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Wenn Väter beruflich kürzer treten: Elternzeit, Teilzeiterwerbstätigkeit und ihre Folgen für Familie und Beruf

Wenn Väter beruflich kürzer treten

Gastbeitrag - Dr. Mareike Bünning

Viele Väter wünschen sich mehr Zeit für ihre Kinder. Sie sehen ihre Rolle in der Familie nicht mehr darauf beschränkt, den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern wollen sich auch aktiv ins Familienleben einbringen. Doch oft gelingt es ihnen nicht, diesen Wunsch umzusetzen. Im Jahr 2012 verbrachten Väter durchschnittlich 1 Stunde 22 Minuten pro Tag mit ihren Kindern im Vorschulalter, weniger als halb so viel wie Mütter – bei diesen waren es 2 Stunden 59. Ein Drittel der Väter gab an, nicht ausreichend Zeit für ihre Kinder zu haben.

Einem stärkeren väterlichen Engagement in der Familie wirken insbesondere lange Arbeitszeiten entgegen. Eine Option, die Vätern mehr Zeit mit ihren Kindern ermöglicht, ist die Inanspruchnahme von Elternzeit. Während der Elternzeit können sich Väter intensiv um ihr Neugeborenes und gegebenenfalls auch dessen ältere Geschwister kümmern; so können sie eine enge Bindung zu ihren Kindern aufbauen. Eine weitere, bisher weniger diskutierte Option ist die Teilzeiterwerbstätigkeit. Gegenüber einer Elternzeit hat Teilzeiterwerbstätigkeit den Vorteil, dass sie nicht auf die ersten Lebensmonate des Kindes beschränkt ist. Allerdings haben teilzeiterwerbstätige Väter immer noch weniger Zeit für ihre Kinder als Väter, die während einer Elternzeit ganz zu Hause sind.
 
In meiner Doktorarbeit habe ich mir diese beiden Optionen genauer angeschaut und untersucht, ob Väter, die Elternzeit nehmen oder eine Zeit lang in Teilzeit erwerbstätig sind, tatsächlich mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Eine zweite Frage war, welche Auswirkungen Elternzeit und Teilzeiterwerbstätigkeit auf die Löhne von Vätern haben. Um diese Fragen zu beantworten, habe ich Daten des sozio-ökonomischen Panels ausgewertet: Jedes Jahr werden im Rahmen dieser Umfrage die gleichen Personen befragt. Sie machen monatsgenaue Angaben zu ihrem Erwerbsstatus (darunter Teilzeiterwerbstätig und Elternzeit) und berichten für jedes Jahr, wie viel sie verdienen und wie viel Zeit sie mit ihren Kindern verbringen. Anhand dieser Daten lässt sich nachzeichnen, ob sich Löhne und Beteiligung an der Kinderbetreuung verändern, nachdem Väter Elternzeit genommen haben, oder wenn sie von einer Vollzeit- auf eine Teilzeitstelle und anschließend wieder zurück in Vollzeit wechseln.

Elternzeit bei Vätern

Seit der Einführung der Partnermonate bei der Elternzeit im Jahr 2007 steigt die Inanspruchnahme von Elternzeit durch Väter stetig an. Während vor 2007 ein Vater in Elternzeit noch die absolute Ausnahme war, geht mittlerweile etwa jeder dritte Vater in Elternzeit. Zwei Drittel der Väter entscheiden sich allerdings nach wie vor gegen die Inanspruchnahme einer Elternzeit und von denjenigen, die Elternzeit nehmen, beschränken sich die allermeisten auf die beiden Partnermonate. Als Gründe gegen eine (längere) Elternzeit nennen sie vor allem die Angst vor Karriereeinbußen, finanziellen Nachteilen und negativen Reaktionen seitens ihrer Vorgesetzten und Kollegen.
 
Meinen Analysen zufolge ist diese Sorge jedoch in der Regel unbegründet. Denn unabhängig von der Länge der Elternzeit lassen sich keine Hinweise darauf finden, dass eine Elternzeit systematisch mit Lohneinbußen verbunden ist – weder im öffentlichen Dienst, noch in der Privatwirtschaft und unabhängig vom Qualifikationsniveau der Väter.
 
Zudem zeigt sich, dass sich die Elternzeit auch langfristig positiv auf die Vater-Kind-Beziehung auswirkt: Auch wenn die Väter nach dem Ende der Elternzeit ins Berufsleben zurückkehren, engagieren sie sich stärker in der Familie und verbringen im Durchschnitt eine Stunde mehr pro Tag mit ihren Kindern als vor der Elternzeit.

Teilzeiterwerbstätigkeit bei Vätern

Auch eine Teilzeiterwerbstätigkeit wird gesetzlich unterstützt. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz von 2001 räumt allen Arbeitnehmern in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern ein Recht auf Teilzeitarbeit ein. Anders als Mütter machen Väter von diesem Recht bisher jedoch kaum Gebrauch. So waren im Jahr 2012 zwar 70 Prozent der Mütter aber nur 5 Prozent der Väter in Teilzeit erwerbstätig. Ein weiterer Unterschied zwischen Müttern und Vätern zeigt sich bezüglich der Dauer der Teilzeiterwerbstätigkeit. Während Mütter, die einmal in Teilzeit wechseln, oft dauerhaft auf einer Teilzeitstelle verbleiben, ist eine Teilzeiterwerbstätigkeit bei Vätern in der Regel von kurzer Dauer. Meinen Daten zu folge kehrte die Hälfte der Väter innerhalb eines Jahres nach Beginn der Teilzeittätigkeit auf eine Vollzeitstelle zurück. Warum eine Teilzeiterwerbstätigkeit bei Vätern meist nur eine kurze Phase ist, lässt sich auf Basis meiner Daten nicht feststellen. Eine mögliche Erklärung ist jedoch, dass viele Väter bereits zu Beginn der Teilzeiterwerbstätigkeit eine Rückkehr in Vollzeit mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren. Trotz der kurzen Dauer ist laut Statistik eine Teilzeiterwerbstätigkeit bei Vätern mit Lohneinbußen verbunden. Mit jedem Monat, den Väter Teilzeit statt Vollzeit arbeiten, verringert sich ihr Stundenlohn um 0,2 Prozent.
 
