Zeit- und Kostenfaktor stimmen muss, damit wir mit Vätern und Kindern entsprechende Aktivitäten durchführen können. Vereine bieten zwar viele Möglichkeiten, allerdings häufig zu Uhrzeiten, zu denen die Väter arbeiten. Aber wie wir sehen: Beim Fußball hat’s geklappt, und vielleicht finden wir weitere gemeinsame Nenner für Väter und Kinder, die allen Freude bereiten.
Zur Person:

Stefano Pingitore

Stefano Pingitore arbeitet seit 18 Jahren als Erzieher und systemischer Berater in der städtischen Kindertageseinrichtung „City Kids“ in Düren. Die Kita, die zum Familienzentrum ausgebaut ist, hat sich als Ziel gesetzt, die Persönlichkeit der Kinder in engem Austausch mit den Eltern ganzheitlich zu fördern. „City Kids“ trägt das Gütesiegel „Anerkannter Bewegungskindergarten des Landessportbundes NRW“, nimmt am Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ teil, ist interkulturell orientiert und als „Haus der kleinen Forscher“ zertifiziert.

Themen Aktive Väter: Fußball als gemeinsamer Nenner

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Mit intensiver Beziehungsarbeit das Interesse der Väter gewinnen

Gespräch mit Ahmet Sinoplu, Geschäftsführer „Coach e.V.“, Köln

Seit 14 Jahren setzt sich „Coach e.V.“ erfolgreich für Chancengerechtigkeit, Bildung, Teilhabe und Integration junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ein. Die Väter- und Elternarbeit ist wichtiger Schwerpunkt des Angebots. Geschäftsführer Ahmet Sinoplu beschreibt im Gespräch mit vaeter.nrw den fachlichen Rahmen der Väterprojekte.

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Väter auf der Flucht

Gastbeitrag

„Neue Zeiten bringen neue Ideen und machen neue Kräfte mobil.“ Dieser Satz stammt von Marie Juchacz, der Begründerin der AWO. Die unzähligen Kriegsversehrten, Witwen, Waisenkinder, Arbeitslosen und Flüchtlinge des Ersten Weltkrieges ließen sie aktiv werden und eine Gemeinschaft organisieren, in der Bedürftige sich gegenseitig solidarisch helfen. – Ein Gastbeitrag von Ataman Yildirim, Interkulturelle Väterarbeit NRW

