Vater ist, das was du draus machst!
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Interview

Alte Muster abschütteln

Männer-Therapeut Björn Süfke im Gespräch

Björn Süfke ist Männer-Therapeut, Buchautor und Vater. Er beschäftigt sich aus diesen verschiedenen Perspektiven heraus mit den vielfältigen Facetten des Mannseins. Im Gespräch mit vaeter.nrw berichtet er von seinen Erfahrungen und Gedanken, wie Paare mit Humor und Selbstbeobachtung den Weg zu einem partnerschaftlichen Lebensmodell finden können. Wichtig ist ihm, dass es dabei kein Ausspielen der Geschlechter oder ihrer Rollen gegeneinander gibt. Sein Augenmerk liegt vielmehr auf der gemeinsamen Veränderung zum Besseren hin.
vaeter.nrw: Studien zeigen: Viele Männer wünschen sich heute mehr Zeit mit ihren Kindern, sie wollen sich Zuhause engagieren, beruflich gute Arbeit leisten und über all das mit ihrer Partnerin im guten Gespräch sein. Der Blick auf die Lebenswirklichkeit zeigt allerdings oft ein anderes Bild. Wie steht es heute um Rollenbilder und Partnerschaftlichkeit in der Familie?Björn Süfke: Grundsätzlich besteht eine deutliche Tendenz, die zeigt, dass es einen Bewusstseinswandel bei den Männern gibt. Väter haben zunehmend das Bedürfnis, aus alten Rollenmustern auszubrechen und äußern dieses auch immer öfter. Wo es meiner Meinung nach häufig hakt, ist die Umsetzung in die Praxis. Väter wie Mütter präsentieren zwar gerne: „Ja, wir machen es gleichberechtigt, wir entscheiden zusammen“ – aber auf der unbewussten Ebene laufen ganz viele eingeschliffene Muster ab. Es geht also darum, dass wir diese Muster erkennen, dass wir uns damit auseinandersetzen und mit unserer Partnerin darüber sprechen – ganz ohne Selbstvorwürfe und Bewertung, sondern mit viel Mitgefühl und Selbsthumor. Was man erkennt, kann man auch ändern, um dann bewusst andere Wege zu gehen.Ein Beispiel von mir persönlich: Um die alten Rollenmuster aufzulösen, teilen meine Frau und ich uns auch die Kinderbetreuungsaufgaben möglichst 50:50. Damit sich zum Beispiel beim Zu-Bett-Bringen nicht wieder einschleicht, dass das Fürsorgliche, Kuschelige ausschließlich bei der Mutter liegt, machen wir es strikt tageweise umschichtig. So haben wir eine einfache Möglichkeit gefunden, ein altes Muster zu ersetzen.
vaeter.nrw: Was kann der Mann und Vater ganz pragmatisch tun, um das Thema Partnerschaftlichkeit familiär und gesellschaftlich ein Stückchen voranzubringen?Björn Süfke: Ganz plakativ: Ich als Mann kann mir – möglichst unvoreingenommen – klar machen: Was ist mein Bedürfnis? Unvoreingenommen bedeutet hier, nicht einfach „Kinder, Kinder, Familie“ zu rufen und den Beruf völlig außen vor zu lassen, nur um ein „moderner Typ“ zu sein. Nein, es geht darum, sich ehrlich zu fragen: Wie will ich Vatersein, Partnerschaft und Beruf gestalten? Das ist das Beste, was Männer für sich tun können, und zwar idealerweise schon vor der Geburt eines Kindes. Daraus folgt dann natürlich, das Ergebnis mit der Partnerin auf Augenhöhe zu besprechen und auszuhandeln, weil es dabei auch um eine konkrete Arbeits- und Aufgabenverteilung geht. Frauen sind im Hinblick auf ihr Rollenverständnis oft einen Schritt weiter und setzen – aus Mangel eines unabhängigen Standpunkts des Partners – ihre Vorschläge leichter durch. Wer ein guter Aushandlungspartner und Vater sein möchte, bestimmt vorab seine eigene Position. Das ist ein Stück Arbeit, aber es lohnt sich.Für die Kinder ist es der größte Gewinn, wenn der Vater präsent ist als Mensch. Dafür ist es wichtig, die guten Zeiten genauso miteinander zu teilen wie die schwierigen. Wer  ausschließlich Quality Time mit seinen Kindern verbringt, ist vielleicht ein beliebter und gemochter Vater, aber als Rollenvorbild taugt er damit so