Betrachten wir hingegen den Zusammenhang zwischen einer Teilzeiterwerbstätigkeit und der Zeit, die Väter mit ihren Kindern verbringen, so zeigt sich, dass Väter, während sie in Teilzeit erwerbstätig sind, etwa eine Stunde mehr mit ihren Kindern verbringen als vor der Teilzeiterwerbstätigkeit. Sobald sie auf eine Vollzeitstelle zurückkehren, reduziert sich die Zeit, die Väter unter der Woche mit ihren Kindern verbringen, jedoch wieder deutlich. Lediglich Väter mit einer in Vollzeit erwerbstätigen Partnerin behalten auch über das Ende der Teilzeitphase hinaus ein erhöhtes Engagement in der Kinderbetreuung bei: Nach der Rückkehr auf eine Vollzeitstelle kümmern sie sich immerhin noch eine halbe Stunde mehr pro Tag um ihre Kindern als vor dem Wechsel in Teilzeit.

Schlussfolgerungen

Insgesamt legen die Analysen nahe, dass sich eine Elternzeit positiver auswirkt als eine Teilzeiterwerbstätigkeit, sowohl was die Vater-Kind-Beziehung betrifft als auch in Hinblick auf die Lohnentwicklung. Wie lässt sich erklären, dass eine Teilzeiterwerbstätigkeit oft nur vorübergehend mit mehr Zeit für die Kinder verbunden ist, eine Elternzeit hingegen dauerhaft? Ein Grund könnte sein, dass sich die Motivation für eine Elternzeit und die für eine Teilzeiterwerbstätigkeit unterscheiden. Während die meisten Väter Elternzeit explizit nehmen, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben, beginnen sie eine Teilzeiterwerbstätigkeit oft aus anderen Gründen. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass sich Väter während einer Vollzeit-Elternzeit intensiver um ihre Kinder kümmern als dies bei einer Teilzeiterwerbstätigkeit möglich ist. Väter bauen somit während der Elternzeit möglicherweise ein engeres Verhältnis zu ihren Kindern auf und entwickeln mehr Betreuungskompetenzen als während einer Teilzeiterwerbstätigkeit, was ein langfristiges Engagement bei der Kinderbetreuung stärker fördert.
 
Bezüglich der Konsequenzen einer Elternzeit oder Teilzeiterwerbstätigkeit für das weitere Berufsleben zeigt sich, dass die Einführung der beiden Partnermonate die Inanspruchnahme von ein bis zwei Monaten Elternzeit durch Väter gegenüber ihren Arbeitgebern legitimiert. Aber auch bei längeren Elternzeiten wird die Lohnentwicklung nicht beeinträchtigt. Wie qualitative Studien zeigen, werten Arbeitgeber die Elternzeit nicht als Zeichen geringer beruflicher Ambitionen, sondern gehen davon aus, dass sich die Väter nach einer intensiven Familienphase wieder voll ihrer Karriere widmen. Wichtige Voraussetzungen für eine positive Bewertung der Elternzeit durch den Arbeitgeber sind zudem eine frühzeitige Ankündigung der Elternzeitpläne und die Bereitschaft, während der Elternzeit in Notfällen für den Betrieb erreichbar zu sein.
 
Teilzeiterwerbstätige Väter unterliegen im Vergleich dazu einem starken Rechtfertigungsdruck; ihrem Teilzeitwunsch wird seitens ihrer Vorgesetzten und Kollegen oft mit Irritationen und Unverständnis begegnet. Die Lohneinbußen bei Teilzeitarbeit lassen sich also möglicherweise darauf zurückführen, dass der Wunsch nach Teilzeitarbeit als Signal für mangelndes berufliches Engagement verstanden und durch eine geringere Entlohnung sanktioniert wird. Dies deutet darauf hin, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz, das eine geringere Entlohnung von Teilzeitkräften verbietet, nicht ausreicht, um Teilzeit arbeitende Väter vor einer finanziellen Schlechterstellung zu schützen.
 
Die Rahmenbedingungen für Teilzeiterwerbstätigkeit sind jedoch gerade stark im Wandel. Das bereits eingeführte Elterngeld Plus, sowie die diskutierten Vorhaben eines Rückkehrrechts auf Vollzeit und einer Familienarbeitszeit haben zum Ziel, Teilzeiterwerbstätigkeit für Väter attraktiver zu machen. Diese Maßnahmen stärken die Rechte von teilzeiterwerbstätigen Vätern und liefern den Vätern – ähnlich wie die Partnermonate bei der Elternzeit – handfeste Argumente, um ihre Vorgesetzten von einer Teilzeiterwerbstätigkeit zu überzeugen. Auch wenn diese Maßnahmen nicht direkt auch die Entlohnung abzielen, könnten sie somit möglicherweise dazu beitragen, die Nachteile, die mit einer Teilzeiterwerbstätigkeit einhergehen, abzumildern. 
 

Dr. Mareike Bünning

© Foto: Hannelore Schild-Vogel

Dr. Mareike Bünning ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und forscht dort zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über die Auswirkungen einer Elternzeit auf das Berufs- und Familienleben von Vätern.