Mit intensiver Beziehungsarbeit das Interesse der Väter gewinnen

Gespräch mit Ahmet Sinoplu, Geschäftsführer „Coach e.V.“, Köln

Seit 14 Jahren setzt sich „Coach e.V.“ erfolgreich für Chancengerechtigkeit, Bildung, Teilhabe und Integration junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ein. Die Väter- und Elternarbeit ist wichtiger Schwerpunkt des Angebots. Geschäftsführer Ahmet Sinoplu beschreibt im Gespräch mit vaeter.nrw den fachlichen Rahmen der Väterprojekte.
vaeter.nrw: Herr Sinoplu, worauf fußt der Erfolg Ihrer Arbeit? Welche Herausforderungen begegnen Ihnen dabei, welche Erfahrungen machen Sie?Ahmet Sinoplu: Coach e.V. bietet neben den verschiedenen Angeboten für Jugendliche und Mütter auch Projekte für Väter an, die sich für ihre Kinder engagieren, weiterbilden und weiterentwickeln wollen. Ihnen allen ist das Wohl ihrer Kinder eine Motivation, an den verschiedenen Angeboten zu partizipieren. So unterschiedlich ihre Kinder sind, so divers sind auch die Väter mit ihren vielfältigen Erfahrungen und Ressourcen. Doch es gibt oft eine besondere und verbindende Gemeinsamkeit: die (eigene) Erfahrung mit Migration und deren Auswirkungen. Dazu gehört unter anderem auch der Umgang mit Rassismus und Diskriminierung. Eine wichtige Voraussetzung für die Beratungs- und Einzelarbeit mit den Vätern ist der wertschätzende Umgang, wodurch auch eine intensive Beziehung aufgebaut werden kann, um die Väter für die Gruppenangebote zu gewinnen. Die Gruppenarbeit bietet Raum für einen intensiven Austausch über sensible Themen sowie eine gegenseitige Stärkung. Um den Familien und insbesondere den Kindern helfen zu können, ist es erforderlich, auch die Väter intensiv zu unterstützen, ihre Handlungsmöglichkeiten zu erweitern, so dass es ihnen gelingt, Erziehungsaufgaben besser wahrzunehmen, ihre Kinder in der Kindertagesstätte, in der Schule bzw. beim Übergang in Beruf/ Studium und somit in ein eigenverantwortliches Leben zu begleiten. Für eine nachhaltige und ressourcenorientierte Väterarbeit ist es hilfreich, vorhandene Erziehungsmuster, Sozialisationswege und Schwierigkeiten der Väter zu erfragen. An diesem Ausgangspunkt setzten wir mit unseren Väterprojekten an. Wir bemühen uns durch flexible Angebotsstrukturen auch Väter für unsere Arbeit zu gewinnen, die aufgrund von beruflichen und familiären Verpflichtungen nur wenig Zeit haben, um regelmäßig und verbindlich an Aktionen teilzunehmen. Darüber hinaus bieten wir unsere Angebote mehrsprachig an.
vaeter.nrw: In welchen Projekten und in welchem Kontext binden Sie Väter konkret in Ihre Arbeit ein?Ahmet Sinoplu: Unsere Angebote sind vielfältig, interaktiv und bieten Vätern eine abwechslungsreiche Alternative zum beruflichen und familiären Alltag. Die Väterarbeit bietet einen besonderen, mehrsprachigen Raum für Väter, die neben ihrer Rolle als Väter auch andere Themen und Rollen reflektieren und (er)leben können. Neben themenorientierten Projekten und Diskussionen finden auch freizeitpädagogische Aktivitäten, Reisen zur politischen Bildung, aber auch Seminare zu Themen wie z. B. der eigenen Gesundheit, dem Umgang mit Demenz oder Tod in der Familie etc. statt.Die Arbeit in der Vätergruppe bietet einen niedrigschwelligen Raum, um gemeinsame Erfahrungen auszutauschen und abzugleichen. Auf dieser Grundlage bauen sich Schwellen- und Berührungsängste ab, da die eigenen Fragen und Unsicherheiten geteilt werden und nicht als lose Einzelschicksale wahrgenommen werden. Auf diese Weise erwächst Solidarität, gegenseitige Anteilnahme und das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Gleichzeitig können festgefahrene Handlungs- und Verhaltensmuster im Austausch mit Betroffenen in ähnlichen Situationen dahingehend hinterfragt werden, dass Alternativen angeboten werden können. Der wohl wichtigste Effekt der Gruppentreffen besteht darin, dass sich die angesprochenen Väter als eigenverantwortliche und mit Handlungskompetenzen ausgestattete Personen verstanden fühlen. Die Gruppe ist ihr geschützter Raum, in welchem sie die gruppenbezogenen Interaktionen bewirken und bedingen.