wenig wie jemand aus dem Fernsehen, den man nur in seinen besten Momenten sieht. Wenn ein Vater auch emotional präsent ist, was für uns Männer oft die größte Herausforderung darstellt, dann ist er als männliches Rollenvorbild, besonders für die Söhne, eine unglaubliche Bereicherung. Für die Gesellschaft wäre es toll, wenn wir Männer all das umsetzen und auch ein bisschen davon nach außen tragen, um die gesellschaftliche Diskussion mit dem jeweils eigenen Beispiel voranzubringen. Es ist wichtig, dass wir uns äußern, wenn wir uns als Väter in der Öffentlichkeit diskriminiert fühlen. Wir sind jetzt gefordert, wie die Frauen zuvor, uns zu fragen, wie unser Verhältnis zu den gesellschaftlichen Rollenanforderungen ist: Wo widersprechen diese meinen Wünschen? Mit dieser emanzipatorischen Haltung gilt es, alles weitere zu gestalten, sowohl die partnerschaftlichen Aushandlungen als auch die Praxis.
vaeter.nrw: Welche weiteren Punkte sind für Sie bei der partnerschaftlichen Aushandlung besonders wichtig?Björn Süfke: Ich persönlich würde gerne davon wegkommen, dass bei den Aushandlungsprozessen der Fokus auf das Problematische gelegt wird. Ich glaube, wir sollten das Thema viel positiver angehen. Verhandlung muss nichts Negatives sein, wie wir das vielleicht aus der Wirtschaft kennen. Dort gilt häufig das Prinzip: Je besser ich verhandle, desto mehr springt dabei für mich heraus und umso schlechter ist es für mein Gegenüber. Das ist kein Modell, was im Bereich Partnerschaft funktioniert. Hier geht es nicht um eine Win-Lose-Situation, sondern um eine Win-Win- oder eben Lose-Lose-Situation – wir sind ja immer beide betroffen. Ich persönlich betrachte diese Aushandlungsprozesse mit meiner Frau rund um „Wer fährt wohin, wer macht was, heute soll das Kind zum Arzt“ durchaus als Bereicherung. Gerade wenn die Kommunikation über die kleinen Dinge im Alltag funktioniert, ist das etwas, das auf der partnerschaftlichen Ebene auch unglaublich zusammenschweißt. Paartherapeuten sagen: Paare, die eine gemeinsame Zukunft haben wollen, brauchen ein gemeinsames Projekt. Wenn man die Elternschaft als Beispiel nimmt und daran lernt, dann profitieren alle davon – Vater, Mutter und Kind bzw. Kinder. Denn wir wissen doch alle: Wir können unglaublich viel schaffen, wenn dies auf einer guten Ebene stattfindet. Deshalb bin ich für eine realistische Beschreibung: Es geht um ein Verhandeln in guter Atmosphäre und mit gegenseitiger Wertschätzung darüber, wer was macht und wie es am besten klappen kann.
vaeter.nrw: Welche Rahmenbedingungen und Unterstützungsangebote helfen Paaren bei der partnerschaftlichen Aushandlung?Björn Süfke: Elterngeld und Elternzeit, Väterkongresse und Portale wie vaeter.nrw sind wichtige Schritte in eine gute Richtung. Die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern oder Repressalien, die Männer erleben, wenn sie in ihren Betrieben nach Elternzeit fragen, um eine aktive Vaterschaft zu praktizieren, zeigen aber, dass wir seitens der strukturellen Rahmenbedingungen noch lange nicht so weit sind, um die eingangs geschilderte Bedürfnislage von Vätern und Paaren im Alltag auch umzusetzen. Ich selbst erlebe in der Praxis, wie groß der Unterstützungsbedarf ist und wie wenig Hilfsangebote bestehen. Aus meiner Sicht brauchen wir ganz viele Bildungs- und Reflektionsräume für Väter und Paare, damit wir voneinander lernen können. Im Bereich der Vaterschaft werden wir Männer im Alltag oft nicht ernst genommen. Wenn wir als Gesellschaft einen Ausbruch aus den traditionellen Rollen im Sinne einer Erweiterung wollen, so dass alle Möglichkeiten für Männer und Frauen ausschöpfbar sind, dann müssen wir doch ausreichend Unterstützung anbieten – für Frauen wie Männer gleichermaßen.
Zur Person:

Björn Süfke

Björn Süfke lebt mit seiner Familie bei Bielefeld. Als Vater, Männertherapeut und Buchautor erlebt, beobachtet und beschreibt er das Mann- und Vater-Sein in all seinen Facetten. 2016 veröffentlichte er dazu das Buch „Männer. Erfindet. Euch. Neu. Was es heute heißt, ein Mann zu sein“, zuletzt erschien im März 2017 der Erzählband „Papa, Du hast ja Haare auf der Glatze! Aus dem Alltag eines Vaters“.  

Interviews

Persönliche Einstellungen, Erfahrungen und Gefühle vermitteln sich wunderbar im Interview. Deshalb lassen wir hier Menschen zu Wort kommen, die etwas zu sagen haben – Väter, Berater und Experten.

Themen Interviews

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Aktive Väter: Fußball als gemeinsamer Nenner

Väterarbeit im Familienzentrum „City Kids“ in Düren

Wie schaffen wir es, Väter besser in den Kita-Alltag und unsere Elternarbeit einzubinden? Stefano Pingitore, Erzieher im Familienzentrum „City Kids“ in Düren, suchte eine Antwort auf diese Frage und fand die Lösung über den Sport: mit Fußball! Im Gespräch mit vaeter.nrw berichtet der engagierte Mitarbeiter der städtischen Einrichtung von den anfänglichen Hürden und heutigen Erfolgen in der Väterarbeit.

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Mit intensiver Beziehungsarbeit das Interesse der Väter gewinnen

Gespräch mit Ahmet Sinoplu, Geschäftsführer „Coach e.V.“, Köln

Seit 14 Jahren setzt sich „Coach e.V.“ erfolgreich für Chancengerechtigkeit, Bildung, Teilhabe und Integration junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ein. Die Väter- und Elternarbeit ist wichtiger Schwerpunkt des Angebots. Geschäftsführer Ahmet Sinoplu beschreibt im Gespräch mit vaeter.nrw den fachlichen Rahmen der Väterprojekte.

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Gespräch mit Medienexperte Thomas Feibel

Ratgeber und Online-Broschüren für Väter

„Jetzt pack‘ doch mal das Handy weg“ – der Titel von Thomas Feibels aktuellem Buch spricht vermutlich vielen Vätern mit Blick auf ihren eigenen technik-verliebten Nachwuchs aus der Seele. Warum der Satz andersherum, also von Kind zu Vater, aber genauso große Gültigkeit haben sollte, unterstreicht der Journalist und Vater im Gespräch mit vaeter.nrw. Sein Buch sowie zahlreiche kostenlose Broschüren unterstützen Väter dabei, ihr Medienwiss...

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Ruhr-Universität Bochum (RUB) macht Väter sichtbar

Das Gleichstellungsbüro und der Servicebereich Familiengerechte Hochschule haben im Sommersemester 2017 alle Angehörigen der RUB – aus Wissenschaft, Studium, Technik und Verwaltung – dazu eingeladen, ihre individuellen VäterBilder in Form eines Fotos festzuhalten und einzusenden. Ziel der Aktion war es, Väter an der RUB sichtbar zu machen. vaeter.nrw sprach mit Dominik Dohmen über die Idee und den Erfolg dieser Aktion.

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Ausbildung zum Trainer von Vater-Kind-Angeboten startet 2019

Gestalten Sie mit! Viele Väter suchen heute nach Spiel- und Gestaltungsräumen, um ihre Vaterrolle qualifiziert ausfüllen zu können. Kitas, Familienzentren und die Familienbildung in Nordrhein-Westfalen suchen Trainer für Vater-Kind-Angebote, Vater-Kind-Wochenenden und vieles mehr. Mit dem Fortbildungsbildungsangebot „Erziehungskompetenzen stärken“ bietet die Männerarbeit der Ev. Kirche im Rheinland, die Männerarbeit der Ev. Kirche von W...

