
Vielfältige Bildungslandschaft: Pädagogische Konzepte in Kindertageseinrichtungen
"Was unterscheidet Kindertageseinrichtungen voneinander?", "Wie kann ich eine Einrichtung finden, die gut zu meinem Kind passt?" Diese Fragen stellen sich Väter, wenn sie nach einer Kita für ihr Kind suchen. Zentrale Aussagen darüber, wie eine Kita arbeitet und welche Schwerpunkte die pädagogischen Fachkräfte in ihrer Arbeit setzen, können Väter dem sogenannten pädagogischen Konzept der Einrichtung entnehmen. Üblicherweise finden sich dort grundlegende Informationen zu den pädagogischen Zielen, deren Umsetzung im Kita-Alltag, der Eingewöhnung eines Kindes in die Einrichtung, dem Austausch mit den Eltern, der Zusammenarbeit mit anderen Personen und Institutionen im Kita-Umfeld sowie den räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen in der Einrichtung.
Gute frühkindliche Bildung ist ein entscheidender Faktor für mehr Chancengleichheit. Vor diesem Hintergrund haben sich Träger von Kindertageseinrichtungen, die beiden Landesjugendämter und das Kinder- und Jugendministerium des Landes Nordrhein-Westfalen auf eine neue Bildungsvereinbarung verständigt, die den ganzheitlichen Zusammenhang von Bildung, Erziehung und Betreuung in den Blick nimmt. Neben der Bildungsvereinbarung liegen seit 2015 die evaluierten und überarbeiteten Bildungsgrundsätze für Kinder von 0 bis 10 Jahren in NRW vor. Diese Bildungsgrundsätze sollen die pädagogischen Fach- und Lehrkräfte im Elementar- und Primarbereich bei ihrer täglichen Arbeit begleiten und unterstützen. Die Bildungsvereinbarung sowie die Bildungsgrundsätze werden als Grundlage für die Entwicklung der pädagogischen Konzeption genutzt.
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe stellt auf seiner Website einen Gliederungsvorschlag für pädagogische Konzepte in Kitas zur Verfügung, der Vätern auch als Orientierungshilfe dienen kann, welche Aspekte sie bei der Suche nach einer passenden Institution für ihr Kind beachten können.
Landschaftsverband Westfalen-Lippe
Einige Einrichtungen führen ihr besonderes pädagogisches Konzept oder ihre Schwerpunktsetzung bereits im Namen bzw. in einem Namenszusatz. Waldkindergärten, Montessori- und Waldorf-Einrichtungen sowie anerkannte Bewegungskindergärten sind Beispiele, die vaeter.nrw.de hier näher vorstellt.
WaldkindergartenDie Idee für Waldkindergärten stammt aus Dänemark, wo bereits 1954 die erste Kita dieser Art gegründet wurde. 1968 entstand der erste Waldkindergarten in Deutschland. Waldkindergärten unterscheiden sich von anderen Einrichtungen vor allem dadurch, dass die Kinder die Zeit nahezu ausschließlich und bei (fast) jedem Wetter im Wald verbringen. Vorgefertigtes Spielzeug gibt es in Waldkindergärten - bis auf wenige Werkzeuge - nicht. Die natürliche Umgebung schafft ständig Bewegungs-, Spiel- und Lernanlässe, die nicht erst künstlich geschaffen werden müssen. Sie fördert Kreativität, Fantasie, freies Spiel und das soziale Miteinander. Sogenannte Naturkindergärten nutzen neben Wäldern, Wiesen und Feldern auch andere Naturräume, wie Meer, Strand oder Dünen. Bei extremem Wetter können die Gruppen in der Regel einen Rückzugsraum (zum Beispiel eine Waldhütte) nutzen. Jürgen Windmann aus Detmold schickt seine Tochter in den Waldkindergarten Lippe. Er sagt: „Ich wünsche mir, dass meine Tochter eine unbeschwerte Kindheit genießen kann. Ich meine: Wer als Kind ursprüngliche Naturerfahrungen macht, gewinnt dadurch eine positive Grundlage für das gesamte spätere Leben. Unsere Tochter kommt täglich vermatscht, aber strahlend aus dem Kindergarten nach Hause. Ich bin selbst auf einem Bauernhof groß geworden und habe diese Naturnähe ebenfalls sehr genossen. An unserem Kindergarten schätze ich zudem das hohe fachliche Niveau der Erzieherinnen, die sich in der Natur wirklich auskennen und den Kindern keine Halbwahrheiten präsentieren. Besser könnte es nicht sein!" |
Montessori-KindergartenBegründerin der Montessori-Pädagogik ist die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori (1870-1952). 