vaeter.nrw: Was verbindet Väter über die Kulturen, Religionen, Herkunftsländer hinweg?Ahmet Sinoplu: Bei allen Vätern ist gleich, dass sie das Beste für ihre Kinder wollen und in der Regel auch versuchen, das Beste für ihre Kinder zu tun. Das ist eine Gemeinsamkeit, die ermöglicht, verschiedene Väter mit diversen Biographien zusammenzubringen. Auch können unterschiedliche Herausforderungen des familiären und beruflichen Alltags verbindende Elemente sein. Das können aus unseren Erfahrungen heraus z. B. auch folgende Themen sein:
  • die Auseinandersetzung mit eigenen Erziehungserfahrungen und -vorstellungen im Vergleich zu der eigenen Sozialisation mit Vorbildern der Elterngeneration sowie die Auseinandersetzung mit alternativen Erziehungsvorstellungen,
  • Kommunikationsschwierigkeiten im familiären Alltag oder auch in der Ehe/ Partnerschaft,
  • der Umgang mit den eigenen Kindern mit Blick auf die eigenen Bildungserfahrungen und Bildungswege im Vergleich zu den Möglichkeiten und Anforderungen der aktuellen Bildungsmöglichkeiten,
  • die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Auch Vater-Kind-Aktionen können hilfreich sein, Väter für verschiedene Aktivitäten zu gewinnen und mit ihnen einen besonderen Raum für einen nachhaltigen Austausch zu kreieren.
vaeter.nrw: Aus Ihrer langjährigen Erfahrung betrachtet: Was ist der wichtigste Ansatzpunkt, damit Väter miteinander ins Gespräch kommen?Ahmet Sinoplu: In vielen pädagogischen Konzepten und Zielen werden Respekt, Wertschätzung und Anerkennung als Grundlagen beschrieben. Jedoch bleiben diese Ziele nur Lippenbekenntnisse, wenn diese Haltung nicht gelebt und auch in pädagogischen und politischen Strukturen umgesetzt werden kann. Eine selbstreflexive Auseinandersetzung mit Themen wie Diversität, Diskriminierung und gesellschaftlichen Machtverhältnissen kann die Anerkennung von Diversität sowie das Engagement gegen Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmechanismen fördern.Dies wäre in allen (Väter-)Projekten wünschenswert, insbesondere auch bei denen, wo es zunächst keine Verbindung zu diesen Themen zu geben scheint. Dann wird es auch leichter möglich, verschiedene Väter mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Biographien zusammenzubringen. In unserer Arbeit stellen darüber hinaus Einzelberatungen und Beziehungsarbeit ein unverzichtbares Element dar. Einerseits treten immer wieder Bedürfnislagen und Fallkonstellationen auf, die von den Vätern als zu intim erachtet werden, um diese im Gruppenkontext zur Sprache zu bringen. Andererseits kann im Zusammenspiel aus Einzelberatung und Gruppenarbeit gewährleistet werden, dass ein erweiterter Beratungsbedarf, der sich innerhalb der Gruppenarbeit abzeichnet, aufgegriffen wird, oder dass im umgekehrten Fall eine Einzelberatungssituation zur Akquise neuer Väter führen kann. Insbesondere die intensive Beziehungsarbeit – auch durch zahlreiche Tür- und Angel-Gespräche – ermöglicht uns, Väter für diverse Gruppenprojekte zu gewinnen.
vaeter.nrw: Was wünschen Sie sich für die interkulturelle Väterarbeit in NRW?Ahmet Sinoplu: Interkulturelle Väterarbeit in NRW sollte sich zum Ziel setzten, Akteure im Bereich der Väterarbeit bei der Mitgestaltung, beim Ausbau und bei der Umsetzung von neuen Projektideen zu begleiten und zu unterstützen, um so die Ausgestaltung von Väterarbeit im nordrhein-westfälischen Raum voranzutreiben. Dabei können und sollen bereits begonnene Projekte als Grundlagen dienen. Für Initiatoren von Väterarbeit besteht hier ein nicht zu unterschätzender Gestaltungsspielraum für neue Konzepte und zur Erweiterung der eigenen Handlungsmöglichkeiten. Weiterhin sollen nachhaltig Kommunikationsprozesse in Gang gesetzt und stabile Netzwerke geschaffen werden. Für zukünftige Projektvorhaben stehen wir sehr gerne zur Verfügung und bringen uns mit all unseren Expertisen ein.
Zur Person:

