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Nicht nur Besuchsvater sein

Nicht nur Besuchsvater sein

Nach einer Trennung hat das Wechselmodell einige Vorteile – gleichtzeitig gibt es Verschiedenes zu beachten

Viele Väter möchten auch nach Trennung und Scheidung den Kontakt zu ihren Kindern aufrechthalten und sich weiter an der Betreuung und Erziehung beteiligen. Umgekehrt möchten viele Mütter, nach einer Trennung (weiter) berufstätig sein. Deswegen entscheiden sich immer mehr Eltern, ihre Kinder im Wechselmodell zu betreuen und damit die elterliche Erziehungsverantwortung aufzuteilen.
Selbstverständnis und Rollenverteilung haben sich verändert: Früher war der Vater überwiegend Ernährer der Familie und zahlte nach einer Trennung zwar Unterhalt, hatte zu seinen Kindern aber meist nur am Wochenende Kontakt. In den vergangenen Jahren ist es Vätern wichtiger geworden, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und sie mit zu erziehen. Sie wollen nicht mehr nur „Besuchsvater“ sein, sondern den Alltag mit ihren Kindern teilen – auch nach einer Trennung. Das Engagement des Vaters liegt gleichermaßen im Interesse der Mutter, die dadurch entlastet wird. Dennoch müssen sich Väter die neue Rolle nicht selten gegen den Widerstand der Mütter erkämpfen.

Was genau ist das Wechselmodell?

Um das Wechselmodell zu verstehen, ist es hilfreich, ihm das klassische „Residenzmodell“ (§ 1687 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch) gegenüber zu stellen. Beim Residenzmodell lebt das Kind bei einem Elternteil, der sich um die Betreuung und Erziehung des Kindes kümmert, während es den anderen Elternteil in der Regel nur am Wochenende oder in den Ferien besucht. Beim Wechselmodell verbringt das Kind – im Idealfall – annähernd gleich viel Zeit mit Vater und Mutter. Jedoch kann - je nach Ausgestaltung - schon bei einem Betreuungsverhältnis von 30 zu 70 Prozent von einem Wechselmodell gesprochen werden. Entscheidender als eine feste Prozent-Grenze ist, dass im Wechselmodell beide Elternteile den Alltag mit ihrem Kind leben und nicht eine/r nur für die Freizeit und die/der andere nur für den Alltag zuständig ist. Damit ist verbunden, dass Vater und Mutter über die Belange des Kindes entscheiden und praktische und erzieherische Aspekte gemeinsam verantworten. Das Wechselmodell hat zwei Varianten: Beim „Doppelresidenzmodell“ hat das Kind je einen Wohnsitz bei beiden Elternteilen. Beim „Nestmodell“ hingegen lebt es immer in derselben Wohnung, in der sich Vater und Mutter im Wechsel aufhalten.

Welche Rahmenbedingungen sollten vorliegen?

Damit das Wechselmodell als geeignete Betreuungsform tauglich ist, sollten folgende Rahmenbedingungen stimmen:
  • Für die Eltern sollte das Kindeswohl an oberster Stelle stehen.
  • Die Wohnungen der Eltern sollten nicht allzu weit voneinander entfernt liegen.
  • Schule und/oder Kindergarten sollten von beiden Wohnungen aus gut zu erreichen sein.
  • Der Wechsel des Kindes von einem Elternteil zum anderen sollte konfliktfrei erfolgen.
Obwohl sich immer mehr Eltern für das Wechselmodell als Betreuungskonzept entscheiden, hegen viele Väter und Mütter Vorurteile und Bedenken – auch wenn sie sich darin einig sind, dass es für das Kind wichtig ist, den Alltag mit beiden Elternteilen gleichermaßen zu verbringen. Eine Befürchtung lautet, nur gut kooperierenden, konfliktfreien Eltern gelänge ein erfolgreiches Wechselmodell. Inzwischen belegen jedoch mehrere Studien, dass auch Väter und Mütter, die anfänglich skeptisch waren und das Wechselmodell ablehnten, gute Erfahrungen damit gemacht haben, denn:
  • Kinder in Wechselmodellfamilien sind psychisch anpassungsfähiger.
  • Die Kommunikation zwischen den Eltern verbessert sich, ihr Konflikt wird entschärft.
  • Die Bindung beider zum Kind verstärkt sich.
  • Kinder können gut mit zwei Lebensmittelpunkten leben, denn Stabilität ist weniger eine Frage des Ortes, vielmehr ist die emotionale Stärke entscheidend.

Rechtliche Auswirkungen

Wird das Wechselmodell als geeignete Betreuungsform gewählt, sind damit rechtliche Auswirkungen in unterschiedlichen Bereichen verbunden:1. Unterhalt des Kindes Wenn Vater und Mutter sich die Betreuung ihres Kindes annähernd teilen, sind auch beide gleichermaßen verpflichtet, einen so genannten Barunterhalt zu zahlen (monatliches Geld für die Bedürfnisse des Kindes). Bei einem nicht paritätischen Wechselmodell – einer Betreuung zum Beispiel zu 30/70 Prozent – können dem Elternteil, bei dem das Kind seltener lebt, Teile der monatlichen Geldzahlungen erlassen werden, weil er/sie ja anteilig schon Unterhalt in Form von Wohnraum, Kleidung und Nahrung aufbringt. Dazu wird dieser Elternteil in den Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle herabgestuft (BGH, Beschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13, BGH, 21.12.2005 - XII ZR 126/03). Die Düsseldorfer Tabelle dient Gerichten als Leitlinie, wenn sie den Unterhaltsbedarf festlegen.2. Unterhaltsanspruch eines Elternteils Wenn ein Elternteil vom anderen Unterhalt fordert, sich aber Vater und Mutter beide bei der Betreuung des Kindes engagieren, wird dies auch unterhaltsrechtlich berücksichtigt. Auch dann können dem Unterhaltspflichtigen Teile seiner monatlichen Geldzahlungen erlassen werden.3. Weitere Vorschriften Die Betreuung im Wechselmodell hat auch bei weiteren rechtlichen Fragen Konsequenzen, etwa wenn es um Jugendhilfe, Schule, Steuern oder die Anmeldung des Wohnsitzes geht. Im Melderecht zum Beispiel ist geregelt, dass nur ein Hauptwohnsitz zulässig ist, auch wenn das Kind bei Vater und Mutter gleichviel Zeit verbringt. Auch den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bekommt nur ein Elternteil.  Die unterschiedlichen Gesetze, in denen Unterstützungsleistungen für Familien geregelt sind, sind größenteils noch nicht an die Anforderungen des Wechselmodells angepasst. Stattdessen muss mitunter ein wenig improvisiert werden, um praktikable Lösungen zu finden. Mehrbedarfe, die durch dieses Betreuungsmodell anfallen, sind oft noch nicht vorgesehen. Daher gilt: Wer wieviel bekommt und wer was entscheiden darf, sollte im Einzelfall gemeinsam mit der zuständigen Behörde geklärt werden. Bei finanziellen Angelegenheiten sollte, wenn immer möglich, eine einvernehmliche Lösung in Form eines finanziellen Ausgleichs zwischen den Eltern erfolgen, um z.B. Streitigkeiten zu der Frage, an welchen Elternteil bestimmte Leistungen ausgezahlt werden sollen, zu entschärfen. (vaeter.nrw) Text aktualisiert am 27.06.2019