1907 gründete sie in Rom das erste Montessori-Kinderhaus. "Hilf mir, es selbst zu tun!" - nach diesem Motto haben Erzieherinnen und Erzieher die Aufgabe, Kinder dabei zu unterstützen, selbst tätig zu werden. Maria Montessori ging davon aus, dass Kinder ihren "Bauplan" in sich tragen. Durch Begleitung und Förderung gelingt es dem Kind, die in ihm wohnenden Kräfte gut zu entfalten. Maria Montessori entwickelte spezielles Spiel- und Lernmaterial, welches Kinder auf diesem Entwicklungsweg unterstützen soll. Sie gehört zu den sogenannten Reform-Pädagoginnen und -Pädagogen zu Beginn des 20. Jahrhunderts und formulierte ihre Pädagogik auch für die Grundschule. Sie machte auf die sogenannten sensiblen Phasen aufmerksam, in denen Kinder besonders empfänglich dafür sind, bestimmte Dinge - zum Beispiel Sprache, Bewegung oder Sozialverhalten - zu lernen. Franjo Grotenhermen aus Rüthen im Kreis Soest entschied sich für seine Söhne für die "Arche", ein Familienzentrum und Montessori-Kinderhaus. Er berichtet: "Als wir nach Rüthen zogen, suchten wir nach einer passenden Kindertageseinrichtung - zunächst für unseren größeren, damals vierjährigen Sohn. Durch Zufall lernte ich einen Montessori-Pädagogen aus der 'Arche' kennen. Bis dahin hatte ich über diese Art der Pädagogik noch keine Informationen. Aufgrund seiner Berichte darüber war mir jedoch schnell klar, dass ich unseren Söhnen gerne den Besuch der ‚Arche’ ermöglichen würde. Ich erlebe bei der Montessori-Pädagogik einen ganz anderen Blick auf das Kind. Eine anregungsreiche Umgebung und die Unterstützung durch die pädagogischen Fachkräfte gibt den Kindern die Möglichkeit, sich ihrem eigenen Tempo gemäß zu entfalten und viele Dinge auszuprobieren und zu entdecken. Sie können spezielle Montessori-Materialien zum Beispiel zum Thema 'Zahlen' nutzen und damit selbst lernen. Ob sie eine Aufgabe richtig gelöst haben, zeigt sich, wenn sie die gelegten Plättchen umdrehen und sich dann ein bestimmtes Muster ergibt. Ich bin so überzeugt von dem Konzept, dass ich einen Montessori-Elternverein mit ins Leben rief, mit dem Ziel, eine Montessori-Grundschule in Rüthen zu gründen.“ Weitere Informationen sowie eine Übersicht über Montessori-Kinderhäuser in Nordrhein-Westfalen gibt es auf der Website des Montessori Dachverband Deutschland e.V. |
Waldorf-Kindergarten Die sogenannte Waldorfpädagogik wurde von Rudolf Steiner (1861-1925) begründet und basiert auf der von ihm entwickelten Menschenkunde, der Anthroposophie. 1926 entstand der erste Waldorfkindergarten in Stuttgart. Er war der dort 1919 eröffneten Waldorfschule angeschlossen. Steiner ging davon aus, dass sich in den ersten sieben Lebensjahren vor allem der Leib des Menschen und die inneren Organe ausbilden. Kinder nähmen in dieser Lebensphase die Welt vornehmlich durch Nachahmung auf. Die Kindergartenpädagogik in Waldorfeinrichtungen zeichnet sich durch Regelmäßigkeit und Wiederholungen aus, die Kindern Sicherheit gibt. Künstlerisches und handwerkliches Tun stehen im Vordergrund. Im freien Spiel zeigen die Kinder ihre Persönlichkeit. Beziehung, Freude und Bewegung gelten als wichtige Grundlagen für das Lernen. Aufgabe der Pädagoginnen und Pädagogen ist es, dem Kind zu helfen, seine eigene Individualität zu entdecken. |
Anerkannter BewegungskindergartenHüpfen, springen, klettern, schaukeln, rennen: Kinder haben viel Freude an Bewegung. So lernen sie sich und ihre Umwelt kennen, entwickeln ihre Persönlichkeit und fördern ihre Fähigkeit kognitiv zu Lernen. Der Landessportbund NRW zertifiziert Kindertageseinrichtungen, deren pädagogischer Schwerpunkt die Bewegungsförderung ist mit dem Gütesiegel „Anerkannter Bewegungskindergarten“. Deutlichstes Unterscheidungsmerkmal zu anderen Kindertageseinrichtungen ist, dass sie in den Mittelpunkt ihrer pädagogischen Arbeit die Bewegungsförderung stellen. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche des Kindergartenalltags und kommt so nicht nur den kindlichen Bedürfnissen nach Bewegung und Spiel entgegen, sondern öffnet ihnen auch das Tor zum Lernen. Jeder Anerkannte Bewegungskindergarten kooperiert mit einem kinderfreundlichen Sportverein. Eine Übersicht über alle zertifizierten Bewegungskindergärten in Nordrhein-Westfalen gibt es auf der Website der Sportjugend im Landessportbund Nordrhein-Westfalen. |
Jede Kindertageseinrichtung und jede Kindertagespflegeperson (Tagesmutter bzw. Tagesvater) entscheidet sich für eine pädagogische Richtung, wie sie ihr zur Umsetzung ihres Bildungsauftrags und in den Zusammenhängen vor Ort sinnvoll erscheint. Als roter Faden zieht sich ein Verständnis von Bildung als Selbstbildung durch fast alle pädagogischen Ansätze. Das führt dazu, dass sich pädagogische Fachkräfte sowie Kindertagespflegepersonen heute zunehmend als Lernbegleitende verstehen, die Kinder in ihren selbst gestalteten Lernprozessen unterstützen und ihnen Impulse dafür geben.
Vaeter.nrw.de hat ein "Pädagogik-Glossar" mit häufig verwandten Begriffen und oft zitierten Ansätzen aus der Frühpädagogik zusammengestellt und mit kurzen Erklärungen versehen. Es kann bei der Lektüre pädagogischer Konzepte unterstützen.
(vaeter.nrw.de, 17.01.2018)
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