Ahmet Sinoplu

Ahmet Sinoplu ist Geschäftsführer von Coach e.V., der Kölner Initiative für Bildung und Integration junger Migranten. Als ausgebildeter Diplom-Sozialarbeiter sowie Trainer und Coach für rassismuskritische und diversitätsbewusste (internationale) Bildungsarbeit ist er gemeinsam mit den Vorständen Mustafa Bayram und Christian Gollmer verantwortlich für die Väterarbeit im Verein.  

Themen Mit intensiver Beziehungsarbeit das Interesse der Väter gewinnen

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Väter auf der Flucht

Gastbeitrag

„Neue Zeiten bringen neue Ideen und machen neue Kräfte mobil.“ Dieser Satz stammt von Marie Juchacz, der Begründerin der AWO. Die unzähligen Kriegsversehrten, Witwen, Waisenkinder, Arbeitslosen und Flüchtlinge des Ersten Weltkrieges ließen sie aktiv werden und eine Gemeinschaft organisieren, in der Bedürftige sich gegenseitig solidarisch helfen. – Ein Gastbeitrag von Ataman Yildirim, Interkulturelle Väterarbeit NRW

Wir müssen uns kennenlernen

Interkulturelle Väter- und Männerarbeit in Köln

Der „Väter-Club“ in Köln bietet seit vielen Jahren türkischsprachigen Männern ein Kursprogramm, in dem sie sich unter fachkundiger Begleitung über verschiedene Themen wie mehrsprachige Erziehung, ihre Rolle als Väter, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und vieles mehr austauschen können.
Seit rund zehn Jahren arbeitet der erfahrene Sozialarbeiter, Coach und Erzieher Münir Çağlıyan im Rahmen des Kursprogramms „Väter-Club“ im Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e.V.  (BFmF) mit muslimischen Vätern türkischer Herkunft zusammen. Eine feste Gruppe von acht bis zehn Männern trifft sich pro Durchgang an 18 Sonntagen für jeweils 4,5 Stunden im Kölner Stadtteil Neuehrenfeld und setzt sich intensiv mit verschiedensten Themen rund um Vaterschaft, Ehe und Familienleben auseinander. „Es geht hier nicht darum, dass man zusammenkommt und Kaffeeklatsch macht. Dafür können die Männer auch in die Kaffeehäuser gehen“, erläutert der langjährige Väter-Coach. „Wir wollen etwas erreichen: Wir wollen uns intensiv mit unserem Leben beschäftigen, diskutieren und uns auch an die kritischen Fragen wagen.“ Denn wer mit sich und seinen verschiedenen Rollen als Ernährer, Ehemann, Vater, Sohn etc. im Reinen sei, der könne auch offen und unvoreingenommen auf andere zugehen. Diese Fähigkeit sieht Münir Çağlıyan als Voraussetzung dafür, das Verständnis zwischen den unterschiedlichen Kulturen weiter auszubauen und zu stärken. Besonderen Wert legt er deshalb auf die Bereitschaft der Teilnehmer, sich aktiv in den Kurs einzubringen. Das Engagement lohnt sich: Am Ende winkt eine Dankes-Urkunde für den intensiven Einsatz, mit dem die Väter den Kurs mitgestaltet haben. Das Programm basiert auf dem personenzentrierten Ansatz nach Carl Rogers und umfasst zum Beispiel Diskussionsrunden, Rollenspiele und Entspannungsübungen, genauso wie Ausflüge, Bastelstunden sowie Kaffee- und Teezeiten.

Muttersprache als Türöffner

Ursprünglich sollte das Kursprogramm in deutscher Sprache stattfinden, um damit muslimische Väter unterschiedlichster Herkunftsländer zu erreichen, also beispielsweise Männer aus Nordafrika, der Türkei oder von der arabischen Halbinsel. Es zeigte sich jedoch bald, dass die Teilnehmer mit sehr unterschiedlichen Deutschkenntnissen in den Kurs kamen. Münir Çağlıyan stellte während der ersten Treffen fest: Wer über seine Sorgen, familiären Themen oder emotionalen Eindrücke sprechen möchte, schafft dies besser in seiner Muttersprache. „Und genau darum geht es im ‚Väter-Club‘.“ Da die größte Gruppe an Interessierten damals wie heute aus der Türkei stammt, wird der Kurs seither in türkischer Sprache abgehalten.

Ansprache von Vätern und Teilnehmerakquise

Aufmerksam auf den „Väter-Club“ werden die Männer über verschiedene Wege. Einer davon führt über die Familienberatung, die ebenfalls im BFmF angeboten wird. Neben seiner Väterarbeit unterstützt Münir Çağlıyan dort als Berater muslimische Paare, die sich mit Problemen in der Partnerschaft oder Erziehung an ihn wenden. Scheint der „Väter-Club“ für einen der Männer zu passen, so spricht ihn der engagierte Sozialarbeiter im Paargespräch gezielt darauf an. Die Paarberatung und die gleichzeitige Teilnahme des Mannes am „Väter-Club“ ergänzen sich optimal: Die Partnerin ist weiter miteinbezogen, sie kann die Entwicklung ihres Ehemannes verfolgen und gemeinsam können beide ihre familiären Fortschritte beschreiben. Ein weiterer Kontaktpunkt sind die ebenfalls im BFmF stattfindenden „Väter-Treffs“ unter Leitung von Münir Çağlıyan. Die offene Gesprächsrunde lädt zum lockeren Austausch über familien- und erziehungsrelevante Themen ein und führt bei entsprechendem Interesse auch immer wieder zum Einstieg einzelner Männer in den „Väter-Club“. Darüber hinaus wirbt der erfahrene Vätercoach in Netzwerken wie türkischen Gemeinden, Sportclubs, Kindertageseinrichtungen und vielen mehr für neue Teilnehmer. Nicht zuletzt sind es persönliche Empfehlungen, die regelmäßig für neue „Väter-Club“-Mitglieder sorgen.

Blick in die Zukunft

In diesem Jahr erfüllte sich ein lang gehegter Wunsch von Münir Çağlıyan im Rahmen seiner interkulturellen Arbeit: Männer unterschiedlicher Kulturen miteinander ins Gespräch zu bringen und dabei einen Schritt auf oftmals „Fremde“ in der direkten Nachbarschaft zuzumachen, um Vorurteile abzubauen. „Ich wünsche mir, dass es in Nordrhein-Westfalen mehr Treffpunkte für unterschiedliche Kulturen gibt. Wir müssen uns kennenlernen“, bringt es Münir Çağlıyan auf den Punkt. Allein die persönliche Begegnung, so seine Überzeugung, könne dazu beitragen, Verständnis für den Anderen zu entwickeln. Das wiederum sei die Grundlage für ein tolerantes und respektvolles Zusammenleben. Nach dem gelungenen Auftakt wird der offene Frühstückstreff 2019 regelmäßig alle drei Wochen im BFmF stattfinden. Münir Çağlıyan hofft auf zahlreiche Besucher, die offen sind für freundschaftliche Begegnungen zwischen den Kulturen.