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Partnerschaftlicher Teamplayer trotz Trennung

Coaching-Gruppen für Väter in Konflikt- und Trennungslagen

Seit Frühjahr 2017 bietet „Väter in Köln e.V.“ Coaching-Gruppen für Väter in Konflikt- und Trennungslagen an. Im Interview mit vaeter.nrw erzählt Diplom-Sozialarbeiter und Gestalttherapeut Theodor Brocks (61), einer der beiden Gruppenleiter, wie sich Männer in der Krisensituation gegenseitig unterstützen können. In der Gruppe lernen die Väter u. a., ihre Emotionen zu spüren, zu benennen und darüber Erleichterung zu erfahren. Es geht dar...

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Partnerschaftlich Familie und Beruf leben – davon profitieren alle

Interview mit Anna-Lena und Rüdiger Dreier

Anna-Lena (37) und Rüdiger Dreier (44) haben seit der Geburt ihrer beiden Töchter, die heute drei Jahre und 14 Monate alt sind, die gemeinsame Vision von einem partnerschaftlichen Familienmodell umgesetzt. Im Interview mit vaeter.nrw erzählen die Lehrerin und der Diplom-Sozialpädagoge aus Münster davon, wie sie ihre Vereinbarungen aushandeln, wie sie Konflikte bewältigen und warum es bei den Absprachen immer mal wieder anders kommt.

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Alte Muster abschütteln

Männer-Therapeut Björn Süfke im Gespräch

Björn Süfke ist Männer-Therapeut, Buchautor und Vater. Er beschäftigt sich aus diesen verschiedenen Perspektiven heraus mit den vielfältigen Facetten des Mannseins. Im Gespräch mit vaeter.nrw berichtet er von seinen Erfahrungen und Gedanken, wie Paare mit Humor und Selbstbeobachtung den Weg zu einem partnerschaftlichen Lebensmodell finden können. Wichtig ist ihm, dass es dabei kein Ausspielen der Geschlechter oder ihrer Rollen gegeneina...

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Elternzeit partnerschaftlich gestalten – ein Vater berichtet

10 Jahre Elterngeld

Seit 10 Jahren haben Väter und Mütter Anspruch auf Elterngeld. Heute nutzen in Nordrhein-Westfalen rund 27 Prozent der Väter und knapp 96 Prozent der Mütter dieses Angebot. Noch nehmen die meisten Väter zwei Monate Elterngeld in Anspruch. Mit dem neuen Partnerschaftsbonus und dem Elterngeld Plus bieten sich seit Juli 2015 mehr Möglichkeiten für Flexibilität, Partnerschaftlichkeit und Familienzeit. Daniel Bever war 2013 das erste Mal in ...

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Hereinspaziert: Mehr Väter in Kitas

Bildung

In der Kita lernen die Kinder grundlegende soziale Fähigkeiten und auch ihre Persönlichkeit macht große Entwicklungsschritte. Aber Kitas sind – anders als Schule, Ausbildung oder Studium – fast männerfreie Räume. Meist fehlen dort männliche Rollenvorbilder, die kindliche Entwicklung prägen. Weshalb sich das ändern sollte und wie sich besonders Väter mehr einbringen können, fragten wir den Familien- und Sozialtherapeuten Torger Bünemann.

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Die familienfreundliche Chefetage

Vereinbarkeit

Immer mehr Unternehmen möchten die Flexibilität ihrer Führungskräfte fördern – und so auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreichen. Aber es hapert noch bei der Umsetzung. Nina Bessing von der EAF Berlin (Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin e. V.) hat sich im Rahmen des Projektes „FleXship“ mit der Frage beschäftigt, wie Vereinbarkeit in Führung verwirklicht werden kann.

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Väter fördern – eine Frage der Unternehmenskultur

Vereinbarkeit

Ihr Beruf ist den deutschen Vätern wichtig oder gar sehr wichtig. Das sagen 92 Prozent von ihnen laut der Vereinbarkeitsstudie „Geht doch!“ des Instituts Allensbach von 2015. Zugleich wünscht sich ein gutes Drittel aller berufstätigen Väter mehr Zeit für Kinder und Familie. Geht es jedoch darum, die gewünschte Vereinbarkeit umzusetzen, sind nicht zuletzt die Arbeitgeber gefragt.