Angebote und Informationen

Wer sich für die kostenlosen Angebote „Väter-Club“, „Väter-Treff“ sowie den interkulturellen Frühstückstreff interessiert, ist herzlich eingeladen teilzunehmen. Weitere Informationen erhalten Interessenten im Jahresprogramm des BFmF, auf der Website oder direkt im Austausch mit dem Väterbeauftragten Münir Çağlıyan (Kontaktdaten).   Zur Person Münir Çağlıyan ist Sozialarbeiter, Erzieher und Heilpraktiker für Psychotherapie. Seit 2007 arbeitet er u. a. als Vätercoach in der Väter- und Familienberatung im Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e. V. in Köln.  

Familien in NRW leben digital

Studie „Familie im Digitalzeitalter“

Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf das Familienleben? Wissenschaftler haben im Auftrag des nordrhein-westfälischen Familienministeriums hierzu Eltern minderjähriger Kinder aus NRW befragt.
Ziel der Studie war es, einerseits den Status quo zu ermitteln – wo stehen Familien in dieser Hinsicht heute? –, um erstmals Basisdaten auf nordrhein-westfälischer Ebene zur Verfügung zu haben. Andererseits sollten Verhalten und Einstellungen untersucht werden: Wo sehen Eltern Vorteile bzw. Risiken bei der rasant fortschreitenden digitalen Entwicklung? Inwieweit haben alle Familien die Möglichkeit, daran teilzuhaben?   Das beauftragte Institut, die Kantar EMNID TNS Deutschland GmbH, befragte eine repräsentative Stichprobe von 1.001 Familien mit minderjährigen Kindern in Nordrhein-Westfalen (NRW) mittels telefonischer Interviews. Ergänzend führte die Prognos AG persönliche Interviews mit 20 Eltern und fünf Kindern im Alter zwischen acht und 13 Jahren durch.   Hier einige zentrale Ergebnisse der Studie:  
  • Neun von zehn Familien in NRW stehen der Digitalisierung und den Möglichkeiten, die sie mit sich bringt, positiv gegenüber. 
  • Fast 100 Prozent haben einen Zugang zum Internet, wobei das Smartphone das wichtigste Zugangsgerät ist. Ein Grundniveau an digitaler Ausstattung, Nutzung und Erfahrung ist in fast allen Familien vorhanden, selbst unter digital wenig affinen Eltern. 
  • Die Potenziale, die die Digitalisierung zur Organisation des Familienalltags und für die Bildung birgt, werden von den Familien bisher nur verhalten genutzt. Sie erwarten dabei gar nicht die digitale Vernetzung aller Lebensbereiche (z. B. Smart-Home), sondern Apps, die intuitiv den Familienalltag unterstützen. 
  • Die Digitalisierung ist keine Gefahr für das Familienleben. Persönliche Kommunikation wird nicht ersetzt: Sie findet weiterhin statt, z. B. im persönlichen Austausch bei gemeinsamen Mahlzeiten. Für Jugendliche liegt in der digitalen Kommunikation aber eine neue Option, eine intensivere persönliche Kommunikation einzuleiten. Für den Kontakt zu entfernter wohnenden Familienmitgliedern bedeutet Digitalisierung eine neue Qualität: Gerade Familien mit Migrationshintergrund nutzen diese Möglichkeit. 
  • Familien sind in puncto Digitalisierung ihre eigenen Lernorte. Eltern lernen von Kindern, die Digitalisierung auch zur Beziehungsgestaltung zu nutzen. 
  • Drei von vier Familien (77 Prozent) sagen, dass das mobile Arbeiten von zu Hause aus zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf führt. In Ermangelung betrieblicher Regelungen zur (Nicht-)Erreichbarkeit entwickeln Familien eigene Grenzziehungsstrategien. 
  • Die Studie identifiziert brachliegende Digitalisierungspotentiale vor allem in den Familien, bei denen Bildungsferne und Einkommensknappheit zusammenfallen. Eltern erhoffen sich für ihre Kinder in puncto Kompetenzvermittlung viel Unterstützung von der Schule.
Die Studie kann hier heruntergeladen werden.